Golf Medico

»Die Hand ist ein wahres Wunderwerk der Natur.«

Dr. Michael Lehnert ist einer der führenden Handchirurgen Deutschlands und widmet sich seit über 30 Jahren der Erhaltung und Wiederherstellung der Handgesundheit. Zu seinen Patienten zählt auch Violinist David Garrett.

Dr. Michael Lehnert
Shutterstock

Mit seiner tiefen Leidenschaft für die Anatomie und Funktion der Hände hat er nicht nur unzähligen Patienten zu einem besseren Leben verholfen, sondern auch innovative Behandlungsmethoden entwickelt. Als begeisterter Golfer weiß er um die Bedeutung einer funktionstüchtigen Hand, nicht nur im Alltag, sondern auch im Sport. In diesem Interview sprechen wir mit ihm über die häufigsten Handerkrankungen und wie man sie vermeiden oder behandeln kann.

Die Anatomie der Hand

Bevor wir über spezifische Erkrankungen sprechen, lassen Sie uns kurz über die Anatomie der Hand reden. Was macht die Hand so besonders im Vergleich zu anderen Körperteilen?

Die Hand ist ein wahres Wunderwerk der Natur. Sie besteht aus 27 Knochen, zahlreichen Muskeln, Sehnen und Nerven, die alle perfekt zusammenarbeiten müssen, um eine präzise Bewegung zu ermöglichen. Die Dichte der Nervenzellen in der Hand ist bemerkenswert, was ihr eine außergewöhnliche Feinmotorik und Sensibilität verleiht. Diese einzigartige Struktur ermöglicht es uns, sowohl feinste Bewegungen wie das Greifen eines Stiftes als auch kraftvolle Aktionen wie das Schwingen eines Golfschlägers auszuführen. Jede Bewegung, die wir mit der Hand ausführen, ist das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels dieser Strukturen, und schon kleinste Störungen können erhebliche Auswirkungen haben. Herr Dr. Lehnert, es gibt viele Handerkrankungen, die den Alltag eines Golfspielers beeinträchtigen können.

Was sind die häufigsten Beschwerden, mit denen Patienten zu Ihnen kommen?

Zu den häufigsten Beschwerden zählen das Karpaltunnelsyndrom, der springende Finger, Arthrose in den Fingergelenken und auch das RSI-Syndrom, das häufig durch übermäßige Computerarbeit entsteht. All diese Erkrankungen können die Handfunktion erheblich beeinträchtigen und machen sich oft durch Schmerzen, Taubheitsgefühle oder Bewegungseinschränkungen bemerkbar.

RSI-Syndrom – Den Mausarm verhindern

Das RSI-Syndrom, auch bekannt als »Mausarm«, wird zunehmend häufiger. Wie entsteht es und was kann man dagegen tun?

Das RSI-Syndrom entsteht durch wiederholte, einseitige Belastungen der Hand und des Arms, zum Beispiel durch stundenlanges Arbeiten am Computer oder auch durch intensives Golftraining. Die Symptome sind vielfältig und reichen von Kribbeln und Taubheit bis zu chronischen Schmerzen in der Hand, dem Arm oder der Schulter. Um dem RSI-Syndrom vorzubeugen, empfehle ich regelmäßige Pausen während der Arbeit, Dehnübungen und den Wechsel zwischen verschiedenen Tätigkeiten. Sollte es dennoch zu Beschwerden kommen, kann Physiotherapie sehr hilfreich sein, um die Muskulatur zu entspannen und die Beweglichkeit wiederherzustellen. Sie erwähnten bereits das Karpaltunnelsyndrom (Verengung am Tunnel, der einen wichtigen Nerv führt).

Wie wird diese Erkrankung behandelt, bevor eine Operation nötig ist?

Wenn das Karpaltunnelsyndrom frühzeitig erkannt wird, können konservative Maßnahmen oft sehr wirksam sein. Dazu gehören das Tragen von Handgelenkschienen, besonders nachts, um das Handgelenk in einer neutralen Position zu halten und den Druck auf den Nerv zu reduzieren. Zudem können entzündungshemmende Medikamente oder Injektionen von Kortison helfen, die Symptome zu lindern. Eine weitere Option ist die Stoßwellentherapie, die ohne invasive Eingriffe auskommt und die Heilung fördern kann. Wenn das alles nichts hilft, muss eine Operation her.

Dr. Michael Lehnert

Wir hörten gerade von einer neuen minimalinvasiven Form. Was genau ist so interessant daran?

Wir führen beim Karpaltunnelsyndrom eine sogenannte Schlüsselloch- oder endoskopische Operation durch. Die Methode kann ebenfalls ambulant ausgeführt werden und die Heilung ist schneller. Allerdings sind für diese Technik nur leichte Fälle der Erkrankung geeignet.

Funktionsstörungen in der Hand – Der springende Finger

Wie sieht es beim springenden Finger (Funktionsstörung der Hand aufgrund einer gestörten Sehnengleitfunktion) aus? Welche nicht chirurgischen Behandlungen stehen hier zur Verfügung?

Auch hier ist die konservative Therapie oft erfolgreich. In leichten Fällen reicht es aus, die betroffene Hand zu schonen und entzündungshemmende Medikamente einzunehmen. Eine weitere Möglichkeit ist die Injektion von Kortison in die betroffene Sehnenscheide, um die Entzündung zu reduzieren und die Beweglichkeit wiederherzustellen. Zudem können spezielle Dehnübungen helfen, die Sehne zu entlasten und die Beschwerden zu lindern. Sollte dies nicht helfen, steht eine Operation zur Verfügung. Bei der OP unter örtlicher Betäubung wird die verengte Sehnenscheide des betroffenen Fingers geweitet und das Ringband gespalten, um ein reibungsloses Gleiten der Sehnen wiederherzustellen und zu ermöglichen. Arthrose in den Finger- und Handgelenken kann für Golfer besonders schmerzhaft sein.

Faszientherapie, Orthesen und Injektionen

Welche Möglichkeiten gibt es, um die Beschwerden zu lindern, ohne zum Skalpell zu greifen?

Bei der Behandlung von Arthrose ist das Ziel, die Schmerzen zu lindern und die Gelenkfunktion zu erhalten. Hier gibt es eine Vielzahl von nicht chirurgischen Optionen. Eine Möglichkeit ist die Anwendung von Orthesen, die das betroffene Gelenk stabilisieren und entlasten. Auch die Kälte- und Wärmetherapie kann sehr hilfreich sein, um Entzündungen zu reduzieren und die Durchblutung zu fördern. Ein weiterer Ansatz ist die Akupunktur, die bei vielen Patienten eine deutliche Schmerzlinderung bewirkt. In einigen Fällen können auch Hyaluronsäure-Injektionen ins Gelenk helfen, die Gleitfähigkeit der Gelenkflächen zu verbessern und die Schmerzen zu reduzieren. Bei anhaltenden Beschwerden können später operativ Teilversteifungen durchgeführt werden.

In Ihrem Buch erwähnen Sie die Faszientherapie als konservative Methode zur Behandlung von Handerkrankungen. Könnten Sie uns mehr erzählen?

Die Faszientherapie ist eine relativ neue, aber sehr effektive Methode, um Verklebungen in den Faszien zu lösen. Faszien sind Bindegewebsstrukturen, die unsere Muskeln und Organe umhüllen und stützen. Wenn diese Faszien verkleben, kann das zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen führen. Die Faszientherapie zielt darauf ab, diese Verklebungen durch gezielte Massagetechniken zu lösen und die Gleitfähigkeit der Faszien wiederherzustellen. Sie ist besonders hilfreich bei Erkrankungen wie dem Karpaltunnelsyndrom oder Sehnenscheidenentzündungen.

Blutegel gegen Sehnenscheidenentzündungen

Eine andere interessante Therapie ist die Blutegeltherapie. Was macht diese Methode so besonders?

Die Blutegeltherapie ist tatsächlich eine sehr alte und zugleich sehr wirksame Methode zur Behandlung von entzündlichen Erkrankungen, insbesondere bei Arthrose oder Sehnenscheidenentzündungen. Blutegel geben während des Saugens Speichel ab, der über 100 verschiedene entzündungshemmende Substanzen enthält. Diese helfen, die Entzündung zu reduzieren und infolgedessen die Schmerzen zu lindern. Obwohl es für viele Patienten zunächst abschreckend klingen mag, zeigen die Ergebnisse, dass die Therapie sehr effektiv ist.

Welche Präventionsmaßnahmen würden Sie abschließend Golfern empfehlen, um Erkrankungen vorzubeugen?

Prävention ist der Schlüssel zur Handgesundheit. Ich empfehle regelmäßige Dehn- und Kräftigungsübungen für die Hände und Unterarme, um die Muskulatur zu stärken und Überlastungen vorzubeugen. Ebenso wichtig ist es, auf die richtige Technik und das passende Equipment zu achten – vornehmlich die Griffe der Schläger sollten gut in der Hand liegen und nicht zu viel Druck erfordern. Schließlich sollte man auf Warnzeichen wie Schmerzen oder Taubheitsgefühle achten und frühzeitig einen Arzt aufsuchen, um größere Probleme zu vermeiden. Vielen Dank, Dr. Lehnert, für dieses aufschlussreiche Gespräch und die wertvollen Ratschläge!

>>>Zum Thema Handgelenk<<<