Golf Medico

Muskuläre Dysbalancen im Golfsport

Dysbalancen

Die einseitige Schlagbewegung des Golfsports führt langfristig zu einseitigem Muskelaufbau und somit zur Dysbalance. Die Folge sind zu Muskelverkürzungen und Schwächungen an Arm, Schulter, Wirbelsäule, Rumpf, Hüfte und an den Beinen. Häufig beginnen Sportler erst im mittleren Alter mit dem Golfen und betrieben zuvor ebenso einseitige Sportarten wie Tennis oder Hockey. Höchste Zeit also, sich das Thema einmal genauer anzusehen. Wir sprachen mit Anne Dinser. Sie gilt als eine der erfahrensten Golf-Physiotherapeutinnen und Golf-Athletik-Trainerinnen Deutschlands und hat mit ihren Golf-Nationalkadern bei Europa- und Weltmeisterschaften zahlreiche Medaillen gewonnen. Seit 2012 betreibt sie in Kiel eine Praxis für Physiotherapie und Athletik-Training. 

Wie kommt es physiologisch zu den Dysbalancen? 

Dysbalancen entstehen beim Golfspielen durch die einseitige Schwungbewegung. In den meisten Fällen wird kein ausgleichendes Kraft- und Beweglichkeitstraining durchgeführt, sodass es zu muskulären Ungleichgewichten zwischen der rechten und linken seitlichen Rumpfmuskulatur und dem rechten und linken Rückenstrecker kommt. Häufig ruft zudem eine Körperhaltung in vermehrter Lendenwirbelsäulenlordose (Hohlkreuz) eine Dysbalance zwischen den Rückenstreckern und der Bauchmuskulatur zuungunsten der Bauchmuskulatur hervor.  

Daraus folgt eine Kettenreaktion: Die muskulären Dysbalancen verursachen Fehlhaltungen und Fehlbelastungen von Gelenken, Muskeln, Faszien und Bandscheiben. Oft entstehen Schmerzen, die wiederum zu Schonhaltungen und evtl. Schwungveränderungen führen. Letztendlich leidet auch die Koordination und damit wiederum der Schwung. Das alles macht eine Leistungsentwicklung unmöglich. 

Wie steuert man dem rechtzeitig entgegen? 

Aus meiner langjährigen Erfahrung mit der Golfnationalmannschaft und beim Training mit Golfern in meiner Praxis in Kiel, weiß ich, dass ein individuelles golfspezifisches Trainingsprogramm helfen kann. Das Training wird, wenn nötig, mit einer physiotherapeutischen Behandlung begleitet. Dabei meint individuell nicht nur angepasst an die Dysbalancen, sondern auch an die Ziele, die Trainingsmotivation und an das Schwungbild des Golfenden. Das Übungsprogramm muss anspornend sein und das ist es erst, wenn es in Zusammenarbeit mit dem Golfenden erarbeitet wird und, sehr wichtig, wenn es sehr golfspezifisch ist. 

Was heißt golfspezifisch genau? 

Golfspezifisch bedeutet, dass die Übungen an das Bewegungsmuster des Golfschwunges angelehnt sind. Individuell golfspezifisch heißt, dass es an die Schwungproblematik des Golfenden angepasst wird. In der Praxis verläuft es so, dass der Golfende zunächst einen Befund erhält, ich eine Schwunganalyse erstelle, die Zielsetzung der physiotherapeutischen Behandlung festlege und mit dem Golfenden anschließend gemeinsam Ziele, Art und Inhalte des Trainings erarbeite. Angeboten wird bspw., einmal pro Woche einzeln unter Anleitung in der Praxis oder ein- bis zweimal wöchentlich per Onlinekurs oder in der Praxis in der Gruppe zu trainieren.  

Welche Trainingsformen eignen sich? 

Übungen mit Geräten und Übungen mit eigenem Körpergewicht – als Trainingsformen eignen sich sowohl bi- als auch unilaterale. Bilateral bedeutet, dass die rechte und die linke Seite gleichzeitig trainiert wird, wie z.B. beim Rudergerät oder beim Unterarmstütz in Bauchlage. Bei unilateralen Übungen wird eine Seite zur Zeit beansprucht. Diese Trainingsform ist beim Golfschwung besonders wichtig, denn nur so kann die Drehbewegung des Golfschwunges gut vorbereitet werden. Dabei gilt es, vor allem die Richtung, die der Schwungbewegung entgegengesetzt ist, besonders oft zu trainieren, um so die durch das Spielen entstandenen Dysbalancen auszugleichen. Allgemein ist es wichtig, dass das Übungsprogramm motivierend, individuell und effektiv ist. 

Golfbag tragen, ziehen oder schieben? 

Ist das Golfbag nicht zu schwer und der Golfende athletisch, spricht nichts gegen das Tragen. Bedacht werden sollte jedoch, dass das Tragen die Rumpf- und Schultermuskulatur stärker beansprucht als das Schieben oder Ziehen. Diese Belastung kann die Drehfähigkeit der Wirbelsäule und die Koordination im Laufe der Runde negativ beeinflussen. Das Ziehen des Golfbags empfehle ich Golfenden, die zu einem Rundrücken und nach vorne hängenden Schultern neigen, das Schieben ist bei Hohlkreuztendenzen anzuraten. Aber das sind nur grobe Richtlinien. Am besten ist es, während der Runde zwischen Schieben und Ziehen zu wechseln. Wichtig ist allerdings: Sowohl beim Ziehen als auch beim Tragen auf eine aufrechte Haltung achten!

Übungen

Übung 1

Mit dem Schläger auf den Schultern wird der Rückschwung sowohl nach links wie auch nach rechts trainiert, um eventuelle Dysbalancen zwischen rechter und linker Rumpfmuskulatur auszugleichen. 

Für den Rückschwung nach links, wird das Theraband an der linken Seite am Schläger befestigt und mit dem rechten Fuß fixiert. Die Geräte werden beim Rechtsrückschwung entsprechend in die andere Hand genommen. 

Jeweils 3x 10-15 Wiederholungen als Rechts- und Linksrückschwung 

Übung 2

Auch diese Übung wird als Rechtsschwung und als Linksschwung trainiert. Trainiert werden hier besonders die Wirbelsäulendreher.  
Zunächst wird in den Rückschwung – mit einer 1 Liter Wasserflasche in der rechten Hand – gedreht. Dazu wird in der linken Hand und mit dem rechten Fuß ein sehr stramm gehaltenes Theraband mit dem rechten Fuß fixiert.  
Dann wird abgeschwungen bis zum Treffmoment, wobei das Theraband mit der linken Körperseite auf Zug gebracht wird, und die Flasche zum Boden schlägt. Die Geräte werden beim Linksschwung entsprechend in die andere Hand genommen. 

Jeweils 3x 10-15 Wiederholungen als Rechts- und Linksschwung.