Nordirlands Golf-Mekka
Weltklasse! Wer so ein Superlativ benutzt, sollte vorsichtig sein, wenn es um die Bewertung von Golfplätzen geht. Doch in diesem Fall ist er mehr als berechtigt. Royal County Down ist Weltklasse. Die harten Fakten: In zahlreichen Europa-Rankings wird der Platz an der nordirischen Küste an erster Stelle geführt und im globalen Vergleich ist er oftmals ganz weit oben auf der Liste zu finden.
Erschaffen hat die berühmte Golfanlage hauptsächlich die Natur. Um 1889 wurde der Platz in die fantastische Dünenlandschaft bei Newcastle von Old Tom Morris gelegt, später einige Male überarbeitet. Von der European Tour, wie die DP World Tour früher hieß, wurde der Links Course 2015 als Schauplatz der Irish Open auserkoren und ist nun wieder, vom 12. bis 15. September Austragungsort des Turniers.
Die dreimalige Senior-Open-Location wäre durchaus auch einer Open Championship würdig, wäre da nicht die strikte Einhaltung der Rota, des jährlichen Wechsels von neun Clubs auf den Inseln, und da hat nun mal Royal Portrush als nordirischer Vertreter traditionell den Vorrang. Und da offenbar Geld eine zentrale Rolle bei der Vergabe des Ryder Cups spielt, hat als kommender europäischer Kandidat das südwestirische Luxus-Resort Adare Manor von Milliardär J.P. McManus den Zuschlag bekommen.
Hohes Gras und der Fore-Caddie
Womit wir bei den eher weichen Faktoren wären. Die Lage ist schlichtweg fantastisch (schon wieder so ein Superlativ). Direkt an die Seepromenade des kleinen Städtchens Newcastle schließt sich der Links Course an und zieht sich kilometerweit am Strand der Bucht von Dundrum entlang. Die Dünen sind so hoch wie zweistöckige Häuser und wenn im irischen Frühling der Ginster in der einmaligen goldgelben Farbe erblüht, dann muss man einfach ins Schwärmen geraten. Das Grün von Loch 16 ist eingerahmt von diesen knorrigen Büschen in denen jeder Ball als verloren gilt. Im Hintergrund, die mächtigen Mountains of Mourne, die in ihrer graubraunen Farbe einen schönen Kontrast liefern. Eiligst das Handy gezückt und ein, zwei Aufnahmen gemacht und schnell wieder aufs Spiel konzentrieren.
Versprochen: Es lohnt sich bei der Sache zu bleiben, will man einen für seine Verhältnisse guten Score ins Clubhaus bringen. Da hilft natürlich der hauptamtlich verordnete Caddie. Unser Mann heißt Dean, ein Einheimischer, 36 Jahre alt und seit 23 Jahren Caddie. Er hat schon in Kalifornien für Arnold Schwarzenegger das Bag getragen und nach Jahren in den USA, ist er nun wieder in seine Heimat zurückgekehrt und für Gäste als Fore-Caddie zugeteilt, das heißt er hilft bei der Orientierung. Er stellt sich zum Beispiel mitten auf einen Dünenhügel und deutet ein paar Meter rechts von sich, dort sollte man dann hinzielen. Das Verblüffende: Es hilft, man vertraut ihm und sich. Außerdem findet Dean jeden Ball, der im hohen Gras verschwunden ist. Ein nicht ganz billiges Vergnügen, aber es lohnt sich. Denn nur so kann man diesen herrlichen Platz wirklich genießen und hat sogar noch Zeit für den einen oder anderen Schnappschuss, bevor man versucht, seinen Ball aus dem metertiefen Bunker heraus zu bekommen.
Einheimische meinen, frühmorgens wäre der Wind am heftigsten, da er sich auch nach den Gezeiten richte. Wenn dem so ist, dürften sich bei den Irish Open die Spieler nicht über frühe Startzeiten freuen.
Royal County Down – sein Geld wert
Wie viele seiner Landsleute trägt Dean kurze Hosen, scheinbar bei jedem Wetter. Nun, zwölf Grad und eine für irische Verhältnisse leichte Brise können Einheimische noch lange nicht schrecken. Außerdem ist Newcastle, 30 Kilometer südlich von Belfast, ein Touristenort und da gibt man sich eben leger.
Direkt neben Royal County Down steht ein trutziger Hotelbau, der mit seiner ziegelroten Fassade schon von weitem zu sehen ist und ein wenig an Harry Potters Hogwarts erinnert. In Wirklichkeit wurde es vor knapp hundert Jahren von der Eisenbahngesellschaft erbaut, um Touristen aus den entfernten Städten anzulocken. Sie kommen bis heute in das Seebad und gerne auch von sehr weit her, um hier Golf zu spielen. Die Amerikaner lieben die Top-Plätze auf den Britischen Inseln. Der berühmteste von ihnen, Tiger Woods, spielte hier, auf Royal County Down im Jahr 2005 eine 64er-Vorbereitungsrunde zur Open Championship. Bis vor kurzem war der Course für Gäste monatelang wegen des Einbaus eines neuen Bewässerungssystems gesperrt.
Nun kommen sie wieder, die Fans von klassischen Linkskursen, und man sollte sich Monate im Voraus um eine Startzeit bemühen. Das Greenfee bewegt sich um 425 Pfund, plus 100 Pfund für den Caddie pro Gruppe, der auch noch ordentliches Trinkgeld bekommt. Alles in allem ein äußerst exklusives Vergnügen, das sich offensichtlich viele (nicht nur Amerikaner) leisten können. Wer es zwei bis drei Preisklassen günstiger haben will, der findet entlang der nordirischen Küste viele Möglichkeiten. Zum Beispiel den spektakulären Links Course des Ardglass Golf Club. Er liegt etwa eine Stunde südlich von Belfast und eine halbe Stunde von Royal County Down entfernt.
Das älteste Clubhaus der Welt
1896 von Reverent Thomas MacAfee gegründet, gab es nur sieben Löcher, 1907 dann neun und in den späten 1960ern 18. Die Lage ist spektakulär – auf einem Felsplateau direkt am Meer, genauer gesagt an der Coney Island Bay wurde der Platz im Grunde genommen einfach auf die freie, relativ flache und komplett baumlose Fläche gelegt. Ein Clifftop-Course für Puristen. Auf einem in schwarzen Marmor gemeiselten Schild ist zu lesen, dass das Clubhaus das älteste der Welt sei – und das ist wirklich steinalt. Ursprünglich ein Schloss von 1405, wurde es ab dem 15. Jahrhundert als Lagerhaus neben dem kleinen Hafen von Ardglass genutzt, bis es im 18. Jahrhundert ein Familienwohnsitz und erst Ende des 19. Jahrhunderts zum Clubhaus wurde. Historiker schließen nicht aus, dass der Ursprung bis auf den Normannen-Ritter Sir John De Courcy zurückgeht, der 1177 Irland in Besitz nahm.
Von der historischen Bedeutung mal abgesehen, ist der Besucher, der erstmals anreist vom Anblick des trutzigen Clubhauses überrascht, dass so nah am Ufer steht, dass fast schon die Wellen hereinschwappen könnten. Danach staunt man über den spektakulären ersten Abschlag, der über einen sehr steilen Hang hinauf zu bewältigen ist. Im Verlauf der Runde staunt man ohnehin ständig, denn von sämtlichen Tees und Grüns hat man einen herrlichen Blick auf die Irische See.
Holywood – aber in Nordirland
Auch im Hinterland der nordirischen Küste wird man auf der Suche nach bezahlbarem Spielraum fündig. Ein Must ist eigentlich der Besuch von Rory McIlroys Heimatclub Holywood. Wem die Spielweise des Landclubs bei Belfast zu »normal« ist, der sollte wenigstens einen Blick in das Clubhaus werfen und die zahlreichen Erinnerungsstücke des Local Heroes bewundern. Rory hat hier seinen eigenen Parkplatz, den er allerdings nur sehr selten benutzt, schließlich ist er beruflich auf der PGA Tour unterwegs. Doch wenn er die Irish Open mitspielen sollte – und das ist eigentlich ein Pflichttermin für ihn – dann schaut er vielleicht kurz vorbei, mit seinem Dad. Der soll übrigens in einem anderen Club an der Bar gearbeitet haben. Und zwar im Clandeboye Golf Club, unweit von Belfast auf einem Teil der riesigen Ländereien von Lady Dufferin gelegen. Das Clubhaus, das auf einer Bergkuppe trohnt, lässt den Blick über die Golfanlage und bis weit übers Meer genießen. An klaren Tagen kann man mit bloßem Auge die schottische Küste am Horizont erspähen.
»Dufferin« ist ein wunderbarer Parklandkurs, fernab jeglichen Trubels, eingehüllt in friedlicher Ruhe der Natur ohne Häuser oder Verkehrslärm mit viel Ginsterbüschen und einigen alten Pinien. Interessant ist die Tatsache, dass das Design vom deutschen Platzarchitekten Bernhard von Limburger stammt, ein Redesign von alten 9 Löchern mit ergänzten »neuen« 9 Bahnen. Dufferin taucht in Welt-Rankings unter den Top 100 auf, bei Golf World sogar auf Rang 55. Rory McIlroy mag es nachsehen, aber der berühmteste Sportler von Belfast ist, zumindest für Fußballfans, George Best. Nach ihm wurde sogar der Flugplatz benannt, den man per Linienflug von Frankfurt aus erreichen kann. Die nordirische Hauptstadt ist unbedingt eine Station auf einer Golfreise wert.
Architektonisch zwar nicht unbedingt eine Beauty, hat die Stadt doch ein paar sehr schöne historische Ecken und ein fantastisches Ausgehrevier mit Restaurants, Pubs, Bars und Clubs in einer Fülle, wie man es selten erlebt. Doch der Hauptmagnet ist seit zehn Jahren ein riesiger, silbern wie eine Fischhaut glänzender Bau auf dem alten Werftgelände. Das Titanic Museum lockt jährlich zigtausende Besucher an und ist definitiv die Visite wert. Ein multimediales, technisch brillantes Konzept, das das Werftleben von einst, natürlich den Bau des Luxusliners bis hin zu seinem Untergang auf beeindruckende Art und Weise veranschaulicht. Wenn es nicht so abgedroschen wäre, könnte man hier fast von Weltklasse sprechen.
Royal County Down GC (Championship Links)
Royal County Down GC (Championship Links): 93
Index: 0,53/-
Anspruch: 20
Zustand: 12
Design: 22
Kulisse: 20
Service: 14
Bonus: 5
>>>Der GM-Score erklärt.<<<
Für den Platz gehen einem schnell die Superlative aus. Lage, Kulisse, Design, Zustand alles überragend. Man könnte Seiten füllen. In Kürze: Klassisches Links Golf, aber kein Biest, sondern fair zu spielen – vor allem mit Caddie. Der hilft bei blinden Drives über hohe Dünen wie bereits an Tee 2. Die 8 ist das schwerste Loch auf dem Papier, die 11 ein echter Challenger auch wieder mit blindem Drive, die 16 ist der Favorit von Butch Harmon: ein Par 5 mit einem tricky zweiten Schlag über den Dogleg-Knick, dafür mit einem nur kleinen Bunker links vor dem Grün. Mein Favorit: Die 16, Par 4 mit erhöhtem Abschlag auf flaches Fairway und dem herrlich von Ginsterbüschen eingerahmtem Grün. 17 und 18 sind noch einmal eine Herausforderung, wenn die Beine schwer werden. Das finale Grün ist ein glatter »Topfdeckel«, der zu lange Chips und sogar Putts böse bestraft. Der Lohn auch mit schlechtem Score: herrliche Bahnen entlang der Irischen See und immer wieder die Blicke aufs Meer auf den hohen Dünenrücken. Besucher sind Mo, Di, Fr, Do- und So-Nachmittag willkommen. Der Platz wird zehn Tage vor der Irish Open geschlossen. Startzeiten soll es angeblich nur noch für 2025 geben. Der zweite Club-Platz, Annesley Links, schließt sich RCD an, ist zwar wesentlich kürzer, soll aber an einigen Stellen kniffliger sein.
Ardglass GC
Ardglass GC: 71
Index: 0,79/-
Anspruch: 11
Zustand: 11
Design: 22
Kulisse: 19
Service: 6
Bonus: 2
Der Links Course ist komplett baumlos und die wenigen Felskuppen sind nicht hoch genug, um Schutz zu bieten. Manch einer behauptet gar, dass der Platz bei heftigem Wind schwerer zu spielen sei als Royal County Down. Durch die zahllosen Unebenheiten, Wellen, Buckel und Mulden ist es nicht leicht auf dem harten Untergrund Target-Golf zu spielen. Hinzu kommen die kleinen Grüns. Der Start ist Respekt einflößend: steil bergauf, neben dem Abschlag die Gischt der Brandung und rechts das Fairway der 18. Dass das Ganze stark nach links abfällt, macht es auch nicht leichter. Man zielt daher nach rechts, hat aber dann von dort einen komplett blinden Schlag aufs wie gesagt, sehr kleine Grün. An der 2, ein Par 3 mit knapp 150 Metern hat man direkt an den Klippen einen Abschlag über eine felsige Schlucht bis aufs Grün hinunter. Das Gelände wird danach flacher und versöhnlicher bis zum ersten Par 5 an der 9. Auffallend weniger Bunker als z. B. in Royal County Down. Danach fällt das Terrain ab und gibt den Blick auf eine wunderschöne Bucht frei. Nun spielt man direkt am Meer entlang und die 12 erinnert an das berühmte Par 3 von Pebble Beach. Danach geht es wieder auf flaches Gelände hinauf bis zur spektakulären 18, die steil bergab und stark nach rechts hängt. Wer hier allerdings zu weit nach links zielt, läuft Gefahr, die parkenden Autos zu treffen, die neben dem Fairway stehen. Fazit: Ein fairer Platz, der Spaß macht und mit rund 5.300 Metern von Gelb auch leicht gehbar ist. Achtung: Der Club hat keine Driving-Range!
Clandeboye GC (Dufferin Course)
Clandeboye GC: 67
Index: 0,81/-
Anspruch: 13
Zustand: 10
Design: 20
Kulisse: 15
Service: 9
Bonus: 0
Zur Anlage gehören zwei 18-Löcher-Plätze, daher auch das große Clubhaus, das auf einer Bergkuppe thront und den Blick über den Platz und bis weit übers Meer genießen lässt. Der anspruchsvollere Platz ist der Dufferin Championship Course, der hügelig startet und etwas verwinkelt mit kleinen Grüns, blinden Schlägen und engen Schneisen zunächst tricky zu spielen ist. Ab der 8 wird das Gelände flacher, die Fairways breiter und weniger Bunker erschweren das Spiel – bis zur 15 dessen Grün extrem gut von tiefen Bunkern bewacht ist. Dann geht es wieder den Hügel hinauf, das erhöhte Grün muss man treffen. Oben angekommen wird man mit einem herrlichen Weitblick hinweg über die gesamte Anlage, das angrenzende Areal und über das Meer belohnt. Leider waren die Grüns etwas holprig, was – wie man uns sagte – an den heftigen Regengüssen der vorherigen Tage lag und die Puttflächen nicht gepflegt und geglättet werden konnten. Wer in Belfast wohnt oder seine Golftour dort startet, kann sich ruhig mit einem Parkland wie diesem »warm« spielen und etwas Selbstvertrauen tanken, bevor es auf die taffen Links-Plätze an der Küste geht. Zudem gibt es hier eine ordentliche Driving Range. »The Ava« heißt übrigens der zweite, der neuere Platz.
Hotels
Grand Central: Das zentral in Belfast liegende moderne Hotel ist der perfekte Ausgangspunkt, um die Stadt zu erkunden. Mittags treffen sich hier die Geschäftsleute im Restaurant »Seahorse« zum Lunch. Ein Must ist der Besuch im »Observatory«, eine Cocktail-Lounge & Bar im 23. Stock mit genialem Blick über die Stadt. Infos: grand-centralhotelbelfast.com
Slieve Donard Resort & Spa: Das historische Hotel war einst Ziel der Sommerfrischler, die mit dem Zug von Belfast nach Newcastle fuhren. Der trutzige Ziegelbau steht gleich um die Ecke des Bahnhofs und direkt neben Royal County Down. Der 125 Jahre alte Bau wurde erst kürzlich komplett und aufwendig renoviert, und zwar so wie es sich nicht nur amerikanische Touristen vorstellen: im alten Stil. Man kommt sich vor wie im letzten Jahrhundert, dabei ist alles nagelneu und technisch up to date. Infos: marineandlawn.com
Avoca Hotel: Wer den Grand-Hotel-Stil nicht so mag, der ist in dem familiären Hotel an der Seepromenade von Newcastle richtig. Es liegt nur einen Spaziergang von Royal County Down entfernt, hat 19 Zimmer und befindet sich in einem rund 200 Jahre alten Haus, das für 2,5 Millionen Pfund renoviert wurde. Infos: avocahotel.com