„Bei uns sind die Golfer jetzt die Kühe“, scherzt Dr. Nicola Spiggelkötter. Die Marketingverantwortliche des Golf Club Harz zeigt stolz auf die neuen zweiten neun Löcher des Clubs. 35 Jahre lang wurde hier in Bad Harzburg, dem Eingangstor des Harzes, lediglich auf neun Löchern gespielt. Und gleich nebenan ließen sich stattdessen über Jahrzehnte die Vollblüter den Rasen schmecken. Bis jetzt.
51 Wochen im Jahr wird auf den ehemaligen Gestütswiesen, Kuhweiden und dem einstigen Bruchgelände der Erzgrube Friederike (1860-1964) inzwischen ausschließlich Golf gespielt. Und die verbannten Tiere schauen stattdessen hinterm Zaun zu. Zur Herbstbrunft röhren die Hirsche im Wildgehege neben dem Abschlag der 14. Hinter der 13 schlagen sich die wiederstandsfähigen Harzer Rotbundrinder die Bäuche voll. Und auf der „Seniorenkoppel“ neben dem Signatureloch 6 genießen die Vollblutsenioren des angrenzenden Harzburger Pferderennvereins ihr Gnadenbrot.
„Zu meiner Rundenverpflegung gehören daher jetzt immer auch einige Möhren für die Rösser“, so Spiggelkötter.
Nur einmal im Jahr für zehn Tage Mitte Juli wird der Golf-rasen der Löcher 7 bis 10 noch fremd genutzt. Dann steht die traditionelle Galopprennwoche (seit 1880) auf der angrenzenden Naturgalopprennbahn an. Und wo sonst die Golfer ihre Divots im Geläuf sorgfältig reparieren, hinterlassen dann die besten Rennpferde des Landes kraterartige Hufspuren auf den Fairways.
Eine Horrorvorstellung für Liebhaber gleichmäßiger Fairwayteppiche, oder? „Nein, die Zusammenarbeit mit dem Harzburger Rennverein ist hervorragend“, sagt Clubpräsident Klaus Reichelt. Schließlich vereine die Vereine das Wetten. Und damit man den Zustand der Fairways selbst in der Hand hat, übernehmen die Greenkeeper des Golfclubs auch die Pflege der Rennbahn. Da merkt man vom rasenden Galopppflug schon nach wenigen Tagen nichts mehr.
Ochser und Gräben sind Bestandteil des Platzes
Einige Ochser und Gräben sind sogar ganzjährig Bestandteil des Platzes. Als künstliche Hindernisse sozusagen – das fehlerfreie Überspielen mit Ball und Schläger sei schließlich nicht annähernd so schwer wie der Ritt mit Sattel und Pferd.
„Während der Rennwoche spielen wir unsere Turniere dann halt auf den restlichen 14 plus vier Löchern“, berichtet Vizepräsident und Platzrekordhalter (71 Schläge, 1 unter Par) Thomas Kregel. Die Mitglieder seien das „Doppeltspielen“ der Löcher schließlich von früher gewohnt. „Ansonsten hat die Verdopplung der Löcherzahl die Kapazität des Platzes sogar vervierfacht“, rechnet Präsident Reichelt vor. „Seit letzter Saison haben wir ständig wachsende Angebote für Gäste, und auch die Zahl der Mitglieder steigt kontinuierlich.“ Damit das weiterhin so bleibt, ist extra im Leitbild verankert: „Jedes Mitglied trägt Verantwortung für eine freundliche Clubatmosphäre.“ Unnötiger Hinweis und beinahe eine Beleidigung für die Clubmitglieder, sagt man den herzlichen Harzern doch nach, sie würden ihre Gäste am liebsten adoptieren.
Schnupperkuse, Hotelkooperationen und Gruppenaufenthalte für Greenfeegäste des GC Harz passen zum allgemeinen Imagewandel der gesamten Harz-Region. Das Wellness-Wanderland mit 900 Kilometern gepflegten Wanderwegen (die Tourist-Information verleiht sogar GPS-Geräte) und der Gemeinde Bad Harzburg mit einem der vier Topheilbäder Deutschlands lebt seit jeher von seinen Wäldern und Heilwassern.
Als aber Mitte der 80er-Jahre die Krankenkassen kaum noch Zuschüsse für Kuren gaben, suchten die Harzer erstmals nach Tourismusalternativen. Wellness und Beauty war angesagt. So konnte man die Thermalquellen weiterhin gewinnbringend nutzen. Doch für die modernen Freizeittouristen von heute musste mehr her. Individuelle und maßgeschneiderte Angebote, für die man sich nicht mehr ein Jahr im Voraus entscheiden muss. Der Harz machte mobil und nahm fortan den Sport gezielt als
Tourimagnet dazu.
Eine echte Marktlücke: die Golf-Kur
So ist auch an der Rennbahn direkt neben dem Golfplatz der Sportpark Bad Harzburg entstanden. Ein neues Zuhause z. B. für Schützen, Schachspieler, Bogenschützen und Fußballer. Und die Asklepios Harzklinik Fritz-König-Stift in Bad Harzburg wurde offizielles Therapiezentrum der PGA of Germany (www.golfclinic-pga.de). Ein echtes Lockmittel für Golfer auf Urlaubszielsuche, speziell für die, denen sonst keine schmerzfreie Golfrunde mehr vergönnt ist. Eine echte Marktlücke: die Golf-Kur.
Das Magazin „Golf“ (Vorgänger des GOLFmagazin) berichtete bereits in seiner Juli-Ausgabe 1972 nach einem Besuch beim gerade eröffneten GC Harz über die heilende Wirkung der Region: „Die gute, würzige Luft möchte man am liebsten mit in die Großstadt nehmen.“ Und weiter: „Hier wird sich jeder Besucher wohl fühlen.“ Dem können wir uns 2009 nur anschließen.
Heute ist der Golfplatz der eigentliche Kurpark der Gemeinde. Die 1.500 Bäume, die in den 70ern gepflanzt wurden, machen aus den alten Neun einen waschechten Parklandkurs. Während die neuen Bahnen mit ihren 25 Biotopen „greenfeespielerfreundlicher“, offener sind. Zumindest solange man keine Phobie vor Ochsern und Gräben hat…
Golf Club Harz
Adresse: Am Breitenberg 107, 38667 Bad Harzburg
Telefon/Fax: 05322/67 37; 05322/24 96
E-mail/Internet: info@golfclubharz.de/www.gcharz.de
Gründungsjahr: 1969
Platz: 18 Löcher, Par 72, 5.793 m (Gelb), 5.019 m (Rot); CR/Slope: 71,2/136 (G); 72,5/127 (R)
Greenfee: 35 (wochentags) / 45 (Sa., So., feiertags), VcG zugelassen (40 /55 ). U. a. jugendliche Singlehandicapper bis 21 Jahre zahlen kein Greenfee. 20 % bis 30 % Ermäßigung für Übernachtungsgäste von GCH Partnerhotels.
Trolley/Cart: 5 /25
Gastronomie: Das Clubrestaurant „Am Golfplatz“ ist
öffentlich und hat in der Saison jeden Tag geöffnet.
Im Winter ist der Montag Ruhetag.
Hotelempfehlung: Das Hotel „Braunschweiger Hof“ im Herzen von Bad Harzburg ist seit 1894 im Familienbesitz der Familien Behnecke und Bartels, inzwischen in der fünften Generation (hotel-braunschweiger-hof.de; Tel.: 05322/78 82 70).
Anfahrt: Abfahrt von der B4, Berliner Platz, Papenbergstraße rechts, Am Stadtpark im Kreisverkehr links, Golfstraße, 1. Kreuzung rechts, Am Breitenberg.
GOLFmagazin-Bewertung*
Platz: 4 Clubhaus: 3 Service: 4 Gastronomie: 4
Gesamt: 4
*Platznote doppelt gewichtet, es gibt maximal 6 Bälle.