Keiner hat den Majortitel mehr verdient als Sergio Garcia. Nach 72 Löchern schlug der Spanier seinen europäischen Tourkollegen und Freund Justin Rose im Stechen. Ein historischer Sieg, den man so schnell nicht vergessen wird.
“Ein ganz besonderer Moment, Freude pur, meine ganze Karriere mit all ihren Höhen und Tiefen spielte sich plötzlich in rasendem Tempo vor mir ab”, so beschreibt Sergio Garcia den Moment nach seinem letzten Birdie-Putt zum ersten Masters-Gewinn und damit dem ersten Majortitel seiner Karriere.
Wie ein Sack Erde, den Sergio Garcia über vier Runden in Augusta mit sich trug und nun endlich ablegen konnte, so groß muss die Erleichterung für den Spanier gewesen sein, als endlich dieser eine Putt fiel. Ein Putt, der sein ganzes Leben auf einen Schlag verändern wird. “Ab sofort werde ich als Masters-Champion bei Turnieren vorgestellt. Das ist unglaublich, davon habe ich immer geträumt”, so Garcia nach seinem Sieg im Interview.
Bis dahin war es ein langer Weg. Insgesamt brauchte Longhitter Garcia 74 Major-Versuche für diesen einen Sieg. Er selbst zweifelte bereits öffentlich, dass er wohl einfach nicht gut genug sei, um jemals ein Major in seiner Karriere zu gewinnen. “Das Problem damals war mein Kopf, ich dachte zu sehr darüber nach, ob ich jemals eines der vier großen Turniere gewinnen werde.”
Und gerade zum Masters hatte Garcia immer ein besonders gespaltenes Verhältnis. 2009 zog er über den Platz her, als er am Ende nur auf Rang 38 kam. „Ich mochte den Kurs nicht. Ich denke nicht, dass er fair ist. Er ist einfach zu tricky, ein reines Glücksspiel.“ Auf die Frage, was man an dem Platz denn ändern solle, antwortete Sergio damals ruppig: „Es ist mir eigentlich völlig egal. Die sollen machen, was sie wollen. Ich komme hierher, um zu spielen, und dann haue ich wieder ab.“
In diesem Jahr kam er nicht nur um zu spielen, er kam um zu gewinnen. Er setzte ein Denkmal anstatt danach wieder abzuhauen. Auf die Frage, was er denn in diesem Jahr anders gemacht hätte, antwortete der Spanier sichtlich gut gelaunt: “Wahrscheinlich hatte ich heute einfach mehr Glück als bei den 74 vorherigen Versuchen”, scherzte Garcia nach der Siegerehrung, bei der ihm traditionell das grüne Jacket von Vorjahressieger Danny Willett angezogen wurde, lenkte dann aber ein: “Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht, ich denke, ich hatte mich und mein Spiel in dieser Woche sehr gut im Griff. Ich war die ganze Zeit ruhig und voll bei mir.”
Ein weiterer großer Vorteil von Garcia: Sein Spiel vom Tee zum Grün gehört seit jeher zum Besten, was die PGA und European Tour zu bieten hat. Ein einzigartiger Ballstriker und vielleicht einer der wenigen Spieler weltweit, die Länge und Genauigkeit so gut und vor allem so erfolgreich kombiniert bekommen.
Das wurde besonders deutlich, als die beiden Europäer Justin Rose und Sergio Garcia die letzten Löcher zusammen bestritten. Sergio Drives waren präzise wie eh und je, seine Annäherungen und Angriffe auf die teuflisch gesteckten Masters-Fahnen sagenhaft. Sein hohes Eisen 8 an Loch 15 aus 189 Yards war der vielleicht beste Schlag seines Lebens. Das Eagle danach mischte die Karten neu und öffnete Garcia alle Türen zum Majorhimmel.
Dann das letzte Loch. Jeder kennt diese Teebox vom Fernsehen: schmal wie eine Schleuse am Flughafen, welche ihre Passagiere vom Check-in hinein ins Flugzeug führt. Hinzu kommen die Zuschauer links und rechts. Unbeeindruckt von alldem spielte Sergio seine Drives zwei mal präzise die Bahn hinunter, erst am 72. Loch, dann im anschließenden Stechen, wo es erneut ans 18. Loch ging.
Rose hingegen verzog seinen letzten Drive beim diesjährigen Masters in die Bäume, musste ablegen, spielte Bogey und verlor. Garcia beendet das Play-off mit einem Birdie, obwohl ein Par gereicht hätte. Ein kleiner Wink an jene Kritiker, die allzu oft sein Spiel auf den Grüns kritisiert hatten. Garcias “ganz besonderer Moment” wurde im Anschluss gekrönt mit den Worten eines echten Sportsmannes. “Keiner hat den Titel mehr verdient als du”, sagte Justin Rose noch auf dem Grün und nahm sein Freund dabei in die Arme. Worte, bei denen man schon beim Schreiben Gänsehaut bekommt.