Schon knapp einen Monat vor der US Open 2014 hatte Kaymer der Konkurrenz gezeigt, dass mit ihm wieder zu rechnen ist und die PGA Championship 2010 keine einmalige Sache gewesen war. Der Rheinländer gewann – für viele überraschend – die Players Championship im TPC Sawgrass.
Hochmotiviert und in absoluter Topform reiste er vier Wochen später nach North Carolina an. Die DFB-Elf machte sich im Rampenlicht bereit für ihren WM-Sieg in Brasilien, während Kaymer nur wenig mediale Aufmerksamkeit in Deutschland erhielt. Die damalige Nummer 28 der Welt dominierte ab Tag eins und spielte mit einer 65 die bis dahin niedrigste Runde bei einer US Open im Pinehurst Resort & Country Club. Durch eine weitere 65 am zweiten Tag zog er mit einem komfortablem Sechs-Schläge-Vorsprung ins Wochenende ein.
Ein Rückschlag?
Am Moving Day geriet der Düsseldorfer dann ein wenig ins Straucheln. Er beendete den Tag mit 2 über Par und sein Vorsprung reduzierte sich auf fünf Schläge. Doch alle Verfolger scheiterten am Pinehurst No. 2 und seinen schildkrötenförmigen Grüns während es Kaymer souverän nach Hause spielte. Er gewann nicht nur zwei Top-Titel innerhalb eines Monats, sondern zog auch mit Bernhard Langer gleich. Jetzt hatten zwei Deutsche zwei Majors in der Sammlung.
Alles war gerichtet für eine erfolgreiche Ära, aber genau das Gegenteil trifft ein – der tiefe Fall. Auslöser für den Karriereknick sollte die Abu Dhabi Championship 2015 sein. Ausgerechnet in seinem Wohnzimmer, wo er drei Titel einheimste, ging alles schief. Mit sechs Schlägen Vorsprung in die Finalrunde gestartet und zwischenzeitlich sogar zehn Schläge vor seinen Verfolgern, versagten der Nummer zwölf der Welt die Nerven. Platz drei. Das war ein Schock, von dem er sich erstmal erholen musste und irgendwie nie erholt hat.
Die Rettung aus dem Nichts
Nach und nach verschwand der Deutsche aus dem oberen Tableau der Weltrangliste. Ergebnisse in den Top-10 waren fortan die Ausnahme. Alle Mühen, den Turnaround zu schaffen, scheiterten. Da kam das Angebot von LIV Golf 2022 offenbar wie ein Retter in der Not. Keine Cuts, eine hohe Verpflichtungsprämie, garantiertes Preisgeld pro Turnier, ein lockerer Terminplan und nur drei Runden pro Event hörten sich für die ehemalige Nummer eins der Welt gar nicht so verkehrt an (für wen eigentlich schon?). Dass es bislang keine Weltranglistenpunkte auf der neuen Tour gibt, scheint für die Beteiligten kein Problem zu sein. Für die Majors muss man halt in die Qualifikation oder hat als ehemaliger Sieger eine Startberechtigung.
Beispiel Martin Kaymer. Mit seinem US-Open-Titel 2014 erhielt er eine Startplatzgarantie über zehn Jahre. Vom 13. bis 16. Juni darf er nochmal ran, und ob es auf der großen Bühne überzeugen kann, werden wir sehen. Immerhin hat seine Formkurve bei LIV Golf einen positiven Trend. Womöglich gelingt Martin Kaymer auf dem Pinehurst No. 2 erneut eine Überraschung. Comebacks gehören im Golfgeschäft einfach dazu. Und nach zehn Jahren wäre das eine feine Sache.
123. US Open
Datum: 13.–16. Juni 2024
Ort: Pinehurst Resort & Country Club, Pinehurst No.2 in North Carolina
Titelverteidiger: Wyndham Clark (USA)
Preisgeld: 20 Mio. US-Dollar