Nach seinem Sieg in München-Eichenried befindet sich Senkrechtstarter Martin Kaymer endgültig auf dem Weg zum neuen Golf-Star. Aus dem lange Zeit übermächtigen Schatten der Ikone Bernhard Langer ist er durch den ersten Sieg eines Deutschen bei dem Turnier der Europa-Tour herausgetreten, nun steht der nächste Sprung auf der Karriereleiter bevor. Dem 23-Jährigen winkt als zweitem Deutschen nach Bernhard Langer die Teilnahme am Ryder Cup, dem prestigeträchigsten Wettbewerb im Golfsport.
„Ich habe nun eine wirklich gute Chance, ins Team zu kommen, und ich freue mich darauf“, sagte Kaymer, zugleich jüngster Sieger der bislang 20 Auflagen der BMW International Open. Vom 19. bis 21. September steht der Vergleich der besten Profis aus den USA und Europa in Louisville/Kentucky auf dem Programm.
Hobes Lob von Bernhard Langer
Sollte Kaymer, nach seinem zweiten Sieg auf der Europa-Tour auf Platz 30 der Weltrangliste und auf Rang sechs der europäischen Ryder-Cup-Qualifikation vorgerückt, seine Form auch nur annähernd halten, ist sein Start beim traditionellen Kontinentalvergleich sicher. „Er ist reif für den Ryder Cup“, sagte Langer, der die begehrte Trophäe als Spieler mehrmals und Kapitän gewonnen hat.
Die Lobeshymnen internationaler Spitzenspieler auf den 23-Jährigen aus Mettmann haben unglaubliche Dimensionen angenommen. Vergleiche mit Branchenführer Tiger Woods sind immer häufiger zu vernehmen. Langer, für seine Zurückhaltung bekannt, wirkte geradezu euphorisiert nach seinen zwei gemeinsamen Runden mit dem Jungstar.
„Nach der Runde habe ich ihm gesagt, du bist aggressiv, spielst aber trotzdem mit Köpfchen, genau wie Tiger Woods und Phil Mickelson.“ Kaymer könne in den kommenden Jahren die Fahne des deutschen Golfsports hochhalten: „Wenn er so weiterspielt, gibt es für ihn keine Grenzen.“ Warum sich der 50-Jährige ungewohnt weit aus dem Fenster lehnt, obwohl Kaymer erst in seinem zweiten Profijahr steht, erklärt eine weitere Aussage: „Er trägt einen alten Kopf auf jungen Schultern.“ Sprich: Kaymer ist erstaunlich reif.
Das belegte auch der Auftritt in München. Trotz der schweren Erkrankung seiner Mutter, trotz der für ihn ungewohnten enormen Aufmerksamkeit und trotz eines Triple-Bogeys nach zuviel Risiko am elften Loch der Schlussrunde behielt Kaymer die Nerven und setzte sich im Stechen gegen den Dänen Anders Hansen auf Anhieb durch.
Ein unglaublich tolles Gefühl sei es gewesen, zu spüren, wie sehr ihm viele der 58.000 Besucher an den vier Turniertagen den Sieg gönnten. Das galt besonders am 18. Loch beim Stechen, als die mitfiebernden Fans in Jubel ausbrachen und mit ihren Deutschland-Fähnchen beinahe schon Fußball-Atmophäre auf die Anlage zauberten. „Ich habe mich gewundert, dass so viele Leute Interesse daran hatten, dass ich gewinne“, sagte Kaymer bescheiden. Nicht nur einmal habe er eine Gänsehaut bekommen.
Der junge Mann mit dem für sein Alter erstaunlich gefestigten Charakter lässt sich von dem immer größer werdenden Trubel um seine Person scheinbar nicht aus der Ruhe bringen. Dass ihn auch Golf-Weltstars wie Woods, Ernie Els und Colin Montgomerie über den grünen Klee loben, beeindruckt ihn offenbar nicht besonders. Im Gegenteil: Er hält das für unangemessen. Er wolle lernen, lernen, lernen, das betont er immer wieder. Die Szene ist sich einig: Martin Kaymer lernt viel – und zwar verdammt schnell.