Während der zehn Jahre ambitionierten Hobbygolfes begleitete mich stets eine Frage, die sich vermutlich jeder Golfer einmal stellt: „Führe ich meinen eigenen Schwung so aus, dass ich diesen fantastischen Sport auch in den nächsten zehn Jahren noch ohne Beschwerden ausüben kann?“ Eine Frage, bei der mich immer wieder das Gefühl beschleicht, dass die Verbindung zwischen Golflehrern, moderner Technik und Medizinern noch lange nicht dort ist, wo sie für einen Sport, der zu einem Großteil von Menschen jenseits des 40sten Lebensjahres betrieben wird, sein müsste. Ich entschloss mich, eine biomechanische Schwunganalyse durchzuführen.
Bei der Recherche nach einem geeigneten Ort zur Klärung meiner Frage half mir Frau Dr. Frechen weiter. Sie ist komplementäre Orthopädin in Köln und spielt selbst hochklassig Golf. Sie erzählte mir in einem vergangenen Gespräch von dem IFD (Institut für funktionelle Diagnostik) in Köln, mit dem sie seit einigen Jahren zusammenarbeitet. Das IFD betreibt in unmittelbarer Nachbarschaft zu ihrer Praxis im Kölner Mediapark biomechanisch-orthopädische Forschung. Das Institut ist für jedermann zugänglich und bietet präzise Messtechnologien. 3D-Ganzkörperscans, Kraftmessungen, Laufanalysen und auch Golfschwünge werden hier in Bildern und Daten erfasst und medizinisch-praktisch ausgewertet. Höchste Zeit also, sich auf den Weg zu einem Selbsttest nach Köln zu machen!
Ein Termin zur Schwunganalyse gliedert sich in drei Untersuchungseinheiten. Zunächst steht eine kurze Voruntersuchung mit der Orthopädin auf dem Programm. Im Anschluss geht es zum Institut, fußläufig 50 Meter entfernt. Die komplette Auswertung erhält man circa 14 Tage später ebenso wie ein telefonisches Nachgespräch mit der Fachärztin.
Die Voruntersuchung
Frau Dr. Frechen begrüßt mich in der Praxis im Erdgeschoss der Kölner Mediapark Klinik. Wir führen zunächst ein Anamnese-Gespräch, bei dem mögliche Schwachpunkte und Beschwerden meiner orthopädischen Strukturen (Muskeln, Gelenke etc.) thematisiert werden. Wo habe oder hatte ich Beschwerden? Anschließend untersucht mich die Ärztin und führt einige Übungen durch, die die besprochenen Schwachstellen näher beleuchten. Bei mir handelt es sich im Wesentlichen um drei Punkte: Ich bin nicht beweglich genug, ich habe eine muskuläre Dysbalance im Schulter-Rückengürtel und mein unterer Rücken ist anfällig für muskuläre Probleme.
Die Schwunganalyse
Das Institut ist größer als erwartet, hell und modern, und in den einzelnen Räumen hängen Trikots der gesamten Bundesliga-Elite als Andenken – da fühlt man sich sofort leistungssportlicher als man eigentlich ist… Ich werde von zwei Mitarbeiterinnen begrüßt, die mir zunächst den Ablauf erklären. Wir starten mit der Schwunganalyse. Zunächst werden auf der Kleidung an allen Gelenkpunkten Infrarot-Lichtpunkten aufgeklebt. Dazu erhalte ich für den Kopf ein Stirnband, das ebenfalls mit Lichtpunkten versehen ist. Der sehr große Raum ist mit einem MotionCapture-System – bestehend aus zwölf bogenförmig platzierten Infrarotkameras und Tracking-Software sowie zwei synchronisierten Kraftmessplatten – ausgestattet.
Die Messplatten sind im Boden eingelassen, davor ist eine Abschlagmatte platziert. Das Institut verwendet Luftbälle, da sie herausgefunden haben, dass Golfer in einem Innenraum weniger gehemmt durchschwingen. Ich kann das unterstreichen und schwinge fleißig drauf los. Nach einer gewissen Aufwärmzeit wird das System kalibriert und ich kann beginnen. Jeweils auf das Kommando der Mitarbeiterin schwinge ich einen vollen Schwung. Wir stimmen uns dabei ab, bis ich der Meinung bin, einen sehr guten Treffer produziert zu haben.
Diesen Schwung nehmen wir für die Analyse, denn schließlich bin ich ja nicht hier, um meine Sockets zu vermessen… Nachdem der Schwung „im Kasten“ ist, werden mir die Aufzeichnungen nebst erster Berechnungsanalyse der Tracking-Software gezeigt. Beeindruckend! Und traurig zu sehen, dass auch der Avatar den Arm im Rückschwung leicht anwinkelt. Aber sei es drum, da ich sowieso nicht mehr auf die Tour kann, entledigen mich die Damen meiner Lichtpunkte und ich wechsle zum 3D-Ganzkörperscan.
Der 3D-Ganzkörperscan (Körperstatik)
Diese Untersuchung der Schwunganalyse ist fix erledigt. Ich muss mich nur in ähnlicher Position wie beim Flughafen-Scanner in den 3D-Bodyscan stellen. Das Gerät besteht aus vier Messsäulen mit acht hochauflösenden Kameras und vier Lasern inkl. präziser Messwagen zur Körpergewichtsverteilung und integriertem höhenverstellbaren Bodeneinsatz. Die Messzeit beträgt knapp zehn Sekunden und ist strahlungsfrei. Man erhält genaue Daten zu Beinlängen, Achsenwinkeln, Wirbelsäulenhöhe- und länge sowie Beckenstand und Schulter-Becken-Winkel. Ferner werden die Umfänge und Querschnitte der Beine vermessen.
Die Kraftmessung
Wer noch Zeit und Lust hat, sollte darüber hinaus eine Kraftanalyse der Rumpfmuskulatur einplanen. Bei diesem Test werden muskuläre Dysbalancen aufgrund einseitiger Beanspruchungen im Beruf oder Sport aufgespürt. Die Maximalkraft und Kraftausdauer sowie neuromuskuläre Hemmungen und Kraftverhältnisse der „Beuger“ und „Strecker“ eines Gelenks (Links/Rechts-Vergleiche) werden hierbei überprüft. Für die Untersuchung wird man in einem Kraftgerät (vergleichbar mit einem Bauchmuskel- und Rückentrainer im Studio) fixiert. Auf Kommando wird je 15 Sekunden lang die seitliche, vordere und hintere Rumpfmuskulatur durch Kraftausübung gegen die Fixierung gemessen.
Die Auswertung
Der mit Abstand erstaunlichste Teil des Selbsttestes. Es bewahrheiten sich einige Dinge, die ich aus Fragmenten von Golflehrer-Meinungen und eigenen Beobachtungen im Laufe der Jahre vermutet habe. Keiner konnte sie mir bisher mit klaren Handlungsanweisungen, Trainingstipps und wissenschaftlichen Belegen untermauern, sodass man auch keine große Gelegenheit fand, der Entwicklung gegenzusteuern.
Frau Frechen sagt zu Beginn der Besprechung den eindringlichen Satz „Es ist ähnlich wie mit der Ernährung: Sie bestimmen durch ihr Handeln heute, wie es Ihnen in zehn Jahren ergehen wird.“ Leuchtet ein! Dann erhalte ich einen Link, unter dem ich meine komplette Analyse inkl. Videos und Daten einsehen kann. Während der Analyse navigiert mich die Ärztin durch die Daten und Videos und erklärt mir die einzelnen Punkte. Äußerst anschaulich und detailliert. Man kann auch bei den Videos im Schwung sekündlich hin und her scrollen, um einzelne Positionen konkret mit den Daten zu vergleichen. Dieser Webreport mitsamt der Videodokumentation und der 3D-Bewegungsanalyse verbleibt beim Kunden zur späteren Ansicht.
Der Befundbericht ist unterteilt in Ausgangsuntersuchung, Rumpf-, Fuß-, Scan-, Schwunganalyse nebst Handlungsempfehlungen. Er ist sehr detailliert und beinhaltet individuelle Anweisungen für Physio- und Athletiktrainer, die vor Ort begleiten sollten.
Bei der Rumpfdiagnostik erreiche ich gute Kraftfähigkeiten. Auffällig ist eine Dysbalance im Bereich der Bauch-/Rückenmuskulatur. Ich habe nach vorne auffällig mehr Kraft als nach hinten. Die Kraft in den seitlichen Rotatoren ist ausbaufähig. Als Handlungsempfehlung bekomme ich/bekommt mein Physio Folgendes mit auf den Weg: gezieltes Krafttraining der Rumpfextensoren zum Ausgleich der bestehenden Dysbalancen.
Die 3D-Analyse ergibt, dass ich einen auffälligen Schulterhochstand links habe, der mit einer stärker ausgeprägten Muskulatur links einhergeht. Zudem besitze ich (wie wohl fast jeder) eine leicht skoliotische Fehlhaltung (Krümmung der Wirbelsäule). Beckenstand, Beinumfänge etc. sind unauffällig und symmetrisch.
Die Schwunganalyse zeigt, dass ich eine verminderte Rotation von Oberkörper und Becken habe. Ich ziehe den Rückschwung zudem nicht genügend auf, sodass ich mir die Chance auf (noch) mehr Weite nehme, zumal dies den berühmten X-Factor (Verwindung Ober- und Unterkörper gegeneinander) tangiert. Dadurch verliere ich Schwung- und Armgeschwindigkeit. Übungsempfehlung Nr. 1 sind hierfür Mobilisationsübungen der Lenden- und Brustwirbelsäule mit einem Fokus auf Rotation. Der Pro sollte mich auch in der Ansprechposition korrigieren, da mich diese bereits in der Hüfte blockiert.
Weiterhin kippe ich beim Durchschwung zu stark nach rechts, was wiederum hohe Scherkräfte auf die Facettengelenke der Wirbelsäule ausübt. Das wird langfristig zu Schmerzen führen. Empfehlung Nr. 2 ist ein funktionelles Training zur Aufrichtung und Stabilisation mit Fokus auf Außenrotation mit steigender Schwierigkeit und Dynamik. Diese Übungen werden detailliert genau beschrieben, sprengen aber den Rahmen dieser Berichterstattung.
Ich schiebe die Hüfte als Initialbewegung des Durchschwungs leicht nach links (anstatt direkt zu drehen). Dies geschieht zudem mit verminderter Bodenrotationskraft des linken Fußes kurz vor dem Treffmoment, was langfristig zu Beschwerden in der linken seitlichen Hüfte führen wird (medizinisch: Tractussyndrom links). Daraus folgt Empfehlung Nr. 3 zur Kräftigung der Hüftmuskulatur (Abduktoren und Außenrotatoren). Golferisch sollte mir der Pro das leichte Aufrichten der Hüfte bereits im Rückschwung abgewöhnen, denn dadurch blockiere ich die Rotation. Auch ein „Hochdrücken“ aus dem linken Bein im Durchschwung landet auf meinem Trainingsplan.
Alles in allem gehe ich mit einer vollständigen Trainingsliste für Pro, Physio- und/oder Athletiktrainer in die neue Saison. Und mit einem Gefühl, dass ich jetzt endlich alles über meinen Golfschwung weiß, um auch das nächste Golfjahrzehnt beschwerdefrei genießen zu können. Wie so häufig im Leben liegt es jetzt an mir, alles so umzusetzen wie von den Fachleuten und Auswertungen vorgegeben.
Ich persönlich finde diese Analyse höchst wertvoll und kann es jedem Golfer nur empfehlen. Es ist aus meiner Sicht eine gute Idee für eine Sommer-Golfreise mit kleiner Pro-Golfgruppe. Ich habe die An- und Abreise mit dem Besuch zweier großartigen Golfplätzen der Region verbunden.
Was das alles kostet? Für mein Empfinden viel weniger als erwartet. Die gesamte golfmedizinische Sprechstunde mit Orthopäden-Gespräch, Untersuchung, 3D-Schwunganalyse und Besprechung nebst Dokumentation und Befundbericht liegt bei € 495,–. Eine 3D-Ganzkörper-Haltungsanalyse kostet € 169,–, die isokinetische Kraftanalyse € 79,– und die Fußdruckanalyse € 60,–. Jede Leistung ist einzeln buchbar. Das Institut ist wirtschaftlich aufgestellt und bietet ihre Analysen daher auch interessierten Privatpersonen an.
Kasten Dr. Frechen Golf
Astrid Frechen ist seit 2014 als Ärztin in der Praxis für Komplementäre Orthopädie und Integrative Medizin der MediaPark Klinik tätig. Ihr Tätigkeitsschwerpunkt umfasst das gesamte Spektrum der konservativen Therapie von orthopädischen Erkrankungen und Verletzungen.
Hier finden Sie mehr Informationen: Biomechanische Golfschwunganalyse
Institut für Funktionelle Diagnostik (IDF)
Im Herzen von Köln empfängt das Institut für Funktionelle Diagnostik (IFD Cologne) Patienten und Sportler aller Altersgruppen. Das Institut ist auf die funktionelle Diagnostik und Trainingstherapie des menschlichen Bewegungsapparates spezialisiert.
Hier finden Sie mehr Informationen!