Routine? Welche Routine?
Was für ein unglückliches Jahr für Rory McIlroy! Die Golfwelt redet immer noch über seine zwei verschobenen Putts, die ihn die US Open kosteten. Der Kommentator und Ex-Tourspieler Brandel Chamblee lieferte eine interessante Theorie zu den Aussetzern: War Rory so versessen auf seine Routine, dass er quasi vergaß, die Putts vernünftig zu lesen?
»Jack Nicklaus hatte keine Putt-Routine, und Tiger Woods zumindest bei schwierigen Putts auch nicht«, erklärte Chamblee. Beide warteten drauf, den Break und die Geschwindigkeit zu fühlen, bis sie sich sicher waren. Dann putteten sie. Das fand ich interessant.
Pre- oder Post-Shot-Routine?
Denn alle reden zwar von Pre-Shot-Routine, aber ist es denn wirklich bewiesen, dass eine solche Routine den folgenden Schlag, ob Drive oder Putt, besser macht? Ist der Nutzen einer Routine belegbar oder nur eine Binsenweisheit, die seit zwei Golflehrergenerationen nachgeplappert wird? Ich habe dazu keine Untersuchung gefunden, sollte aber eine Leserin oder ein Leser etwas gelesen haben: nur her damit.
Der Verzicht auf eine Pre-Shot-Routine heißt ja nicht, dass wir vom Parkplatz zum Abschlag hetzen und drauflos-prügeln. Der Verzicht auf eine Routine heißt einfach, dann zu schlagen, wenn wir bereit und sicher sind, wenn wir tief durchgeatmet und die Muskeln gelockert haben. Das kann vor jedem Schlag anders sein und unterschiedlich dauern.
>>>Folge 246 von Maiwalds Mandat<<<
Oder war es doch ein Yips?
Der Nutznießer von Rorys Problemen bei der US Open hieß Bryson DeChambeau, der ja seinerseits so einige vermeintliche Golf-Wahrheiten pulverisiert hat, zum Beispiel jene, dass alle von uns mit einer festen Maximallänge geboren würden und dass man als Profi mit eingeschliffenem Schwung nicht mehr länger werden kann. Ein Ausbilder von Golflehrern behauptete einmal, man müsste bei jedem Jugendlichen eine Muskelbiopsie vornehmen und wisse dann genau, ob er ein Longhitter werden würde oder nicht. Tja, Bryson hat als Major-Sieger mit Kraft- und Speedtraining innerhalb eines Winters dreißig Meter draufgepackt, Francesco Molinari, vierzig Jahre alt, fünfzehn Meter.
Aber zurück zur Routine: Ich habe das Gefühl, dass dich eine Pre-Shot-Routine sogar noch nervöser machen kann, weil sie so gnadenlos zielführend ist und du genau weißt: auweia, gleich muss ich zuschlagen.
Manche Golflehrer reden gar von einer »Post-Shot-Routine«. Man müsse auch nach dem Schlag, ob er nun gut oder schlecht war, gewisse Rituale befolgen. Da halte ich es mit Hitzkopf Tommy Bolt: »Wenn du den Schläger schmeißt, schmeiß ihn in die Richtung, in die du ohnehin gehen musst.«