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Rückblick: So gewann Europa den Solheim Cup

Auf dem Papier waren die Europäerinnen den Amerikanerinnen weit unterlegen. Auf dem Platz, sah das Ganze dann schon enger aus. Aber dass Team Europa am Ende den Solheim Cup 2019 nach Hause holen würde, das haben sich nicht viele zu Hoffen gewagt. Zeit sich das Geschehene noch einmal etwas genauer anzuschauen. 

Ehe es in die Analyse des Solheim Cups geht, ist es wichtig, dass man sich zunächst die Chancen auf dem Papier anschaut. Ähnlich wie beim Ryder Cup haben die Spielerinnen beim Solheim Cup die Möglichkeit über ein komplexes Punktesystem oder die Weltrangliste in das jeweilige Team zu spielen. Über dieses Ranking hat es beispielsweise auch die Deutsche Caroline Masson in das Team der Europäerinnen geschafft. Doch vergleicht man die beiden Teams miteinander, dann hätte der Unterschied nicht gravierender und vor allem eindeutiger sein können. Einmal mehr der Beweis: der Solheim Cup / Ryder Cup hat seine eigenen Regeln.

Die Spielerinnen

In Europa schaffen es die drei besten Spielerinnen der Punkterangliste und die fünf besten Spielerinnen der Weltrangliste ins Team. Die verbleibenden vier Damen wurden von der Kapitänin ausgewählt. Auf der amerikanischen Seite hatte das Solheim Cup Punkteranking einen wesentlich höheren Stellenwert. Hier qualifizierten sich insgesamt acht Damen über die erspielten Punkte und lediglich zwei über die Weltrangliste. Um die Teams allerdings miteinander vergleichen zu können, nehmen wir lediglich die Weltrangliste zur Hand.

In den Top 20 des Rolexrankings ist aus der europäischen Mannschaft insgesamt eine Spielerin, die Spanierin Carlota Ciganda auf Rang 12, vertreten. Team USA kann hier fünf Spielerinnen (Lexi Thompson, Nelly Korda, Lizette Salas, Danielle Kang und Jessica Korda) aufweisen. Die „schlechteste“ Spielerin der USA war Solheim Cup Rookie Ally McDonald, die als Nachrückerin für die am Rücken verletzte Stacy Lewis ins Feld gerückt war, auf Rang 52. Lexi Thompson führte die Amerikanerinnen auf Rang drei an. Das Schlusslicht des europäischen Teams war die 38-jährige Suzann Pettersen auf Weltranglistenposition 668, die durch einen Captains Pick von Catriona Matthew ins Feld gerutscht war.

Die Punkte Verteilung – bisherige Solheim Cup Performance

In diesem Jahr setzte Catriona Matthew vor allem auf eins: Erfahrung. In ihrem Team hatte die Schottin gerade einmal drei Rookies, zwei davon wurden durch einen Captains Pick ins Team berufen. Lediglich Anne van Dam konnte sich über ihre die Solheim Cup-Punkteliste ins Team Spielen. Die Französin Celine Boutier und Engländerin Bronte Law wurden ausgewählt.

Team Europa

Die Mannschaft wurde von Carlota Ciganda angeführt, die insgesamt zum vierten Mal für Europa an den Start ging. In ihren vorherigen drei Auftritten gewann sie fünf Punkte, verlor vier Mal und teilte zwei Partien (5-4-2). Die Schwedin Caroline Hedwall kann auf die gleiche Anzahl an Solheim Cups zurückblicken. Die 30-jährige spielte 13 Matches, gewann 8 Mal, verlor vier Punkte und teilte sich einmal den Punkt (8-4-1). Gleichzeitig war sie die erste Europäerin überhaupt, der es gelang fünf Punkte bei einem Solheim Cup zu holen. Die Engländerin Charley Hull war gerade einmal 17 Jahre alt, als sie zum ersten Mal für Europa an den Start ging. Ihr Rekord bei drei Auftritten: sieben Siege, drei Punktverluste und ein geteiltes Match (7-3-1).

Die Spanierin Azahara Munoz setzte 2017 aus, trat aber in diesem Jahr ebenfalls zum vierten Mal als Teil des Solheim Cup-Teams auf. Sie gewann bisher vier Matches, verlor sechs Mal und teilte eine Begegnung (4-6-1). Die einzige Deutsche im Team, Carolina Masson, schaut ebenfalls auf drei Solheim Cup-Aufritte zurück. Die bisherige Bilanz ist allerdings nicht ganz so schön zu lesen. Drei Punkte, sechs abgegebene Punkte und zwei halbierte Matches (3-6-2). Die Schwedin Anna Nordqvist ist einer der erfahrensten Spielerinnen im Team Europa.

In fünf Auftritten gewann sie elf Mal, musste sieben Punkte abgeben und teilte zwei Begegnungen (11-7-2). Jodi Ewart Shadoff war bereits zwei Mal Teammitglied. Bei diesen Aufritten gewann sie drei Mal und verlor vier Punkte (3-4-0). Die Solheim Cup-Veteranin Suzann Pettersen bekam das Vertrauen von Kapitänin Catriona Matthew und startete im Vorfeld bereits acht Mal bei einem Solheim Cup. Ihre Bilanz: 16 Siege, elf Punktverluste und sechs geteilte Matches (16-11-6). Abgerundet wurde das Team von der Women’s British Open Siegerin 2018 Georgia Hall. Die Engländerin startete bisher ein Mal für Europa und blickt auf zwei Siege und drei Punktverluste zurück (2-3-0).

Die Europäerinnen gewinnen zum ersten Mal in sechs Jahren den Solheim Cup. (Photo by Jamie Squire/Getty Images)

Team USA

Die Amerikanerinnen traten mit insgesamt sechs Rookies die Titelverteidigung im schottischen Gleneagles an. Nelly Korda, Megan Khang, Marina Alex, Brittany Altomare, Annie Park und Ally McDonald durften zum ersten Mal für die USA an den Start gehen. Lediglich Ally McDonald, die für Stacey Lewis ausgewählt wurde, wurde von Kapitänin Juli Inkster ernannt, die anderen Spielerinnen qualifizierten sich für die Mannschaft. Die erfahrenste Spielerinnen war dabei Morgan Pressel mit fünf Auftritten, bei denen sie zehn Punkte für die Amerikanerinnen holte, sieben Verluste hinnahm und zwei Mal das Match teilte (10-7-2). Angel Yin durfte bereits 2017 für Team USA antreten. Ein Sieg, ein Verlust und eine geteilte Partie stehen auf ihrem Solheim Cup Konto (1-1-1).

Jessica Korda kann überraschenderweise auf lediglich einen Auftritt auf amerikanischem Boden zurückblicken. Ihre Performance: Ein Sieg, zwei Verluste und eine geteilte Partie (1-2-1). Landsfrau Lizette Salas ist neben Lexi Thompson die erfahrenste Spielerin im Team USA. Sie blickt auf die letzten drei Ausgaben des Solheim Cups mit einem 4-4-2 Rekord zurück. Thompson war noch ein wenig erfolgreicher und konnte insgesamt fünf Partien für sich entscheiden, verlor zwei Mal und teilte sich vier Partien (5-2-4). Das Team wurde durch Danielle Kang abgerundet, die 2019 zum zweiten Mal beim Solheim Cup dabei war. Ihre bisherige Bilanz beläuft sich auf drei Siege und ein Punktverlust (3-1-0).

Insgesamt wurde der Solheim Cup zum 16. Mal ausgetragen und durch ihren Sieg konnten die Europäerinnen den Abstand zu den USA verkürzen. Hier steht es nach dem Solheim Cup 2019 10-6 für die Amerikanerinnen.

Der Solheim Cup 2019

Die vermeintliche Dominanz der Amerikanerinnen lies lange auf sich warten. Denn bei allen Matches ging es eng zu. Mit der Außnahme der Korda Schwestern, die sich als unschlagbares Team erwiesen und dennoch nach einem 6 auf 4 Sieg am Morgen des ersten Tages zunächst aufgeteilt wurden und am zweiten Tag, nach einer erneuten 6 auf 5-Klatsche für die beiden Europäerinnen Carlota Ciganda und Bronte Law nachmittags ganz aussetzten mussten. Die Experimentierfreude von Kapitänin Juli Inkster, die kaum eine Viererkombination unversucht ließ, ging beinahe nach hinten los. Denn ihre Konkurrentin Catriona Matthew hatte schnell funktionierende Paare kreiert. Die Hoffnung lautete, trotz eines ausgeglichenen Ergebnisses nach den ersten beiden Tagen, die Einzel.

Ein überraschender Sieg?

Wie es sich für ein richtiges Team Event gehört wurde im Vorfeld bereits viel „Gift“ versprüht. Die Amerikanerinnen waren auf dem Papier besser und konnten zudem auf zwei erfolgreiche Solheim Cups zurück blicken. Eine mehr als eindeutige Sache, wer die Favoriten-Rolle inne hatte. Die Europäerinnen kämpften dagegen verzweifelt an und so ließ sich Rookie Bronte Law zu der Aussage hinreisen: „Ich wüßte gerne, wer behauptet hat, dass wir keine Favoriten sind und wo sie diese Informationen her haben.“

Die ersten beiden Tage hielten sich die Europäerinnen wacker gegen die Konkurrentinnen aus den USA und gingen mit einem Unentschieden in den Finaltag. Doch das sollte keineswegs beruhigend sein, denn in den Einzel-Matches werden nicht nur die meisten Punkte vergeben, sondern gerade hier könnte sich die Dominanz auf dem Papier der Amerikanerinnen auszahlen. Und lange sah es genau danach aus. Denn die USA traten nach einem Gleichstand ( zwei Matches gingen an je ein Team) eine regelrechte Punkte-Lawine los. Sie holten sich vier der fünf folgenden Duelle und brauchten damit aus den letzten drei Partien nur einen halben Punkt für den dritten Sieg in Folge.

Es war der Zeitpunkt an dem viele das Team aus Europa abgeschrieben hatten und sich die Sorge um die Zukunft des Solheim Cups breit machte. Eine derartige Dominanz eines Teams macht auf lange Sicht schlicht keinen Spaß. Das sieht man auch beim Ryder Cup, den die Europäer vor Hazeltine zum vierten Mal in Folge zu gewinnen drohten und am Ende die Erleichterung über den Sieg der Amerikaner doch größer war, als die Enttäuschung. Ausgerechnet Suzanne Pettersen, deren Captain-Pick ohnehin in Frage gestellt worden war, trug am Ende die gesamte Last auf ihren Schultern. Am letzten Loch und mit dem letzten Putt sorgte Pettersen dann für das längst für unmöglich gehaltene Happy End der Europäerin.

Folgerichtig beendete sie daraufhin auch ihre Karriere mit den Worten: „Das wars. Besser wird’s es nicht mehr.“ Ein Ende für eine Karriere, die nicht besser hätte Enden können. Und ein Hoffnungsschimmer für das europäische Damengolf, das mit diesem Sieg bewiesen hat, dass wir mit der großen Golfnation USA durchaus mithalten können.

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