Das Vorspiel
Nach 112 Jahren ist Golf endlich wieder dabei. Von Fans, Funktionären und begeisterten Golfern auf der ganzen Welt lange herbeigesehnt. Zugegeben, die Vorbereitungen auf das olympische Golfturnier in Rio verliefen gelinde gesagt holprig. Der Platzbau von Protesten, gerichtlichen Auseinandersetzungen über ökologische Aspekte und baulichem Verzug gekennzeichnet. Brasilien als große Bühne für die olympische Wiedergeburt des Golfsports? Ein denkbar schlechtes Pflaster, so der Tenor unter vielen Experten. 2012 in London oder schon 2000 in Sydney in Ländern mit langer Golf-Tradition wäre die öffentliche Wahrnehmung eine andere, eine viel gewichtigere gewesen, sagt etwa Golflegende Greg Norman. Doch warum eigentlich? Weil man anstatt einen neuen Golfplatz bauen zu müssen, einen der namhaften Golfplätze dieser Metropolen als Austragungsort hätte wählen können? Weil britische und australische Zuschauer in Massen auf die Golfplätze geströmt wären? Nicht nur die Athleten kommen aus aller Herren Länder zu Olympischen Spielen. Ist nicht auch das Publikum von Internationalität geprägt?
Der willkommene Zika-Virus
Viel schlimmer ist doch das ausbleibende Bekenntnis pro Olympia von vielen Top-Spielern. Im Lager der besten Professionals der Welt besteht bis heute – einen Tag vor Beginn des Herrenturniers – keine Einigkeit darüber, ob Golf bei Olympia seinen Platz hat. Auf der einen Seite die Drückeberger, die sich nur allzu bereitwillig hinter einer Mücke verstecken. Auf der anderen Seite begeisterte Olympioniken, die es genießen, eine ganz neue und andere Erfahrung zu machen.
Mit dem Weltranglistenersten Jason Day, US-Open Champion Dustin Johnson, Jordan Spieth (zwei Majortitel) und Rory McIlroy (viermaliger Majorsieger) die aktuell vier Bestplatzierten der Weltrangliste ihre Teilnahme in Rio abgesagt. Alle vier nannten als Grund, die Gefahr sich mit dem für ungeborene Babys gefährlichen Zika-Virus zu infizieren, das über Stiche einer (auch) in Brasilien vorkommenden Mücke übertragen wird und sexuell übertragbar ist. Die große Mückenangst beschränkt sich dabei nicht auf die „Big Four“.
Für Südafrika etwa – eine der im Profigolf stärksten Nationen – werden in Rio nach Absagen von Branden Grace (10. der Weltrangliste), Louis Oosthuizen (16. Weltrangliste, The Open Champion 2010) und Charl Schwartzel (25. Weltrangliste, Masters-Sieger 2011) die relativ unbekannten Spieler Jaco van Zyl (Rnag 71) und Brandon Stone (Rang 96) an den Start gehen. Ein Umstand der Südafrikas Golflegende und Vorzeige-Botschafter Gary Player toben lässt. „Ich hätte alles dafür gegeben, um Olympisches Gold spielen zu dürfen. Notfalls wäre ich über den Atlantik gerudert. Die Zika-Ausrede ist dürftig; auch in einigen US-Bundesstaaten gibt es Zika; die Wahrscheinlichkeit erschossen zu werden oder in einem Verkehrsunfall getötet zu werden ist höher als die für eine Zika-Infektion“, sagt Player.
Auch die Golfnation Australien verkauft sich unter Wert. Neben den Superstars Jason Day und Adam Scott sagten auch noch die nachgerückten Spieler Marc Leishman und Matt Jones ab. Es spielen nun Scott Hend (Weltranglistenposition 78) und Marcus Fraser (Weltranglistenposition 90). Aus Japan – dessen Hauptstadt Tokio immerhin Austragungsort der Olympischen Sommerspiele 2020 sein wird – kamen Absagen von Hideki Matsuyama und Hideto Tanihara. Aus Irland verzichten neben Rory McIlroy auch Shane Lowry und Graeme McDowell, aus Italien Francesco Molinari, aus Frankreich Victor Dubuisson… Die Liste der Absager ist betrüblich lang.