Endlose Wälder, malerische Hügel und dazu noch die spätherbstliche Sonne – das sind die Zutaten, die garantiert für eine unvergessliche Runde im Herzen des Schwabenlandes sorgen. Am Rande des Nordschwarzwaldes gelegen befinden sich die beiden Plätze der Golfanlage Schloss Nippenburg und des Stuttgarter Golf-Club Solitude. Sie sind nur wenige Autominuten von der Baden-Württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart entfernt und bestechen dennoch vor allem durch ihre idyllische Lage.
Uralte Baumbestände sorgen besonders an einem warmen und sonnigen Spätherbsttag, wenn sich die Blätter bereits in allen erdenklichen Farben gefärbt haben, für eine wundervolle Stimmung auf dem Platz und ein atemberaubendes Panorama. Immer wieder legen erhöhte Abschläge dem Spieler die beeindruckende Landschaft zu Füßen und bieten sowohl Amateuren als auch Profis eine anspruchsvolle Aufgabe.
Golfclub Solitude war zwischenzeitlich Ackerland
Aber das war nicht immer so. Unlängst, zur Zeit des Zweiten Weltkrieges, wurden die Flächen hauptsächlich zum landwirtschaftlichen Ackerbau genutzt. Die Golfanlage Schloss Nippenburg war zu diesem Zeitpunkt noch nicht angedacht. Die Geschichte des Stuttgarter Golf-Club Solitude verlief hingegen etwas kurios. Sie beginnt bereits 1927 und damit gehört der Verein zu den ältesten in der Bundesrepublik. Zu Gründungszeiten befand sich der Neun-Löcher-Ursprungsplatz allerdings noch an einem anderen Standort. Er lag etwas weiter östlich in der Leonberger Heide und damit deutlich näher an seinem Namensgeber, dem Schloss Solitude. Schon früh zog es berühmte Persönlichkeiten zum Golfsport. So war es nicht verwunderlich, dass kein Geringerer als Robert Bosch von 1929 bis zu seinem Tod 1942 der Präsident des Clubs war.
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges verschoben sich allerdings auch die Prioritäten. So wurde der Platz 1943 bis zum Ende des Krieges kurzerhand zu Ackerland umfunktioniert. Zwar bauten die Amerikaner die Löcher schließlich vorübergehend wieder auf, aus Platzgründen entschied sich der Club allerdings, an seinen heutigen Standort in Mönsheim umzuziehen. Die Amerikaner zogen 1956 dann weiter in Richtung Kornwestheim, wo sich nun der Golfclub Neckartal e.V befindet. Der heutige Platz des Stuttgarter Golf-Clubs Solitude wurde von dem renommierten Golfplatzarchitekten Dr. Bernhard von Limburger entworfen und nahm 1969 erstmalig den Betrieb auf. Um dem Zeitgeist und den Anforderungen an einen modernen Golfplatz weiter genügen zu können, wurde der Kurs zwischen 2005 und 2007 von Thomas Himmel umfangreich redesigned. Sportlichkeit, die Förderung des Golfspiels, sowie die Pflege seiner Traditionen und Werte sind, laut eigener Aussage, die Dinge denen sich der Verein bereits seit seiner Gründung verschrieben hat.
Golf für alle in Schloss Nippenburg
Freundlichkeit und gegenseitiger Respekt schlägt jedem Besucher entgegen. Der Stolz auf die lange Tradition und den sportlichen Erfolg des Clubs ist sofort spürbar. Zurecht zählt Stuttgart Solitude zu einem von nur 34 Clubs, der die Auszeichnung Leading Golfcourse of Germany tragen darf. Clubs, die diese Auszeichnung tragen, werden bis zu neun Mal pro Saison annonym auf Herz und Nieren geprüft. Dabei wird längst nicht nur der Platz in Augenschein genommen. Auch der Service, die Gastronomie und der Wohlfühlfaktor an sich wird untersucht.
Den Wandel vom landwirtschaftlich genutzten Acker hin zu einem Meisterschaftsplatz auf dem bereits mehrfach nationale und internationale Turniere wie beispielsweise die German Open ausgetragen wurden, haben sowohl der Platz des Stuttgarter Golf-Clubs Solitude als auch der der Golfanlage Schloss Nippenburg erfolgreich absolviert. Die Herangehensweise und das Selbstverständnis der Clubs könnte allerdings unterschiedlicher nicht sein. Die Golfanlage Schloss Nippenburg wurde 1994 von Bernhard Langer entworfen und wird von der Betreibergesellschaft CLUBHAUS AG geleitet. „Wir wollen Golf für Alle anbieten, bezahlbar und unkompliziert“, erklärt die Geschäftsführerin Elke Weishaupt, „Die traditionellen Mitgliedschaftsmodelle sind veraltet und entsprechen schon lange nicht mehr dem Zeitgeist. Bei uns ist Jeder willkommen.“
Die Problematik der Bezahlbarkeit des Sports, vor allem für junge Leute und Berufseinsteiger, ist schon lange bekann. Vielleicht erscheint der Lösungsansatz der Golfanlage Schloss Nippenburg gerade deshalb so erfrischend. Hier gibt es keine teuren Einlagenzahlungen, dafür aber viele individuell anpassbare Mitgliedschaftsmodelle mit unterschiedlicher Laufzeit. Kinder von Mitgliedern sind bis zum 16 Lebensjahr kostenfrei dabei. Egal ob golfverrückte Familien, die einfach nicht das nötige Kleingeld haben, um in einen traditionellen Club einzutreten, oder Menschen, die kein Interesse an einer langfristigen Bindung an einen bestimmt Club, inklusive der damit einhergehenden „Verpflichtungen“ haben – sie alle finden in der Golfanlage Schloss Nippenburg die richtige Anlaufstation.
Schaffe, schaffe, Häusle baue
Wer jetzt aber denkt, dass der Club in einem schlechten Zustand wäre, oder der Platz gar eine „Wiese“ sei, der könnte nicht falscher liegen. Auch hier wird großer Wert auf Qualität gelegt. Die Mitglieder sind genauso stolz auf ihren Club und die berühmten Persönlichkeiten, die in den Gängen des Clubhauses bereits gewandelt sind. Nur eben auf eine komplett andere Art und Weise wie im Stuttgarter Golf-Club Solitude. Ein wenig wie der jüngere Bruder eben.
Wie so oft gibt es aber auch hier Grenzen des Möglichen. Die Anlage kann sich nach Aussage der Geschäftsführerin zwar selbst finanzieren, aber der Leistungssportbereich, wie ihn beispielsweise der Stuttgarter Golf-Club Solitude zu bieten hat (die Herren- und Damenmannschaft spielen in der 1.Bundesliga der Deutschen Golfliga), lässt sich in diesem Modell nicht realisieren. „Letztlich ist das aber auch nicht unser Anspruch“, so Elke Weishaupt. Golf für Alle trifft in diesem Fall eben auf seine Grenzen. Zumindest momentan heißt es im Golf all zu oft immer noch: entweder bezahlbar und als spaßiges Hobby oder mit sportlichen Ambitionen im Leistungssportbereich im klassischen Golfclubmodell mit hohen Einlagenzahlungen.
Der Erfolg der beiden ungleichen Brüder steht außer Frage. Beide Plätze sind in einem hervorragenden Zustand und werden auch in Zukunft sicherlich noch häufiger Austragungsorte für große Turniere sein. So ist es letztlich eine Frage der persönlichen Präferenzen. Ganz genau wie die Frage Porsche oder Mercedes. Ansichtssache. Die Schwaben gelten als besonderes, vielleicht auch manchmal sonderbares Völkchen. Sie verstehen sich allerdings wie kaum ein anderer darauf, sich durch diese Einzigartigkeit und mit hoher Qualität und fortschrittlichem Denken von der Konkurrenz abzusetzen. Letztlich ist es schön zu sehen, wie zwei so unterschiedliche Philosophien, was den Golfsport angeht, in unmittelbarer Nähe friedlich koexistieren. Sie interpretieren den modernen Zeitgeist auf ihre ganz eigene Art und Weise und setzten ihn erfolgreich um.