Der Höhenflug kommt ihm selbst vor wie ein Traum. Wenn Senkrechtstarter Martin Kaymer realisiert, dass er sich in seiner Premieren-Saison für das Finalturnier der Europa-Tour ab Donnerstag im Golf Club Valderrama im spanischen Sotogrande qualifiziert hat, fehlen ihm fast die Worte. „Wenn mir das einer vor 15 Monaten gesagt hätte, hätte ich ihn nicht ernst genommen“, sagt der 22-Jährige aus Mettmann.
Im Juni 2006 hatte der unaufhaltsame Aufstieg von Martin Kaymer von der „dritten Liga“ (EPD-Tour) in die europäische Elite einen weiteren Kick erhalten. Beim ersten Start auf der zweitklassigen Challenge Tour in Krefeld gewann er auf Anhieb, ließ einen weiteren Turniersieg und in Rekordzeit (nur acht Starts) den Erhalt der Spielberechtigung für die Europa-Tour folgen.
Danach war für den Golfer Martin Kaymer nichts mehr wie vorher. „Es war eine ganz schöne Umstellung, nicht mehr mit dem Auto zu Turnieren um die Ecke zu fahren, sondern ganz allein und auf mich gestellt in der Welt herumzureisen“, erklärt Kaymer, der plötzlich auch die Einsamkeit eines Handlungsreisenden spürte. „Alleine trainieren, alleine essen, abends allein im Hotel sitzen – das kann ganz schön nerven“, sagt Kaymer, der auch Weihnachten 2006 alleine verbrachte: „Auch meinen Geburtstag und Sylvester habe ich in den USA mit Golf-Channel-Gucken zugebracht, weil ich zum Training dort war.“
Hinzu kam, dass für Kaymer die Plätze neu waren, er sich auch noch um die Logistik kümmern musste. Hilfe erhielt er von der Familie. „Meine Eltern haben sich mit um die Organisation gekümmert, mein Bruder Philip ab und an Caddy gemacht, aber wir haben gemerkt, dass ein wenig professionelle Hilfe wohl doch entlasten kann,“ sagt Kaymer. Und so verpflichtete er am vergangenem Wochenende den Schweden Johan Elliot als Manager.
Aber trotz der teilweise schmerzhaften Erfahrungen rund um die Fairways und Grüns hat sich der Golfer Martin Kaymer nicht aus der Erfolgsspur bringen lassen. Bei 28 Starts spielte er sich 15-mal ins Geld und kam viermal in die Top 10. Bei seinem zweiten Platz beim Scandinavian Masters gab er den möglichen ersten Europa-Tour-Sieg mit einem Doppel-Bogey am letzten Loch aus der Hand. Mit insgesamt knapp 615.000 Euro spielte er sich als Nummer 48 der europäischen Geldrangliste ins 55-köpfige Feld, das in Valderrama Jagd auf 4,0 Millionen Euro Preisgelder macht.
Auf dem Par-71-Platz will Kaymer noch einmal Gas geben, um das Ziel Turniersieg für 2007 doch noch zu erreichen, „aber der Platz ist schwierig und im Gegensatz zu den meisten anderen hier spiele ich den das erste Mal.“ Auf deutsche Gesellschaft muss Martin Kaymer in Spaniens Süden nicht verzichten. Neben ihm ist Alex Cejka (München) dabei, der als Sieger von 1995 eine Einladung erhielt und diese im Gegensatz zu Bernhard Langer auch annahm.
Mit Cejka wird Kaymer nach Valderrama Richtung China fliegen, wo das Duo beim mit 5,0 Millionen Dollar dotierten Weltcup in Shenzhen (22. bis 25. November) für Deutschland spielen wird. Dort treten sie allerdings ein schweres Erbe an, denn nach dem Erfolg von Langer und Marcel Siem 2006 gehen Kaymer/Cejka als Titelverteidiger an den Start.