Der erste Eindruck: Windräder – und zwar viele, sehr viele sind es, die gleich nach dem Verlassen des Aeropuerto de Gran Canaria ins Blickfeld rücken. Spötter behaupten, dass die Dutzenden von Energiegewinnern rund um den Flughafen die Gesamtzahl aller Windkraftwerke in Bayern übertreffen. Hinzu kommen größere Flächen mit Solarpanelen – ganz offensichtlich nutzt Gran Canaria die naturgegebenen Möglichkeiten, um Strom zu produzieren, denn sowohl Wind als auch Sonne sind reichlich vorhanden. Auf Nachfrage erfährt man, dass die Kanaren-Insel in der Tat auf bestem Wege ist, die eigene Energieversorgung via Wind- und Solarkraft zu realisieren.
Der zweite Eindruck: Es ist ganz schön karg hier – insbesondere, wenn man vom Flughafen Richtung Süden fährt. Das Grün wird immer rarer und schon bald sind nur noch Felsen und Steine im Blick – jede noch so kleine Grünfläche scheint mühsam dem steinigen Boden abgerungen zu sein. Dennoch befinden sich fünf der sechs Golfplätze Gran Canarias im südlichen Teil der Insel. Das löst schon einige Bedenken aus, wie das alles mit dem Wasser-Management funktioniert, zweifelsohne hat es aber optisch seinen Charme. Insbesondere bei den Plätzen in Salobre und Anfi Tauro. Der Kontrast zwischen Golfareal und Umgebung ist schlicht beeindruckend.
»Inselgolfzentrum« Maspalomas
Reisende, die ihren Urlaubsschwerpunkt auf Golf und Strand legen (und das dürften ja die meisten unserer Leser sein), sind am besten also im Süden aufgehoben. Der wohl geeignetste Ausgangspunkt dürfte Maspalomas sein. Der gut 30 Kilometer vom Flughafen entfernte Ferienort ist gewissermaßen das »Inselgolfzentrum«, weil innerhalb von nur 20 Minuten Fahrtzeit gleich fünf recht unterschiedliche Plätze erreichbar sind. Außerdem warten rund um den 1886 erbauten Leuchtturm zahlreiche Hotels unterschiedlicher Kategorien, dutzende Restaurants sowie Shopping-Möglichkeiten – und ein sensationeller Sandstrand. Der lockt nicht nur, um sich ein wenig von der Sonne bescheinen zu lassen, sondern auch für einen ausgiebigen Spaziergang bis zu den bekannten Dünen von Maspalomas.
Womit wir fast schon bei den Sehenswürdigkeiten der Insel sind – die ja gar nicht so »grande« oder »Gran« ist, wie es der Name suggeriert. Im Gegenteil – nach Teneriffa und Fuerteventura ist sie nur die drittgrößte der Kanarischen Inseln. Insbesondere zu Teneriffa pflegt man eine »besondere Beziehung« oder Rivalität, wie einem die Einheimischen immer wieder gerne erzählen. So ist der Stolz einen Fußballerstligisten auf Gran Canaria zu beherbergen, ausgeprägt und gerne erfährt man in diesem Zusammenhang, dass es auf dem großen Eiland nur einen mittelprächtigen Zweitligisten gibt.
Fast 95.000 Golfer im Jahr
Klarerweise dreht es sich aber bei dieser Rivalität auch um wirtschaftliche Interessen. Wobei die Kanaren insgesamt – und auch Gran Canaria – wirtschaftlich gut dastehen. Nicht zuletzt wegen der steigenden Zahl der Reisenden, die sich in 2023 auf 4,3 Millionen belief – ein aber recht dürres Plus im von 1,6 Prozent im Vergleich zum »Vor-Coronajahr« 2019. Beachtlich ist aber, dass sich die Zahl der golfenden Gäste auf Gran Canaria rapide erhöhte: 2023 kamen laut spanischem Fremdenverkehrsbüro fast 95.000 Spieler auf die Insel – 35,5 Prozent mehr als noch 2022.
Doch zurück zu den Sehenswürdigkeiten: Dazu zählt mit Sicherheit die Inselkapitale Las Palmas de Gran Canaria. Mit rund 380.000 Einwohnern lebt hier nicht nur fast die Hälfte der Inselbevölkerung, sie ist zugleich die größte Stadt der Kanaren. Ein Besuch ist auch für Golfurlauber unbedingt empfehlenswert, allein schon wegen der pittoresken, geschäftigen Altstadt. Ein Highlight des Bummels durch die »Vegueta« ist zweifellos die mächtige Kathedrale aus dem Jahr 1497, hier finden sich jedoch auch großartige Geschäfte. Nördlich davon grenzt das Viertel Triana mit seinen vielen Jugendstilfassaden an, und wer noch ein paar Schritte weiter geht, kann die beim Stadtrundgang verlorenen Kalorien locker wieder reinholen: Entweder bei einem Kaffee oder Snack im prächtigen Hotel Santa Catalina (erstklassige Dachterrasse!) unweit einer Marina, oder aber an der etwa drei Kilometer langen Strandpromenade »Las Canteras«. Hier reiht sich ein Restaurant mit spanischen Spezialitäten und schmackhaften Meeresfrüchten an das andere.
Außerhalb der »Großstadt« ist einiges zu sehen – beachtliche 14 Micro-Klimazonen sind auf der nahezu kreisförmigen Insel mit ihren rund 50 Kilometern Durchmesser zu finden. Und – dritter Eindruck – hier ist es alles andere als karg. Abwechslung ist also garantiert; die Palette reicht von flachen, oftmals weißen Stränden mit hohen Dünen und schroffen Steilküsten am Meer bis zu schwarzen Lavafeldern, sattgrünen Tälern und spektakulären Gebirgskulissen im Inselinneren. Ein besonderer Blickfang ist dabei das Wahrzeichen Gran Canarias – der 1.813 Meter hohe Roque Nublo, dessen letzte 65 Meter ähnlich einer Hand aus dem Massiv des erloschenen Vulkans herausragen. Kleine Ortschaften wie Arucas, Gáldar, Mogán, Puerto de las Nieves locken nicht nur zu einem kurzen Rundgang, sondern auch zu einer Caña, einem kleinen Bier.
Wetter perfekt fürs Golfen
Möglich sind solche Spaziergänge und Ausflüge eigentlich das ganze Jahr. Das Klima ist nahezu immer ideal, lediglich im August/September sind die Temperaturen etwas höher. Speziell in den Monaten von November bis März zeigt das Thermometer im Mittel Tageswerte um die 20 Grad – perfekt! Auch fürs Golfen, natürlich. Derzeit sind auf dem Eiland sechs Plätze in fünf Clubs zu finden. Der El Cortijo Club de Campo, einst mal Gastgeber der Gran Canaria Open de España der DP World Tour war, hat inzwischen seine Pforten geschlossen und eine Wiedereröffnung erscheint eher ungewiss.
Dennoch muss man sich als golfender Gast auf Gran Canaria sicher nicht langweilen. Es gibt ein erstklassiges Angebot, aus dem lediglich der Platz von Maspalomas Golf, einst als 36-Löcher-Anlage gestartet, etwas abfällt. Ein Platz ohne allzu große Herausforderungen, gut geeignet für eine Aufwärmrunde oder zum »Abgolfen«. Und: Das Essen im Clubhaus ist formidabel.
Salobre: Nicht zu unterschätzen
Unwesentlich weiter ist es zum Salobre Golf Resort mit seinen Löchern in einer karstigen Hügellandschaft. Den abwechslungsreichen Old Course sollte man nicht unterschätzen, obwohl er nicht sehr lang und das Course-Rating recht niedrig ist. Beim New Course ist nun einiges neu: Inzwischen verfügt das Resort nicht mehr über 36 sondern über 27 Bahnen. An dem von vielen Golfern als »sehr schräg« bezeichneten »neuen« Wiese wurde einiges abgeknapst und so gibt es nun noch die Kombination von neun Löchern (1 bis 3 und 13 bis 18), die dann in der Kombination mit neun Löchern des Old Course absolviert werden können, und auf denen es einige spektakuläre Bahnen zu spielen gibt.
Apropos: Am spektakulärsten ist ohne Wenn und Aber der Parcours von Anfi Tauro Golf mit atemberaubenden Meerblicken und spannenden, herausfordernden Löchern. Und mit der Bahn 16, sogar das teuerste Loch Spaniens – denn für das Grün der Bahn mit Dogleg rechts, wurden fleißig Felsen gesprengt. Und das war teuer, so teuer, dass sich die Kosten der Bahn, so erzählt man im Club hinter vorgehaltener Hand, aber nicht ohne Stolz auf satte acht Millionen Euro beliefen. Ob das gerechtfertigt ist, mag jeder selbst entscheiden, eine Runde ist auf jeden Fall absolut empfehlenswert.
Bleibt noch der eine Kurs im Norden – und der ist mit reichlich Historie versehen. Denn der Real Club de Golf de Las Palmas, gegründet im Jahr 1891, ist der älteste Golfclub Spaniens. Inzwischen spielt man hier zwar auf einem anderen Platz, der »nur« gut sechs Jahrzehnte alt ist und an manchen Stellen etwas eng. Dafür aber im Grünen liegt, mit einer sehr spektakulären Kulisse am Rande eines Vulkankraters glänzt und ein charmantes, traditionsreiches Clubhaus besitzt. Abwechslung ist Trumpf und wer zum Golfen auf die Insel kommt, hat nicht nur viel Auswahl, sondern auch – ist man in Maspalomas untergebracht – kurze Wege. Kurzum: der letzte Eindruck: Golf auf Gran Canaria, das passt!