1_Herr Ripke, was finden Sie am Golfsport besonders faszinierend?
Die Tatsache, dass nicht der beste Schlag zählt, sondern wie gut der schlechteste Schlag ist. Das hat mich auch im Leben geprägt und wesentlich über den Erfolg meiner Karriere entschieden. 15 Jahre lang habe ich als Fotograf gearbeitet. Fast alles, was ich aus dem Sport gelernt, konnte ich für den Beruf nutzen. Ich war Hockeyjugendtrainer und habe im Hamburger Polo Club viel Soziales gelernt. Beim Fotografieren geht es nicht darum, von einem hübschen Menschen im Sonnenuntergang ein Bild zu machen – das kann jeder. Es geht um die Matsch-und-Buddel-Hose – die muss auf dem Foto auch noch gut aussehen. Und das ist auch beim Golf wichtig. Das getoppte Eisen 7 sollte immer noch in Richtung Grün fliegen. Als Fotograf habe ich versuchen müssen, die schwierigen Herausforderungen sehr gut zu meistern und diese Eigenschaft habe ich vom Golfsport gelernt.
2_ Sie nutzen die Vergangenheitsform, wenn Sie von Ihrem Job als Fotograf sprechen. Warum. Sind Sie kein Fotograf mehr?
Ich stelle mich schon noch als Fotograf vor, aber ich habe seit fünf Jahren kein Foto mehr als Auftragsarbeit gemacht. Aktuell wüsste ich noch nicht einmal, wo sich meine Kamera befindet. Ich mache alles mit dem iPhone.
3_Mit welchem Pro würden Sie gerne 18 Löcher spielen?
18 Löcher würde ich… (überlegt)… mit diesem blonden Typen aus Kalifornien spielen (grübelt, googelt) … Ah! Will Zalatoris. Der ist real, den finde ich sympathisch, dem folge ich seit drei Jahren auf Instagram. Ich mag es, wie er Golf spielt und wie er als Typ ist.
4_ Wer dürfte im Traum-Ripke-Vierer mitspielen?
Erst mal 50 : 50 Frauen und Männer. Und ich würde viel lieber mit Freunden als mit fremden Menschen Golf spielen. Gut spielen müssen die auch nicht. Es geht mir um den sozialen Aspekt.
5_Herr Ripke, was sind Ihre Stärken beim Spiel?
Wenn es überhaupt eine Stärke gibt, dann ist es die Länge und mein Eisen 2. Ich erzähle immer allen, es sei ein Eisen 2, dabei ist es ein Driving-Iron.
6_Was fasziniert Sie am Golf?
Die Natur. Das Landschaftliche. Als Fotograf ist es schon wichtig, schöne Sachen zu sehen. Ich bin ein richtig krasser Sunset-Golfer, was auch meinem Geldbeutel ganz guttut. In den USA sind die Sunset-Rates deutlich günstiger. Der durchschnittliche Amerikaner will lieber um 10 Uhr abschlagen, obwohl es um 16:30 Uhr deutlich günstiger ist. Zu dieser Uhrzeit ist Golfspielen für mich das aller, aller Schönstes. Die Landschaft, das Licht, die Wahrnehmung der Natur. Mein Insta-Feed ist auch ganz schön viel Golf-Porn. Ein schöner Golfplatz ist schon etwas sehr Tolles. Auch soetwas konsumiere ich viel auf Social Media und Instagram. Wüstenplätze finde ich übrigens auch krass geil.
7_Was nervt Sie beim Golf?
Deutsches Golf nervt mich. Damit meine ich spießiges, »gate-keeping« Golf. Ich finde es beispielsweise eine absolute Unverschämtheit und Frechheit, dass ich – Stand jetzt – ausschließlich durch meine Relevanz auf Instagram und entsprechende Postings, auf deutschen Golfplätzen spielen kann. Man muss eben DGV-Mitglied sein. Und das bin ich nicht, da ich in den USA lebe. Das kann’s nicht sein.
8_Was ist Ihr schlimmstes Golferlebnis?
Der Abschlag an Bahn 1 bei der ProAm der Porsche European Open. Der war schon echt katastrophal und peinlich.
9_War der Schlag peinlich oder die Tatsache, dass Zuschauer den gesehen haben?
(mit leiserer Stimme und nahezu kleinlaut) Der Ball ist noch nicht einmal in die Luft gegangen. Und da haben echt viele Leute zugeschaut. Der Ball hat eine Distanz von nicht mehr als zwei Zentimetern gemacht. (lacht) Aber, wenn das das Schlimmste ist, dann ist doch alles gut. Eine halbe Stunde später war alles wieder vergessen.
10_Was war Ihr schönstes Golferlebnis?
Um in der Thematik und beim Event zu bleiben: Das war auch bei der PEO-ProAm. Ich bin ein ziemlich kurzfristiger Mensch. Sachen, die in meinem Leben nicht so gut laufen, vergesse ich schnell. Psychologisch bin ich vielleicht ein Verdränger. Ich freue mich über das, was geklappt hat und auf neue Sachen eher, als mich darüber zu ärgern, was nicht geklappt haben. Um diese Herangehensweise andern zu erklären, nutze ich gerne ein eine alte Golfankdote: Ein bekannter Professional – ich glaube, es war Tiger Woods (Anmerkung der Redaktion: Es war Jack Nicklaus) – machte an einer Bahn einen 3-Putt. Im anschließenden Interview wurde er nach dem 3-Putt gefragt. Seine Antwort war: »Ich habe noch nie in meinem Leben einen 3-Putt gespielt« und dementierte jedwede Nachfrage. Das finde ich extrem geil und so lebe ich auch. In meinem Leben gibt es nichts, was nicht geklappt hat. Ich meine das nicht angeberisch. Ich bin total glücklich damit.
11_Und was war Ihre schönste Runde, Herr Ripke?
Das war im Cascarta Golf Club südlich bei von Las Vegas. Der Platz gehörte einem der großen Casinos. Hatte man in den 90er Jahren über eine Millionen US-Dollar im Casino verspielt, wurde man für eine Runde Golf nach Cascarta eingeladen – und im Privat-Heli rüber geflogen. Das war ein Privatplatz, der eigens dafür da war, damit die Leute wieder gute Laune bekommen und wieder an den Spieltisch zurückkehren. Das war einer der krassesten Plätze mitten in der Wüste (mit schwärmerischer Stimme), jede Bahn ist für sich, von jedem Loch hat man einen unfassbaren Ausblick. Das Absurde ist nur, dass man mit dem Auto nicht so richtig anreisen kann. Man kommt zwar mit einem Auto dort hin, aber die sind eigentlich nur auf Heli-Transfers eingerichtet (lacht). Das war mein bestes Erlebnis und meine beste Runde und nein, ich habe vorher keine Millionen verloren. Mittlerweile kann man auch als normaler Greenfeespieler dort hin. Zwar immer noch unverhältnismäßig teuer, aber immerhin gibt’s einen Caddie. Da habe ich eine 74 gespielt und dachte, ich könne Golf spielen. Kurz darauf habe ich wieder erlebt, dass ich eben nicht Golf spielen kann.
Liebt gutes Essen und leckere Rezepte – Paul Ripke.
12_Ihr Lieblingsplatz?
Pelican Hill in Kalifornien. Der Platz ist exakt acht Autominuten von meinem Zuhause entfernt. 36 Löcher. Krassester Platz.
13_Lieblingsschläger?
Mein Driving Iron. Wenn ich den mehr spielen würde, wäre mein Score auch erheblich besser.
14_Ihr bestes Geschäft auf dem Golfplatz?
Gar keins. Ich benutze Golf gar nicht für irgendwelche Networking oder Business-Sachen. Golf ist für mich etwas reines Privates. Das ist übrigens etwas sehr Deutsches, dass man glaubt, man würde Geschäfte auf dem Golfplatz machen.
15_Wo möchten Sie unbedingt noch Golfen?
(verträumt) Ich möchte in Cyprys Point noch Golf spielen, dann höre ich auf. Ich habe in den vergangenen vier Jahren schon sehr viel Aufwand durch viele Kontakte betrieben, aber… Ich glaube nicht, dass es möglich ist, eine Teetime in Cypress Point zu bekommen. Ich bin ein sehr kompetitiver Mensch, aber an Cypress Point bin ich bisher hart gescheitert.
16_Welchen Schlag möchten Sie gerne beherrschen?
Aus 80 bis 150 Metern das Grün treffen. Von zehn Bällen, treffe ich mit maximal zweien das Grün.
17_Was ist Ihres Erachtens die ungerechteste Golfregel?
Ich habe keine Ahnung von Golfregeln. Ich habe sehr viele Sachen gehört, aber mir sind Regeln egal. Wir spielen seit einem Jahr ein Spiel. »Fore! Carts«. Das ist ein Kartenspiel, das wir auf jeder Runde nutzen und immer im Bag ist. Zwei Karten-Stapel in einem Vierer-Flight. Für jedes Loch wird der Modus vorgegeben. Zum Beispiel gibt es die Karte Super-Power oder man darf dem Gegner ein Tee zwischen Ball und Loch legen. Das Spiel ist ultrasozial und jeder bekommt Punkte.
18_Ihr bevorzugtes Getränk am 19. Loch?
Negroni! Negroni, please.
19_Welche Kriterien machen für Sie einen schönen Platz aus?
Etwas Visuelles, Ausblicke. Ich bin großer Fan von Weite und Landschaft und Unnatürlichkeit. Falsch angelegtes Wasser, Wasserfälle in der Wüste. Ich will amerikanische, spektakuläre Architektur. Je absurder desto geiler.
20_Dinge, die beim Golfen überflüssig sind?
Etikette.
21_Was steckt in Ihrem Bag?
Keine Ahnung, welche Marke in meinem Bag ist. Das ist mir völlig egal. Das trifft meine Ideologie total. Da ich vom Hockey komme, brauche ich dicke Griffe.
Paul Ripke mit ein paar Promis und Influencern am Start bei der Porsche European Open:
22_Lieber eine Runde mit Freunden oder Turnier?
Auf jeden Fall mit Freunden! Mit Freunden habe ich dieses Jahr zu viert eine Art Ryder Cup gespielt. Das war super. Als Vierer und im Einzel. Dazu haben wir bescheuerte Outfits getragen. Natürlich waren auch Europa- und USA-Flaggen an den Carts befestigt. Wir hatten richtig Spaß. Daher würde ich sagen, dass so ein verrückter Team-Wettbewerb mit Freunden am schönsten ist (zückt sein Handy und zeigt stolz die Fotos von den Outfits).
23_Herr Ripke, bitte beenden Sie folgenden Satz: »Golf ist für mich…
… mein Hobby«. Und da ich in den letzten 20 Jahren viel Hobby zum Beruf gemacht habe, ist Golf etwas sehr Entspannendes für mich. Ich spiele jeden Mittwoch mit meinem Vermieter Golf. Der wohnt vier Häuser weiter, ist 72 Jahre alt. Dann sind wir zu viert und die einzige Aufgabe ist dann Golf spielen für mich. Das ist die schönste Zeit der Woche für mich, da ich vier Stunden lang mein Handy ausmache. Das ist herrlich und einfach schön. Dann unterhalten wir uns über andere Sachen – über Politik, New York und sonst was. Und nicht über mich, da die gar nicht wissen, was ich mache. Wenn ich Marathon laufe, bin ich von Adidas gesponsort, fahre ich Fahrrad, wird Schwalbe in Szene gesetzt und das ist bei Golf eben nicht der Fall. Golf ist bisher noch sehr, sehr hobbymäßig (Anmerkung der Redaktion: sagt Ripke, während er auf der Porsche European Open im VIP-Zelt sitzt und auf Instagram über Golf socialt und ein Interview gibt). Heute ist nicht Arbeit. Okay, mein ganzes Leben fühlt sich nicht nach Arbeit an, aber Golf noch viel weniger.
Setzt sich gerne auch mal provokant in Szene – Paul Ripke:
Vita Paul Ripke
Paul Ripke ist am 10.2.1981 in Heidelberg geboren. Im Alter von 18 Jahren begann er mit dem Golfspiel. Als er fürs BWL-Studium in Hamburg war, verbrachte er mehr Zeit auf dem Fairway als im Hörsaal. Nach dem abgebrochenen BWL-Studium arbeitet er 15 Jahre lang als Fotograf und Videograf. Dann übersiedelte er in die USA, wo er mit seiner Frau und seinen Kindern lebt. Aktuell hat er weder einen Heimatclub noch ein registriertes Handicap. Sein bestes Handicap war 4,6. Aber davon ist er nach eigener Aussage »aktuell weit entfernt«. Online präsentiert er große Marken wie Porsche, Adidas, Schwalbe & Co. Ripke begleitete die Fußballnationalmannschaft zur WM 2014 nach München, fotografierte bei der Formel 1 Nico Rosberg behind the Scenes, arbeitet für Musiker wie Die Toten Hosen, Jan Delay und Bushido.