Beginnen wir aber mit diesem unglaublichen Pokal: Der Sieger der PGA Championship bekommt keinen Plexiglas-Quatsch, kein modernes Kunstwerk, kein Jackett, ob grün (Masters) oder kariert (RBC Heritage) – nein, die Wanamaker Trophy ist gigantisch und sieht exakt so aus, wie man sich einen Pokal vorstellt. Schwer ist sie außerdem. Padraig Harrington, Sieger 2008, berichtet: »Ich habe eine Kopie daheim, die etwa 90 Prozent der Originalgröße hat, und jeder, der sie hochhebt, kann kaum glauben, wie schwer die ist. Und ich sage: Die ist längst nicht so schwer wie das Original.« Die Wanamaker Trophy, 71 Zentimeter hoch, wiegt mehr als zwölf Kilogramm. Als Harrington damit für die Fotografen posieren musste, stellte er den Pokal immer wieder ab und warf sich in eine neue Pose. »Alle dachten, ich tue es, damit meine Sponsoren gut zur Geltung kamen. Aber in Wahrheit ruhte ich mich nur für ein paar Sekunden aus.«
Wer ist eigentlich dieser Herr Wanamaker? Lewis Rodman Wanamaker hatte von seinem Vater eine Kaufhauskette geerbt, die auch unter dem Sohn erfolgreich expandierte. 1916 lud der Hobbygolfer und Kunstsammler die besten Spieler der USA, Profis wie Amateure, zu einem Mittagessen in seinen Club ein und schlug die Gründung der PGA of America vor. Um der neuen Organisation auf die Beine zu helfen, stiftete Wanamaker 2.580 US-Dollar Preisgeld für die erste PGA Championship sowie die Trophäe. Im Oktober 1916 fand das erste Turnier statt, der erste Sieger im Siwanoy Country Club bei New York war der in den USA lebende Engländer Jim Barnes. Er bekam 500 US-Dollar – nach heutigem Wert etwa 11.000 US-Dollar, damals eine erstaunlich hohe Summe für einen Pro. Martin Kaymer bekam bei seinem Sieg 2010 1,35 Millionen US-Dollar, das Preisgeld 2024 beträgt für den Gewinner mehr als drei Millionen US-Dollar.
Die Verschiebung
Die PGA Championship hat unter den Spielern einen extrem hohen Stellenwert, denn sie gilt als das Turnier mit dem stärkstem Teilnehmerfeld. Und doch besitzt sie nicht die Strahlkraft des Masters (11. – 14.4.) oder der Open Championship (18 – 21.7.), und auch die US Open (29.8. – 1.9.) mit ihren legendär knüppelharten Set-Ups ist bei den Fans beliebter. Daher beschloss man im Jahr 2019, die PGA Championship nicht mehr im August als letztes Major auszuspielen, sondern in den Mai vorzuziehen, zwischen Masters und US Open. Hintergrund ist auch, dass im August in den sportverrückten USA längst andere Sportarten eine Rolle spielen und dem Golf Fernsehzeit rauben.
Außerdem ist Golf olympisch geworden und die Playoff-Turniere des FedEx Cups sowie der zweijährliche Ryder Cup buhlen ebenfalls um Aufmerksamkeit. Zumindest beim durchschnittlichen Sportfan würden diese sechs Wochen von Mitte August bis Ende September einen Golf-Overkill bewirken. »Glory’s last shot« war lange Jahre der Slogan – die letzte Chance für die Spieler, in jenem Jahr einen großen Titel zu erlangen. Jetzt ist es eben die zweite Chance.
Die Idee, die PGA Championship interessanter zu machen, indem man sie wie früher im Matchplay austrägt (erst 1958 wechselte man zum Zählspiel), ist charmant, verschreckt aber TV-Macher und Sponsoren: zu gefährlich wäre ein frühes Ausscheiden der Top-Favoriten. Es waren übrigens just die TV-Anstalten, die damals auf die Abschaffung des Matchplays drängten.
PGA Championship 2024 – Die Favoriten
Wen sollten Zuschauer im Blick behalten? Jordan Spieth ist besonders motiviert. Ein Sieg würde ihm den Aufstieg in den exklusivsten Club der Golfwelt verschaffen, nämlich jener Spieler, die den Career Grand Slam geschafft haben. Das gelang bisher nur Gene Sarazen, Ben Hogan, Gary Player, Jack Nicklaus und Tiger Woods. Spieths bislang bestes Ergebnis war ein zweiter Platz 2015.
Valhalla in Kentucky ist zum vierten Mal der Austragungsort der PGA Championship, zuletzt 2014. Damals gewann Rory McIlroy. Man darf ihn deswegen zu den absoluten Top-Favoriten zählen, doch das ist er ja ohnehin bei fast jedem Turnier. Auch der Ryder Cup 2008 fand in Valhalla statt. Damals gewannen die USA – mit sechs Rookies im Team, darunter Anthony Kim – ganz deutlich gegen Europa. Rückschlüsse auf mögliche Favoriten lässt das allerdings nicht zu, von den damaligen Spielern ist nur noch Phil Mickelson ernsthaft aktiv.
Als Besonderheit laden die Veranstalter die besten 20 Club-Professionals des Landes ein, die sich in der PGA Professional National Championship qualifizieren müssen. Jeder dieser Teaching-Pros träumt von seinem ganz großen Moment, denn ein Sieg bei der PGA Championship bedeutet eine fünfjährige Tourkarte sowie Einladungen zu den anderen drei Major-Turnieren für die nächsten fünf Jahre. Aber diese Geschichten sind nur Stoff für Märchen – schon ein geschaffter Cut gilt für einen Club-Pro als Sensation. 2023 sorgte Michael Block für Aufsehen: Er schaffte es als einziger Teaching-Pro ins Hauptfeld, erzielte am Sonntag sogar ein Ass und beendete das Turnier auf Rang 15. Eine solche Wohlfühl-Geschichte würde dem Golfsport in diesen Zeiten guttun.
Die deutschen Hoffnungen ruhen auf Stephan Jäger. Er zeigt seit Monaten eine konstant gute Form. 2023 spielte er bereits ein sehr gutes Turnier, verbaute sich aber mit einer 76 am Schlusstag eine Top-20-Platzierung. Der Österreicher Sepp Straka spielte in Runde 4 dagegen eine 65 und schob sich auf Rang 7 vor.
Das verschwundene Schmuckstück
Walter Hagen gewann die Wanamaker Trophy von 1924 bis 1927 vier Mal hintereinander. Aber 1928 hieß der Sieger Leo Diegel, der Hagen im Viertelfinale ausgeschaltet hatte, und nun gab es ein Problem: Die Wanamaker Trophy war verschwunden. Hagen, stets ein Mann des Nachtlebens, erklärte leichthin, dass er sie schon vor zwei Jahren in Chicago einem Taxifahrer anvertraut hatte, der sie in sein Hotel hatte bringen sollen, während er noch die Clubs der Stadt beehren wollte, doch dort sei sie nie angekommen. Die Trophäe tauchte jedoch zwei Jahre später wieder auf, und zwar in den Lagerräumen von LA Young & Company, einer Firma, die Golfschläger der Marke »Walter Hagen« produzierte. Bis heute ist nicht geklärt, was mit dem Pokal in den zwei Jahren geschehen war und ob sie überhaupt jemals wirklich verschwunden war. Vielleicht hatte Hagen einfach beschlossen, sie nach vier Siegen nie mehr herauszugeben.
Heute bleibt das wertvolle Original im Hauptquartier der PGA in Frisco, Texas. Beim Turnier selbst posieren die Sieger mit einer 1:1-Kopie. Für daheim bekommen sie nach den Presseterminen die etwas kleinere Kopie überreicht, von der Padraig Harrington berichtete; auf Anfrage wird für sie allerdings eine exakte Kopie gefertigt.
Vergangene Sieger
Praktisch jeder große Spieler hat die PGA Championship gewonnen. Eine verblüffende Ausnahme ist Arnold Palmer, der drei Mal Zweiter wurde. Gene Sarazen gewann drei Mal, als das Turnier noch im Matchplay-Modus ausgetragen wurde. 1922 konnte er als 20-jähriges Wunderkind sowohl die Open als auch die PGA Championship gewinnen. 1923 gewann er ein zweites Mal, 1933 ein drittes Mal. Auch Sam Snead konnte drei Mal die Wanamaker Trophy stemmen. Zwar verlor er zwei Mal in den Match-Play-Finals 1938 und 1940, aber der erste Sieg 1942 ließ die Narben verheilen.
Seine weiteren beiden Siege 1949 und 1951 fielen noch in die Matchplay-Ära. Doch auch im Zählspiel (ab 1958) kam Snead noch acht Mal unter die ersten Zehn. Drei wahre Wunder gelangen ihm in den Siebzigerjahren. 1972, als 60-Jähriger, schaffte er es auf den vierten Platz, 1973 auf den neunten Platz; und 1974, mittlerweile 62, erreichte er einen sensationellen dritten Platz, hinter Jack Nicklaus und Lee Trevino.
Walter Hagen konnte gleich fünf Mal die PGA Championship gewinnen. Darunter vier Mal in Folge (1921, 1924, 1925, 1926, 1927), wobei seine triumphale Statistik einen Schönheitsfehler hat. Sein großer Rivale Bobby Jones trat nie an, weil er ja Zeit seines Lebens Amateur blieb. Dieses Turnier war dezidiert den Pros vorbehalten. Tiger Woods gewann vier Mal (1999, 2000, 2006 und 2007). Jack Nicklaus ist auch hier dem Tiger voraus. Er gewann fünf Mal (1963, 1971, 1973, 1975 und 1980), darüber hinaus wurde er vier Mal zweiter. Insgesamt platzierte er sich zwölf Mal unter den ersten drei. 15-mal schaffte er es in die Top 10, 23-mal in die Top 25.
Daten & Fakten
106. US PGA Championship
16. bis 19. Mai 2024
Valhalla Golf Club, Louisville, Kentucky
Titelverteidiger: Brooks Koepka
Preisgeld: 17,5 Millionen US-Dollar
Siegerscheck: 3,15 Millionen US-Dollar
Infos: pgachampionship.com