GJ bekam die seltene Gelegenheit und traf den Nordiren zu einem Exklusiv-Gespräch in London. Rory McIlroy ist ein Typ, einer, der eine Meinung hat und sich nicht verbiegen lässt.
Hallo, ich bin Ingo, aus Deutschland. Sie werden’s kaum glauben, ich habe ein Foto von uns beiden aus dem Jahr 2012 beim Awards Dinner der European Tour. Himmel, Sie haben körperlich ja mal ordentlich zugelegt…
(lacht) Nun, ich habe mich etwas verändert. Schon 2012 habe ich mehr trainiert und auf meine Athletik geschaut. Die Ursache waren meine Rückenprobleme aus den Jahren 2009 und 2010. Da habe ich einiges unternommen, geholfen hat es nicht wirklich, also musste ich entsprechend dagegen steuern. Viele haben gesagt: Junge, du musst körperlich stärker werden. Das ist das Resultat. Ich bin körperlich sehr fit und stabil. 2012 habe ich bereits ein Jahr trainiert, und ich habe das Ganze kontinuierlich weiterverfolgt. Mittlerweile kann ich feststellen: Mein Körper ist stark genug, um die Kräfte auszuhalten, die ich in den Schwung lege. Ich wünschte mir, dass ich den Prozess früher eingeleitet hätte. Mit 16 wäre optimal gewesen.
Ist diese körperliche Fitness nicht unabdingbar, um auf Ihrem Level wettbewerbsfähig zu sein?
Durchaus, aber es war für mich und meinen Körper essentiell. Ich habe 2010 angefangen, 2011 konnte ich mein erstes Major gewinnen, und fortan lief es sehr ordentlich. Alles in allem hat mir die Schufterei im Gym geholfen.
Bevor ich’s vergesse: Alles Gute nachträglich zur Hochzeit. Hat sich Ihr Leben nun verändert?
Danke! Nein, es hat sich überhaupt nichts verändert. Erica und ich haben ja schon zusammen gelebt, wir sind gemeinsam gereist. Da gab es nichts, was wir nicht voneinander wussten. Bislang fühlt es sich an wie vor der Hochzeit. Ich denke, es wird anders, wenn es um Kinder- und Familienplanung geht. Wenn dieser Punkt kommt, dann kann man von einem »Life Changer« sprechen.
Sie sind jetzt schon viele Jahre im Profi-Golf, wie ist das eigentlich, wenn jedes Wort, jeder Satz, den Sie aussprechen, auf die Goldwaage gelegt wird und die Ausmaße einer Aussage eines Staatsmanns hat? Nimmt der Druck manchmal überhand?
Es gibt Situationen, da kann ich gar nicht richtig einschätzen, welche Position ich eigentlich bekleide. Mir ist mittlerweile schon bewusst, dass meine Stimme etwas mehr zählt als vielleicht noch vor einigen Jahren. Ich sage sicherlich nicht Dinge, um zu verletzen oder verletzt zu werden. An die Folgen denke ich in diesen Momenten nicht. Ich gebe in diesen Momenten meine Meinung ab bzw. lasse meiner Intuition freien Lauf. Natürlich muss man in diversen Situationen aufpassen, da meine Meinung sich vielleicht von der anderer Personen unterscheidet. Gerade, wenn ich mich nicht dem Mainstream anschließe. Ich bin beispielsweise Andersdenkenden gegenüber sehr aufgeschlossen, das erwarte ich im Gegenzug natürlich auch. Stellen Sie sich vor, wir wären alle grundsätzlich auf einer Wellenlänge, das könnte ein ziemlich langweiliges Leben sein. Ich bin mir meiner Verantwortung bewusst, nur werde ich deswegen meine Meinung und Aufrichtigkeit nicht abstellen. Man muss sich selbst treu sein.
Steckbrief
* Geboren: 4. Mai 1989 in Holywood, Nordirland
* Verheiratet: seit April 2017 mit Erica Stoll
* 1996 jüngstes Mitglied im Holywood GC
*Erstes Hole-in-one mit zehn Jahren
* 2005 spielt er eine 61 in Royal Portrush
* Sportliche Erfolge: 22 Siege weltweit, u.a. vier Majors (US Open 2011, PGA Championship 2012, The Open und PGA Championship 2014), Ryder-Cup-Gewinner 2010, 2012, 2014
* Auszeichnungen: Geldranglistensieger PGA Tour 2012, 2014; Spieler des Jahres PGA Tour 2012, 2014; Vardon Trophy 2012, 2014; Byron Nelson Award 2012, 2014; Order of Merit European Tour 2012, 2014, 2015; Golfer des Jahres European Tour 2012, 2014, 2015; FedExCup Champion 2016
* Trainer: Michael Bannon
* Sponsoren: Nike, TaylorMade, Omega, EA Sports
* Vermögen: im dreistelligen Millionenbereich
Sie sind der Star, Sie verdienen das große Geld. Da will doch jeder etwas abbekommen. Hat es lange gedauert, bis Sie ein Team um sich herum aufbauen konnten, dem Sie vollends vertrauen konnten?
Oh ja, das war ein Prozess. Am Ende kann ich sagen: Man muss nicht weit schauen, es ist die Familie. Ich hatte immer Bezugspersonen um mich herum: Meine Eltern waren und sind immer noch da, mein Coach Michael Bannon ist auch schon seit 20 Jahren bei mir. Ja, und dann hatte ich eine Zeit lang die eine oder andere Person um mich herum, die das System ergänzte oder auch schwächte. Aber ich habe herausgefunden, wen und was ich wirklich brauche. Die Menschen, die eng mit mir arbeiten, auf die ist zu 100 Prozent Verlass. Es hat eine Weile gedauert, aber das ist doch normal: Das Leben ändert sich, die Prioritäten auch. Das musste ich alles herausfinden. Mein jetziges Team ist super, das bringt mich weiter und macht mich besser.
Sie haben The Open, die PGA Championship und die US Open gewonnen. Also bereits drei von vier Majors. Ihnen fehlt nur noch das Masters zum Karriere-Grand-Slam. Wie kann man diesem Erwartungsdruck standhalten? Können Sie noch ruhig nach Augusta fahren oder liegen da die Nerven blank?
Ganz im Gegenteil: Ich liebe Augusta, und ich liebe das Masters. Das ist eines meiner Lieblingsturniere, wenn nicht sogar mein Favorit im Tour-Kalender. Für eine Zeitspanne von mehreren Monaten haben wir ja kein Major, und dann geht es im April gleich mit dem Masters los. Das ist irre spannend. Ich finde es übrigens sehr gut, dass Jordan Spieth in der gleichen Situation ist. Jetzt liegt der Fokus nicht mehr nur auf meiner Person. Natürlich werde ich alles daran setzen, es Jordan so schwer wie möglich zu machen. Ich möchte den »Career Grand Slam« vor ihm! Ich kann da auch ganz ehrlich sein: Natürlich ist mit so einer Ausgangslage mehr Druck zu spüren, weil man weiß, man kann etwas ganz Spezielles erreichen, das bislang nur fünf Spieler gemeistert haben.
Ist das zusätzlich motivierend, dass mittlerweile ein ganz heißer Kampf um die Nummer eins der Welt ausgebrochen ist? Da gibt’s ja nicht nur einen oder zwei Profis, die um die Krone kämpfen, sondern um die zehn…
Die Qualität ist einfach extrem gut. Das ist schon auffallend, wie häufig die Spitzenposition immer wieder von einem anderen Pro für eine gewisse Zeit besetzt wird. Dustin (Johnson), Jason (Day), Jordan, ich, Adam (Scott), Tiger (Woods), Luke (Donald), Lee (Westwood), Martin (Kaymer). Was für ein Wechsel in den letzten Jahren! Mit dem Equipment, diesem ständigen Fortschritt, hat Profi-Golf eine Richtung eingeschlagen, die es einem Profi sehr schwer macht, sich abzusetzen. Es sind nur noch Nuancen, und das ist brutal. Genau diese Ausgangslage motiviert uns alle, einfach noch besser zu werden. Nehmen wir den Schlusstag von Jordan bei der Open. Der stachelt mich an, noch härter zu arbeiten, um ihn zu schlagen. Am Ende des Tages ist dieser Wettkampf doch nur gut für unseren Sport.
Ich bin beispielsweise Andersdenkenden gegenüber sehr aufgeschlossen, das erwarte ich im Gegenzug natürlich auch.
Wenn Sie nicht gerade auf den Grüns unterwegs sind, ist Fußball Ihre große Leidenschaft, Sie sind Fan von Manchester United. Wer macht das Rennen um die Champions League? Und vergessen Sie nicht, das GOLF JOURNAL sitzt in München…
Danke für den Hinweis, da muss ich Sie enttäuschen: Der FC Bayern packt es nicht. Es läuft viel erneut auf Real Madrid hinaus, die sind so gut besetzt, kompakt und gut eingespielt. Man muss nun auch ein Auge auf Paris Saint-Germain mit Neymar haben. Und mein Team: Die sollten sich mal auf die Premier League konzentrieren, die Meisterschaft wäre ein riesiger Erfolg. In der Champions League sehe ich das Viertelfinale, maximal das Halbfinale. ManU ist seit dem Abschied von Sir Alex Ferguson auf einer unendlichen Reise.
Die große Unterhaltung gibt’s in der Premier League ja beim FC Liverpool mit Jürgen Klopp…
(grätscht sofort rein) Ich bin ein riesiger Fan von ihm, schon seine Erfolge in Dortmund waren beeindruckend. Fantastisch! Den Enthusiasmus, den er Liverpool – und ich werde nie ein Fan dieses Clubs – eingehaucht hat, das ist großes Kino. Das erkenne ich an und habe größten Respekt vor Klopps Arbeit.
Timeline – McIlroys Highlights
2004 Mitglied in Europas Junior-Ryder-Cup-Team
2005 spielt als Amateur beim British Masters erstmals
auf der European Tour
Auguste 2006 Amateur-Europameister
Februar 2007 schafft als Amateur den Cut beim Dubai Desert
Classic
Juli 2007 Silver Medal (bester Amateur) als 42. bei The Open
(Carnoustie)
September 2007 Wechsel ins Profi-Lager
September 2007 Profi-Premiere beim British Masters (42.)
Januar 2008 Top 200 der Welt
Februar 2009 erster Sieg European Tour: Dubai Desert Classic
November 2009 Top 10 der Welt
Mai 2010 erster Sieg PGA Tour: Quail Hollow Championship
Oktober 2010 Ryder-Cup-Sieg mit Europa
Juni 2011 erster Major-Sieg: US Open
November 2011 Nummer zwei der Welt
März 2012 Sieg Honda Classic und Nummer eins der Welt
August 2012 zweites Major: PGA Championship
September 2012 Ryder-Cup-Sieg mit Europa
November 2012 Nummer eins der Geldrangliste PGA- und
European Tour
Januar 2013 Zehn-Jahres-Vertrag mit Nike für 250 Mio. Dollar
Mai 2014 Sieg BMW PGA Championship
Juli 2014 drittes Major: The Open
August 2014 erster WGC-Titel: Bridgestone Invitational,
wieder Nummer eins der Welt,
viertes Major: PGA Championship
September 2014 Ryder-Cup-Sieg mit Europa
Mai 2015 zweiter WGC-Titel: Cadillac Match Play
Mai 2016 Sieg Irish Open
September 2016 Titel Tour Championship und FedExCup
September 2016 Niederlage mit Ryder-Cup-Team Europa
Mai 2017 Zehn-Jahres-Vertrag mit TaylorMade für 100 Mio.
Dollar
2017 kein Turniersieg