Training

Take-Away mit Paul Dyer Teil #1

Take-Away- und Pizza-Boxen sind die idealen Tools, um an der Schwungrichtung zu arbeiten. Hier zeigt Paul Dyer, wo der Driver am Ende des Rückschwungs positioniert werden sollte.

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Take-Away mit Plan

Der Anfang des Rückschwungs – Take-Away – ist entscheidend für das Schlagergebnis. Im ersten Teil dieser fünfteiligen Trainings-Serie »Take-Away« geht’s um den Driver und warum eine Pizza-Box das optimale Trainings-Gadget ist.

Paul Dyer ist ein großer Fan von Take-Away – gemeint sind nicht etwa Pizza, Pasta oder China-Nudeln zum Mitnehmen, sondern der Beginn des Rückschwungs (englisch: Take-Away). Die dazugehörigen Pappkartons eignen sich übrigens bestens für verschiedene Take-Away-Übungen.

Das Take-Away ist meines Erachtens der wichtigste Teil des Golfschwungs. Allerdings ist es ein Irrtum zu glauben, dass der Rückschwung – das Take-Away – für alle Schlagarten identisch ist. Unterschiedliche Schläge erfordern verschiedene Eintreffwinkel und Geschwindigkeiten. Mit voneinander abweichenden Rückschwüngen – Driver, Eisen, Chip, Pitch, Putt – schafft man die Basis für einen erfolgreichen Schlag. 

Verschiedene Schlagarten und verschiedene Take-Aways

Ein Driver dient beispielsweise dazu, die Distanz zu maximieren, wohingegen ein Eisen eher der Präzision dient. Daher bedarf es bei diesen beiden Schlägern verschiedener Rückschwünge – genauso wie bei anderen Schlagarten. In diesem ersten Teil der Take-Away-Trainings-Serie geht’s um den Drive.

Um die Schlaglänge mit einem Driver zu maximieren, ist es von großer Bedeutung, dass der Ball in der Aufwärtsbewegung des Schlägerkopfs geschlagen wird. So sorgen wir für einen hohen Startwinkel mit wenig Backspin. Es gibt zwei Faktoren, die für einen hohen Startwinkel sorgen: der Eintreffwinkel an sich und der viel entscheidendere Faktor, die Loftneigung des Schlägers beim Impact. Wenn das Schlägerplatt auf den Ball trifft, während sich der Schläger in der Aufwärtsbewegung befindet, sorgen wir für weniger Reibung, als würde man in einer Abwärtsbewegung schlagen. Somit erhält der Ball weniger Backspin. 

Während die Schlägerkopfgeschwindigkeit nicht so ohne weiteres umgestellt werden kann und das sehr intensives (Speed-)Training verlangt, kann der Eintreffwinkel mit ein paar schnellen Tricks optimiert werden.

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Drive in Aufwärtsbewegung treffen

Im Grunde hat jeder geschlagene Golfball, der fliegt, auch Backspin – mal mehr, mal weniger. Manchmal wollen wir den Backspin maximieren und manchmal eben nicht. Beim Drive möchten wir den Backspin möglichst niedrig halten, damit der Ball nahezu parabolisch fliegt – also bei dem Start- und Landewinkel ähnlich aussehen. Außerdem wünschen sich die meisten Spieler, dass der Drive ganz, ganz weit ausrollt und ordentlich Meter macht. Grundsätzlich gibt die Loftneigung des Schlägers dem Ball Backspin. Aber ein positiver Eintreffwinkel (bei dem also der Ball in der Aufwärtsbewegung getroffen wird) sorgt dafür, dass der Backspin in einem »normalen« Rahmen bleibt – und der Ball nach der Landung planmäßig rollt. Für die Daten-Nerds: Je nach Schlägerkopfgeschwindigkeit wäre eine gute Backspinrate 2.000 rpm (rpm steht für »revolutions per minute«, also Umdrehungen pro Minute). Als Vergleich: Ein richtig guter Wedge-Schlag knackt die 10.000er-Marke. 

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Gebogene Schwungbahn

Man würde denken, je mehr ein Ball in der Aufwärtsbewegung getroffen wird, desto länger fliegt er auch. Genau aus diesem Grund nutzen die Profis der Longdrive-Szene XXL-Tees mit einer Länge von bis zu zehn Zentimetern. Das ist gemäß Golfregeln, die maximal zugelassene Tee-Länge. Allerdings ist es wichtig zu wissen, dass ein in der Aufwärtsbewegung getroffener Ball – also deutlich nach dem niedrigsten Schwungpunkt – zwangsläufig in der Schwungbewegung nach innen geschlagen. Wer das verstanden hat, ist in der Lage, gute Drives zu schlagen. 

Ben Hogan hatte übrigens bereits in den 50er Jahren darüber geschrieben, dass es »natürlicher« wäre, den Driver mit einer Fade- und die Eisen mit einer Draw-Kurve zu schlagen. Und das hängt ausschließlich mit der Ballposition zusammen, nämlich wo sich die Ballposition in Relation zum tiefsten Schwungpunkt befindet. Desto höher ein Ball aufgeteet ist und er in der Aufwärtsbewegung getroffen wird, desto wahrscheinlich ist es, dass die eigentliche Schwungkurve nach innen verläuft, da wir uns ja logischerweise um unsere Körperachse drehen. 

Der dreidimensionale Schwung

Der Golfschwung ist nicht zwei-, sondern dreidimensional zu verstehen. Man schwingt nicht etwa unendlich lang geradeaus Richtung Ziel, sondern in einer gebogenen Schwungbahn um die den Körper. Ein Schlägerkopf, der sich absolut geradeaus Richtung Ziel bewegt, gibt es nur für einen Sekundenbruchteil, nämlich genau dann, wenn sich der niedrigste Schwungpunkt direkt zwischen den Füßen befindet. Ein Ball, der eher vom rechten Fuß geschlagen wird, wird eher von innen geschlagen. Und ein Ball der eher vom linken Fuß gespielt wird, wird eher nach innen geschlagen.

Daher ist es wichtig, die gesamte Schwungrichtung – je nach Eintreffwinkel auf den Ball – anpassen zu können. Und logischerweise regelt man das über den Take-Away. Wir wollen den Ball sowohl in der Aufwärtsbewegung schlagen als auch so gerade wie möglich durch den Ball schwingen. Wir möchten uns also nicht mit der Gefahr eines Slice zufriedengeben, sondern Einfluss nehmen auf die Schwungrichtung; unabhängig von dem Eintreffwinkel. Und das ist möglich! Jeder Golfer, der gut vom Tee sein möchte, sollte dieses Konzept verstanden haben. 

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Take-Away als Richtungsfaktor

Die Pizza-Box bildet hier die gerade Linie zum Ziel. Wir nutzen unser selbst gebasteltes »Trainings-Gadget«, um an der Schwungbahn zu arbeiten. Die Anpassung der Schwungbahn ist nämlich die Lösung für die Problematik, der nach innen verlaufenden Schwungbahn. Zur Erinnerung: Da beim Schlag mit dem Driver die Ballposition beim Set-up nicht genau in der Mitte zwischen den Füßen liegt, sondern eher am linken Fuß (bei Rechtshändern; bei Linkshändern ist es beim korrekten Schlag mit dem Driver der linke Fuß), verläuft die Schwungbahn etwas nach innen.

Um die Schwungrichtung zu verändern, ist es nicht zielführend, lediglich den Durchschwung anzupassen und beispielsweise von innen nach außen (rechts der Fahne) zu schwingen. Der Golfschwung ist eben etwas Ganzheitliches. Wir können nicht spontan an einem Teilbereich arbeiten, der in Wirklichkeit ein Folgefehler eines ganz anderen Problems ist. Bereits das Take-Away bedarf von vornherein einer Anpassung: Der Schläger muss gezielt nach innen zurückgeschwungen werden, um dann auch im Durchschwung von innen auf den Ball zu treffen, damit dieser Slice-frei das Fairway findet.

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Die Richtung wird angesteuert, indem der Körper mehr rotiert und die Handgelenke wenig eingesetzt werden. Je weniger die Handgelenke und Arme den Schläger in die Luft heben und je mehr der Oberkörper rotiert, desto weiter nach innen dreht sich auch der Schlägerkopf. Wie auf dem Foto (03) zu sehen, bleiben die Oberarme nah am Körper, während der Brustkorb verhältnismäßig viel rotiert. Somit bewegt sich der Schlägerkopf in Relation des kurzen Ausholweges schon relativ weit nach innen und unten. Es ist sehr wichtig, auf den Start des Schwungs Einfluss zu nehmen, da der Schläger im weiteren Schwungverlauf bereits begonnenen hat, der nach innen verlaufenden Schwungbahn zu folgen. Man muss am Take-Away arbeiten, da später »Eingriffe« und Justierungen am Schwung aufgrund der Geschwindigkeit und des Schwung-Momentums nur schwer möglich sind.

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Durchschwung optimieren

Die Pizza-Box eignet sich auch ideal als Trainings-Tool für den Durchschwung. Hier platzieren wir die Pizza-Box in einem 45-Grad-Winkel zwischen Körper und etwas hinter dem Ball – also näher zum Ziel. Bei dieser Übung gilt es, den Take-Away-Karton zu meiden. Dann bewegt sich der Driver weiter nach außen und der Ball startet planmäßig Richtung Ziel. Diese Übung ist besonders wertvoll, weil sehr viele Spieler dazu neigen, in alte Schwungmuster zurückzufallen.

Eintreffwinkel Driver

Nicht vergessen: Der Golfschwung ist dreidimensional. Daher sollten wir auch versuchen, den Eintreffwinkel positiv zu beeinflussen und nicht nur an der Schwungrichtung arbeiten. Was ich Ihnen jetzt verrate, hört sich beim ersten Lesen wahnsinnig technisch an, aber ist umso bedeutender für das Schwungverständnis und Ihre zukünftigen guten Drive-Ergebnisse.: Der Eintreffwinkel ist die vertikale Schwungrichtung durch den Ball, nämlich ob der Schläger von oben nach unten oder unten nach oben durch die Treffmomentszone schwingt. Für Golfer sämtlicher Spielstärken ist es nicht nur hilfreich, seine eigenen Werte zu erfahren, sondern diese auch zu verstehen.

Ein Eintreffwinkel in der Aufwärtsbewegung wird mit einem positiven Wert beschrieben und ein negativer Wert beschreibt einen Schlag, der in einer Abwärtsbewegung geschlagen wurde – wie beispielsweise bei einem Schlag mit dem Pitching-Wedge üblich. Leider gibt es nicht den einen perfekten Eintreffwickel für alle. Der Wert variiert von Spieler zu Spieler. 

Der Wert des Eintreffwinkels korreliert sehr stark mit der Schlägerkopfgeschwindigkeit des Drivers im Treffmoment. Generell kann man sagen: Je langsamer man schwingt, desto höher sollte der Wert des Eintreffwinkels sein. Beispielsweise: Golfer, die eine Schlägerkopfgeschwindigkeit von 100 mp/h haben, werden gerade so im Plusbereich bei +1 oder +2 sein, wohingegen langsamer schwingende Golfer (70mp/h) gerne bei +6 Grad nach oben schwingen sollten.

Auch hier wissen die Profis der Long-Drive-Szene diese Werte auszunutzen. Da sie nicht besonders gerade schlagen müssen, schwingen sie sowohl sehr schnell als auch steil nach oben durch den Ball. Wir können uns das mit dem sogenannten »Gartenschlauch-Prinzip« leichter vorstellen: Die Pflanzen, die ganz weit weg stehen, können nur bewässert werden, in dem der Gartenschlauch angehoben wird. 

Einfach für Golfer ausgedrückt: Wenig Geschwindigkeit: Der Ball muss höher gehauen werden. 

Höher hauen: Schwungbahn mehr von innen kommen lassen.

Das grundsätzliche Geheimnis zur Längenoptimierung: Je mehr man den Eintreffwinkel verbessert, desto mehr muss man die Schwungbahn verändern. Denn, diese beiden Faktoren beeinflussen sich gegenseitig; und das ist gut, da hier dran gearbeitet werden kann.

Ein Launch-Monitor gibt sogar zwei Werte für die Schwungbahn an: Der eine Werte beschreibt die generelle Richtung des Schlägerkopfs im Ab- und Durchschwung. Und zwar von den Positionen 9 bis 3 Uhr. In Launch-Monitor-Sprache heißt dieser Wert: Schwungrichtung. Mit anderen Worten: Im Abschwung von dem Moment an, wenn der Schlägerkopf und die Hände die Hüfte passieren, bis zum Durchschwung ebenfalls auf Hüfthöhe – siehe Foto mit 3- und 9-Uhr-Positionen. Der andere Wert beschreibt die Schwungrichtung im tatsächlichen Treffmoment mit dem Golfball. (Dieser Wert heißt in Launch-Monitor-Sprache: Club-Path. Hier bediente man sich der englischen Bezeichnung, um zwischen diesen beiden Werten deutlicher differenzieren zu können).

Jahrelang glaubte man, diese Werte seien identisch, bis Wissenschaftlicher herausgefunden haben, dass dem nicht so ist. Der eine Wert – die Schwungrichtung – beschreibt die generelle Richtung des Schwungs, als würde man einen Golfer down-the-line betrachten. Der andere Wert beschreibt die tatsächliche dreidimensionale Schwungrichtung des Schlägerkopfs einschließlich der Ballposition. Ein Ball, der direkt am tiefsten Punkte getroffen wird, könnte bei 0 Grad geradeaus geschlagen werden. Aber ein Ball, der sehr weit von links geschlagen wird, wird eher einen Minuswert haben, da der Schläger sehr weit nach innen verläuft. Es ist also deswegen von sehr großer Bedeutung, dass jeder Golfer seine eigenen Werte kennt.

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Übung: Wenn man eine flache Pizza-Box mit dem Driverkopf nach hinten schiebt, muss der Schläger relativ lange flach am Boden bleiben. Damit wird nicht nur das schnelle Winkeln der Arme vermieden, sondern der Schlägerkopf bleibt länger flach am Boden und das bewirkt, dass der tiefste Schwungpunkt weiter nach rechts (für Rechtshänder) verschoben wird. Und das wiederum begünstigt den Eintreffwinkel. Das Wegscheiben der Box sieht zwar kinderleicht aus, ist es aber nicht. Probieren Sie es aus – man wird sofort fühlen, dass man den gesamten Oberkörper rotieren muss, um den Schläger lang genug an der Box zu halten und diese beim Ausholen im Rückschwung down-the-line nach hinten schieben zu können. Die Herausforderung der Übung ist nämlich, die Pizza-Box ausreichend zu verschieben: Die Box muss nämlich aus der Schwungzone geschoben werden, damit der Ball in der Abwärtsbewegung auch geschlagen werden kann.

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Gadget Straight Away

Wer an seinem Take-Away fokussierter arbeiten möchte, der kann sich von Trainer-Legende David Leadbetter (Leadbetter-Interview GM 4/24) das Tool »Straight-Away«. Dieses verblüffend einfache Gerät zeigt die Richtung des Take-Aways an und positioniert somit Hände und Schlägerkopf automatisch in die richtige Position. Golf-Magazin-Leser können dieses wunderbare Tool auf leadbetter.de bestellen. 

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Wir haben uns sehr stark mit der Richtung des Schwungs beschäftigt – der Schwungbahn. Es gibt aber grundsätzlich zwei Einflussfaktoren, die bei allen Schlägern (Driver, Eisen, Wedge, Putter) die Richtung des Schlags bestimmen. Der zweite Faktor ist die Schlagfläche. Wir wollen aber nicht bewusst die Schlagflächenstellung verändern, da wir annehmen, dass die geradeaus zum Ziel zeigt. Der beste Moment, die Position der Schlagfläche zu überprüfen, ist bei der sogenannten 9-Uhr-Position im Auf- oder im Abschwung. Da sollte die vordere Kante der Schlagfläche (das »Leading-Edge«) – wie auf dem Foto – parallel mit dem Unterarmt sein. 

Viel Spaß beim Pizza essen und viel Erfolg beim üben. 

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Paul Dyer ist lizensierter Leadbetter-Coach, gehört zum Golf-Magazin Coach-Team und betreibt seine Golfschulen an der Ostseeküste im Timmendorfer Strand und Hohwacht, sowie seine virtuelle Academy auf pauldyer.de