Irgendwie hat sich die Familie mit der Tragödie auseinandergesetzt. Bei David Feherty wurden vor einigen Jahren bereits Depressionen und eine bipolare Störung diagnostiziert. Seit Sheys Tod kommen die Tiefs wieder öfter. „Es wird nicht besser“, sagt er. „Die Situation rückt nur in weitere Entfernung.“ Glücklicherweise erkennt Anita sofort, wenn er, wie sie sagt, „auf einen dunklen Ort“ zusteuert. Dann zwingt sie ihn, mit ihr zu Mittag zu essen. Feherty wehre sich oft gegen diesen Vorschlag, aber „wenn wir nach Hause zurückkommen, ist er mir dankbar dafür.“
Top-Golfer und Landsmann Rory McIlroy, der mit David Feherty eng befreundet ist, hat es in den letzten Jahren anders ausgedrückt: „David geht es gut, wenn er über alles nachdenkt – nur nicht an David. Deshalb kann er andere so gut unterstützen, obwohl er dabei vergisst, auch mal an sich zu denken und sich zu helfen.“ Feherty hat die Tragödie überstanden, wie er erklärt. Auch wegen der großen Hilfe durch seine Familie, durch Freunde wie McIlroy, ja sogar durch Menschen auf der ganzen Welt, die er mit seinem persönlichen Schicksal berührte, nicht zu vergessen die gesamte Golfwelt. Ehemalige US-Präsidenten hätten ihn kontaktiert, darunter Bush und Obama, die ihm kondoliert haben. „Präsident Clinton hat mich sogar angerufen und gesagt, was für ein guter Vater ich sei. Und wenn er irgendetwas tun könne, um zu helfen …“
Tom Watson verbrachte Stunden mit David am Telefon. „Ich ließ ihn einfach reden“, sagt Watson im Rückblick, „es gibt als Außenstehender ja nicht viel zu sagen in dieser Situation. Du kannst das Leben nicht zurückbringen.“ McIlroy erinnert sich, wie hilflos er sich fühlte. „Ich hatte keine Ahnung, was ich sagen oder tun sollte“, so McIlroy, „ich konnte ihm nur versichern, dass ich für ihn da sei.“ Der Trost, die Fürsorge, die Aufmunterung seines Umfelds sorgten dafür, dass David Feherty wieder in die Spur kam. Bis heute. Der Schmerz, auch das weiß Feherty, wird niemals vollständig weg sein. Aber er muss an seine anderen Kinder denken. Rory, der jetzt 26 ist. Anitas zwei Söhne, Fred, 35, und Karl, 33. Und Erin, ihre 19-jährige Tochter, die gerade ihr Erst-
semester in Oklahoma beendet hat. Rory ist Mitglied der Texas National Guard und im Mai nach Dschibuti verlegt worden. „Ich könnte nicht stolzer auf ihn sein, und doch habe ich unendlich viel Angst um ihn. Was, wenn ich einen zweiten Sohn verliere? Daran möchte ich nicht mal denken!“
Es ist eine Stunde vor Fehertys Auftritt, bevor er zur öffentlichen Person wird, mit Geschichten und Anekdoten sein Publikum unterhält. Er hat an diesem Nachmittag nicht einen Schlag der Weltelite bei der dritten Masters-Runde verfolgt, weil er weiß, dass dieses Turnier erst auf der Schlussrunde entschieden wird. Und er wird ohnehin früh genug mitbekommen, was auf dem Platz passiert ist. Jetzt hat er es sich auf einer Couch in einem winzigen Raum im Keller des Atlanta Symphony Orchestergebäudes bequem gemacht. Er ist müde und will so bald wie möglich nach Hause nach Dallas. Am Donnerstag war er in Little Rock, am Freitag in Biloxi. Hungrig verschlingt er einen Hamburger, trinkt dazu ein Wasser. „Im Moment bin ich fast starr vor Angst, wenn ich darüber nachdenke, was ich heute Abend auf der Bühne zu tun habe“, sagt er. „So ist es jedes Mal – Lampenfieber! Schrecklich, wenn man mitten in einer Geschichte den Faden verliert, oder? Mit ausdrucksloser Miene in die Gesichter der Leute schaut. Ich habe immer Angst, dass es passieren kann.“ Ruhig, David, möchte man sagen, du machst die Show, seit vier Jahren. Ist dir das schon einmal passiert …?
Zwei Stunden war David Feherty auf der Bühne der Atlanta Symphony Hall, 1.200 Zuhörer hingen ihm an den Lippen und haben sich köstlich über die Anekdoten aus der Golfszene amüsiert. „Tiger Woods ist lustiger, als die Leute wissen“, erzählt Feherty beiläufig. „Als ich mit ihm für CBS auf den Fairways unterwegs war, erzählte er mir Folgendes: ,Hey, Farty – so nennt er mich –, wie heißt ein Schwarzer, der ein Flugzeug fliegt?‘“ Ich sagte, ich hätte keine Ahnung. Und er erwiderte: ,Einen Piloten, du verdammter Rassist …‘“ Fehertys Bühnenauftritt wurde von Brad Jones konzipiert, einem jungen Promoter, der David vor fünf Jahren zu einer Feier im kanadischen Ontario eingeladen hatte, um dort die Begrüßungsrede zu halten. Als Feherty seinen Vortrag beendet hatte, fragte Jones ihn: „Hast du jemals darüber nachgedacht, dich auf einer Bühne zu präsentieren? „Habe ich das nicht gerade getan?“, antwortete Feherty. „Was mich überrascht hat“, erzählt Jones, „ist, dass vorher keiner auf die Idee ge-kommen ist.“ Jones unterbreitete ihm einen Vorschlag, und seit November 2014 tourt Feherty durch die Lande. Jedes Jahr nimmt die Anzahl der Termine zu, die Auftritte selbst werden in einem immer größeren Rahmen veranstaltet.
David und Anita sind seit 22 Jahren verheiratet. Kennengelernt haben sich die beiden bei einem Blind Date in Dallas im Sommer 1995. Beide haben eine gescheiterte Ehe hinter sich, aus der sie beide zwei Kinder in die neue Beziehung brachten. „Sie hat mein Leben gerettet“, schwärmt Feherty. „Und das meine ich wörtlich. Ich lebte in einem absoluten Chaos, als wir uns trafen. Ich versuchte damals, zwei kleine Jungen (Shey und Rory; Anmerkung der Redaktion) allein in einem Apartment großzuziehen. Ich war süchtig nach Alkohol, Kokain, Marihuana, Schmerzmittel und vielem mehr. Ich lief wie Forrest Gump durch die Gegend, wog nur noch 70 Kilo. Bei unserer ersten Verabredung war ich so dünn, dass Anita dachte, ich sei HIV-positiv.“ Das erste Date dauerte ungefähr eine halbe Stunde; sie ging, nachdem er seinen Strohhalm in ihren Drink steckte und daraus trank. „Ich dachte in diesem Moment, dass seine authentische Art und Liebenswürdigkeit ihm dieses Verhalten erlauben sollten“, erinnert sich Anita.