Interview mit Sandra Gal
GOLF MAGAZIN: Sandra, wie kam es, dass du Schirmherrin eines Charity-Turniers in Deutschland wurdest?
Sandra Gal: In Florida habe ich ja schon seit Jahren meinen eigenen Charity-Event. Das hier ist mein erstes Wohltätigskeits-Turnier in Deutschland. Das Deutsche Rote Kreuz hatte mich angefragt, ob ich Botschafter der Initiative „AllianzProMenschlichkeit“ sein möchte. Dabei geht es in erster Linie darum, Menschen, die sich an der Schattenseite des Lebens befinden, zu helfen. Ich glaube, in der Hinsicht kann man gar nicht genug tun.
Sandra engagiert sich für Charity
Und Dein Charity-Turnier in den USA?
Mit der Organisation „Volunteers of America“ bauen wir ein Children Center in Miami auf. Kinder finanziell benachteiligter Familien bringen wir Achtsamkeit bei – mit Kunst, Yoga, Golf und Musik. Das ist besonders wichtig für Kinder, die ein schwieriges Leben haben, und hilft ihnen, besser mit ihren Emotionen klarzukommen. Für das Zentrum haben wir bereits das passende Haus gefunden, und die nächsten drei Jahre fließt das Geld von meinem Turnier in diese Aktion.
Im Vorfeld des Charity-Turniers hier in Mainz gab es noch ein „Sandra Gal meets Girls“-Turnier…
Ja, die Idee mit dem Mädchen-Turnier kam später hinzu. Das finde ich ganz besonders toll (strahlt). In Amerika boomt Mädchengolf total. In Deutschland ist das gerade leider nicht so. Daher ist es echt toll zu sehen, mit wie viel Begeisterung die Mädchen heute dabei waren. Wahnsinn, was sie alles wissen wollten und wie sie meine ganzen Tipps aufgesaugt haben. Das war sehr schön.
Sandra Gal nahm sich als Mädchen vor: „Hey, ich kann euch schlagen“
Was faszinierte dich als Jugendliche am Golfspiel?
Zum einen diese Team-Sache, also das Mannschaftsspiel, und zum anderen der Wettkampf mit Jungs und Männern. Sich auch mal mit ihnen zu vergleichen, gegen sie zu spielen und zu sagen „Hey, ich kann euch schlagen.“ Das fand ich so cool damals (grinst).
Ist es schwieriger, Mädchen zum Golfspiel zu bewegen?
(überlegt) Vielleicht spielt diese Vorbildfunktion für Mädchen eine größere Rolle als für Jungs. Männergolf wird im deutschen Fernsehen übertragen und Frauengolf eben leider kaum. In sehr vielen anderen Ländern ist das anders.
Damengolf wird immer athletischer und attraktiver. Dennoch gibt es davon im Fernsehen nichts oder nur sehr wenig zu sehen. Die europäische Ladies-Tour musste sogar Events mangels Sponsoren abschaffen – ein Teufelskreis. Woran mag das liegen?
Da zeigt sich bei uns (auf der amerikanischen LPGA-Tour, Anmerkung der Redaktion) das glatte Gegenteil. Wir haben immer mehr Turniere, die auch alle live übertragen werden und wir spielen auch immer mehr in Asien. Ich glaube, dass es sich in Europa in der Vergangenheit um ein schlechtes Management handelte. Ich kann es aber nicht wirklich beurteilen. Wir haben immer mehr Sponsoren, während es in Europa komplett in die falsche Richtung lief. Würden Turniere im Fernsehen übertragen werden, könnten sich auch mehr junge Mädels das anschauen und sagen „Hey, da will ich auch mal hin!“
Sprung auf die Damen Profi-Tour
Würdest Du europäischen Spielerinnen dennoch raten, den Sprung auf die Tour zu versuchen?
Ja, auf jeden Fall. Es ist ein toller Weg (und strahlt). Klar, er ist holprig, aber er ist toll. Ich meine, Golf ist speziell. Aber am Ende sollte man nicht aufgeben, wenn man etwas gut machen möchte und auch das Talent dafür hat. So sehe ich das. Grundsätzlich muss man sich auf die positiven Dinge konzentrieren, anstatt zu sagen: „Es geht nicht, es läuft nicht.“ Man sollte das fördern, was eben schon da ist. Und hier in Deutschland ist ja Potential vorhanden! Wenn man Erfahrung gesammelt hat, sollte man, zumindest zur Zeit, auf die amerikansiche LPGA Tour gehen, um sich ernähren zu können.
Und welchen besonderen Tipp hast Du für die Spielerinnen?
Einen Mental-Tipp bezüglich Nervosität: Ich hätte gerne schon als junge Spielerin gewusst, dass Nervosität nichts Schlechtes ist und dass man sie annehmen sollte als etwas, das einem hilft. Golf ist sehr resultatorientiert, das ist das Anspruchsvolle und manchmal eben auch sehr Harte an dieser Sportart. Man erhält am Ende der Runde einfach das Ergebnis, das man erspielt hat; egal, wie viel Spaß man hatte und vielleicht einige Löcher fantastisch gespielt hat. Da ist keine Story dahinter. Aber am Ende soll es ja, gerade für Hobbygolfer, eine schöne Erfahrung sein, die Spaß macht. Im Mentalen kann man vieles machen; sich beispielsweise auf nur einen Schwunggedanken konzentrieren und auf nichts anderes. Das heißt: Der Prozess ist viel wichtiger als das Resultat. Immer! Wenn man sich zu viel auf das Resultat konzentriert, wird man nur nervös und steif. Dadurch wird alles noch schwerer.
Sponsor sein im Damen-Profisport, weil…
Stichwort Förderung: Wenn du, als Repräsentantin des weiblichen Profisports, innerhalb eines 30 Sekunden-Versuchs einen potentiellen Sponsor überzeugen müsstest, wie wären Deine Argumente?
(Sandra lacht und wundert sich) Wow… Ok… Ich glaube, wir machen erstens einfach eine gute Show. Zweitens zeigen wir echt gutes Golf; unser Spiel ist von den Scores und der Spannung her genau das gleiche. Und drittens sind die Pro-Ams mit uns Bombe. Wir haben immer super gutes Feedback, und ich finde, wir sind viel mehr „personal“, also umgänglicher, als die männlichen Kollegen, so sagen es zumindest unsere Pro-Am-Partner. Also schicken Sie Ihre Top-Kunden zu uns und genießen Sie die Show und die Publicity.
Du siehst also große Unterschiede zwischen dem Damen- und Herrengolf, wenn es ums Verhalten geht?
Ja. In erster Linie muss man aber zwischen Amateuren und Profis unterscheiden. Mir sagen ganz viele Leute, dass sie sich lieber Damengolf anschauen. Sie können sich besser mit uns identifizieren. Wir schlagen zwar weiter, haben aber ungefähr die gleiche Schlägerkopfgeschwindigkeit wie gute Amateure. Männer hauen eben 350-Yards-Drives, und da denkt sich der Zuschauer: „Ok, in meinem Leben schaffe ich das nie.“
Das hört sich an, als würde Damengolf unterschätzt…
Das kann sein. Es sieht halt leicht aus. Bei allen Sportlern, die etwas können, sieht es einfach aus.
Jeder nimmt einen Golfplatz anders wahr. Wenn du ihn das erste Mal spielst und ich am 18. Grün frage: „Wie war Bahn 5?“, könntest Du…
(Sandra lacht lauthals) Ha, ha, ja, das ist auch nicht meine Stärke (und lacht laut weiter). Viele Kolleginnen auf der Tour können das perfekt!
Das Leben auf der Profi-Tour
Du bist ständig unterwegs. Ist das Leben aus dem Koffer nicht auch ganz schön hart, langweilig und einsam?
(Sandra reagiert entspannt) Das ist für mich weniger hart. Ich habe echt Glück, dass meine Familie mich immer unterstützt. Ich bin auch mal bei Turnieren alleine dabei, aber ich habe auch viele Freunde auf der Tour. Ich fühle mich also nie wirklich einsam. Die Schattenseite ist eher, dass ich nicht viel von dem regulären Leben meiner Freunde mitbekomme. Man sieht sich ein paar Mal im Jahr, geht Kaffee trinken oder unternimmt irgendwas zusammen, aber diese alltäglichen Dinge wie eine Geburtstagsfeier verpasst man. Die wirklich guten Freunde legen sogar ihre Hochzeit so, dass ich dabei sein kann. Aber viele Ereignisse in meinem Freundeskreis verpasse ich halt auch.
Sandra Gal in Social Media
Du hast auf facebook über 100.000 Follower und auf Instagram knapp 60.000. In den sozialen Netzwerken können deine Fans etwas von deinem glamou-rösen Tour-Leben sehen…
Das Meiste, das wir machen, ist überhaupt nicht „glamourös“. Wir stehen beispielsweise um fünf Uhr oder halb fünf auf, müssen uns irgendwo im Dunkeln aufwärmen, wenn es auch noch so richtig kalt ist. Aber das gehört dazu. Das gibt es in jedem Beruf. Das sind Dinge, die einfach schwer sind. „Schwer“ in Anführungsstrichen. Uns auf der Profi-Tour geht es wirklich super (lacht). Ich finde, ich habe ein tolles Leben und fühle mich deshalb auch wirklich privilegiert. Unser „Büro“ ist ja auf dem Golfplatz.
„Das beste Gefühl der Welt“
Was war dein bisher schönstes Erlebnis als Profi? Dein Toursieg oder Olympia?
Der Gewinn des Solheim Cups 2011 steht ganz nah an der Erfahrung im Solheim Cup 2015 in Deutschland, auch wenn wir damals nicht gewonnen haben. Aber es war so eine geniale Stimmung in St. Leon- Rot. Es war dieser Augenblick, den sich eigentlich jeder Sportler irgendwie wünscht, dass man auch dann sehr gut spielt, wenn man unter sehr großem Druck steht. Und die Kombination mit den begeisterten Fans und der rauschenden Stimmung war ein sehr großes Highlight meiner Karriere.
Sprechen wir über dein Spiel: Wo liegen deine Stärken auf dem Golfplatz?
Ich liebe den Putter. Der Ball muss verschwinden. Putten macht einfach so viel Spaß; ganz besonders, wenn viele Zuschauer da sind. Wenn man den Ball weich trifft und er genau so rollt, wie man es sich vorgestellt hat, dann ist es das beste Gefühl der Welt. Klar, das gleiche tolle Gefühl kann man haben, wenn man ein ganz tolles Eisen schlägt oder einen Driver. Am Ende aber bringt es vom Resultat her ja nicht viel, wenn man zwei gute Schläge gemacht hat, aber der Putt vorbeigeht. Der Putt ist so das Coole bei diesem Spiel.
Sandra Gal living in the USA
Du spielst ja seit 2008 auf der LPGA-Tour und bist schon zum Studium in die USA gegangen. Gibt es etwas, was du aus Deiner Heimat vermisst?
Das Brot (kichert). Das Weihnachtsgefühl, über einen Weihnachtsmarkt zu gehen. Berge und Schnee. Natürlich gibt es das auch in Amerika, aber ich assoziiere das dennoch mit Zuhause. Denn da, wo ich in Amerika bin, ist meist warmes Wetter, was beim Spielen und Trainieren hilft. Wenn ich also nach Europa fliege, möchte ich am liebsten in die Alpen oder dahin, wo es schön kalt ist. Dieses heimische, gemütliche Gefühl im Winter ist schon ganz cool.
Auf dem Platz wirkst du immer sehr ruhig und ausgeglichen. Wie steht es mit Wut und kleinen Ausrastern?
Ich bin eigentlich nie wütend; höchstens zweimal im Jahr wie beispielsweise Anfang dieses Jahres bei einem Turnier. Nach einem missglückten Drive habe ich mit dem Schläger aufs Tee gehauen, obwohl sehr viele Zuschauer um mich herum standen. Da habe ich voll angefangen zu lachen und mich gleich entschuldigt. Und die haben auch alle gelacht. Das war so eine lustige Situation, die alles andere als witzig begonnen hatte. Unkontrollierte Aggressionen passen eigentlich so überhaupt nicht zu meinem Naturell. Manchmal passiert es dann eben doch; es kann auch mal irgendein Schimpfwort sein. Das passiert vielleicht zwei Mal im Jahr.
Auch das Schimpfwort nur zweimal im Jahr?
Ok, vielleicht fünf Mal. Dann ist aber auch gut (und lacht laut).
Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Glück auf der Tour!
Steckbrief Sandra Gal
Geboren: 9. Mai 1985 in Düsseldorf
Wohnsitz: Orlando/Florida
Familienstand: ledig (zum Haushalt gehört die niedliche Hündin Emi, ein australischer Mini-Shepard)
Profi seit: 2007
LPGA-Tour: Sandra spielt seit elf Jahren auf der amerikanischen LPGA-Tour; ein Sieg bei der Kia Classic 2011; 30 Top-Ten Platzierungen
Solheim Cup: 2011 (Sieg für Europa), 2015 in St. Leon-Rot
Olympia: Sandra repräsentierte Deutschland bei den Olympischen Spielen 2016
Weltranglistenplatz Ende 2018: 91
Hobbys: Malen, Tanzen, Violine spielen, Wakesurfing
Lebensstil: Veganerin, Achtsamkeit (Mindfulness), Charity Unterstützung
Sandra Gal malt und versteigert ihre Gemälde für Charity
Hier in paar Schwungsequenzen von Sandra Gal
https://www.youtube.com/watch?v=6MfgdBlEjfk