und Johannes Oberlin
Bente steht auf ihrem Namensschild. Die hübsche Blondine mit dem weißen Kittel lächelt, während sie die Kekse über den Scanner zieht. Zu verstehen scheint sie uns nicht. Bente ist Kassiererin im einzigen kleinen Supermarked von Nimtofte. Das kleine Dorf liegt nahe der Ostseeküste Jütlands, dem dänischen Festland. Golfspieler aus dem Ausland mit fremder Währung und Sprache sind der wortkargen Bente scheinbar noch nicht oft untergekommen. Das wird sich ändern.
Nimtofte ist der letzte Ort auf unserer Route, bevor wir mit dem Auto das brandneue Lübker Golf Resort erreichen. Die Fahrt von Flensburg dauert knapp zwei Stunden, ab Hamburg sind es 375 Kilometer. Verfahren ausgeschlossen. Dafür sind die wenigen dänischen Straßen zu gut ausgeschildert.
Im September 2008 feierte Poul Anker Lübker (Anm.: hat nichts mit dem gleichnamigen Komponisten von My Way zu tun) hier die Eröffnung seines Luxusresorts. Über zwölf Millionen Euro hielt der 51-Jährige, der durch Windkraftanlagen reich wurde, schon vor dem ersten Spatenstich per verkaufter Anteile und Immobilien bereit. Ein Freifahrtschein zum Klotzen, Kleckern können andere.
Geschäftsmann Lübker, selbst ein Golfnovize, ließ ermitteln, welche Plätze von welchem Architekten weltweit den meisten Gewinn abwerfen. So fiel seine Wahl auf Robert Trent Jones II. Trent Jones II und sein Vater I haben zusammen 230 Plätze in 38 Ländern gebaut und viele Betreiber zu Millionären gemacht. Und damit nach dem Bau des Resorts der Standard auch bedingungslos gehalten werden kann, engagierte Visionär Lübker gleichzeitig einen Golf Course Superintendent. Derek Grendowicz, ein Schotte, der schon im Augusta National GC und Royal Melbourne den Rasen trimmte und für Tourniveau sorgte, drillt seither seine 30 Greenkeeper zu Höchstleistungen. Grüns, Vorgrüns und Abschläge werden per Handmäher gestutzt, Grashalme so behutsam geerntet, als wären sie kostbarstes Safran. „Qualität ist unser Aushängeschild“, so General Manager Per Kaersgaard (53). „Und unsere größte Herausforderung ist es, die Platzpflegekosten wieder einzuspielen.“
Bislang geht der Plan auf. Allein im Mai 2009 kamen umgerechnet 180.000 Euro an Greenfee zusammen. Zukünftig soll auch die Vermietung von Ferienhäusern Gewinn bringen. 200 von geplanten 530 stehen bereits entlang der Fairways, fast alle im modernen, funktionellen dänischen Design: ein Mix aus Holz, Glas und Stein. Und für die Golfer, die den üblichen dänischen Selbstverpflegungsurlaub mit Herd und Grill scheuen, ließ Lübker ein 5-Sterne-Hotel mit exzellenter Gastronomie errichten.
Bei Bente in Nimtofte mit dem Nötigsten eingedeckt, entscheiden wir uns für die Variante Nudeln und Bier in Eigenregie. Unser Qualitätscheck gebührt allein dem Platz. Mal sehen, ob die 27 Löcher dem guten Ruf gerecht werden, der ihnen voraus eilt. Die amerikanische Ausgabe des Golf Magazine kürte Lübker zum besten internationalen Platz. Der dänische Golfverband wählte ihn zum besten Platz des Landes. Sogar Journalisten aus China machten eine Stippvisite ins ferne Königreich. Jetzt müssen die 200 von dichtem Wald gesäumten Hektar dem GOLFmagazin-Urteil standhalten.
Zunächst fallen uns die zahlreichen Holzbrücken auf, die sich durch Sumpflandschaften schlängeln. Teilweise sind bis zu 150 Meter von diesem Urwaldrough vom Abschlag oder Fairway zu überwinden ein Augenschmaus und Nerventester zugleich. „Jedes Jahr werden hier von der Danish Society for Nature Conversation per Mikrofon irgendwelche Kurznasen-Frösche gezählt“, erzählt Kaersgaard. Der Manager macht keinen Hehl daraus, dass die damit verbundenen Auflagen auch nerven.
Uns gefällt die Optik des Platzes, die ansonsten hauptsächlich durch viel Wald und Meere von Waste-Bunkern bestimmt wird. Kein Loch kommt ohne eine dieser grobsandigen, an den Rändern fransigen Gemeinheiten aus. „Trent Jones hätte stattdessen auch Rough oder Wasserhindernisse einbauen können“, so Kaersgaard. „Was wäre Ihnen lieber?“ Wir entscheiden uns für die Bunker, auch wenn so mancher Fußabdruck im Sand das Spiel doch unnötig erschwerte.
Man kann getrost von einer „Edelwiese“ sprechen
Die drei Mal 9 Löcher mit den Namen Sand, Sky und Forest sind was für gute Golfer. Putts verlassen ungewollt schon mal wieder die pfeilschnellen, zu den Seiten hin abfallenden Grüns. Anschließend rollen sie dann über die zu Teppichen gemähten Vorgrüns noch weiter davon. Wenn Abschläge und Vorgrüns mit gleicher Akribie derart gepflegt werden wie Grüns, kann man getrost von einer „Edelwiese“ sprechen.
Bei einem Turnier der dänischen Krone-Tour (Anm.: vergleichbar mit der EPD Tour) spielte lediglich ein Profi unter Par von den gelben Standard-Abschlägen! Wie schrieb ein englischer Kollege: „Das charakteristische Wort für die 27 Löcher zu finden, verlangt ein Play-off zwischen ‚hart‘, ‚verletzend‘ und ‚brutal‘.“ „Na und“, verteidigt der Manager mit Handicap 4 seinen Platz, „dafür bekommen hohe Handicapper bei uns viele Schläge vor. Viele unterspielen sich.“ Kein Wunder, kann man in Dänemark doch jede Privatrunde auch ohne Ankündigung einfach so vorgabenwirksam einreichen. „Das stimmt, aber hier besch keiner“, versichert der Ex-Kapitän der dänischen Radsport-Olympiamannschaft. Wir glauben ihm.
Der Beweis für die typisch dänische Gelassenheit: Selbst beim Feuerholzholen am Straßenrand vertraut man uns ungesehen, dass wir auch den korrekten Betrag in einer angehängten Blechkasse zurücklassen.
Am nächsten Morgen brechen wir schon um 5 Uhr auf. Reiseziel sind die 36 Löcher des Himmerland Golf & Country Club 90 Autominuten und 110 Kilometer nordwestlich von Lübker das größte Golfresort Nordeuropas. In einem Dörfchen namens Auning halten wir noch kurz bei einem der vielen „Bageris“. Die sind ein echt dänischer Geheimtipp. Die Croissants mit Schokofüllung und Zuckerglasur halten den ganzen Tag vor, und die Auswahl an Leckereien ist schier unbegrenzt.
Wie sich rausstellen sollte, war diese extra Portion Kohlenhydrate auch nötig, um die hügeligen Bahnen in Himmerland zu überstehen. Viele blinde Schläge vom Tee und ins Grün sowie nicht einsehbare Hindernisse sind ein großes Manko des New Course (erbaut 1990). Der Gipfel der Blindheit ist an Loch 15 erreicht. Vom Abschlag des 156 Meter langen Par 3 ist nur noch der Fahnenzipfel zu erkennen. Der Höhenunterschied beträgt mehr als 50 Meter. Eigentlich bräuchte jede zweite Bahn eine Sicherheits-Signal-Glocke. Unser Tipp für den Betreiber: Verteilen Sie ein Birdiebook in 3D kostenlos zum Greenfee.
Die Dänen scheint das nicht zu stören. Jährlich werden in Himmerland 85.000 Golfrunden gespielt, bis zu 900 am Tag. Von den 35.000 Greenfeegästen sind bislang aber lediglich ein Prozent Deutsche. Und die spielen häufiger auf dem Old Course (1980). Dessen Layout ist flacher und einfacher. Ein Resortplatz, der gute Ergebnisse garantiert, aber auch in die Jahre gekommen ist und dringend mal ein Relaunch vertragen könnte.
„Kommt alles“, sagt Golfmanager Claus Birk Larsen (40). Der Eigentümer Lars Larsen (61, Dänisches Bettenlager, geschätztes Vermögen 2,5 Millarden ), plane die nächsten drei Jahre zunächst den Umbau des New Course. Viele dänische Top-Pros, wie Thomas Björn und Søren Kjeldsen, werden als Gastarchitekten hinzugezogen. Jeder entwirft sein Loch.
Golf ist hinter Fußball Nummer 2
Eine lohnende Investition in die Zukunft, denn der dänische Golfboom gerät ins Stocken. Bislang war der Betrieb von Golfanlagen in Dänemark ein lukratives Geschäft. Noch vor zwei Jahren trugen sich die Golfer bei den Clubs in Wartelisten für eine Mitgliedschaft ein. Golf ist hinter Fußball inzwischen Sportart Nummer zwei. Doch die Zahlen sind rückläufig. Auf lange Sicht setzt sich nur Qualität durch. Das hat Himmerland-Millardär Larsen erkannt. Jetzt wird investiert.
Zukunftsängste muss der Holstebro Golf Klub (Gründung 1970) nicht haben. Die elitäre altehrwürdige Anlage, weitere zwei Stunden und 120 Kilometer mit dem Auto Richtung Nordseeküste, ist unser nächster Stop. Holstebro ist das Falkenstein Dänemarks: Das größte Renommé auf dem Festland, Mitglieder, deren Familien schon über Generationen befreundet sind, und ein Golfplatz, den man nicht bauen, der so nur wachsen kann.
Jede Golfbahn liegt für sich, umgeben von nichts als Wald. Nach erhöhten Abschlägen öffnen sich die Fairways erst nach einer schmalen Waldschneise. Auf Bunker wurde netterweise größtenteils verzichtet, stattdessen sind die pfeilschnellen Grüns die größte Herausforderung in Holstebro. Als deutscher Greenfeegast kann man auch schon mal Pech haben, dass auf dem Championshipplatz (Skovbanen) gerade keine Startzeit zu bekommen ist, weil wieder irgendeine Meisterschaft ansteht. Für den Fall bleiben entweder 18 öffentliche Par 3-Löcher (Engbanen, Par 54) oder ein 18-Löcher-Parkland Course (Parkbahnen, Par 70).
Ein derartiges Luxus-Problem kennt man im Henne Golfklub nicht. Nur wenige hundert Meter von Henne Strand, dem Ballermann an Dänemarks Westküste, entfernt, ist er der letzte Golfstop unseres Jütland-Marathons. Hier hat noch jeder seine Runde gespielt, wenn er erst einmal das Clubhaus betreten hat. Henne kämpft um jedes Greenfee.
Der Klub steht von Anfang bis Ende für den lockeren Umgang der Dänen mit Golf. Dresscode extra leger, Tee-off erfolgt nach Anstellen, Bier gibt es aus dem Automaten, und das Essen bringt man sich selbst mit. Eine Mikrowelle steht zur Verfügung. Dafür darf man den ganzen Tag lang aber auch für schlappe 40 Euro spielen (öffentlicher Par 3-Platz für 20 Euro). Oder für umgerechnet sogar 36 Euro, wenn man mit Kronen bezahlt.
Das Layout der 18 Löcher ist einfach. Mit extravaganten Stilmitteln wurde gegeizt. Dafür vermittelt der muschelfarbene Strandsand in den Bunkern Urlaubsfeeling. Und zahlreiche hölzerne Ausgucke, die wie Hochsitze für Jäger wirken, garantieren Ausblicke über die weite Dünenlandschaft. Viele deutsche Dauergäste sind Henne-Fans. Sie leisten sich eine Zehnerkarte für 300 Euro oder gleich die Fernmitgliedschaft für 390. Schließlich spart man ja beim Essen, das man von Bente und Co im Bageri oder Supermarked mitgebracht hat.
Infos Dänemark
Anreise: Aus Norddeutschland: Bequem und schnell über die A7 (E 45). Aus Süddeutschland: Autozüge von München und Lörrach nach Hamburg (www.dbautozug.de). Flüge: Lufthansa fliegt von allen großen deutschen Großstädten nach Arhus.
Währung: Dänische Kronen (1 Euro = 7,5 DK). Euro werden akzeptiert. Wer wechselt, kommt aber meist günstiger weg.
Reisewetter: Der Sommer geht in Dänemark nur von Anfang Juni bis Ende Auggust. In den drei Monaten ist es ungewöhnlich lange hell, im Juli fast bis Mitternacht (Sonnenaufgang zwischen 4 und 5 Uhr früh). Die Temperaturen schwanken zwischen 18 und 25 Grad (Wasser 18 bis 20 Grad).
Unterkunft: Lübker und Himmerland bieten Ferienhäuser und Wohnungen zum Mieten an. Diverse Häuser können sogar gekauft werden. Die Kaufpreise liegen zwischen 180.000 und 450.000 Euro.
Angebote: Das Lübker Golf Resort hat spezielle Packages, wie beispielsweise das Wochenend-Familien-Packet: 2 Nächte in einer Ferienwohnung, einmal Dinner, zweimal Frühstück, zweimal Greenfee plus Spa und Fitness für vier Personen (2 Erwachsene, 2 Kinder unter 12) für 358 Euro.
Weitere Informationen: Fremdenverkehrsamt VisitDenmark. www.visitdenmark.com; Tel: 040/ 32 02 11 31.
Lübker Golf Resort
Adresse: Lübker Allé 121, DK-8581 Nimtofte
Tel: 0045/38/40 80 00
www.lubker.com
Eröffnung: 2008
Platz: 3 x 9 Löcher (je Par 36) Sand: 3.119 m (g); 2.488 (r); Forest: 2.757 m (g); 2262 (r); Sky: 2.939 m (g); 2503 (r); CR 73 (g), 72 (r); Slope 134 (g), 129 (r) (Sand-Forest); CR 74 (g), 73,5 (r); Slope 137 (g), 130 (r), (Sky-Sand)
Architekt: Robert Trent Jones II
Greenfee: 100 Euro (Sa.-So.)/67 Euro (Mo.-Fr.)
Fazit: Der beste Platz Jütlands und Dänemarks. Ein Muss!
Himmerland Golf & Country Club (New Course)
Adresse: Centervej 1, Gatten, 9640 Farsø
Tel: 0045/96/ 49 61 00
www.himmerlandgolf.dk
Eröffnung: 1990
Platz: New Course 18 Löcher, Par 73, 6.102 m (g) – CR: 73,0, Slope: 129; 5.347 m (r.) – CR: 74,9; Slope: 129
Architekt: Jan Sederholm
Greenfee: 53 Euro (Sa.-So.)/40 Euro (Mo.-Fr.)
Fazit: Blinde Abschläge und Landezonen nerven kolossal. Zudem ist der Platz mit Hindernissen (überwiegend Bunkern) verbaut. Ansonsten bekommt man hier viel Golf für kleines Geld.
Himmerland Golf & Country Club (Old Course)
Adresse: Centervej 1, Gatten, 9640 Farsø
Tel: 0045/96/ 49 61 00
www.himmerlandgolf.dk
Eröffnung: 1980
Platz: Old Course 18 Löcher, Par 70, 5.422 m (g) – CR: 68,3; Slope: 125; 4.743 m (r.) – CR: 70,1; Slope: 122
Architekt: Jan Sederholm
Greenfee: 53 Euro (Sa.-So.)/40 Euro (Mo.-Fr.)
Fazit: Leichter und kürzer als der New Course, doch auch hier sorgen blinde Schläge für mehr Frust als Lust. Der Pflegezustand ist nicht annährend mit dem Lübkers zu vergleichen.
Holstebro Golfklub
Adresse: Brandsbjergvej 4, 7570 Vemb
Tel: 0045/ 97/ 48 51 55
www.holstebro-golfklub.dk
Eröffnung: 1970
Platz: 18 Löcher, Par 72, 5.940 m (g) – CR: 72,3, Slope: 131; 5.171 m (r) – CR: 73,7; Slope: 129
Architekt: Robert Trent Jones II
Tages-Greenfee: 53 Euro (Sa.-So.)/40 Euro (Mo.-Fr.)
Fazit: Der Platz wirkt so natürlich, als wäre er in den Wald gewachsen. Toll sind die pfeilschnellen Grüns und die erhöhten Abschläge. Nicht verpassen!
Henne Golfklub
Adresse: Hennebysvej 30, DK-6854 Henne
Tel: 0045/ 75/ 25 56 10
www.hennegolfklub.dk
Eröffnung: 1989
Platz 18 Löcher, Par 71, 5.904 m (g) – CR: 71,02, Slope: 121; 4.975 m (r) – CR: 71,07, Slope: 120
Architekt: Frederik Dreyer
Tages-Greenfee: 40 Euro (wochentags und am Wochenende)
Fazit: Wenn man Strandurlaub machen möchte, auf Golf aber nicht ganz verzichten will, ist Henne die richtige Adresse. Vom Design unspektakulär, dafür umso mehr Urlaubsflair.