T | Stefan Quirmbach
F | Stefan von Stengel
Statt dem Motto »Augen zu und durch«, retten eher cleveres Course Management und die richtige Schlägerwahl samt der passenden Schlagtechnik den Score. Auch aus vermeintlich ausweglosen Situationen gibt es meist noch eine Rettung – wenn man die richtige Strategie kennt und sie auch anzuwenden weiß.
Stefan Quirmach, seit 21 Jahren Präsident der PGA of Germany, hat in unserer sechsteiligen Trainings-Serie verraten wie und mit welchen Tricks auf den unterschiedlichen Designgattungen von Links- und Parkland-Plätzen am besten zu verfahren ist. Vom Drive bis zum Fairwayschlag über den rettenden Trouble-Shot bis zum Bunker nahm uns Trainings-Experte Quirmbach mit auf eine Reise auf die weltweit schönsten Links- und Parkland-Plätze. Dabei gab er Einblick in die wohl fabulösesten Schläge der Golfgeschichte und erklärte in seinen beiden kleinen »Links-« und »Parkland«-Lexika die Ursprünge so mancher Golfbegriffe.
In der vergangenen Ausgabe ging es um den hohen Lob-Shot, beziehungsweise den Bump-and-Run. Doch wenn diese Annäherung (ausnahmsweise) mal nicht geglückt ist und der Ball zwar ein gutes Stückchen näher am Ziel, aber eben immer noch abseits des Grüns liegt, weiß Stefan Quirmbach Rat – entweder mit dem Putter oder eben mit einem kurzen Eisen.
Links-Course
Auf Links-Plätzen ist ein smartes und strategisches Kurzes Spiel sehr viel häufiger gefragt als auf Parkland-Anlagen. Das liegt vor allem daran, dass aufgrund der mitunter stark ondulierten und auch mal harten Vorgrüns der Ball unkontrolliert nach links oder rechts springen oder wegrollen kann. Und so verschwindet der Ball – wie in diesem Beispiel hier – auch mal in einem tiefen Topfbunker. Zudem sind die Grüns auf Links-Courses hart und nehmen den Backspin nicht sonderlich gut an. Daher ist es oft viel besser, den Ball flach zu spielen oder sogar zu putten. Selbst wenn man nicht den direkten Weg zur Fahne wählen kann und sich etwas rechts oder links der Fahne ausrichten muss (Foto 1), liegt der Spielball dann immer noch auf dem Grün und eben nicht in einer tückischen und tiefen Sandkuhle.
Beim Putten vom Vorgrün passiert es leider häufig, dass der Ball den ersten Teil der Strecke hüpft oder sogar springt und eben nicht sauber rollt. Unter Umständen kann man auch mal mit dem Putterkopf im Gras hängen bleiben. Um diesem Missstand vorzubeugen, sollte vor dem Schlag kontrolliert werden, ob das Gras in Richtung Fahne wächst. Zusätzlich sollte man nach Unebenheiten in der direkten Umgebung Ausschau halten – so kann einem unerwarteten Hängenbleiben des Putterkopfes vorgebeugt werden. In der schulterbreiten Ansprechposition wird der Ball leicht links der Mitte gelegt und die Hände sind über dem Ball (Foto 2). Bei der Putt-Ausführung sollten die Handgelenke im Treffmoment fest sein und der Schlägerkopf müsste idealerweise leicht nach oben und nach vorne schwingen. Dadurch wird der Ball mit weniger Rückwärtsdrall gespielt und rollt besser.
Wenn ich Spielern beim Putten zugucke, beobachte ich oft zwei Fehler: Die einen halten den Kopf zu lange unten und die anderen drehen den Schultergürtel zu früh Richtung Ziel (bei Rechtshändern nach links). Ein zu langes »Kopf unten halten« bewahrt zwar nicht vor einem schlechten Putt und auch der genaue Verlauf des Balls kann dann nicht beobachtet werden, doch wirkt sich ein falsch bewegter Schultergürtel negativ auf den Treffmoment aus. Daher empfehle ich, dass Sie beim Putten die sogenannte »Hit – Hold – Look«-Technik verwenden. Das bedeutet, dass man im Treffmoment den Ball anschaut (Foto 2), dann den Schlägerkopf und die Hände bis ins Finish schwingt, dort anhält und dann nur den Kopf Richtung Ziel dreht – wobei der Schultergürtel ruhig bleib (Foto 3).
Historisch: The Open 1995 – Roccas Tal der (Freuden-)Tränen
Bei der Open Championship 1995 wartete John Daly im Clubhaus auf Costantino Rocca, der ein Birdie auf der 18 spielen musste, um ein Stechen mit Daly zu erzwingen. Rocca chippte von der linken Seite des Grüns den Ball zu schwach, so dass dieser vom Grün zurück in die tiefe Mulde vor dem Grün, dem »Valley of Sin«, zurückrollte. Nach diesem missglückten Schlag blieb der Italiener »optimistisch«, wie er selber sagte und nahm für den nächsten Schlag den Putter, um doch noch ein Play-off zu erzwingen. Rocca lochte diesen schier anspruchsvollen Schlag, vergoss Freudentränen und wurde frenetisch vom Publikum gefeiert. Im historischen Stechen verlor er allerdings gegen den polarisierenden US-Amerikaner.
Zwei beispielhafte Links-Plätze
Portmarnock Links, Irland
Dieser phantastische Links-Platz wurde 1995 von Bernhard Langer entworfen. Er liegt auf dem Gebiet der berühmten Whiskey Destilliere Jameson und sehr nahe an dem alt-ehrwürdigen, ebenfalls wunderbaren Portmarnock Golf Club. Die Bahnen des Portmarnock Links sind perfekt passend zu der vorherrschenden Windrichtung gebaut. Parallel zur 1. Bahn liegt der Friedhof auf dem John Jameson begraben ist und jeder Golfer wird aufgefordert, inne zu halten, die Mütze zu lupfen und ihm kurz zu gedenken.
Golf Club Föhr, Schleswig-Holstein
Der GC Föhr wurde 1925 gegründet. Im Zuge verschiedener Modernisierungen seit 2009 ist ein optisch wunderschöner und sehr fairer Links-Course entstanden. Das einzige Manko: Der Platz läuft nicht unmittelbar entlang der Nordsee – hat aber dennoch Links-Spirit durch und durch. Föhr verfügt über drei 9-Löcher-Schleifen, die beliebig kombiniert werden können. Diese durch Christian Althaus durchgeführte Platzneugestaltung ist ein tolles Beispiel dafür wie aus einem ehemals »normalen« ein besonderes Nord-Juwel mit speziellem Charakter werden kann. Mehr zu Deutschlands-Küsten-Plätzens gibt’s übrigens in der zweiteiligen Reise-Strecke der beiden GM-Ausgaben #07/2021 und #08/2021.
Kleines »Links«-Lexikon
Woher stammt der Begriff Greenkeeper?
Ein Links-Course zeichnet sich – vor allem im Sommer – durch sein ausgetrocknetes Gras aus. Die einzigen Spielflächen, die bewässert werden und dadurch ihre grüne Farbe behalten sind die »Greens«. Die Greenkeeper – auf Deutsch »Grünerhalter« – pflegten früher vor allem diese Flächen, sammelten die Schafsköttel ab, rupften das Unkraut und versuchten eine möglichst gute Oberfläche für das Putten zu erreichen. Da die Verwendung einer Fahne erstmals 1875 dokumentiert ist, ist anzunehmen, dass man davor von »Green to Green« spielte; denn die grünen Flächen waren gut sichtbar.
Woher kommt die standardisierte Lochgröße?
In den Anfängen des Golfspiels waren Kaninchenlöcher das Ziel. Bei jedem Rausfischen des Balles wurde das Loch durch diesen Vorgang immer gleichmäßiger geformt. Zudem wurde Sand für das damals übliche »Tee« aus ebenfalls diesem Loch geholt. Die ursprüngliche Lochgröße entsprach dadurch in etwa dem Umfang einer Männerfaust. Als man begann, Turnier zu spielen, musste eine Norm gefunden werden. Früher hatte jeder Links seine eigene, individuelle Lochgröße. 1829 setzte man in Musselburgh Links einen Lochschneider mit dem bis heute gültigen Maß von 4,25 Inch (10,8 Zentimeter) ein. Dieses Maß wurde 1891 von St. Andrews bestätigt.
Parkland-Courses
Auf Parkland-Courses fällt das Chippen meist leichter, denn der Ball liegt weicher und es gibt nicht so viele Überraschungen nach der Landung. Zudem nimmt das Grün den Spin gut an, daher kann man auch höhere Annäherungsschläge spielen, ohne dabei ein unnötiges Risiko einzugehen (Foto 4). Checken Sie immer, wie weit es vom Ball bis zur anvisierten Landestelle und von da aus wiederum bis zur Fahne ist. Diese Distanzen bestimmt maßgeblich Ihre Schlägerwahl. Die alte Faustformel, dass ein Chip mit einem Eisen 7 ungefähr ein Drittel der Strecke fliegt und zwei Drittel rollt, trifft leider nicht mehr zu. Ein modernes Eisen 7 hat circa einen Loft von unter 8 Grad. Nehmen Sie alternativ ein Eisen 9. Darüber hinaus sollten Sie auch lernen, mit dem Gap -und dem Sand-Wedge zu chippen; dann rollt der Ball weniger weit aus.
In der Ansprechposition sollte der Ball unterhalb der Körpermitte liegen und die Hände nur etwas davor gehalten werden. Stellen Sie sich zudem eher schmal und stolz hin, damit gewährleistet ist, dass Sie sich besser bewegen können (Foto 5). Einer der größten Irrtümer ist die Annahme, man solle beim Chippen den Unterkörper ruhig halten und nur mit den Armen schwingen. Das führt nur zu einer verkrampften Bewegung und zudem bleibt man mit dem Schlägerkopf zu oft vor dem Ball im Gras hängen. Wird dann der Ball als Gegenreaktion nach rechts gelegt, so nimmt man die Neigung aus dem Schläger und der Ball rollt zu weit aus.
In der Schlagausführung soll der gesamte Körper mitschwingen. Pendeln Sie den Schläger mit Ihrem Schultergürtel und den Armen zurück und schwingen mit einem leichten Abstoßen vom hinteren Bein den Oberkörper wieder zurück (Foto 6). Die Arme folgen der Bewegung des Körpers und der Ball wird mit einer wischenden Bewegung mitgenommen. Am Ende sollte das Schulter-Arm-Dreieck nach vorne geschwungen sein und die hintere Ferse ist dabei entlastet. So wird der Ball dem Loft des Schlägers entsprechend hoch abfliegen und nach der Landung zum Loch auslaufen.
Historisch: Meister der Chips – Tom Watson
»Übung macht den Meister« war das Motto von Tom Watson – so gehörte der US-Amerikaner zu den ganz großen Kurz-Spiel-Virtuosen seiner Zeit. Im Training spielte er Chips mit verschiedenen Schläger-Lofts von einer Stelle. Einen seiner grandiosesten Chips vollführte er 1982 während der Finalrunde der US Open in Pepple Beach am 17. Grün. Sein Abschlag hatte das Grün verfehlt und er lag unweit des Grüns im Rough. Er öffnete seinen Schlägerkopf, lochte und sicherte sich so seinen sechsten von später insgesamt acht Major-Titeln.
Zwei beispielhafte Parkland-Plätze
Monte Rei Golf & Country Club, Portugal
Im Osten der Algarve liegt der von Jack Nicklaus entworfene Golf & Country Club Monte Rei. Dieser Resort-Course gilt als einer der besten Plätze Portugals und gehört zu meinen persönlichen Parkland-Platz-Favoriten innerhalb Europas. Das Gelände ist so weitläufig, dass so gut wie jedes Loch für sich alleine durch die Zypressen führt. Platzpflege und Service sind von höchstem Standard. Die Handschrift von Jack Nicklaus ist gut erkennbar: jedes Loch bietet dem Golfer eine faire Chance beim Drive. Aber beim Anspielen der Grüns zeigen sich bedingt durch ondulierte Grüns und große Bunker die eigentlichen Schwierigkeiten des Platzes.
Golf- und Land-Club Köln, Nordrhein-Westfalen
Vor den Toren Kölns, im bergischen Refrath liegt dieser wunderschöne Parkland-Course, der im Golfplatz-Ranking des Deutschen Golf Awards 2020 auf Platz 10 rangierte. Der Club wurde 1906 gegründet. Erst seit 1952 spielt man in Refrath, wo auch einige German Open und Ladies German Open ausgespielt wurden. In den letzten Jahren wurde viel in den Platz investiert; unter anderem wurden die Bunker aufwendig renoviert und neugestaltet. Auch das stilvolle Clubhaus erhielt eine Grunderneuerung.
Kleines »Parkland«-Lexikon
Grüns
Parkland-Courses belohnen meist das hohe Anspielen der Grüns. Damit der Ball auf den Grüns liegen bleibt oder »beißt«, werden Grassorten gewählt, die den Spinn besonders gut annehmen. Hier gibt es aber nicht eine Sorte wie bei Links-Plätzen, sondern es ist sehr von der klimatischen Zone abhängig. Zudem werden die Grüns stärker gewässert um die Oberfläche etwas weicher zu bekommen. Die Ondulationen können von moderat bis gewaltig sein; das ist von der Gesamtgröße des Grüns abhängig. Die Konturen sind häufig weich und fließend.
Bewässerung
Parkland-Plätze sind zu jeder Jahreszeit grün, weil nicht nur die Grüns, sondern auch die Abschläge, die Fairways und zumeist auch das Semi-Rough gewässert wird. Um einen 18-Löcher-Platz flächendeckend zu bewässern, benötigt man circa 1.000 bis 1.200 Regner und ein ausreichend großes Wasserreservoir mit großen Pumpen.
Stefan Quirmbach
Der 60-Jährige ist verheiratet mit Katharina Quirmbach und hat zwei Töchter. Seit 1984 Professional der PGA of Germany, seit 2000 deren Präsident. Im Jahre 1996 zum 5-Star-Professional der PGAs of Europe gekürt, seit 2010 Masterprofessional und Health Pro der PGA of Germany.
Informationen und Angebote unter www.stefanquirmbach.de oder telefonisch 0551-79 77 891