Die Masterswoche ist in vollem Gange und ich bin vor Ort, mittendrin im großen Konzertsaal des Augusta National Golf Clubs. Mein erster Besuch des Mega-Golfevents. Am Mittwochmorgen um acht Uhr strömen Menschenmassen entlang der überfüllten Washington Road. Links und rechts der breiten Straße bieten Händler, mit großen handgeschriebenen Plakaten, heiß begehrte Masters-Tickets auf dem Schwarzmarkt an. Dies dürfen sie in einem Radius von fünf Meilen und die Preise sind natürlich exorbitant hoch. Ordner entlang der Eingangszonen sorgen für einen reibungslosen Verkehrsfluss.
Reibungslos und geordnet ist auch die penible Sicherheitskontrolle – mit Körperscannern und Spürhunden. Augusta wirkt ein wenig wie ein Hochsicherheitstrakt. Besonders streng sind die Supervisor beim Gebrauch von Handys. Dabei kann es schnell sehr ernst für denjenigen werden, der auf der Anlage sein Handy zückt – und sei es nur für den kürzesten Moment: Wer beim Masters ein Handy nutzt, fliegt raus.
Der Konzertsaal im Augusta National
Mein erster Anlaufpunkt ist das prachtvolle Pressezentrum, das in seiner Dimension alles übertrifft, was ich weltweit bei Turnieren erlebt habe. Während draußen Martin Kaymer ( der in diesem Jahr eventuell zum letzten Mal im Augusta National antreten wird) mit Bernhard Langer, neben zahlreichen weiteren namenhaften Spielern, die letzte Proberunde dreht und Tiger Woods und Justin Rose auf dem Putting Grün und der Pitch-Area trainieren, verschaffe ich mir einen Überblick über die weitläufige Anlage. Wie hügelig das Terrain vor Ort ist, sieht man zuhause auf den Bildschirmen nicht. Aber die Höhenunterschiede sind zum Teil gewaltig und die Grüns pfeilschnell. Doch der Regen in den vergangenen Tagen hat den Boden aufgeweicht und die Geschwindigkeit auf den Grüns ein wenig abgemildert.
„Die Anlage ist wie ein Konzertsaal aufgebaut“, sagt CBS Sports Spotter Mike Jeffrey. Seit 35 Jahren arbeitet der Berufscaddie für CBS beim Masters und hat die Entwicklung an der Magnolia Lane über Jahre hinweg miterlebt. „Ich kenne den Platz ganz genau“, sagt der US-Amerikaner. Das Besondere ist, dass die Bahnen wie in einem Kessel liegen und der gesamte Sound vom Platz hinauf zum Clubhaus hallt. Wenn am Amen Corner beispielsweise ein Putt fällt und die Zuschauer jubeln, muss ich nicht selbst gesehen haben, wo etwas passiert ist. Man kann es von der Clubhausterrasse aus genau hören.
Par-3-Contest: Family-Affairs beim Masters
Der legendäre Par-3-Wettbewerb startet mittags um 12 Uhr. Die hoch stehende Sonne verlangt nach Schatten oder einer Kopfbedeckung. Das schreit nach einem Masters-Cap, ohne das in Augusta kaum jemand zu sehen ist. Ich platziere mich am 6. Grün – an dem der Nearest-to-the-Pin-Preis ausgespielt wird. Wer keinen Platz am Fairwayrand ergattert hat, hat es schwer, während der fröhlichen Veranstaltung überhaupt einen Blick auf die Spieler und ihre Familien zu erhalten.
Die Bahnen sind umsäumt von Zuschauern. Viele von ihnen haben sich mit ausklappbaren grünen Masters-Seats in Position gebracht. Wie Trophäen halten sie einen oder sogar mehrere Masters-Becher in den Händen. Üppig bestückte Merchandise-Tüten hält fast jeder Zuschauer in der Hand. Man könnte annehmen, der große Merchandise-Shop wäre ausverkauft. Weit gefehlt. Das Angebot ist geradezu gewaltig.
Die Big 3
Die Stars des Tages sind neben den Spielern die Familien, die als Caddies dabei sind. Doch den größten Applaus lösen an diesem Nachmittag die Kinder und Enkel der Professionals aus, je kleiner die Kinder, desto lauter der Applaus. In den typischen weißen Overalls laufen, springen und hüpfen die Kleinen mit ihren berühmten Vätern über die hübsche Anlage. Es ist den Spielern überlassen, ob sie ihren Nachwuchs putten lassen oder sogar für sich an den Abschlag bitten. Der sportliche Ehrgeiz tritt zum Auftakt des Masters an diesem Tag einmal in den Hintergrund.
Standing Ovations gebührt allerdings dem Flight der Big Three – die Stimmung pulsiert: Jubelrufe für Jack Nicklas, Gary Player und Tom Watson, die mit ihren Kindern und Enkeln über den Platz ziehen und sichtlich Spaß an diesem Wettspiel haben. Während die Golfer die letzten Bahnen bestreiten, lasse ich die gediegene Atmosphäre auf der Clubhausterrasse auf mich wirken. Die hunderte Jahre alte, riesige Eiche vor dem Clubhaus, die jedem Golffan vertraut ist, wie kein anderer Baum, spendet ausreichend Schatten.
Groß ist in Augusta vieles. Morgen startet die erste Masters-Runde 2019! Ich bin gespannt!