2020 wurde in Deutschland das World Handicap System (WHS) eingeführt. Die Reaktionen waren nicht unbedingt positiv – zu kompliziert durch die vielen Formeln und wenig überschaubar. Gelungen ist dennoch eine gerechtere und aktuellere Berechnung des Handicaps (HCP). Aber: Wo Licht ist, ist auch Schatten. In diesem WHS-Zweiteiler werden die wichtigsten Punkte des Systems, sowie Meinungen und unterschiedliche Auffassungen zwischen DGV und den neun interviewten Clubs der Region Nord dargelegt.
Internationale Transparenz & Heimatclub
Die Absicht der internationalen Verbände war es, mit dem neuen System das durchschnittliche Spielvermögen eines Spielers auf jedem Platz der Welt vergleichbar und gerechter zu machen, womit die Handicaps zwischen verschiedenen Golfverbänden aller Kontinente kompatibel sind. Allerdings hat eine Verbindung der Server weltweit noch nicht stattgefunden. Spieler, die im Ausland spielen, müssen immer noch ihr aktuelles HCP bei Turnierteilnahmen persönlich anmelden. Es gilt das HCP des festgelegten Heimatclubs. Das WHS lässt Auslandsrunden über die Sonderrundenerfassung im DGV-Servicebereich zu, wenn die Bedingungen dazu erfüllt sind.
Für eine Zweitmitgliedschaft kann kein Handicap-Index geführt werden, sondern nur über den Heimatclub. Tipp für Spieler mit Zweitmitgliedschaft im Ausland: Damit die korrekte Spieler-ID zugeordnet werden kann, achten Sie darauf, dass Ihr Name genauso geschrieben ist, wie in Ihrem Heimatclub. Ein Spieler kann in jedem Land einen Heimatclub benennen, muss dann allerdings alle Ergebnisse, die Handicap-relevant gespielt wurden, in allen Heimatclubs melden.
Neues HCPI binnen Minuten
Mit der WHS-Einführung wurde der DGV als nationaler Verband ein Regelorgan, das dafür Sorge trägt, dass Rechte und Pflichten einheitlich angewandt werden. Ein nationaler Server ersetzt dabei hunderte lokale Einzelserver. Die Clubs melden nach Turnier-Abschluss die Ergebnisse über das Intranet. Der Rechner beim DGV ermittelt dann innerhalb von fünf Minuten die vorläufigen Ergebnisse und den neuen Handicap Index (HCPI) jedes Spielers – so kennt ein Spieler meist sein neues Handicap schon bei der Siegerehrung.
Jedoch ist der HCPI vorläufig, da am Ende des Tages durch die Berechnung des Turniers eventuell ein Playing Conditions Calculations (PCC) aufgrund tagesaktueller Veränderungen der Platz- und Bodenverhältnisse, o.ä. hinzukommt. Bei den eingetragenen registrierten Privatrunden muss der Spieler bis zum nächsten Tag warten, bis das neue HCP vorliegt.
Software-Abstimmungen: CVS
Somit haben sich die Aufgaben der Clubs, auch hinsichtlich des Arbeitsaufwands, deutlich verändert: So müssen bei der Durchführung von Meldungen nach Turnierabschluss noch nachträgliche Korrekturen vorgenommen werden.
Und da die Clubs in der Clubverwaltungssoftware (CVS) keine Korrekturen vornehmen können, muss alles über den DGV-Server geklärt werden. Hier hätten die befragten Clubs gerne Korrekturmöglichkeiten, wie z.B. die Sichtbarkeit der History Sheets und Scoring Records in der CVS. Auf Nachfrage beim DGV wurde mir mitgeteilt, dass die mangelnde Transparenz in der Darstellung von Scoring Records und Ergebnissen für die Clubseite und auch für Spieler behoben sei. Voraussetzung für die Darstellung ist eine Änderung der Nutzungsbedingungen in den jeweiligen CVS-Systemen. Die Daten müssen dann auf einer Html-App akzeptiert werden. Jeder Spieler könne dann über die CVS-Software den eigenen Scoring Record und die Ergebnisse einsehen. Bleibt zu hoffen, dass die CVS-Anbieter diese Informationen erlauben.
Die Clubs bemängelten zudem, dass sich Handicap Indexe in der Dezimalzahl nach dem Komma ändern, ohne dass Runden gespielt wurden. Das müsse man dann immer über eine Meldung korrigieren. Der DGV führt das auf technische Fehler zurück, die jedoch inzwischen behoben sind.
HCPI-Anpassung
Die HCPI-Anpassungen von »26,5 und höher« stellen ein größeres Problem dar. Vermehrt bitten Spieler um Heraufsetzung, wenn sie feststellen, ihre früheren (besseren) Ergebnisse nicht mehr erzielen zu können. Anders als das Aufheben der »26,5-Bremse« muss eine manuelle Heraufsetzung zunächst durch den Heimatclub geprüft werden. Dazu müssen Spieler sich an den Handicap-Ausschuss des Heimatclubs wenden, der anhand der aktuellen Ergebnisse einen passenden Handicap-Index ermittelt und dem DGV (per Mail an regularien@dgv.golf.de) mitteilen kann. Bei derartigen Anpassungen in der Clubsoftware hätten die Clubs gerne wieder die Eigenverantwortung. Wenn der Handicap-Ausschuss die Prüfung vornimmt, sollte das auch möglich sein!
Hierzu bemerkt der DGV, dass das WHS, genauso wie früher das EGA-System, ein Halten des HCPI bei Spielern oberhalb 26,5 vorsieht. Auf Spieler-Wunsch kann der »Brems-Mechanismus« aber, wie beschrieben, aufgehoben werden. Aber Achtung: Ist die Bremse nach oben (26,5 bis 54) erst mal gelöst, können Sie nicht mehr zurück!
Ein weiterer Mangel ist für die Clubs eine Regelung in den Liga-Mannschaftsspielen. Wenn das Turnier gestartet ist, kann ein Ersatzspieler, der sich ordnungsgemäß laut Ausschreibung beim Starter oder Spielleitung meldet, nicht mehr in der Clubverwaltungssoftware geändert werden.
Dieser Aspekt ist zwischenzeitlich vom DGV aufgegriffen und eine Lösung erarbeitet worden.