PKV, BU & Co. Licht im Versicherungsdschungel
Mit Versicherungen ist es ein wenig wie vor Gericht und auf hoher See: Man ist in Gottes Hand. Zahlt die Versicherung im Schadenfall? Wurde etwas Kleingedrucktes übersehen? Stimmt es, was der Versicherungsvertreter mir erzählt hat?
Ohne einen fachkundigen Spezialisten ist es heutzutage nahezu unmöglich, sich bei der Wahl einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) oder Privatkrankenversicherung (PKV) ergebnisorientiert durch das Dickicht der Paragraphen und Anbieter zu klicken. Ist die Auswahl bereits vor Jahren erfolgt, ist es an der Zeit, sich über die neueren Verträge zu informieren und den alten Vertrag auf den Prüfstand zu stellen. Wir sprachen mit Frank Dietrich, einem unabhängigen Fachmakler über Fallstricke, Zukunftsorientierung und Eventualitäten.
Herr Dietrich, wenn in einer Umfrage des PremiumCircle knapp 80% der Befragten Transparenz und Verständlichkeit der Allgemeinen Versicherungsbedingungen kritisieren und zudem 75% mit der Plausibilität des Leistungsverhaltens der Versicherungen unzufrieden sind, dann scheint es Ihnen beruflich sehr gut zu gehen?!
Frank Dietrich: (lacht) Ich kann nicht klagen, das ist richtig. Meine Arbeitsweise unterscheidet sich von den Vermittlern am Markt. Daher habe ich sehr großen Zulauf, insbesondere auf Empfehlungsbasis. Ich verlasse mich nicht auf Ratings, Vergleichsrechner oder »Marktexperten«, die oft weit vom Fachwissen entfernt agieren, wenn sie Aussagen tätigen. Ich lese die Inhalte selbst. Die meisten Bestimmungen hören sich gut an, haben aber keine Leistungsgrundlage. Beides voneinander unterscheiden zu können, ermöglicht mir ein Jurastudium bis zum 1. Examen, ein abgeschlossenes Studium der Betriebswirtschaftslehre und zudem umfangreiche medizinische Kenntnisse.
Die Branche gehört auch nicht gerade zu den »Vertrauensankern« in Sachen Schadenregulierung. Bis zu 50% der Anwälte gaben in einer Umfrage an, dass sich das Regulierungsverhalten der Versicherer in den letzten Jahren drastisch verschlechtert hätte. Die Rede ist von »Taktieren und verschleppen« – wie empfinden Sie diese Einschätzung?
Seit Jahren begleite ich Versicherte erfolgreich in die Rente bei Berufsunfähigkeit. Auffällig ist, dass immer dieselben Anbieter Leistungen verweigern. Intransparente Bestimmungen und Formulierungen erlauben dem Versicherer die Steuerung des Leistungsfalls. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist keine Garantie, im Falle des Verlustes der Arbeitskraft auch Geld zu erhalten. Gut gewählt und in der Hinterhand eine Rechtsschutzversicherung lassen ca. 70% Erfolgswahrscheinlichkeit vermuten. Allerdings gilt: Ohne eine solche Absicherung zu leben ist möglich, aber nicht empfehlenswert.
Lassen Sie uns konkret werden. Im Laufe der Jahre hat sich in der Berufsunfähigkeitsversicherung viel getan. Sie sehen diese Versicherung als essenziell an. Worauf muss man hier beim Abschluss achten?
Eine fachliche Analyse möglichst vieler verschiedener Vertragstexte dokumentiert, welche Bestimmungen transparenter sind als andere. Das Ergebnis ist die Handlungsgrundlage zur richtigen Auswahl für späteren Versicherungsschutz. Fußangeln und Hintertürchen zu erkennen sowie Werbung von Vertragsinhalten trennen zu können, ist zwingend notwendig. Wer sich versichert, kauft einen Vertrag – nicht Werbung, Vertrauen oder schöne Worte des Vermittlers.
Ich verlasse mich nicht auf Ratings,
Vergleichsrechner oder ªMarktexperten´, die oft
weit vom Fachwissen entfernt agieren
Was hat es mit der Neujustierung der BU auf sich, nach der jetzt kein konkreter Beruf, sondern ein »Scoring« Einzug erhalten soll? Bezieht sich dies auch auf alte Verträge?
Das ist Nonsens. Schon immer wurde eine Tätigkeit/ein Alltag und kein Beruf versichert. Menschen gleicher Berufsbezeichnung haben unterschiedliche Tagesabläufe. Die Berufsunfähigkeitsversicherung trägt den falschen Namen, sie versichert genau genommen eine Tätigkeit, wie sie in gesunden Tagen vor Krankheit, Unfall oder Kräfteverfall ausgeübt wurde. Das erklärt, dass auch Schüler und im Haushalt Tätige versichert werden können. Sie haben zwar kein Einkommen, aber auch vieles zu verlieren, beispielsweise die Lernfähigkeit. Durch Unfall oder Zeckenbiss vom Gymnasium auf die Sonderschule wechseln zu müssen, begründet bereits einen Leistungsfall, sind die Veränderungen der Tätigkeit größer als 50%. Leider ist das fast niemandem bekannt, denn der falsche Name lenkt vom Inhalt ab. Fehlende Meldepflichten, beispielsweise bei Beginn eines Studiums oder einer Lehre, erlauben, diese Risikobewertung einer versicherten Tätigkeit bis ins Rentenalter weiterzuführen. Da erhält man dann bei rechtzeitigem Eintritt wenig Beitrag für eine maximale Absicherung. Es gab bereits Stimmen am Markt, erst abzuschließen, wenn ein Beruf vorliegt. Ein dümmerer Rat ist wohl kaum zu finden.
Wie ist Ihrer Meinung nach die Regulierungsbereitschaft der Versicherer bei BU-Versicherungen? Sie dürfen hier auch gern eine »gefühlte Temperatur« angeben…
Niemand hat Geld zu verschenken. Der größte Teil derer, deren Antrag nicht in einer Rente endeten, wurde nicht abgelehnt, sondern abgelegt. Hauptsächlich sind es psychische Krankheitsbilder, die es dem Versicherten nicht erlauben, die erforderliche fachliche Kommunikation zur Dokumentation des Leistungsfalls zu führen. Er meldet sich einfach nicht mehr. Die zweite Ursache ist der fehlende Nachweis der gesundheitlichen Beeinträchtigung von über 50%. Hier mangelt es an fachlicher Unterstützung. Erfahrene Kompetenz auf dem Markt hinzuzukaufen, ist vielen Versicherten nicht möglich.
Bei psychischen Erkrankungen nehmen die Versicherer den Leistungsfall häufig gar nicht erst an, weil sie dann kaum wieder aus einer monatlichen Leistungszahlung herauskommen. Der Versicherer kann bei psychischen Erkrankungen über Nachprüfungen diese Leistungspflicht nur schwerlich beenden, zumal der Nachweis der Verbesserung eines psychischen Krankheitsbildes nicht messbar ist. Also zahlt er erst gar nicht. Gegen einen dieser Versicherer, der sich in übelster Form in den Begriffen unklarer Auslegung verlor und mit Absurditäten argumentierte, konnte ich einen Vergleich von 480.000 Euro erwirken.
Korrekturen bei diesen falschen Diagnosen
werden verweigert, Behörden reagieren
nicht und verweigern Aktenauskunft.
Kann die Politik nicht eingreifen?
Die Politik versprach dazu wiederholt, Abhilfe zu schaffen. Nichts ist passiert. Der Verbraucher wird alleingelassen. Wie immer werden Missstände gemanagt, nicht gelöst. Ein gutes Beispiel ist der Diagnoseskandal. Ärzte rechnen gesicherte Diagnosen (keine Verdachtsdiagnosen) ab, damit sie Geld von der Kasse erhalten. Korrekturen bei diesen falschen Diagnosen werden verweigert, Behörden reagieren nicht und verweigern Aktenauskunft.
Mittlerweile finden sich in jeder Kundenakte falsche Diagnosen. Ich lese von Ausschabungen in den Akten von Damen, die noch niemals schwanger waren. Der Verweigerung der Ärzte zu begegnen, ist ein Rechtsstreit, der jahrelang dauern kann. Die Datenschutzgrundverordnung ist in diesem Bereich ebenfalls ein zahnloser Tiger: Die Herausgabe von Patienteninformationen wird trotz Vollmacht als Makler ignoriert. Zu Beginn dieses Jahres hatte sich Herr Spahn diesem Umstand angenommen und nichts bewerkstelligt.
Die doch so dringende private Absicherung, bedenkt man die 47-prozentige Ablehnungsquote der Erwerbsminderungsrente und deren Leistungen in Zeiten einer Pandemie, wird nachhaltig verhindert. Seit 2017 hat sich die Zahl der nicht Krankenversicherten in Deutschland verdoppelt. Staatliches Versagen par excellence…
Wechseln wir zu PKV – das Hauptthema in Bekanntenkreisen ist immer der hohe Tarifbeitrag im Alter. Wie sehen Sie die aktuelle Situation dazu?
Das politisch unterstützte Märchen ist spätestens seit 2012 durch wissenschaftliche Arbeiten als solches entlarvt. Der Anteil von Versicherten mit über 1.000 Euro Monatsbeitrag liegt bei 0,2% in allen Altersstufen. Sie kennen doch das Prinzip: Unzufriedene schreien laut, von Zufriedenen hört man nichts. Dagegen riskieren die freiwillig in der gesetzlichen Kasse Versicherten die Zahlung des im Alter geltenden Höchstbeitrages, da sie nicht Mitglied in der KVdR (Krankenversicherung der Rentner) sein werden. Alle späteren Einnahmen werden zur Beitragsbemessung herangezogen. Wer gut vorgesorgt hat, wird in der Gesetzlichen also bestraft. Wer weiß, was morgen noch versichert sein wird, wie hoch die Zuzahlungen steigen und die Beitragsbemessungsgrenze anwachsen wird? Bei einem PKV-Anbieter wurden die Beiträge in den letzten zwölf Jahren viermal gesenkt. Eine freiwillige höhere Einzahlung zum Beitrag sichert einen oftmals einen nicht unerheblichen Beitragsnachlass im Alter. Davon wird jedoch nicht berichtet. Das ist politisch, wie auch die Aufklärung zur KVdR, nicht gewollt, scheint mir. Aber: Augen auf bei der Wahl einer privaten Krankenversicherung. Aufgrund der jeweiligen Leistungen erachte ich maximal 10% des Marktes als geeignet.
Es gibt zudem viele Menschen, die sich scheuen, zur Vorsorgeuntersuchung zu gehen, weil die Versicherer bei bekannten Gebrechen direkt mit Zuschlägen auf den Tarif reagieren. Wie ist Ihre Einschätzung zu diesem Thema?
Vorsorge ist wichtig. Sie nicht wahrzunehmen, ist fahrlässig. Nicht ratsam ist es, direkt vor dem Abschluss noch einmal zum Arzt zu gehen und sich durchchecken zu lassen. Der Arzt ist ein Wirtschaftsunternehmen und daran interessiert, etwas zu diagnostizieren. Eine gesunde Lebensweise mit ausreichend Bewegung ist die beste Grundlage, gesund zu bleiben. Im SGB V, Abs. 1 wird der Versicherte verpflichtet, gesund zu leben und Behandlungen aktiv zu unterstützen. In der Realität zeigt sich, dass ca. 80% der chronischen Krankheitsbilder die Folge der Lebensführung sind. Wer ungesund lebt und sich in der privaten Krankenversicherung mit den entsprechenden Vorerkrankungen versichern möchte, zahlt einen Risikoausgleich und entlastet die Gemeinschaft. Gelebte Solidarität, wie ich meine.
Auch hier die Frage, was Sie als essenziell beim Abschluss einer PKV ansehen?
Als Mitglied des PremiumCircle steht mir eine Analysesoftware, keine Vergleichssoftware, zur Verfügung. Sie bildet ausschließlich Fakten ab und bewertet nicht. Das ist sehr wichtig zu beachten. Die Originalvertragstexte sind zeitgleich einsehbar. Angaben können sofort im Wortlaut überprüft werden. Tarife werden seziert, nicht interpretiert, wie bei anderen Anbietern am Markt. Durch das politische Engagement des PremiumCircle, wie z.B. die Analyse der Leistungsfähigkeit der PKV-Anbieter gegenüber der GKV, haben wir Mitglieder direkten Zugriff auf ein enormes Fachwissen.
Wer weiß, was morgen noch versichert sein wird,
wie hoch die Zuzahlungen steigen und die Beitrags≠bemessungsgrenze anwachsen wird?
Wie ist eigentlich der Stand hinsichtlich einer Bürgerversicherung, die von der SPD favorisiert wurde? Gibt es in der Politik Tendenzen zur Auflösung der privaten Versicherungen?
Dr. Lauterbach von der SPD argumentiert philosophisch, saß aber jahrelang im Aufsichtsrat einer Privatklinik. Menschen, die eine Philosophie über Versorgungsqualität stellen, sollten keinen Rat geben. In England können wir beobachten, wo gesundheitspolitischer Einheitsbrei ohne Wettbewerb hinführt: ständige Leistungsminderung und Covid-19, das denen um die Ohren fliegt – das kann kein Maßstab sein.
Die Tatsache, dass Monopolismus noch nie und nirgends auf der Welt Qualität gefördert hat, wird ignoriert. Der Titel »Experte«, den sich Politiker in diesen Fachgremien geben, definiert sich meines Erachtens heutzutage durch öffentlichkeitswirksame Auftritte, nicht aber durch Fachwissen.
Die finanzielle Existenz der PKV wurde schon vor vielen Jahren bezweifelt. Stand heute kann die PKV ohne Beitragseinnahmen fünf Jahre lang ihre Leistungen weiterzahlen. Die Geschichte der GKV, in den siebziger Jahren mit 51 Euro Beitrag startend, wird hingegen von einer ständigen Steuerfinanzierung, steigenden Zuzahlungen und sinkenden Leistungen begleitet. Was ist daran erstrebenswert? Beide Systeme haben ihre Fehler, sichern aber in der Koexistenz die Qualität im System. Auch die Vorsitzende des Gutachterausschusses der GKV erkannte die Gefahr der sich ständig mindernden Leistungen in einem Einheitssystem. Verständlicherweise möchte sie an dieses Zitat nicht mehr erinnert werden.
Korrekturen bei diesen falschen Diagnosen
werden verweigert, Behörden reagieren
nicht und verweigern Aktenauskunft.
Wie steht es aktuell um die Pflegeversicherung? Man liest auch hier Beunruhigendes hinsichtlich der Versorgungslücken im Ernstfall. Könnten Sie uns den Stand hinsichtlich der staatlichen Absicherung und mögliche Zusatzoptionen darlegen?
Welche Versorgungslücken zu erwarten sind, konnten wir im Zukunftsrat Gesundheit, durch Herrn Claus-Dieter Gorr (Vorsitzender des PremiumCircle, Anm. d . Red.) initiiert, bereits belegen. In den nächsten Jahren gehen die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand. Weitere exorbitante Anpassungen in der Pflegeversicherung werden uns in den nächsten Jahren begleiten. Wieder wurde versäumt vorzubeugen. Eine Pflegezusatzversicherung gehört zu den Pflichtversicherungen. Nicht nur für ältere Menschen. Auch hier gilt es, auf die vertraglichen Inhalte zu achten, die den gewünschten Versicherungsschutz inhaltlich konterkarieren. Ich pflegte mehrere Mitglieder meiner Familie über 14 Jahre lang. Aus Theorie wurde Praxis, das einzig Positive daran: es ist heute nützlich für authentische Beratung.
Sie bieten mittlerweile auch Online-Konferenzen an. Was genau vermitteln Sie den Interessenten dort?
Seit über 15 Jahren arbeite ich ausschließlich über das Internet. Meine Mandanten befinden sich in ganz Deutschland, viele auch im Ausland, und sie sind unisono begeistert. Eine Online-Konferenz ist wie ein wissenschaftlich informativer Beitrag im Fernsehen, allerdings interaktiv. Störende Einflüsse (»darf‘s noch ein Kaffee sein?«) entfallen fast komplett zu Gunsten einer erhöhten Konzentration und Aufnahmefähigkeit für die wichtigen und oftmals komplizierten Sachverhalte. Nach jeder Beratung folgt eine ausführliche Zusammenfassung der Gesprächsinhalte, meist mit passenden Angeboten oder Auszügen aus unserer Analysesoftware begleitet.
Die Tatsache,
dass Monopolismus noch nie und nirgends auf der Welt Qualität gefördert hat, wird ignoriert.
In unseren Recherchen haben wir herausgefunden, dass Sie sich mit den Verbraucherzentralen duelliert haben. Worum ging es genau und wie ist der Konflikt ausgegangen?
Schön, dass Sie das ansprechen. Ich selbst war das Versuchskaninchen. Die Beratung fand in einer Landeshauptstadt, realisiert von der Leiterin des Beratungscenters mit fünfundzwanzigjähriger Erfahrung, statt. Ich kam mir vor, als wäre ich in einer Fahrschule, um Autofahren bei einer Person zu lernen, die selbst keinen Führerschein besitzt. Die Arbeitsunfähigkeitsklausel, seinerzeit bereits über zehn Jahre am Markt, war gänzlich unbekannt! Der Gesprächsleitfaden, der sich quasi aus der sich im Zeitungsständer befindenden Zeitschrift Finanztest ergab, besaß keine qualitativen Maßstäbe. Meine in der Folge geäußerte, spätere Kritik an den Vertragsformulierungen eines der empfohlenen Versicherer veranlasste diesen, die Bestimmung komplett zu ändern. Später musste ich mir sagen lassen, dass man eine öffentliche Konfrontation mit mir, der ständig an der Front tätig ist, meiden wird.
Der Bundestag behauptet, eine ständige Weiterbildung der Berater zu realisieren. Keiner meiner Kontakte bei den Verbraucherschützern kann das bestätigen. Auch hier versagt der Staat. Entgegen der Ratschläge von Verbraucherschützern haften Makler für ihre Beratung, sodass der Verbraucher in jedem Falle abgesichert sein wird.
Wir danken für dieses kurzweilige Gespräch.