Golfregeln

DGL 2024: Caddies verboten

2024 gibt es in der DGL erstmals eine neue Caddie-Regelung. Ausschließlich (Ersatz)-Spieler dürfen nur noch ans Bag. GM sprach mit Trainern, Kapitänen, Club-Vorständen und Marcus Neumann (Vorstand Sport DGV) über diese neue Regelung.

DGL-Spielerin mit männlichem Caddie – das wird es 2024 nicht mehr geben.
Das Ende einer Ära? Szenen der DGL, die es zukünftig nicht mehr geben wird, wenn es nach dem DGV geht. Rückblick 2023: Berlin-Wannsee-Spielerin Emily Krause unterstützt von Caddie Tobias Bieri. Mit sofortiger Wirkung dürfen nur noch Ersatz-Spieler Caddie machen. (Foto: DGV/Stebl)

Was war das für eine Überraschung, als die frischen Neuerungen der DGL in den Landesgolfverbänden und Sportausschüssen bis hin zu den DGL-Mannschaften vergangene Woche die Runde machten. Für die DGL-Wettspielsaison 2024 sind mit sofortiger Wirkung Caddies verboten. Bei Verstoß heißt die Folge: »Grundstrafe«, was in der Summe der vollen Runde und des Verstoßes sämtlicher Mannschaftsmitglieder zur Disqualifikation führt.

Ersatzspieler dürfen Caddie sein

Grundsätzlich wird es für einige Mannschaftsspieler noch möglich sein, Unterstützung in Form eines Caddies am Bag zu haben; aber eben nicht mehr für alle Spieler. Denn in den DGL-Turnierbedingungen unter Rubrik B. Platzregeln lautet die neue Caddie-Regelung unter dem Gliederungspunkt DGL: »In der 1. Bundesliga bis Regionalliga dürfen nur noch die drei Ersatzspieler/-innen als Caddies eingesetzt werden.« Genau dieser Satz ist für viele Mannschafts- und Kader-Athleten ein Schock und selbst für alteingesessene Bundesliga-Vereine eine »Überraschung«, wie auch Berthold Apel, Geschäftsführer des Hamburger GC Falkenstein, in einem Telefon-Interview einräumte. »Wir haben das so nicht vorhergesehen«, sagt Apel mit hörbarer Verwunderung.

Support durch den Caddie: Spielerin aus Berlin-Wannsee mit Unterstützung und Jubel über das Par. (Foto: DGV/Stebl)

Spielvorteil durch Caddies?

Die Caddie-Diskussion ist dabei aber keine neue. »Bereits vor zehn Jahren gab es Gespräche zu dieser Thematik«, erinnert sich Apel. »Fazit war damals, dass finanzstärkere Clubs, eher die Möglichkeit hatten, eine gesamte Mannschaft einschließlich Trainer-Team, Fans und freiwilligen Caddies hin und her zu shutteln. Die Diskussion gibt es aber schon längst nicht mehr«, so Apel weiter. Gute Caddies können spielentscheidend sein. In der DGL, die teilweise über 36 Löcher an einem Tag (2. Bundesliga und Regionalliga) gespielt wird, kann zusätzliche Hilfe am Bag nicht nur moralische Unterstützung, sondern auch physische Erleichterung bedeuten. Doch warum können zukünftig nur noch maximal drei Mannschaftsspieler (bei drei gemeldeten Ersatzspielern) in den Vorzug eines Caddies kommen über die volle Runde kommen?

DGL-Impressionen 2023. Spieler, Caddies, Fans. (Foto: DGV/Lettenbichler)

»Kostensituation und Spielerförderung«

Wie Marcus Neumann (Vorstand Sport DGV) in einem äußerst ausführlichen und informativen Telefoninterview ausführte, ging es bei dieser Entscheidung um zwei Faktoren: »Kosten und Spielerförderung«. Wie auch Gespräche mit anderen Club-Vorständen, Landesgolfverbänden, etc. ergaben, gibt es viele zu berücksichtigende Faktoren. »Die Argumente wurden nicht mehr, sondern schwerwiegender«, betont Neumann. Damit sind zum einen die steigenden Reise- und Übernachtungskosten für die Caddies gemeint und zum anderen die sinnvolle Förderung der Jugend. »Wenn es ein 30-Grad-Tag ist, sind Caddies von Vorteil«, sagt der Sportvorstand DGV Neumann. Doch nicht jeder Club kann sich eine ausreichende Anzahl an Caddies leisten. »Diese neue Regelung bringt für keinen Verein gegenüber einem anderen einen Nachteil. Die Chancengleichheit wird sogar wieder hergestellt«, erklärt Neumann.

Spannung, Stimmung, Emotionen und ganz viel Team-Spirit - das ist die DGL. Impressionen vom Team Mannheim-Viernheim aus 2023. (Foto: DGV/Stefan Heigl)
Spannung, Stimmung, Emotionen und ganz viel Team-Spirit – das ist die DGL. Impressionen vom Team Mannheim-Viernheim aus 2023. (Foto: DGV/Stefan Heigl)

Exkurs Caddiekosten

Trainer, erweiterter Trainings-Kader, Caddies, Sponsoren, Familienmitglieder und Supporter aus dem Club – sie alle bilden ein Team; nicht nur die Spieler. Bei einem spielentscheidenden Tag kann es die Spieler auf dem Platz regelrecht beflügeln, viele unterstützende Team-Enthusiasten im Rücken zu haben. Doch das ist auch ein entscheidender Kostenfaktor, den teilweise die Clubs übernehmen. In den oberen Liegen werden die Caddie-Kosten (Übernachtung, Verpflegung) meist vom Verein übernommen – und das kann teuer werden. Marcus Neumann rechnet vor: Für eine komplette Mannschaft können das »locker 2.000, 3.000, 4.000 Euro sein«. »Wenn Caddies einer Mannschaft im Schnitt 4.000 Euro kosten, dann ist es ein guter sechsstelliger Betrag, den man dem System entzieht und der anderweitig im Club eingesetzt werden kann.« Das hört sich schlüssig an. Nur wäre das nicht die hoheitliche Entscheidung der Clubs?

Einsatz von jugendlichen Caddies

Die zahlreichen Gespräche, die GM geführt hat, ergaben: Die neue Caddie-Regelung soll in erster Linie die Jugendlichen schützen. Denn: Jugendliche können nur noch dann bei der 1. Clubmannschaft als Caddie agieren, wenn sie auch selbst als Spieler gemeldet sind. Kinder und Jugendliche, die also kurz davor sind, sich in die Clubmannschaft zu spielen, dürfen nicht mehr in der Funktion eines Caddies »reinschnuppern«. Dabei war es in vielen Clubmannschaften Praxis, heranwachsenden, potenziellen Mannschaftsspielern so die schnellere Eingewöhnung zu ermöglichen. Nach dem Telefonat mit HGV-Geschäftsführer Dr. Dominikus Schmidt erklärt dieser in einer offiziellen Stellungnahme des HGV: »Der Hamburger Golf Verband e.V. unterstützt den Gedanken, dass Kinder und Jugendliche keine Caddietätigkeit im Erwachsenenbereich ausüben, sondern in dieser Zeit eigene Spielerfahrungen auf dem Golfplatz machen sollten.« Es soll wohl Einzelfälle geben, in denen Jugendgolfer während allen fünf DGL-Spieltagen als Caddie eingesetzt wurden, um sich so möglicherweise in die Mannschaft zu dienen. Es ist unbestritten, dass es durchaus sinnvoller für die Kids wäre, während dieser Zeit lieber eigene Spielerfahrung zu sammeln. Doch einmal als Caddie bei einem erfahrenen Mannschaftsspieler mitzugehen, bringt sicherlich auch neue Erkenntnisse.

Eingewöhnung durch Caddie-Job

Louis Hornung, Spieler, Kapitän und Leistungssportkoordinator im Club zur Vahr Bremen erinnert sich, wie er ans Spiel mit der 1. Mannschaft des CzV herangeführt wurde: »Als Spieler – ich bin seit 25 Jahren im Club – konnte ich im Alter von zwischen 12 und 15 Jahren bei den Herren mitkommen und Caddie machen. Da habe ich wahnsinnig viel Erfahrung sammeln können. Und das fand ich immer wahnsinnig wichtig. Gerade an Heimspieltagen ist es wichtig, Jugendliche als Caddies mitzunehmen. Und diese Möglichkeit entfällt jetzt komplett.« Ferner gibt es in der DGL auch über viele Jahre eingespielte Caddie-Spieler-Gespanne – seien es die (Ehe-)Partner, Geschwister, Golf-Kollegen, etc. All diese dürfen 2024 nicht mehr aktiv unterstützen und müssen dies zukünftig auf andere Weise machen – vermutlich vom Fairwayrand.

Neuer Zaungast: Non-playing-Kapitän

Auch die nicht spielenden Kapitäne verlieren mittels dieser neuen Regelung an Einfluss. Dabei sind sie es, die über das gesamte Jahr ehrenamtlich die Saison der Mannschaftsspieler organisieren – von Trainingsterminen bis Hotelübernachtungen, Mannschaftskleidung, Organisation von Mitfahrgelegenheiten, etc. Zur jeweiligen Kapitänsbesprechung beim DGL-Spieltag vor Ort treten die Kapitäne üblicherweise ihren Posten an den Trainer ab, da nur der Kapitän (dann also Trainer) berechtigt ist, mit allen Spielern währen der DGL-Runden zu reden und diese zu coachen. Durch diese neue Caddie-Regelung darf der eigentliche Mannschaftskapitän während des DGL-Spiels also nichts mehr machen – bis auf vom Fairwayrand aus zu supporten oder Wasserflaschen zu besorgen.

Team-Freude: Final For der DGL 2023 im GC Pfalz. Jubel der Siegerteams. (Foto: DGV / Stefan Heigl)

Team-Atmosphäre zerstört

Obwohl sich beispielsweise die Spielerinnen der Damen-Regionalmannschaft Hamburg Wendlohe gefasst zeigten und durchaus in der Lage sein werden, alleine die DGL-Runden zu absolvieren, war Damen-Trainer David Britten (GC Hamburg Wendlohe) traurig: »Das Team und die Team-Atmosphäre werden mit dieser Entscheidung zerstört«, sagt Britten (Deutscher Senioren-Meister der Teaching-Professionals von 2019). (Lese-Tipp: Tipps von David Britten – Mentaltraining). Ähnlich sehen das auch Christoph Frass und André Salmann von der Hamburger Golf Akademie, die die Teams der 2. Bundesliga Herren und der Damen Oberliga des GC Hamburg Ahrensburg coachen: »Mit der Einschränkung auf drei Ersatzspieler wird der Teamgeist reglementiert. Und das Team besteht nicht nur aus Ersatzspielern, sondern aus Spielern, Partnern, Freunden, und so weiter.« Auch Berthold Apel vom Hamburger GC hat diesbezüglich eine klare Meinung: »Wir zerstören uns die Team-Atmosphäre, in dem wir uns selbst ausgrenzen.« Und sagt weiter: »Wir wollen alle die DGL anschieben. Es ist ein Schritt nach hinten und das passt nicht in die Zeit rein.«

Große Emotionen beim Final Four 2023 der DGL im GC Pfalz im Halbfinale Damen (Hamburger GC – Münchener GC). (Foto: DGV / Stefan Heigl)

Clubs über die Einmischung des DGV irritiert

Jan Esser, Vorstand Sport GK Braunschweig meinte im Gespräch mit GM: »Ich kenne das nicht, wie sich ein Verband so einmischen kann.« Denn eigentlich sollte die Entscheidung bei den Clubs liegen, ob alle Spieler mit einem Caddie ausgestattet werden. Und auch der Trainer sollte entscheiden können, wie oft es notwendig ist, einen vielversprechenden Jugendlichen vermehrt als Caddie einzusetzen. Auch der HGV, der ganz klar den Schutz von Golf-Nachwuchs befürwortet sagt im Statement weiter: »Wir sehen keine Notwendigkeit, die Caddie-Tätigkeit von Erwachsenen für Erwachsene zu regulieren.«

DGL 2024 vielleicht mit anderem Ambiente

Bei allem Gerechtigkeits- und Jugendschutz-Gedanken wurde wohl eines vergessen: Eine Mannschaft besteht nicht nur aus Spielern und Trainer. Freunde, Familie, Zuschauer, Club-Kameraden, Sponsoren und zukünftige Leistungsspieler sind ebenfalls ein wichtiger Bestandteil und gehören auch auf ein Team-Foto. Denn ein Team ist nur so stark wie die Summe seiner Glieder. Und natürlich ist die Identifikation für einen nicht gemeldeten Spieler wesentlich einfacher, wenn er auch mal direkt am Spieler-Bag eingesetzt wird.

Support vom Fairwayrand – die Damen des Münchner GC 2023. (Foto: DGV/Stefan Heigl)
Support vom Fairwayrand – die Damen des Münchner GC 2023. (Foto: DGV/Stefan Heigl)

Nicht in Stein gemeißeltes Pilotprojekt

Im Telefonat mit Marcus Neumann wurde deutlich, dass der Vorstand Sport mittels dieser neuen Caddie-Regelung nur das Beste für den Golfsport im Sinne hatte – hinsichtlich der Kostensituation, des Spielernachwuchses und auch der Chancengleichheit im Wettbewerb. »Wir machen das jetzt ein Jahr. Wir machen das für die Clubs, die nach oben wollen«, sagt Neumann und macht deutlich, dass man über alles reden kann. Er habe ein offenes Ohr und freue sich über die vielschichtigen und mitunter auch heftigen Resonanzen. Auch die GM-Redaktion war ob der zahlreichen Anrufe überrascht. Aber daran sieht man: Die DGL hat eine große Relevanz. 2024 wird also ein Testlauf sein, bei dem es sich zeigen wird, inwieweit die neue Regelung sinnvoll ist oder noch modifiziert wird. Schließlich ist auch die Entscheidung interessant, dass lediglich bei den oberen Ligen bis zur Regionalliga eingegriffen wird. Alle anderen Ligen haben die Freiheit, zu entscheiden – mit oder ohne Caddie. Die Erklärung aus Wiesbaden: »Die Reglung gilt nur bis zur Regionalliga, da wir nicht überregulieren wollen.«

Sinnvolle Argumente mit Geschmäckle

Die Beweggründe hinter den Überlegungen mögen schlüssig sein, doch sollte ein DGL-Mitglied auch eigenverantwortlich handeln dürfen und selbst entscheiden. Volker Herford, Kapitän der Club-Mannschaft des Burgdorfer GC appelliert an den DGV: »Lasst doch bitte die Spieler und Trainer entscheiden.« So mutiert möglicherweise ein Team- mehr zu einem Einzel-Wettbewerb mit sechs oder acht Spielern, deren einzige Gemeinsamkeit die Club-Farben sind, in denen sie aufteen.

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