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Wer wird Open Champion 2024?

158 Spieler werden um den Titel des Open Champion 2024 spielen. Und starten bei der 152. Open Championship (18.–22.7.) im Royal Troon Golf Club in South Ayrshire. Ein Blick auf die Prognosen, Quoten und den möglichen Sieger-Kreis.

Wer wird Open Champion 2024 und gewinnt die begehrte Claret Jug im Royal Troon Golf Club? (Foto: Ross Parker/R&A/R&A via Getty Images)

Zu prognostizieren, wer Open Champion 2024 (18.–22.7.) im Royal Troon Golf Club werden wird, ist wohl so schwierig wie seit vielen Jahren nicht mehr. Der Favoritenkreis ist riesig. Und es kann immer wieder Überraschungssieger geben – wie auch die Open 2023 mit dem noch amtierenden Open Champion Brian Harman in Royal Liverpool bewies. Mehr Infos zur diesjährigen Open Championship gibt es hier.

HOYLAKE, ENGLAND - JULY 23: Brian Harman of the United States poses for a photograph with the Claret Jug on the 18th green after winning The 151st Open on Day Four of The 151st Open at Royal Liverpool Golf Club on July 23, 2023 in Hoylake, England. (Photo by Warren Little/Getty Images)
Brian Harman gewann die 151. Open Championship 2023 in Hoylake.

Sieger-Eigenschaften für The Open 2024

Bevor spekuliert werden kann, wer Open Champion 2024 werden könnte, muss geklärt werden, welche Eigenschaften der Champion-to-be mitbringen sollte. Neben Nerven aus Drahtseilen ist im Royal Troon Golf Club Genauigkeit gefragt. Der Old Course verfügt über knapp 90 (tiefe) Bunker, die es zu vermeiden gilt. Aufgrund der starken Regenfälle ist das Geläuf nicht ansatzweise so hart, wie sonst auf Links-Plätzen à la Royal Troon üblich. Wer das Fairway deutlich verfehlt, findet sich in kniehohem Gras, gepaart mit sandigem Untergrund wieder. Spieler, die keine erfahrenen »Beach-Golfer« und Trick-Shot-Experten sind – um sich aus dem garstigen Gestrüpp abseits des Fairways zu retten – werden bei verpassten Fairways gleich mehrere Schläge verlieren. Besonders bei der diesjährigen Open Championship wird die Präzision der Abschläge »Driving Accuracy« ausschlaggebend sein. Der künftige Open Champion wird auch ein Meister des Puttens sein.

Brian Harman legte eine sensationelle Putt-Quote bei der 151. Open Championship hin. Und: Er wechselt auf dem Weg zu seinem Open-Sieg bei widrigen Bedingungen häufig den Handschuh. (Foto: Getty Images)

Open-Rückblick: Putt-König Brian Harmann

Wir erinnern uns und blicken noch einmal zurück auf die vergangene, völlig verregnete Open Championship 2023: Der derzeit noch amtierende Open Champion Brian Harman benötigte binnen vier Runden lediglich 106 Putts. Flinke Kopfrechenkünstler werden es wissen: das sind 26,5 Putts pro Runde. Damit unterbot Harman Todd Hamiltons Open-Putt-Rekord von 2004 um drei Schläge. Auch bei Hamilton, Open Champion von 2004, lief der Putter so heiß, dass es zur Claret Jug führte. Insider-Wissen: Es war übrigens Hamiltons einziger Major-Sieg. Und in den folgenden Jahren der Open Championship »unterperformte« er und fand nicht wieder zu seiner einstigen Leistung zurück. Bei seinen folgenden 13 Open-Teilnahmen schaffte er es leidglich drei Mal bis ins Wochenende.

Bunker, Ondulierungen und Wind vom Meer. Ein typischer Links-Platz: »The Beast« oder »Car-Nasty«: Carnoustie testet Golfer jeder Spielstärke. Unvergessen bleibt Jean Van de Veldes Zusammenbruch bei der Open Championship 1999. Ein Doppel-Bogey hätte dem Franzosen am letzten Loch zum Sieg gereicht – er fabrizierte ein Triple-Bogey. 

Es gibt Parkland-Plätze (wie primär bei uns in Deutschland üblich) und eben Links-Golf. Ein typischer »Links« muss ganz anders gespielt werden. Es gibt kaum Bäume (das ist die gute Nachricht), dafür aber starke, meist vom Meer kommende Winde, extrem harte und wellige Fairways, die ein durchschnittlich hochgespieltes Eisen noch mal weitere 50 Meter (oder sogar mehr) verspringen lassen. Hinzukommen versteckte »Burns« (kleine Bäche, die die Fairways kreuzen). In der Pressekonferenz am Dienstag betonte Rory McIlroy: »Elf Monate im Jahr spiele ich in anderen Gegebenheiten. Der Boden und der Wind hier sind anders.« Die meisten Tour-Spieler sind also die (amerikanischen) Parkland-Plätze gewöhnt.

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Mal scheint die Sonne, mal ist es grau, mal wütet der Wind und mal regnet es stark. Open-Golf bedeutet: Mit allen möglichen Witterungsfacetten zu rechnen. Hier: Collin Morikawa.

Entscheidender Faktor: Wetter

Während Sonntag, Montag und Dienstagnachmittag strahlend blauer Himmel und rose-orangene Sonnenuntergänge die schottische West-Küste in eine Postkarten-Landschaft getaucht haben, sind die Wetterprognosen für Donnerstag und auch die folgenden Open-Tage weniger erbaulich. Starke Regenfälle und schwer zu kalkulierende Winde stellen die Meteorologen in Aussicht. Der zukünftige Open Champion wird diese äußeren Umstände meistern können müssen.

Open Championship – Spiel mit dem Wind

»Selbst wenn der Wind in den USA ähnlich stark ist, greift er nicht so sehr in das Spiel ein wie hier auf den Links-Plätzen«, erklärt McIlroy. Und er muss es wissen. Schließlich wuchs der Nordire auf Links-Plätzen auf. An einigen Bahnen wird der Wind ganz besonders spielentscheidend sein. Insider-Tipp: Besonders gut zu sehen an Bahn 8, dem »Postage Stamp«, der mit 123 Yards kürzesten Bahn der gesamten Open-Geschichte. Die miniatur-kleine Puttfläche zu treffen, ist selbst für Weltstars eine echte Herausforderung. Hoch fliegende Bälle werden vom Wind in einen der tiefen Bunker bugsiert.

Starke US-Amerikaner

Geht der Titel des Open Champion 2024 wieder an einne US-Amerikaner? Für alle Europa-Patrioten ist es wohl schwere Kost, dass bisher alle der drei diesjährigen Major-Sieger aus den USA stammen: Scottie Scheffler (Masters), Xander Schauffele (PGA Championship), Bryson DeChambeau (US Open). Die Prognosen von Insidern und Buchmachern sprechen eine ähnliche Sprache. Der Open Champion 2024 könnte durchaus wieder ein US-Amerikaner sein:

Ist er die zukünftige Open Champion? Scottie Scheffler währen seiner ersten Einspielrunde zur 152. Open Championship in Royal Troon (Foto: Stuart Franklin/R&A/R&A via Getty Images)

Open-Tipp 2024: Scottie Scheffler

Scottie Scheffler ist ein relativ sicherer Tipp. Die 28-jährige Nummer 1 der Welt hat zwar »erst« zwei Majors in der Tasche (Masters 2022 und Masters 2024), aber er hat einen Sieg-Lauf. Sechs Tour-Siege alleine in diesem Jahr und sieben weitere Top-Ten-Platzierungen. Und das untermauert von einer glanzvollen Schlagstatistik. Allerdings spielt Scheffler eher hoch fliegende Eisen – der prognostizierte Wind spielt ihm also nicht in die Karten.

Gut drauf – Bryson DeChambeau (USA) bei der Pressekonferenz zur 152. Open Championship in Royal Troon (Foto: Charlie Crowhurst/R&A/R&A via Getty Images)

DeChambeau bereit für nächsten Major-Sieg?

Zwei Mal hat der »Scientist« Bryson DeChambeau bereits bei Major-Events gewonnen – US Open 2022 und 2024. Beim diesjährigen Masters wurde der Schwung-Tüftler sechster, bei der PGA Championship belegte er den zweiten Rang. Eine grandiose Bilanz. Dank seiner Social-Media-Aktivitäten erfreut er sich großer Beliebtheit, gibt Einblick in seine derzeitigen Golf-Projekte und trifft den Ball sensationell. Wer auf den 30-jährigen LIV-Golfer tippt, würde nicht viel Geld gewinnen. Er gehört klar zum Favoritenkreis.

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Dieses Foto ist das Titelbild des Golf Magazin 8/2024: Collin Morikawa. (Foto: Rolex)

Collin Morikawa – GM-Titel mit Vorsehung?

Das aktuelle Cover des Golf Magazins ziert Collin Morikawa. Nicht nur, weil das Motiv äußerst gelungen ist, sondern auch weil er derzeit sehr erfolgreich ist. 2021 gewann der heute 24-Jährige bereits einmal die begehrte Claret Jug. Würde er in dieses Jahr in Troon gewinnen, wäre es der dritte Major-Sieg des US-Amerikaners. Hinsichtlich der Prognose, dass ein Weltklasse-Driver wohl die diesjährige Open gewinnen wird, steht auch Morikawa hoch im Kurs: Laut Statistik der PGA Tour schlägt er seinen Drive am zweitgenauesten, nur Aaron Rei ist noch genauer. Collin Morikawa im Interview gibt’s hier.

Zur Open Championship während der Einspielrunden zu gehen, lohnt sich sehr – nicht nur für die kleinen Fans. Die Profis nehmen sich Zeit für Autogramme und auch mal lockere Sprüche Richtung Publikum. Hier: Rory McIlroy bei der 152. Open Championship beim Signieren von Flaggen, Bällen, Handschuhen, etc.(Foto: Oisin Keniry/R&A/R&A via Getty Images)

Wird Rory McIlroy Open Champion?

Schaut man auf die Statistiken der Buchmacher oder fragt schottische Zuschauer und Volunteers vor Ort, tippen viele auf Rory McIlroy – und das obwohl er kein Schotte ist. Doch McIlroy ist seiner privaten Schlagzeilen zum Trotz (oder gerade deswegen) ein großer Sympathieträger. Derzeit in Top-Form (um Haaresbreite verpasste er den Sieg der US Open) ist ein weiterer Major-Titel mehr als überfällig. Der vierfache Major-Sieger hat zwar die Open Championship schon mal gewonnen (2014), doch sein letzter Major-Sieg (PGA Championship) stammt auf demselben Jahr und liegt somit bereits zehn Jahre zurück. Die Hauptfrage beim 35-Jährigen wird sein: Schafft er es mental nicht über 54 sondern über alles 72 Bahnen stark zu sein und die Nerven zu behalten.

Der frisch gekürte Champion der Genesis Scottish Open: Robert »Bob« MacIntyre. Bodenständig, gelassen und gedulsig beantwortete er im Media Center die Fragen der Journalisten während der 152. Open Championship in Royal Troon. (Foto: Luke Walker/R&A/R&A via Getty Images)

Local Hero – Robert MacIntyre

Er ist bodenständig, sympathisch, erfolgreich und er ist der frisch gekürte Scottish Open Champion: Robert »Bob« MacInyre. Auf der Pressekonferenz am Mittwoch unmittelbar vor Beginn der 152. Open Championship präsentierte sich ein äußerst ruhiger, entspannter, höflicher und ausgeglichener Bob MacIntyre. Der Sieg der Scottish Open sei ein »Kindheitstraum« gewesen, sagt er mit ruhiger und gelassener Stimme im Pressezentrum der 152. Open Championship. Auf die Frage, ob er dieses Wochenende gewinnen würde, entgegnete er ruhig: »Grundsätzlich erwarte ich nichts und werde weiterhin 110 Prozent geben«. Statistisch sieht es allerdings nicht so gut für MacIntyre aus. Es gelang bisher lediglich Phil Mickelson 2013 erst die Scottish Open in Castle Stewart und anschließend die Open Championship in Muirfield zu gewinnen. Sollte Robert Macintyre dieser Coup gelingen wäre das eine Sensation. Nicht nur weil er überzeugter Schotte ist – er brach kürzlich seine Zelte in den USA ab und zog wieder zurück in seine Heimat –, sondern auch weil er so bodenständig ist und Aussagen trifft wie: »Geld wird mich nicht verändern«, »Familie ist alles«, »Schottland ist mein Zuhause« – und derartige Aussagen lieben die schottischen Golf-Fans.

Royal Troon GC während der Open-Woche 2024: Ludvig Åberg ist derzeit eins der Aushängeschilder des europäischen Golfsports. Wird er Open Champion 2024? (Foto: Oisin Keniry/R&A/R&A via Getty Images)

Ludvig Åberg und das europäische Märchen?

Würde der Schwede Luvig Åberg gewinnen, käme das einem Märchen gleich. Der 24-Jährige startet erstmalig bei einer Open Championship. Erst vergangenes Jahr wechselte er ins Profilager und gehörte auch prompt zum Ryder-Cup-Team. Über seine noch nicht so lange Profikariere sagte er witzelnd: »Mittlerweile habe ich mich auch daran gewöhnt, einen Caddie zu haben«. Bei der Genesis Scottish Open wurde Åberg geteilter Vierter. Vielleicht kann er die US-amerikanische Major-Serie unterbrechen…  

Englischer Champion Tommy Fleetwood?

In den Schlag-Statistiken der PGA Tour fällt Tommy Fleetwood nicht sonderlich auf – weder mit dem Driver noch mit den Schlägen ins Grün und auch nicht mit dem Putter. Aber bei Golf geht es darum, alle Bereiche seines Spiels zusammenzuhalten. Der 33-Jährige fühlt sich auf Links-Plätzen wohl. Vielleicht ist das genau das der Schlüssel. »Ich liebe einfach Golf«, sagt er im Media Center der Open Championship 2024. Und ergänzt: »Ich wache immer noch jeden Tag mit dem Gedanken auf, dass ich der beste Spieler sein möchte, der ich sein kann.«

Es wird also spannend werden, wem es gelingen wird, die Claret Jug am Sonntag auf dem 18. Grün des Royal Troon Golf Club in die Höhe zu heben und auf den Olymp der Golf-Champions aufzusteigen.