Sicherlich hinkt dieser Vergleich in einigen Punkten, vor allem weil Masson bereits seit 2013 hauptsächlich auf der LPGA Tour, der amerikanischen Profitour, spielt. Er zeigt aber auf, weshalb es so viele Spielerinnen und auch „Caro“, wie sie oft nur genannt wird, schon früh in die USA zieht. „Ungeachtet des finanziellen Aspekts: Die Konkurrenz in den USA ist einfach größer und besser, weil hier wirklich die Besten der Welt spielen. Und auch die Plätze sind anspruchsvoller und länger als in Europa“, erklärt mir Caroline Masson am Rande der U.S. Women’s Open die 2018 in Birmingham, Alabama ausgetragen wurden.
Die Erfolgsserie hält an
Neben Caro waren beim zweiten Damen-Major des Jahres zwei weitere deutsche Spielerinnen dabei. Sandra Gal und die Amateurin Sophie Hausmann, die sich über ein Qualifikationsevent in das Teilnehmerfeld spielen konnte. Aber am Ende konnte lediglich Masson den Cut beim sogenannten härtesten Test im Golf überstehen. Bei über 30 Grad Außentemperatur und einer Luftfeuchtigkeit von mehr als 90 Prozent war diese Bezeichnung für die U.S. Women’s Open in Alabama jedenfalls mehr als zutreffend. Im klimaanlagen-gekühlten Clubhaus des Shoal Creek Country Club, in dem auch die PGA Championship schon zweimal zu Gast war (1984 und 1990), wischt sich Caro Masson den Schweiß von der Stirn. Sie ist unzufrieden mit ihrer gerade beendeten dritten Runde und dem Score von drei über Par: „Ich hatte viel Matsch auf dem Ball, da hat man keine Chance, ihn richtig zu kontrollieren.“
Der Ärger ist verständlich, kommt Masson doch von einer erfolgreichen Serie von vier Top 10-Ergebnissen in sechs Turnierstarts und hatte entsprechend höhere Erwartungen an sich selbst und dieses Major. Ungeachtet dessen scheint es, als wäre Caro in ihrer sechsten Saison auf der LPGA Tour vollständig in den USA angekommen. „Ich habe Anfang des vergangenen Jahres angefangen, mit David Leadbetter zu arbeiten, und unsere Maßnahmen zeigen nun ihre Wirkung“, bestätigt sie. Vorrangiges Ziel war es demnach, mehr Konstanz im langen Spiel zu schaffen. Die Statistik zeigt: Im Vergleich zur Saison 2015, also vor dem Wechsel, traf sie 2017 im Schnitt acht Prozent mehr Fairways – Trainingsziel eindeutig erreicht.
Mittlerweile hat die 29-Jährige sich auch abseits des Golfplatzes in den USA eine Basis geschaffen und ist dabei, mit ihrem amerikanischen Freund, der ihr Caddie ist, ein Haus zu bauen. Gleichzeitig bedeutet das allerdings den Abschied aus Deutschland. Denn die Heimat rückt in immer weitere Ferne, je erfolgreicher Caro auf der LPGA Tour wird. „Das ist der Preis, den wir zahlen müssen. Jeder Leistungssportler muss Kompromisse eingehen, und so ist das bei uns eben mit der vielen Reiserei“, resümiert Masson nüchtern. Ein Kompromiss, den viele junge Athletinnen eingehen, denn immer mehr zieht es im Anschluss an das Abitur in die USA. Zumindest die Spielerinnen, die den Traum des Profigolfs ernsthaft verfolgen wollen.
Die große Chance
Zu schwach sind die deutschen, aber auch europäischen Alternativen zum College-Golf, denn in keinem System wird der Sport von den Universitäten so unterstützt wie im amerikanischen. Hinzu kommt, dass die Ladies European Tour deutliche Probleme hat, einen vernünftigen Turnierkalender auf die Beine zu stellen und Sponsoren zu finden (Caro selbst ist seit einigen Jahren bei Ping und Ecco unter Vertrag. Letztere wurden im Oktober von uns mit dem Special Award beim Deutschen Golf Award ausgezeichnet; Anmerkung der Redaktion). „Als ich auf der LET angefangen habe, war es eine großartige Tour. Wir hatten viele Turniere und konnten uns entwickeln. Heute ist meiner Meinung nach die Symetra Tour die bessere Alternative“ (zweite Liga des amerikanischen Damengolfs; Anmerkung der Redaktion).
Was im ersten Moment hart für Europas höchste Damenprofiliga klingt, ist bittere Realität. Im gesamten Jahr 2018 gibt es auf der LET lediglich 16 Turniere, die Symetra Tour bietet hingegen 21 Turniere, wenn auch mit weniger Preisgeld, dafür aber mit der Chance, sich auch für LPGA Tour-Events zu qualifizieren. „Ich würde natürlich alles dafür tun, um der Tour und Ladiesgolf in Deutschland und Europa zu helfen, aber es fehlen die Turniere. Und die stärksten Spielerinnen sind nun mal in den USA. Wenn man den Anspruch hat, in die Top 10 der Welt vorzustoßen, führt kein Weg an Amerika vorbei“, erläutert Caroline, die derzeit auf Rang 42 der Weltrangliste (Stand Oktober 2018) geführt wird. Allerdings ist ihr bewusst, dass nicht alles rosarot ist in den USA: „Es ist nicht einfach für europäische Spielerinnen, in die Staaten zu gehen. Es ist teuer, mit viel Heimweh verbunden, eine ungewohnte Umgebung. Es ist definitiv kein Klacks.“
Weshalb aber funktioniert in den USA das, was in Deutschland und Europa offenbar keinen Markt findet? Denn genau das ist das Argument, das am häufigsten fällt, wenn die Themen Ladiesgolf und dessen mangelnde Präsenz in den Medien aufkommen. Der amerikanische Golfchannel sendet beispielsweise von nahezu jedem LPGA Tour-Event Livebilder, in jedem Fall aber bekommen die Damen zeitversetzte Übertragungszeiten. Es gibt College-Golf, die Langdrive-Tour und diverse andere Möglichkeiten, die Ladiesgolf eine Plattform im Fernsehen bieten.
Spielerinnen wie Michelle Wie, Lexi Thompson oder auch Ariya Jutanugarn (die Thailänderin gewann die U.S. Women’s Open Anfang Juni) haben Kultstatus erreicht. In Deutschland ist es hingegen nahezu unmöglich, die Tour zu verfolgen. „Wenn man uns nicht kennt und uns keiner sieht, wie soll man da junge Spielerinnen zum Golfen animieren? Es gibt keine Berührungspunkte. Damengolf ist in meinen Augen in Deutschland leider absolut tot“, so Masson. Die Gladbeckerin weiß, dass das resigniert klingt, objektiv betrachtet kann man ihr allerdings nicht widersprechen. Alle ehrlichen Bemühungen, die bisher von Seiten der Tour, vom Deutschen Golf Verband oder einzelner Spielerinnen unternommen wurden, haben leider keine langfristige, positive Wirkung gezeigt.
Allen voran der Solheim Cup im eigenen Land 2015. Die Hoffnung war zunächst groß, und es gab keinen besseren Austragungsort und Ausrichter als den Golfclub St.Leon-Rot für ein solches Event. Selbst Übertragungszeiten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen waren plötzlich möglich, und mit Sophia Popov war ein gutes deutsches Gesicht gefunden, um junges, frisches und vor allem athletisches Damengolf zu promoten. Drei Jahre später ist das Damengolf in Deutschland längst wieder in der Nische verschwunden, in der es vor dem Solheim Cup schon war. „Ich habe keine Lösung für das Problem, aber wir haben kein Turnier auf deutschem Boden, es gibt keine Möglichkeit, uns außerhalb der Golfbranche bekannter zu machen, und im Fernsehen finden wir einfach nicht statt. Das ist traurig, aber kein exklusiv deutsches Problem. Das kann so einfach nicht funktionieren“, erklärt Masson.
Natürlich könne es sein, dass eine deutsche Nummer eins helfen würde, allerdings sollte dies, laut Caro, nicht das ausschlaggebende Argument für oder gegen eine Fernsehpräsenz sein. „Wir liefern hier gute Arbeit ab, und auf der Tour werden wöchtenlich richtig gute Ergebnisse gespielt“, so Caro weiter. Letztlich hat die 29-Jährige den Kampf gegen die Windmühlen ein Stück weit aufgegeben und konzentriert sich auf ihr eigenes Golfspiel sowie ihre Ambitionen in der Weltrangliste. Nach nunmehr vier Jahren, in denen sie fest in den USA wohnt, hat sich ihr Lebensmittelpunkt gänzlich dorthin verlegt, auch wenn sie Deutschland ab und an vermisst. „Nach ein paar Monaten in den USA würde ich mich manchmal gerne rüberbeamen. Mir fehlt es, einfach mal gemütlich durch die Stadt zu gehen und einen Kaffee zu trinken. Hier ist es halt der schnelle Coffee to go von Starbucks“, erzählt Masson schmunzelnd. Mit diesem gesunden Fokus und dem damit hoffentlich weiter wachsenden Erfolg auf der LPGA Tour wird vielleicht auch bald ihr Traum von ein wenig (mehr) Damengolf im TV wahr.
Übrigens: Bei der US Open landete Masson auf dem 34. Platz, für den sie 29.225 Dollar kassierte.