Vorab etwas Solheim-Cup-Geschichte – über die erste Austragung, die erfolgreicheren Teams, zuzüglich einiger (Spieler-)Anekdoten:
Solheim Cup – wie alles begann
Es war einmal… nein, ganz so fängt die Geschiche des Solheim Cup nicht an. Aber irgendwie schon. Denn die Herren hatten den Ryder Cup – und das bereits seit 1927. Für die Damen gab es viele Jahre nichts Vergleichbares. Bis zum Jahr 1990. Auf Initiative von Karsten Solheim, dem US-amerikanischen Golfschläger-Fabrikanten, gab es dann auch den ersten Kontinentalvergleichskampf im Damengolfsport – genannt Solheim Cup. Der Preis – neben der Ehre, eine von Karsten Solheim gestiftete Kristallvase.
Die 90er Jahre – Solheim-Cup-Geschichte
Während die Herren bereits seit 1979 in Zwölfer-Teams ihren Teamwettbewerb absolvierten, traten die Damen zunächst in kleineren Teams an: 1990 spielten jeweils acht Damen (durchgängig!) – Tag 1: vier Mal Foursome (Klassischer Vier); Tag 2: vier Mal Fourball (Bestball) und an Tag 3 acht Einzel. 1992 und 1994 gab es eine kleine personelle Steigerung: Die Teams wurden um jeweils zwei Ladies erweitert. Spieltage 1 und 2 blieben wie gehabt und an Tag 3 starteten zehn Spielerinnen in die teilweise entscheidenden Einzel-Wettbewerbe. Seit 1996 wird mit Zwölf-köpfigen Teams und um 28 zu erzielende Punkte gespielt – einzige Ausnahme 2000. Die 90er Jahre wurden klar von den US-Amerikanerinnen dominiert, wobei der zweite Solheim Cup 1992 unter Kapitänin Mickey Walker deutlich an die Europäerinnen ging – mit 11,5 zu 6,5. Da blitzte also schon mal auf, dass die Europäerinnen sehr ernst zu nehmende Gegnerinnen sein würden.
Solheim Cup – die Trophäe
Der Solheim Cup ist aus Waterford-Kristall, einem der populärsten Kristallglas-Hersteller. Der damals »beste« Waterford-Designer wurde mit dem Projekt der Trophäe beauftragt. Der Solheim Cup ist handgefertigt und steht auf einem Holzsockel. Die Kristall-Trophäe wiegt über 9 Kilogramm und hat eine Höhe von über 46 Zentimeter. Alle paar Jahre muss der Sockel erweitert werden, damit die Siegerteams dort auf goldenen Plaketten verewigt werden können.
Verschiebung der Austragungs-Jahre
In den Jahren von 1990 bis 2002 wurde der Solheim Cup in den geraden Jahren ausgetragen. Nach der Umstellung des Ryder-Cup-Kalenders wechselte der Solheim Cup ab 2003 auf die ungeraden Jahre, um Terminüberschneidungen zu vermeiden. Doch dann – wir erinnern uns noch vage – kam Covid und brachte den Turnierkalender aller Touren ordentlich durcheinander. Der 2020er Ryder Cup konnte erst ein Jahr später ausgetragen werden und so kam es zur Kollision. Und so ein aktionengeladenes Sportjahr wie 2023 ist schon beinahe etwas zu intensiv. Ryder Cup, Solheim Cup, Junior Ryder Cup, Ping Solheim Cup – die übrigens alle vergangenes Jahr von den europäischen Teams gewonnen wurden. Für Europa unvergessen und für die siegesverwöhnten US-Amerikaner eine »Schmach«. Daher wird in den Jahren 2023 und 2024 der Solheim Cup ohne ein Jahr »Verschnaufpause« ausgespielt – und die Teams blieben fast unverändert. Aber dazu mehr weiter unten im Text.
Immer stärker werdende Europäerinnen
Der Solheim Cup 2024 wird die 19. Auflage dieses Kontinentalwettkamps sein. Von den bisherigen 18 Austragungen konnten die US-Amerikanerinnen zehn Mal gewinnen und das Team Europa folglich acht Mal – davon drei Mal hintereinander bei den letzten drei Austragungen (2019, 2021, 2023). 2013 feierte die europäische Mannschaft den ersten Sieg auf amerikanischem Boden (im Colorado Golf Club) und konnte außerdem zum ersten Mal ihren Sieg verteidigen. Dieses Jahr noch mal, zum vierten Mal in Folge zu gewinnen, wäre historisch. Denn das hat es noch nie gegeben.
Von den letzten sieben Austragungen gewann das europäische Team seit 2011 fünf Mal! Bei dem diesjährigen Solheim Cup haben somit nur noch zwei US-Amerikanerinnen das Gefühl selbst miterleben können, wie es sich anfühlt die von Karsten Solheim gestiftete Kristalltrophäe zu gewinnen. Das ist unleugbare (Team-)Dominanz.
Statistisch sind die US-Amerikanerinnen immer stark
Vergleicht man vor Beginn des Solheim Cups die Teams – die Anzahl der Major-Gewinnerinnen, die Positionen der Weltrangliste, die gewonnenen Turniere, den Altersdurchschnitt – dann sind die US-Amerikanerinnen fast immer mit Abstand das bessere Team. Ganz ähnlich wie bei den Herren. Zahlen können interessante Indikatoren sein, doch auf dem Platz läuft dann alles anders. Ein entscheidender Aspekt dürfte Team-Spirit sein. Und den scheinen die Europäerinnen (und Europäeri) noch mehr zu leben, als die US-Amerikanerinnen. Zumindest zeigen die Erfolge des Teams Europa (auch beim Ryder Cup!), dass »unsere« Ladies irgendetwas sehr richtig machen. Denn im Vorfeld fast jeder Solheim-Cup-Austragung räumen die Europäerinnen in Interviews ein, dass die US-Amerikanerinnen »auf dem Blatt« bessere Gewinnchancen haben. Die schottische Rekord-Kapitänin Catriona Matthew führte ihr Team jeweils 2019 und 2021 zum Sieg und spielte selbst neun Mal (!) im Solheim Cup. 2019 sagte Matthew in einem Interview mit Golf Magazin, dass Europa ganz klar der »Underdog« sei. Auch Esther Henseleit, die erstmalig dieses Jahr für Europa ans Tee gehen wird, hatte gegenüber Golf Magazin (siehe Golf Magazin #10/2024) ähnliche Einschätzungen, glaubte aber zugleich an den Team-Sieg.
Lust auf etwas Solheim-Cup-Geschichte für die Ohren? Golf Magazin war zu Gast bei Radio Golfschau. Zum Podcast geht’s hier.
Rückblick 2023 – der Solheim Cup bleibt in Europa
2023 endete der Solheim Cup unentschieden – so wie beim Ryder Cup 1989. Und das bedeutet, dass der Pokal beim vorherigen Sieger-Team verbleibt. Die US-Amerikanerinnen zeigten sich als nicht souveräne Verliererinnen. US-Kapitänin Stacy Lewis bekundete in diversen Interviews, dass sie sich um den Sieg »betrogen« fühle. Doch das sind eben die Regeln. Dank der fulminanten Aufhol-Jagd der Europäerinnen, die nach den Vierern fast hoffnungslos zurücklagen, konnte der Solheim Cup in Europa bleiben.
Team Europa mit Kapitänin Suzann Pettersen
Die Norwegerin ist eine »Kampfsau«, wie sie im Buche steht. Ähnlich wie Catriona Matthews hat auch die Norwegerin eine imposante Solheim-Vita: Neun Mal spielte sie beim Solheim Cup mit, erzielte 21 Punkte und kann auf eine beachtliche Gewinn-Statistik von 58,33 Prozent zurückblicken. Unvergessen womöglich das berühmte »Gimmy-Gate« von 2015 beim Solheim Cup in St. Leon-Rot. Korrekt nach den Regeln, aber dennoch nicht sportlich nicht ganz sauber. Aber sie ist nun erfahrener und souveräner und hat ihr Team äußerst gut in Griff, wie sie bereits vergangenes Jahr in Finca Cortesin bewies.
Deutsche Beteiligung im Solheim Cup:
Während beim Ryder Cup mit Bernhard Langer und Martin Kaymer bisher »nur« zwei (äußerst erfolgreiche) deutsche Spieler das Team Europa zu diversen Erfolgen führte, traten in der doch noch relativ jungen Solheim-Cup-Geschichte bereits sechs deutsche Spielerinnen an:
Elisabeth Esterl (2003/1,5 Punkte),
Sandra Gal (2011, 2015/3 Punkte),
Bettina Hauert (2007/0 Punkte),
Caroline Masson (4x! 2013-2019/4,5 Punkte),
Sophia Popov (2021/0 Punkte; erste deutsche Major-Gewinnerin) und jetzt
Esther Henseleit – die erste aus Norddeutschland stammende Spielerin.
Fun-Fact: Was viele aus Süddeutschland nicht wissen: 2017 hatten wir eine weitere fast Deutsche im Solheim Cup-Team: Florentyna Parker (0 Punkte), startet aber unter englischem Pass und ist seit diesem Jahr als Tour-Referee unterwegs.
Esther Henseleit und der Solheim Cup
Esther Henseleit träumte schon lange vom Solheim Cup, wie sie gegenüber dem Golf Magazin in ihrem ersten großen Interview 2019 erzählte. Nachdem sie 2018 ein Rekordjahr als Amateurin hingelegt hatte – als Deutsche Meisterin schloss sie die Saison mit einem Handicap von -7,1 ab (unter Null) ab und wechselte zu den Profis. Schon damals war sie besonnen, klar und fokussiert. As damals 20-Jährige sah sie ihren beruflichen Zielen entspannt entgegensah und sagte: »Ich gebe mir die Zeit.« Und dabei standen schon damals ihre Ziele klar fest: Olympia und Solheim Cup. Und das hat sie jetzt beides geschafft.
Esthers großes Ziel: Solheim Cup
Im Vorfeld des Solheim Cup führt Esther Henseleit jüngst ein Gespräch mit Golf Magazin (Interview siehe GM #10/25): »Spätestens seit ich den Junior Solheim Cup gespielt habe, war es ein ganz großes Ziel für mich, mal beim Solheim Cup dabei zu sein. Dass ich es direkt ins Team geschafft habe, freut mich sehr. Ich freue mich auf die Woche und hoffe natürlich, dass wir den Solheim Cup wiedermit nach Europa bringen können.«
Einschätzung zur Verteidigung des Solheim Cup
Auf die Frage nach den Gewinnchancen erwidert Henseleit zuversichtlich: »Europa hat die letzten drei Austragungen gewonnen, unser Team ist dieses Mal noch besser als beim letzten Mal – wir haben auf jeden Fall eine Chance. Aber klar: Auf dem Papier sind die Amerikanerinnen die Favoritinnen.«
2024: Solheim Cup Team Europa:
- Georgia Hall Captain Suzann Pettersen gab einen ihrer Pics an die Engländerin. Hall steht meist oben in den Leaderboards und spielt ihren fünften Solheim Cup.
- Anna Nordqvist ist dreifache Major-Siegerin zum neunten Mal dabei und somit quasi Solheim-Cup-Dino.
- Albane Valenzuela – die Schweizerin wäre schon fast vergangenes Jahr mit dabei gewesen und wurde von Pettersen für ihr Ballstriking gelobt.
- Emily Kristine Pedersen spielte zwar eine mäßige Saison, hat aber viel Erfahrung und ist somit ein weiterer Catpain’s pic. 2023 spielte die Dänin das erst zweite Ass in der Historie des Solheim Cups.
- Charley Hull,
- Celine Boutier,
- Maja Stark,
- Linn Grant,
- Leona Maguire,
- Carlota Ciganda,
- Madelene Sagstrom und natürlich
- Esther Henseleit.
Mehr über die Teams gibt’s hier.
Solheim-Cup-Team USA:
- Nelly Korda,
- Lilia Vu,
- Lauren Coughlin,
- Ally Ewing,
- Allisen Corpuz,
- Megan Khang,
- Andrea Lee,
- Rose Zhang,
- Allison Lee sowie die drei Captain’s Picks
- Lexi Thompson,
- Jennifer Kupcho und
- Sarah Schmelzel.
Austragungsort 19. Solheim Cup: Robert Trent Jones GC
- Der in Gainesville, Virginia, gelegene Robert Trent Jones Golf Club befindet sich 35 Meilen westlich der amerikanischen Hauptstadt Washington D.C. und ist somit für Besucher aus dem In- und Ausland leicht zu erreichen.
- Trotz der Nähe zu Washington D.C. herrscht auf dem Platz eine ruhige Atmosphäre, da er am Ufer des Lake Manassas liegt, was nicht nur für die Optik, sondern auch für die Spielbarkeit des Platzes von Bedeutung ist.
- Designer Robert Trent Jones Sr. nennt diesen 1991 eröffneten Course sein Meisterwerk: »Das Gelände ist ästhetisch perfekt. Ich glaube nicht, dass wir irgendwo etwas Besseres hätten machen können.«
- Vier Mal wurde hier bereits der Presidents Cup ausgetragen.
- Par 72 mit viel Wasser. U.a. muss an Bahn 11 (Par 3) über den See geschlagen werden.
Der 20. Solheim Cup kommt in die Niederlande nach Bernadus