Bevor wir auf die einzelnen Matches des Sonntags eingehen, wagen wir allerdings einen Blick auf die Lehren des diesjährigen Ryder Cups. Die Amerikaner waren als haushohe Favoriten angereist und zwar nicht nur, weil sie als Titelverteidiger ins Rennen gegangen waren. Dustin Johnson, als Weltranglistenersten, Tiger Woods, der gerade erst seinen 80. PGA Tour-Sieg eingefahren hatte, Bryson DeChambeau mit gleich zwei Siegen beim FedEx-Cup Playoff, Jordan Spieth und Traumpartner Justin Thomas, die den Ryder Cup leben und Thomas, der sogar extra zur Open de France in diesem Jahr nach Frankreich gereist war um den Platz vorab schon einmal zu spielen und Brooks Koepka, der gleich zwei Majors in diesem Jahr gewinnen konnte, um nur einige Spieler zu nennen. Kurz um: Die Hoffnung der Amerikaner war berechtigt. Es besteht natürlich kein Zweifel daran, dass Team Europa ebenfalls Weltklasse Spieler zu bieten hat und vor allem emotionale Spieler wie Ian Poulter, Rory McIlroy oder Jon Rahm, die bei diesem Event immer zur Höchstform auflaufen ( auch wenn Jon Rahm Rookie war, war es abzusehen, dass dieses Event ihm liegen wird), sollten sich auch in diesem Jahr mal wieder als Träger des Ryder Cup Spirits erweisen. Aber der doch sehr deutliche Ausgang zu Gunsten Europas war nicht zu erwarten. Dabei sind die Amerikaner das zusammensein im Team gewohnt.
Spätestens ab dem Collegelevel gibt es weltweit nichts vergleichbares. Die Spieler leben den Schulspirit, identifizieren sich bis aufs Blut mit ihren Unis, wie man beispielsweise bei Justin Thomas sieht, der bis heute für die verschiedenen Teams der University of Alabama anfeuert und auch keinen Hehl aus seiner Anhängerschaft macht, und die Spieler leben teils auf engstem Raum miteinander. Das alles haben viele der europäischen Spieler nie oder kaum erlebt und dennoch waren sie in diesem Jahr vor allem in den klassischen Vierern deutlich besser. Aber warum? Die Amerikaner sind hauptsächlich Einzelkämpfer. Sie wissen, um ihre individuellen Stärken, sind sehr patriotisch, aber wenn es darum geht, ihr Spiel miteinander kompatibel zu machen, wie es im klassischen Vierer unabdingbar ist, dann tun sie sich nunmal schwer. Mit einem so starken Team wie in diesem Jahr wurde dies besonders deutlich und auch Paris sollte ihnen in diesem Fall zum Verhängnis werden.
Der europäische Ryder Cup Kapitän Thomas Björn wusste natürlich um die Stärken seines eigenes Teams und hat mit dem Le Golf National einen sehr cleveren Schachzug gewagt. Ein taktisch kniffliger Platz, der mit engen Fairways und viel Wasser viel Präzision erfordert. Ein in Amerika eher untypisches Platz- Setup. Da es sich dazu auch noch um den jährlichen Austragungsort der Open de France handelt, bei der jeder Spieler des Teams Europa schon mehrfach teilgenommen hat, war auch der besondere Heimvorteil gegeben. Die Europäer hatten insgesamt bereits 233 Runden auf diesem Platz gespielt. Die Amerikaner? Acht. An dieser Stelle darf auch die Frage nach dem Warum gestellt werden. Warum hatte Jim Furyk seinen Spielern nicht ans Herz gelegt in diesem Jahr die Open de France zu spielen? Aus Team USA hatte lediglich Justin Thomas den weiten Weg auf sich genommen. Ist es eine Frage der Priorität? Nach dieser Niederlage ist dies zumindest ein Vorwurf, den sich Jim Furyk und auch der Rest des Teams gefallen lassen muss.
Im Vorfeld des Ryder Cups stellt sich außerdem immer wieder die Frage, wer spielt mit wem? Bei Team Europa fallen einem auf anhieb einige Paarungen ein. Ob McIlroy mit Poulter, Mollywood, Poulter mit Rahm usw. es gibt so viele Kombinationsmöglichkeiten, ohne dass man die Sorge hat die Paarungen könnten sich auch menschlich nicht verstehen. Bei Team USA sieht das etwas anders aus. Natürlich macht es Sinn die beiden Kumpels Jordan Spieth und Justin Thomas miteinander auf die Runde gehen zu lassen, schließlich haben die beiden auch abgeliefert, aber selbst bei diesem Match gab es Kontroversen. Patrick Reed und Jordan Spieth waren das eigentliche Erfolgsduo und der Split up blieb in den Staaten nicht unbemerkt. Reeds Frau Justine, sah sich sogar genötigt auf Twitter die Schuldzuweisungen in Richtung ihres Mannes abzuwehren und schrieb: „Ich kann euch versichern, dass Patrick nicht der Auslöser für diesen Split war, vielleicht solltet ihr mal Jordan danach fragen, warum er nicht mit Patrick spielen wollte.“ Egal ob Dustin Johnson, Bryson DeChambeau, oder Brooks Koepka oder Tiger, sie alle machten in ihren Vierer-Matches keine glückliche Figur und erwiesen sich mit ihren starken individuellen Charakteren zu wenig kompatibel für das diesjährige Set-Up des Ryder Cups.
Einzig in den Sonntags Einzel-Matches konnten die Amerikaner zeigen, warum sie als haushohe Favoriten nach Frankreich gereist waren und machten es den Europäern noch einmal richtig schwer. Tony Finau, bei dem einfach alles zusammen lief, besiegte Tommy Fleetwood mehr als deutlich mit 6 auf 4. Dabei teilten sich die beiden Konkurrenten nicht ein Loch bis zur 12. Bahn. Auch Webb Simpson, der bereits am Vortag zusammen mit Bubba Watson sein Match gewinnen konnte, lief erneut zur Hochform auf und besiegte Goldmedaillengewinner Justin Rose mit 3 auf 2. Justin Thomas bewies hingegen Nervenstärke und kämpfte sich im Auftaktmatch gegen Rory McIlroy nach einem drei Löcher Rückstand zurück und sorgte nach einem Wasserschlag auf der 18 von McIlroy und einem hervorragend platzierten Drive seinerseits für den ersten Punkt des Tages für Team USA. Brooks Koepka und Paul Casey lieferten sich ein tolles Match und beendeten ihre Runde All Square auf der letzten Bahn. Tiger Woods spielte ebenfalls sehr solide und spielte gar einen Eagle. Trotzdem musste er sich am Ende dem spanischen Rookie Jon Rahm mit 2 auf 1 geschlagen geben. Das dürfte definitiv ein Sieg sein, den der junge Spanier nicht so schnell vergisst und daher ist es kaum verwunderlich, dass er sich das ihm die ein oder andere Träne über das Gesicht lief.
Thorbjørn Olesen drehte den Spieß dann zu Gunsten der Europäer um und machte mit Jordan Spieth das, was Tony Finau zuvor mit Tommy Fleetwood gemacht hatte und besiegten den amerikanischen Superstar mit 5 auf 4. Mr. Ryder Cup Ian Poulter, der sich mit einem sensationellen Comeback auf den Löchern 13, 14, 15 das Match gegen den Weltranglistenersten Dustin Johnson, dessen Putter mal wieder richtig heißgelaufen war, sicherte sich das Match mit 2 auf und schraubte damit den Punktstand auf 13.5 zu 9.5 aus Sicht Europas. Kaum zu glauben, dass Poulter zu Beginn des Jahres 2017 sogar noch um seine Spielberechtigung auf der PGA Tour bangen musste. Spätestens jetzt hat er seinen Kritikern gezeigt, dass mit diesem Engländer immer zu rechnen ist. Eine bessere Geschichte hätte man sich im Vorfeld nicht ausdenken können. Francesco Molinari holte schließlich den entscheidenden Punkt für Team Europa gegen Phil Mickelson.
Vollständigkeitshalber natürlich auch noch der Ausgang der letzten Matches, die allerdings nicht mehr ganz so sehr von Bedeutung waren: Sergio Garcia besiegte Rickie Fowler mit 2 auf 1, Tyrrell Hatton verliert mit drei auf 2 gegen Patrick Reed und Alex Noren lochte Nervenstark einen langen Putt am 18. Loch um zum krönenden Abschluss des Team Europas zu sorgen. Damit ging das Match zwischen Bryson DeChambeau ebenfalls an Europa und sorgte für den Endstand von 17.5 zu 10.5. ALLEZ LES BLEUS!