Training

Gesunde Effizienz im Golftraining

Biomechanik und Golf? Das hört sich zunächst äußerst wissenschaftlich an. Doch es gibt ein paar einfache Tricks, den eigenen Schwung effizienter zu gestalten – das schont den Körper und bringt mehr Power auf den Ball. Wie die Übungen funktionieren, zeigt PGA-Pro Denis Prössel.

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Von Denis Prössel und Isabel von Wilcke

Mit weniger Aufwand den Golfschwung ausführen und dann auch noch weitere Schläge machen? Das hört sich herrlich unkompliziert. Doch kann das jeder Spieler? »Klar« sagt Denis Prössel von der Trainer Academy des Quellness & Golf Resort im niederbayerischen Bad Griesbach. »Unter Berücksichtigung biomechanischer Prinzipien kann der einfachste Weg zur kontinuierlichen Schwung-Wiederholung gefunden werden – dann ist die Technik sogar noch weniger fehleranfällig.« Das große Plus einer weniger komplizierten Schlagtechnik: Effizienz ist auch gesünder für den Körper. Sehnen, Muskeln und Gelenke freuen sich über einen Schleifenfreien Schwung und werden weniger zwicken und ächzen.

Aufräumen im Schwung

Um den eigenen Schwung von unnötigen Abweichungen zu befreien und ihn auf die ideale und somit effizienteste Schwungbahn zu bringen, bedarf es einiger Trainings-Utensilien: Für sein biomechanisches Coaching nutzt Denis Prössel eine Kettle-Bell (Kugelhandel zwischen max. 6 kg), eine Swing-Rope, zwei Terra-Bänder und eine sogenannte E-Bell. Mit Blick auf die Trainings- und Schwung-Utensilien in seiner Coaching-Kabine sagt Denis Prössel zuversichtlich: »Die sorgen für einen guten Flow und ein gutes Gleichgewicht.« Während sich ein Golfschläger zu viel »manipulieren« lässt, bricht man mittels dieser Gadgets und Übungen die eigene Bewegung auf. Und das Beste: »Für diese Übungs-Geräte benötigt man weder einen Golfplatz noch sonderlich viel Raum«, freut sich PGA-Coach Denis Prössel. Theoretisch könnte zu Hause im Wohnzimmer oder im Garten trainiert werden.

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Buntes Schwung-Brett

Während die meisten Trainings-Gadgets (Kugel-Hantel, Terra-Bänder, Swing-Robe) vielleicht in dem ein oder anderen Golfer-Haushalt vorhanden sind, ist das mit der E-Bell sicherlich nicht der Fall. Die E-Bell, bestehend aus einem Brett mit verschiebbaren Griffen, ist eigentlich eine Art »Grundlagentrainer«. Anfängern würde sie lediglich durch das Hin- und Herschwingen die Grundprinzipien des Schwungs vermitteln, da der Körper quasi der aerodynamischen Wirkung des Bretts folgt.

Im Gegensatz zu den meisten Trainingssystemen, die sich auf Griff, Stand und Haltung konzentrieren, vermittelt die E-Bell eine solide, effektive und korrekt aufeinanderfolgende Bewegungskette, woraufhin sich die statischen Elemente Stand, Haltung und auch Arm- und Handposition anpassen (mehr Infos zur E-Bell: ericksonbell-shop). Doch die E-Bell ist tatsächlich wie ein Zauberbrett und vermittelt auch fortgeschrittenen Spielern, wie der eigene Schwung noch wesentlich effizienter gestaltet werden könnte.

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»Einfach einfacher«

»Das Schwungbahntraining mit der E-Bell führt dazu, dass der Schwung einfach einfacher wird«, erklärt Denis Prössel begeistert. »Durch das Mehrgewicht der E-Bell passt sich der Körper an, wobei automatisch eine bessere Schwungbewegung entsteht«, so der Trainer. Durch das Hin- und Herbewegen der E-Bell, muss der Körper nur noch reagieren und dreht ganz natürlich mit. Die Schüler müssen also gar nicht mehr überlegen, was Sie machen sollen. Und in der Tat: Ein verkompliziertes Mitdenken ist nicht erforderlich. »Wenn die Schwungbahn stimmt, haben wir auch ein automatisches Kippen der Schultern«, sagt der Bad-Griesbach-Coach während er lässig hin- und herschwingt.

Deutlich wird auch, dass bei der Umkehr von Rück- zu Durchschwung das Trägheitsmoment berücksichtigt werden muss. Bevor also der Durchschwung eingeleitet werden kann, muss quasi auf den E-Bell gewartet werden. Dabei wird einem erst klar, wie wichtig es ist, das Trägheitsmoment zu spüren und für den Durchschwung zu nutzen. Der Trägheitsmoment ist nämlich der Zeitraum, in dem man sich auf den Durchschwung vorbereitet.

Übungsablauf E-Bell

Die Ansprechposition einnehmen und durch zunächst langsameres Hin- und Herbewegen das Gewicht der E-Bell erfühlen. Den Bewegungsradius kontinuierlich erweitern, bis zum fast vollen Schwungumfang. Bei der Drehung zum Ziel bewusst das Gewicht zum vorderen Fuß verlagern. Ein weiterer Vorteil der E-Bell: Die Griffe können eingestellt werden, sind also für Rechts- und Linkshänder gleichermaßen geeignet.

Wer so ein Schwungbrett erstmalig nutzt, wird sich wundern, dass es einfacher aussieht, als es ist. Und das wiederum lässt schlussfolgern, dass der eigene Schwung doch noch deutlich effizienter gestaltet werden könnte. »Ist die E-Bell erst mal in Bewegung, ist die Biomechanik so clever, dass sich der Körper dem Gegenstand anpasst und effizienter bewegt«, erklärt Prössel. Ziel eines jeden Schwungs sollte sein, alles Unnötige wegzulassen. Wer sich beispielsweise nur aus dem Oberkörper ineffizient dreht, würde die E-Bell nach hinten schwingen. Somit fördert dieses Tool einen kompakteren und effizienten Schwung.

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Mit Kugel zu mehr Stabilität

Die E-Bell ist quasi eine erhebliche Weiterentwicklung der Kettle-Bell. Das extra konzipierte Brett vereinfacht den beabsichtigten Bewegungsablauf deutlich. Aber auch mit der Kettle-Bell kann ordentlich an der Biomechanik gefeilt werden: »Für Damen empfiehlt sich eine Kugel-Hantel mit einem Gewicht von 4 Kilogramm, für Herren 5 bis 6 Kilogramm«, sagt Denis Prössel, während er statt eines Schlägers das Kugel-Gewicht schwingt.

Übungsablauf Kettle-Bell: Die Ansprechposition mit der Kettle-Bell einnehmen und wie einen Schläger versuchen (zunächst vorsichtig) voll zu schwingen. Das zusätzliche Gewicht wird den Bewegungsablauf etwas erschweren. Wer die Übung irgendwann problemlos ausführen kann, hat erfolgreich trainiert, zukünftig um die eigene Achse zu rotieren – das ist die Grundlage für einen dynamischen und auch kraftvollen Schwung und bringt Stabilität und Kraft.

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Elastische Streckung

Das wohl handlichstes aller Trainingsgeräte ist ein Terra-Band – erhältlich in verschiedenen Stärkegeraden. Die meisten ambitionierten Golfer und Golferinnen, und all jene, die gerne möglichst lange verletzungsfrei bleiben wollen, nutzen zum Aufwärmen so ein elastisches Gummiband. Es lässt sich unkompliziert für unendlich viele Muskelgruppen einsetzen. Eigentlich sollte jeder Spieler zum Aufwärmen ein Terra-Band nutzen.

Übungsablauf Terra-Bänder: Für diese biomechanische Übung werden zwei elastische Gummibänder benötigt. Die Füße werden auf die jeweilige Bandmitte gestellt. Überkreuz umfassen die Hände die Enden der doppellagigen Terra-Bänder. Die Widerstandsstärke wird über die Gummilänge reguliert. Bei vorgebeugter Ansprechposition eines imaginären Golfschwungs werden dann abwechselnd die Beine gestreckt. »Push hoch«, sagt Denis Prössel als Kommando, während er eine Körperhälfte streckt. »Der Push sorgt für die Drehbewegung erklärt der niederbayerische Coach. Damit werden die Bodenreaktionskräfte trainiert; und ganz nebenbei auch die kleinen Muskelgruppen für mehr Stabilität.

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Schwung mit Seil

Im Fachhandel gibt es spezielle Swing-Ropes zu kaufen – auch mit einem Griff. Aber für diese Übung sind ausdrücklich die Seile ohne einen zusätzlichen Griff notwendig. Alternativ hilft ein Tampen aus der Schifffahrt: Rope Tayfun Doppel-Nylon 18 Millimeter Festmach-Tau. Empfohlene Länge: doppelt so lang wie ein Eisen 5. Ziel des Rope-Trainings ist, dass die Schwunggröße passt (weit genug ausgeholt wird) und die sogenannte Swing Plane nachgeahmt werden kann. Also ähnlich wie der E-bell auf einer geraden Linie vor- und zurückgeschwungen wird, muss auch die Rope auf der Idealinie Richtung Ziel geschwungen werden.

»Die Ideallinie verläuft von Hüfthöhe im Rückschwung bis Hüfthöhe im Durchschwung. Und die verantwortet wiederum das mittige Treffen im Ball«, erklärt Denis Prössel. »Da man sowohl die Schwungebene als auch die Schwungrichtung beeinflussen kann, sollte man diese auch trainieren«, mahnt der Coach. Und das geht mit einem Seil ganz spielerisch, wie auch schon unser Kolumnist Stefan Maiwald diesen Winter im Selbstversuch feststellen konnte (siehe Maiwalds Mandat No 240, GM 12/23). Ganz nebenbei wird auch noch der Schwung-Rhythmus geübt.

Übungsablauf Rope: Das Seil wird doppellagig mit den beiden Händen wie ein Schläger gegriffen. (Tipp: Sollten Sie sich ein Seil Marke Eigenbau zulegen, ist es wichtig darauf zu achten, dass der Tampen etwas Gewicht hat.) Dann wird das Seil wie ein Schläger geschwungen, wobei zunächst auf Schwunggröße und Körperdrehungsgröße geachtet wird; also der Umfang der Schulterdrehung und der Turn beim Schwingen zum Ziel.

»Viele Schwünge sind viel zu hektisch«, erklärt der Fachmann. »Die Rope ist ein einfaches Gadget, mit dem einfach Flow und Rhythmus trainieren werden können.« Und das besonders Praktische: Zusammengewickelt passt die Rope in jedes Bag. Ausreden für falsches Training gibt’s also keine mehr.

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So nicht

Viele Wege führen nach Rom, aber nur einer korrekt Richtung Ziel. Damit die Schlagfläche im Treffmoment square ist – und das am besten auf der korrekten Schwungbahn – sollten Sie darauf achten, von wo Sie mit dem Seil in die Treffmomentszone schwingen. Kommen Sie zu sehr von innen, oder zu sehr von außen?

Kern dieser ganzen Übungen ist, dass der sogenannte »Functional Swing Plane« stimmen muss. Umso effizienter geschwungen wird, desto einfacher ist der Zuwachs an Länge. »Beim Training achte ich darauf, wie die Schüler den Schwung starten. Der am weitesten verbreitete Fehler ist, dass viele neigen dazu, den Schwung mit den Händen einzuleiten«, erklärt Denis Prössel. Viel Spaß beim Biomechanik-Training. Sie werden sehen, wie schnell sich Effizienz auf ein besseres Spiel auswirken wird.

Urvater der Golf-Biomechanik

Unter Coaching-Enthusiasten gilt er als der Schöpfer der Golf-Biomechanik– Dr. Kwon. Ph. D. Young-Hoo Kwon ist Professor & Director des Biomechanics Lab an der School of Health Promotion & Kinesiology an der Texas Women’s University und hat sich auf die Biomechanik des Golfschwung spezialisiert. Dr. Kwon nutzt Utensilien wie Kettle-Bell und Co. und konnte mittels umfangreicher Messdaten in seinem Forschungs-Lab nachweisen, wie essenziell die korrekte Gewichtsverlagerung und der richtige Bewegungsablauf sind. PGA-Coach Denis Prössel und viele andere Professionals sehen Dr. Kwon als einen Vorreiter an.

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Denis Prössel
Fully Qualified PGA Professional
Quellnes & Golf Resort Bad Griesbach
Profi seit: 1995
Experte für: Ausbildung, Fitting, Biomechanik