von Carl-Clemens Andresen, GVNB Vizepräsident
Pecunia non olet – Geld stinkt nicht. Diesen Ausspruch soll angeblich der römische Kaiser Vespasian seinem Sohn entgegnet haben, der ihm vorhielt, mit einer Steuer auf Bedürfnisanstalten die Not(-Durft) der Menschen für die Finanzierung seines Hofstaats auszunutzen.
Die LIV und das liebe Geld
Dass das Preisgeld nach Blut riecht, wird der neu gegründeten LIV Golf Tour vorgeworfen. Die mit Saudi Arabischen Petro-Dollars finanzierte Konkurrenz zu den beiden anderen großen Touren (US PGA Tour und DP World Tour) steht zur Zeit im Kreuzfeuer medialer Kritik. Zumeist geht es um die hohen Summen, die als Preisgeld ausgeschüttet werden, und um den Versuch Saudi Arabiens, sich in der Weltöffentlichkeit mittels „Golf Washings“ ein besseres Image zuzulegen. Dass Saudi Arabien notorisch die Menschenrechte verletzt, ist nicht erst seit dem Schicksal des regimekritischen Journalisten Jamal Kashoggi bekannt, der von einem vom saudischen Kronprinzen Mohammed Bin Salman entsandten Killerkommando ermordet, zerstückelt und „entsorgt“ wurde. Es genügt ein Blick auf die entrechtete Situation der Frau in Saudi Arabien, um festzustellen: Das Geld wäre besser in innere Reformen investiert als in Preisgelder für Golfprofis.
Alle Welt macht Geschäfte mit Saudi-Arabien
Dennoch ist das LIV Golf Bashing nicht ganz gerecht, werden doch die beiden anderen großen Touren zu großen Teilen ebenfalls mit arabischen Petro-Dollars finanziert, nämlich aus den Emiraten, die auch nicht dafür bekannt sind, dass sie Menschenrechte achten. Man kann daher durchaus Martin Kaymers Standpunkt verstehen, der ob seines Beitritts zur LIV den Kritikern entgegenhielt: „Alle Welt macht Geschäfte mit Saudi Arabien oder den Emiraten, warum sollten ausgerechnet wir Golfer nicht das Gleiche tun?“ Ob allerdings seine ebenfalls in der Süddeutschen Zeitung aufgestellte Behauptung „Die (gemeint ist die LIV, d. Verf.) treiben die Sportart voran“ einer Prüfung standhält, darf mit Blick auf die dort abgelieferte sportliche Qualität bezweifelt werden.
Preisgeldgefälle Damen und Herren
Zufällig trug die Ladies European Tour eine Woche nach der LIV ihr Event ebenfalls auf dem Centurion Golf Course in London aus. Ein Vergleich der jeweils abgelieferten Scores macht deutlich, wie ungerecht die Golfwelt im Tour-Bereich ist: Charl Schwarzel wäre bei den Ladies mit „7 unter“ allenfalls auf Platz 3 gelandet, hätte mit seinem Score statt der 4 Millionen auf der LIV Tour nur 29 Tausend „verdient“ – wie die Drittplatzierte Linn Grant. Umgekehrt hätte die Siegerin Bronte Law sicherlich gern das Preisgeld von 4 Millionen eingestrichen, statt der vergleichsweise mageren 71 Tausend auf dem LET Event. Ganz augenfällig wird die Ungerechtigkeit bei einem Blick auf den Letzten im 48er Teilnehmerfeld der LIV: Der US-Amerikaner Andy Ogletree (who knows) lieferte nach den gespielten drei Runden eine „24 über Par“ ab und kassierte für diese Peinlichkeit noch 120 Tausend.
Doch „Dio esiste“ (Gott existiert) sagt der Italiener: Statt wie von den Saudis erhofft, beherrschte nicht der Start der LIV Tour die weltweite Aufmerksamkeit der Medien, sondern der zeitgleiche spektakuläre Sieg einer Frau in einem Tour Event mit gemischtem Teilnehmerfeld. Die Schwedin Linn Maria Grant siegte überlegen mit 9 Schlägen Vorsprung vor dem Major-Sieger Henrik Stenson, strich 320 Tausend als Preisgeld ein und schrieb damit Golfgeschichte. Was wäre passiert, wenn Linn Grant an diesem Wochenende in London auf der LIV aufgeteet hätte? Die Saudis wären gut beraten gewesen, ihre vielen Petro Dollars in die Frauen Touren zu investieren. Es wäre ein Beitrag zur Geschlechtergerechtigkeit dabei herausgekommen, sie hätte den westlichen Kritikern eine Nase gedreht und tatsächlich etwas Gutes für ihr Image getan.