David Britten (51), der frisch-gebackene Deutsche Golflehrermeister der Senioren 2019, weiß um die Bedeutung des mentalen Aspekts im Golfsport. „Der Anfang meiner diesjährigen Saison war holprig“, erinnert sich Britten beim Interview im Golf-Club an der Pinnau, seinem Stammclub, in dem er im Pinnau Performance Center (PPC) auch Indoor-Training gibt. Beim Treffen mit dem GOLF MAGAZIN hat er uns seine besten Tipps in Sachen Mentaltraining für Golfer verraten.
„Ich hatte so viel trainiert wie seit Jahren nicht, und meine Erwartungen waren einfach zu hoch. Ich wollte unbedingt Birdies spielen“, berichtet der Deutsch-Brite schmunzelnd.
Mentaltraining für Golfer – Erwartungen anpassen
Eigentlich müsste gerade er wissen, wie wichtig es ist, die Erwartungen dem eigenen Spielvermögen anzupassen. Schließlich gibt er in seinem modernen PPC – ausgestattet mit TrackMan & Virtual Golf, Video-Analyse-System, Bodytrack, diversen Fitness-Geräten – mit „Trained Brain“ auch Mentalunterricht. „Viele Golfer sind zu ungeduldig, haben zu hohe Erwartungen und wollen diese auch zu schnell erreichen“, weiß Britten aus Erfahrung. „Dabei führt eine zu hohe Erwartung zu einem erhöhten Frustfaktor, wenn das Erwartete nicht eintrifft.“ Dann vergeht einem die Freude am vermeintlichen Lieblingssport und das Ergebnis ist einfach nur noch Frust …
Mentaler Bereich: Kopf, Körper und Technik
Für David Britten bedeutet gutes Golf eine Mischung aus Kopf, Körper und Technik. „Keine zu hohen Erwartungen zu haben, körperlich fit zu sein und mit einer cleveren Strategie eine Runde zu absolvieren führt dann auch zu einem besseren Spiel mit weniger Schlägen“, meint Britten. Für ihn gehört das Course-Management, also der Entscheidungsprozess, die taktische Vorgehensweise samt der Wahl des Schlägers, ganz klar zum Mentalbereich.
„Wenn ich nicht mehr in der Lage bin, die richtigen Entscheidungen zu treffen, kann ich auch nicht locker spielen“, sagt Britten. Eine gute Spielstrategie ist für jeden von Vorteil – ganz egal, ob Low-Handicap-Spieler oder Anfänger mit Clubvorgabe 50plus. Vor allem für Spieler, die an Schlagweite verlieren, ist ein schlaues Spielkonzept sehr hilfreich.
Aus dem schlechten Start in die Saison 2019 löste sich Britten, indem er seine Erwartung anpasste und seine persönliche Aufgabenstellung neu formulierte: Noch im Frühjahr versuchte er, bereits auf den ersten Löchern das Turnier zu gewinnen, indem er Birdies erzwingen wollte – und stattdessen nach neun Löchern vier über Par lag.
Als Britten sich vornahm, erst Fairways, dann Grüns zu treffen und anschließend zu schauen, was passiert, verbesserten sich seine Scores sukzessive. David Britten hatte sich mehr mit seinem Spiel beschäftigt, analysierte seine Runden und verbesserte so seine Statistik.
Mentaltraining für Golfer: die Checkliste
Dazu half ihm eine kleine Checkliste – ein kleines, selbst zusammengestelltes Büchlein, das Britten während der Runde aufschlägt, bevor er den Ball schlägt (siehe Fotos rechts, Seite 53). Für alle 18 Bahnen eines beliebigen Golfplatzes hat sich Britten eine kleine Kontrollliste geschrieben, die ihn ermahnt, in der Gegenwart zu bleiben, gedanklich voll fokussiert zu sein, eine klare Spielentscheidung zu treffen und dann zielorientiert zu handeln.
Routine erhöht Konzentration
Britten sagt: „Wenn ich Pro-Am-Turniere spiele, beobachte ich Spieler, die sich nur zu 50 Prozent konzentrieren. Ein Tourspieler hingegen nutzt 90 bis 95 Prozent seiner Konzentration.“ Den Fokus erhöht man durch eine Pre-Shot-Routine und den Moment, indem man zum Ball geht und dabei ein ganz klares Bild davon hat, was man tun möchte. Britten unterteilt Golf in vier Bereiche: vor dem Spiel, während des Spiels, Zwischen-Golf und nach der Runde. Im Folgenden widmen wir uns dem Bereich „Vor dem Golfspiel“.
David Britten, der deutsche Ü50-Golflehrermeister, empfiehlt in Sachen Mentaltraining für Golfer:
- gut vorbereitet auf die Runde zu gehen,
- Geduld zu lernen und erwartungsgerecht zu spielen,
- stets eine sich immer wieder gleich abspielende Routine anzugewöhnen.
Gut vorbereitet auf die Runde
David Britten erinnert sich, was ihm sein Vater früher immer mit auf den Weg gegeben hatte: „Putze deine Schuhe und du bist schon eins auf gegen deinen Gegner.“ Diesen Satz beherzigt Britten. „Ich habe meine Hosen gebügelt, gehe ordentlich auf den Abschlag und bin gut vorbereitet“, erzählt er. Wie ernst Britten die Vorbereitung nimmt, belegt ein Blick in sein Golfbag.
„Ich habe eine Checkliste, auf der 38 Dinge stehen, die ich mitnehme“, erzählt er mit einem leichten Anflug von Stolz. Nachdem ich ihn gebeten habe, mir den Inhalt seiner Golftasche zu zeigen, liegen Sonnencreme, Zeckenzange, Vitamine, Mückenspray, diverse Medikamente, Tape, Blasenpflaster, Schere, Bleistifte, Stifte zum Markieren der Bälle, Pitchgabeln, Handschuhe (auch für Regen), Ballmarker, Taschentücher, Entfernungsmessgerät, Ersatzbatterien, mehrere Handtücher, Mützen, Regenschirm, etwas zu Essen (Nüsse, Traubenzucker, Bananen), 20 Euro in Münzen (für die Ballmaschine oder Getränke während der Runde) und, und, und auf dem Boden.
„Mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass ich immer alles Notwendige dabeihabe, sodass mich meine Kollegen immer wieder nach irgendetwas fragen“, weiß er. Wer für sämtliche Vorkommnisse gewappnet ist, wird auch nicht so schnell aus der Ruhe gebracht. Somit zählt für Britten: „Gute Vorbereitung ist ein wichtiger Teil des mentalen Spiels.“
Angemessene Geduld
Anstatt sich vor Beginn einer Spielbahn vorzunehmen, ein Par zu spielen, wählt man lieber einen Punkt, den man anspielt. „Der Schlag muss einem wichtig sein und nicht das Ergebnis“, mahnt David Britten. „In dem Moment, in dem ich ergebnisorientiertes Golf spiele und zu sehr auf meinen Score achte, spiele ich schlechter. Stattdessen spiele ich eine Art Stableford gegen mich selbst“, sagt Britten. Dabei werden Punkte vergeben: einen für einen Fairwaytreffer, einen für einen Grüntreffer. Das ändert sich von Platz zu Platz. Das Ziel nach neun Löchern ist, möglichst viele Punkte gesammelt zu haben. Danach erstellt man seine Statistik, sieht, wie oft man auf dem Fairway lag oder das Grün getroffen hat (Par 3 mit einem Schlag, Par 4 mit zwei und Par 5 mit drei Schlägen).
„Das große Problem der Amateurgolfer ist, dass sie eine Runde mit der Mentalität eines Null-Handicappers angehen und bei einem Par 4 auch unbedingt eine 4 erzwingen möchten – und das selbst dann, wenn sie einen Nettoschlag vorhaben. Dabei sollten sie ihre Platzstrategie
entsprechend anpassen.“ Auf David Brittens Checkliste steht nicht zum Spaß ganz oben: „Orientierung: Wo bin ich? Wo will ich hin?“ Verschlägt man beispielsweise seinen Drive, bedarf es eines neuen Plans …
Routine, Routine, Routine
Die Routine macht fast 80 Prozent eines planmäßig ausgeführten Schlags aus. Wer eine gute Routine hat, macht öfter gute und wiederholbare Schläge. „Eine Routine dient dazu, um herauszufinden, was wir wollen“, erklärt David Britten. Eine identisch ablaufende Schlagvorbereitungsphase sollten sich nicht nur Scratch-Handicapper aneignen, sondern alle Spieler. Zu selten aber wird an einer Routine gearbeitet. „Stattdessen werden ohne System Bälle auf der Range geschlagen“, sagt Britten leicht frustriert. Das Spiel findet auf dem Platz statt, und für den sollten wir uns wappnen. Wenn nämlich schon nicht die Spielsituation immer die gleiche ist, sollte zumindest die Routine durchgehend identisch sein. Sie dient zur Orientierung.
David Britten unterscheidet beim Mentaltraining für Golfer zwischen diesen drei Bereichen:
dem Entscheidungs-, dem Vorbereitungs- und dem Spielbereich. Diese Bereiche kann jeder Spieler für sich unterschiedlich definieren. Einige versuchen, ihre Konzentration zu steigern; andere versuchen, eher zu entspannen, um gelöst, aber konzentriert, den Schlag auszuführen. Wir begleiten David Britten auf den Platz des Golf-Clubs an der Pinnau: Die Bahn 1 des A-Course ist von gelb 357 Meter lang. Vom Abschlag aus kommt ein Wasserhindernis ins Spiel.
Entscheidungsbereich:
Hier wird die Schlagentscheidung getroffen. David Britten geht aufs Tee, guckt in sein Büchlein (Foto oben), stellt seine Tasche circa zwei Meter hinter den Abschlagsbegrenzungen ab und wählt als Schläger statt eines Drivers ein Eisen (Foto unten) und …
… blickt die Spielbahn entlang (Foto unten):
Vorbereitungsbereich:
Nachdem David Britten seinen Ball aufgeteet hat…
… macht er einen Probeschwung auf Höhe seiner Tasche …
… David Britten blickt die Bahn hinunter und wählt ein visuelles Ziel – das könnte auch etwas außerhalb des Platzes sein, beispielsweise ein Strommast. Er nimmt als Ziel eine Birke. „Wenn ich mein optisches Ziel gewählt habe, kann ich die Flugbahn visualisieren, mir also vorstellen, wie der Ball fliegen soll“, erklärt Britten, während seine Augen starr Richtung Baum blicken. Einige Spieler stellen sich nur den Ballflug vor, Britten hingegen sieht sich vor seinem inneren Auge selbst. „Ich sehe mich, wie ich den Ball schlage“, sagt Britten, ohne dabei seinen Blick vom Ziel abzuwenden. Die Visualisierung ist sehr wichtig. „Wer nicht visualisiert, ist deutlich im Nachteil“, betont er.
Während der Wahl-Hamburger zum Ball geht, erklärt er: „In dem Moment, in dem ich das gewünschte Bild vor meinem inneren Auge sehe, gehe ich in den Spielbereich, also zum Ball.“ Und Britten betont: „Das ist für mich der allerwichtigste Moment, also der, in dem ich Richtung Ball gehe. Wenn ich nämlich in dem Augenblick, in dem ich den Schritt zum Ball mache, ein klein bisschen zweifle, bin ich nicht hundertprozentig fokussiert.“
Spielbereich:
David Britten steht am Ball. Es herrscht kurz Ruhe. Obwohl er während seiner Pre-Shot-Routine gesprochen hat, um sein Vorgehen zu erläutern, konzentriert er sich nun kurz. Dann schlägt er seinen Ball Richtung Ziel – und Mitte Fairway. Während er zum Ball blickt, sagt Britten: „Immer, wenn ich schlecht spiele, habe ich meine Routine vernachlässigt.“ Am besten sollte jeder den Winter nutzen und an seiner eigenen, ganz persönlichen Routine arbeiten.
David Britten
Alter: 51
Wohnsitz: Hamburg-Niendorf
Profi seit: 1985
Laufbahn: spielte 1985 – 1990 auf der Challenge Tour, unterrichtete 1990 – 1998 Bremen zur Vahr, 1999 – 2008 Golf-Club Wendlohe. Seit 2004 arbeitet er für Trained Brain, 2007 und 2008 war er in mit Robert Baker auf der European Tour tätig. 2008 übernahm er die Leitung von Logical Golf in Norddeutschland, seit 2009 ist er im Golf-Club an der Pinnau und hat dort das Pinnau Performance Center (PPC) aufgebaut, in dem es auch Indoor-Training gibt.
Hobbies: Reisen, Kochen, Familie
Kontakt: davidbritten.de