Kaymer spielt mit Langer und McIlroy gemeinsam auf Beckenbauer im Hartl dank Cleven um den Sieg – unter den Augen von Merkel. So in etwa stellte man sich das Wunsch- Szenario in Bad Griesbach Ende September 2015 vor. Wenn die European Tour ihre Topgolfer ins tiefste Niederbayern schickt, um sie dort um den Titel der European Open kämpfen zu lassen. Auch, wenn diese Vorstellung nicht in die Realität umgesetzt werden konnte, waren die Porsche European Open 2015 ein voller Erfolg. Und so ist es kein Wunder, dass diese auch 2016 wieder in Bad Griesbach stattfinden. Wo genau? Gut 150 Kilometer östlich von München liegt das Hartl Golfresort Bad Griesbach, eines der größten Golf Resorts Europas.
Nach zuletzt mageren Jahren für die deutschen Golffans, in denen lediglich die BMW International Open und die Ladies German Open Profigolf der Extraklasse boten, gibt es dann zwei Jahre in Folge zwei hochklassige European Tour-Turniere in Deutschland. Als Promoter der Porsche European Open tritt die schweizer 4sports & Entertainment AG mit Ex-Tennisprofi Carl-Uwe Steeb als Managing Director für Deutschland auf. Die betreut etwa 200 Spitzensportler weltweit, darunter Golfgrößen wie Paul Lawrie und Peter Hanson. Besitzer Dr. Hans-Dieter Cleven ist zugleich seit 2005 Mehrheitseigentümer im Hartl Resort.
Mit der Porsche European Open auf Champions League-Niveau
Der schweizer Multimillionär war bis vor elf Jahren als Finanzchef maßgeblich am Aufstieg des Metro-Konzerns zu einer der weltweit größten Handelsfirmen beteiligt. Seit seinem Einstieg ins Golfbusiness hatte er die Vision von Spitzengolf in Griesbach. Dem Zufall wird in einem Resort mit 129 Bahnen, 2.000 Betten und 800 Beschäftigten nichts überlassen. „Wir sind in Griesbach für die deutsche Golflandschaft wie der FC Bayern München im Fußball – in keinster Weise Standard“, sagt Hartl-CEO Volker Schwartz (45). Gemeinsam mit Wetterfrosch Jörg Kachelmann weihte er 2013 eine resorteigene Wetterstation ein. Die ist sogar Bestandteil der Wetterberichterstattung im ARD-Fernsehen. Vorhersagen von bis zu fünf Tagen sind jetzt für den Ort wesentlich präziser und vor allem ein Service für den Gast.
Mit der Porsche European Open gelangte das Hartl Golfresort Bad Griesbach sportlich gesehen auf Champions League-Niveau. „Deutschen Nachwuchsspielern muss die Gelegenheit gegeben werden, sich mit hochklassigen internationalen Konkurrenten zu messen“, spielt Schwartz die Bedeutung eines solchen Events für sein Resort etwas runter. Bereits seit den Anfangstagen von Golf in seinem Resort Ende der 80er-Jahre geistert auch der Ryder Cup-Gedanke im Hirn von Gründer Alois Hartl. Golfboss Gerleigner war schon mehrfach auf benachbarten Wiesen zum potenziellen Location-Check unterwegs.
Doch der Golfkenner ist sich sicher: „Ohne öffentliche Zuschüsse ist ein Ryder Cup in Deutschland undenkbar.“ Golf als massentaugliches Phänomen für jedermann – das hatten sich die Griesbacher seit Anbeginn zum Ziel gesetzt. „Gemeinsam mit Bad Füssing und Bad Birnbach haben wir 15.000 Hotelbetten. Da kannst schon was Größ’res aufziehn“, denkt der Golfmanager.
Viele Stammgäste in Bad Griesbach
Anreisetechnisch ist die Region eher Niemandsland. Nach München sind es vom Resort mindestens anderthalb Stunden, nach Wien zwei, bis Prag drei. 2019 soll die A94 ausgebaut sein. Dann könnte man den Flughafen München in nur einer Stunde erreichen. „Vor 25 Jahren waren wir noch Zonenrandgebiet“, sagt Gerleigner. „Einen Speckgürtel gibt es hier auch nicht.“ Um attraktiv zu sein, muss man schon mehr bieten als andere.
Für zwei Plätze kommt keiner bis ans südöstliche Ende Deutschlands. Deswegen haben Alois Hartl anfangs und Hans-Dieter Cleven inzwischen nie mit Investitionen nur gekleckert. Wo Hartl 1973 noch den Gemeindepfarrer auf die Palme brachte – weil die Menschen nachts nackt im heißen Thermalwasser badeten, auf das er tags zuvor bei Tiefenbohrungen gestoßen war – ist heute ein gigantisches Wellness- und Golfresort entstanden. 10.000 Jahre alt schätzt man „das Gold von Bad Griesbach“. Es kommt aus bis zu 1.522 Metern Tiefe und ist von der Natur auf 30 bis 60 Grad erwärmt. Badegäste berichten, wie sich ihre Schmerzen nach einem Thermenurlaub für Monate verabschiedeten.
Aber noch immer kommen zwei Drittel der Besucher nicht wegen Golf. Der 80er-Touch von Kurbetrieb wurde in den drei Hotels mit eigenen Thermen (Maximilian, Fürstenhof, Ludwig) wegmodernisiert, neue Urlaubsmodelle geschaffen. Ein Anteil von 40 Prozent Stammgästen, die jedes Jahr wiederkommen, ist geblieben.
Drei Generationen Resort Bad Griesbach
Nicht zuletzt, weil die Kinder von einst auch als Erwachsene zurück an den Ort ihrer schönsten Ferienerinnerungen kommen. „Drei-Generationen-Resort“ ist so eine Reaktion auf veränderte Besucherwünsche. Liquide und aktive Großeltern bespaßen die Enkel, während Mama und Papa mal Zeit für sich haben. Wobei Oma und Opa ihre Kleinen im Hartl meist auch kaum noch sehen. Besonders im Familienhotel „Das Ludwig“ werden die zwischen 9 und 16 Uhr nämlich auf Wunsch betreut, bekocht, geschult und vor allem bei Laune gehalten.
Erwachsene nur in Begleitung von Kindern
Auf dem Chervò Junior Golf Course lernen sie spielerisch den Umgang mit Schläger und Ball– mit übergroßen Zielen und Klettbällen, die bei Bedarf auch auf den Trainer platziert werden dürfen. Erwachsene haben nur Zutritt in Begleitung von Kindern. „Einen Boom erleben wir bei den Fußball-Camps mit Profis wie Ex-Schalke-Coach Jens Keller“, sagt CEO Schwartz, der nach 16 Jahren unter anderem als Geschäftsführer bei Thomas Cook und später Aldiana und geschätzten 140 Flügen im Jahr glücklich über den Posten in Bad Griesbach ist. Ab und an Mittagessen zu Hause mit Frau und Tochter, das steigert die Motivation für einen Job, der nie ruht. Kritiker behaupten, Griesbach ist ein Massenbetrieb.
Beim nüchternen Betrachten der Zahlen kann man dem kaum widersprechen: fünf 18-Löcher-Plätze, drei Hotels, drei Gutshöfe. Zu Spitzenzeiten sind allein im Golfbereich 250 Mitarbeiter beschäftigt, davon 60 Greenkeeper und 36 freiberufliche Golflehrer.
Hinzu kommt ein eigener Bautrupp, eine Werkstatt, in der auch andere Clubs der Region Reparaturen durchführen lassen sowie eine eigene Schreinerei. Sitzmöbel werden sogar an andere Gastronomien verkauft. Drei IT-Spezialisten kümmern sich um die eigene Software des Unternehmens, die nötig war, da es keine vergleichbare Konstellation von so vielen Plätzen mit 200 Turnieren im Jahr und knapp 4.200 Mitgliedern gibt. „Aber du siehst sie nicht“, berichtet Andreas Gerleigner aus Erfahrung, „die Angestellten und die Gäste.“
Viele kleine Golfdörfer im Hartl Golfresort Bad Griesbach
Denn Hartl verfolgt kein amerikanisches Resort-Prinzip a là PGA National: direkt neben den Hotels vier Golfplätze, morgens am Abschlag zwei Starter pro Tee und 300 Leute rundherum. Das Hartl Golfresort Bad Griesbach besteht aus vielen kleinen Golfdörfern – die Golfplätze wurden in bestehende Ortschaften integriert, wie im Club daheim meist auch.
Als Gast betreibt man sozusagen Golfdorf-Hopping. Von den zentral gelegenen drei Hotels sind es nie mehr als zehn Autominuten bis zum nächsten Abschlag. So entsteht nie das Gefühl, man sei auf einer der größten Golfanlagen Europas – vielleicht bis auf Fronleichnam und den Maifeiertag. Ganz besonders in den drei Gutshöfen mit insgesamt 45 Junior- und Seniorsuiten ist der Charme und die Gemütlichkeit vom urtypischen Bayern erhalten geblieben.
Die Nadel im Heuhaufen
Dass das auch noch lange so bleibt, dafür sorgt neben dem waschechten Griesbacher Gerleigner – der schon als Student im Resort die Golfwagen gewaschen und die Mülleimer geleert hat und von sich selbst behauptet „die Nadel im Heuhaufen zu sein“ – auch Headgreenkeeper Hermann Freudenstein. Seit 1990 ist der Mann mit den drei Berufen – Maschinenbautechniker, Bauzeichner, Greenkeeper – im Resort für die Golfplätze hauptverantwortlich.
Schon beim Verlegen der Drainagerohre und der ersten Einsaat war der heute 64 Jahre alte Niederbayer involviert. „Der Hermann kennt wirklich jeden Grashalm“, schwärmt Gerleigner von seinem Kollegen, bei dem er schon das Golfspielen lernte. Der Golfverantwortliche hat aber gleichzeitig auch einen Kloß im Hals, wenn er an dessen bevorstehenden Ruhestand denkt. „Es gibt in ganz Deutschland keinen, der mehr von Golfplatzpflege versteht, bei 25 Jahren mit fünf so unterschiedlichen Plätzen“, schwärmt Gerleigner. Freudenstein spielt das in seiner bescheidenen Art runter: „Ich stamme aus der Landwirtschaft, da hat man ein Gespür für die Natur.“
Einen besseren Namen als den Beckenbauer gibt es nicht
Stolz ist Hermann Freudenstein, dass im nächsten Jahr die besten Spieler Europas auf seinen handgemähten Grüns des Beckenbauer Golf Course spielen werden. Schon heute walzt er dort vor jedem Turnier die Grüns. „Einen besseren Namen als den Beckenbauer gibt es nicht. Für uns ist das beste Werbung. Der Franz und der Alois (Anm.: Hartl) haben das Namensrecht damals per Handschlag vereinbart“, erinnert sich Gerleigner. Noch heute ist der Fußballstar jedes Jahr mehrfach im Resort, unter anderem zu seinem eigenen Charity-Turnier, dem „Kaiser Cup“. Sportlich gesehen ist „des Kaisers Platz“, den Bernhard Langer zeichnete, der anspruchsvollste im Resort. Gerade einmal Mitte 40 war Langer, als er viel Bewegung in Fairways und vor allem die Grünbereiche brachte. Alle Grüns liegen leicht erhöht und sind meist von mehreren Seiten durch tiefe Bunker bewacht.
Vom Champions-Tee (für die Porsche European Open kamen da noch einige Meter hinzu) ist der Platz 6.500 Meter lang. Eine gute Mischung aus mega-langen, aber auch immer wieder gut verteidigten kurzen Löchern mit dem immer wiederkehrenden Merkmal von Doglegs nach rechts. Oft ist nur eine Seite des Fairways und Grüns stärker verteidigt. Wer also wie die Profis über eine verlässliche Kurve verfügt, ist deutlich im Vorteil. Profi-like ist übrigens der Service von tagesaktuellen Fahnenpositionen auf jeder Scorekarte sowie die Beigabe eines Mini-Strokesavers für jeden Golfer – auf allen fünf Plätzen.
Lieblingsplatz Lederbach
Bei ihrem persönlichen Lieblingsplatz sind sich Resortboss Schwartz und Golfchef Gerleigner einig: Lederbach – seit vier Jahren Axel Lange Generali Golfplatz Lederbach, nachdem sich der Ex-St. Pauli-Torwart das Namensrecht erworben hat. Landschaftlich einmalig ist er die „Bergziege“ der Resortplätze. „Bei gutem Wetter siehst du dank der ausgelaufenen Maissubventionen das ganze Rottaler Hinterland, die Alpen und den Bayerischen Wald. Wie die Toskana“, schwärmt der bayerische Bua Gerleigner. Lederbach ist außerdem der einzige Platz in Griesbach, auf dem Hunde zugelassen sind. Einer der Gründe warum Volker Schwartz ihn so liebt. Mit Magyar Vizsla-Hündin Caya dreht er hier zum Feierabend gerne seine Runde. Und im Winter kommt der gebürtige Stuttgarter mit Tochter Paula (10) und Schlitten zum Grün der 9. „Herzschlaghügel“ wird dieses stramme Par 4 wegen seines 48 Grad steilen Fairways auch genannt.
Uttlau bietet die mit Abstand beste Dramaturgie
Unser Favorit unter den fünf 18-Löcher-Plätzen ist der Golfplatz Brunnwies. Ursprünglich war dessen Gelände noch hügeliger als das in Lederbach. Es wurde aber mehr geschoben. Der Platz bietet genau das, was man sich von Golf in Niederbayern verspricht. Platz und Terrain sind gerade so anspruchsvoll, dass sie von Jedermann zu bewältigen sind, ohne dabei auf Weitwinkel-Panoramablicke verzichten zu müssen.
Die Gutshofterrasse zwischen Tee 1 und Grün 18 ist einer der beliebtesten Orte des gesamten Resorts. Er wird nur noch getoppt durch das furiose Finale des Golfplatzes Uttlau. Ein Halbinselgrün am Ende eines wuchtigen Par 5, mitten im Ort zwischen Gutshof und Holzhäusern.
Der Platz bietet die mit Abstand beste Dramaturgie: ein skurriler Start mit steil aufsteigendem Fairway an der Eins, zuweilen eher langweilig layouteten Front Nine und einer atemberaubenden Back Nine, die für sich genommen die schönsten Löcher des Resorts sind und jedem noch lange im Gedächtnis bleiben werden. Eher was für das Kurzzeitgedächtnis ist der Mercedes-Benz Golf Course. Vom Pflegezustand steht er seinem direkten Nachbarn in Penning, dem Beckenbauer Course, in nichts nach.
Bernhard Langer und die Wasserläufe
Doch beim Integrieren der vielen Rott-Wasserläufe tat sich Bernhard Langer etwas schwerer. Par 4-Löcher wie die 4, 6 und 18, allesamt um die 400 Meter lang, wurden unnötig durch seitliches, frontales und quer laufendes Wasser noch weiter erschwert. Für den Otto-Normal-Golfer ein echtes Hemmniss.
Genau wie für viele Gäste die schwarzen Driving Range-Bälle in Penning. Eine Idee, um die Sicht auf die Flugkurven gegen die untergehende Sonne zu verbessern. Wir haben herausgefunden: Es funktioniert. Nur bei der Landung verliert man schnell den Sichtkontakt. Die vielen Kinder und Jugendlichen jedenfalls, die im dortigen Center of Excellence unter der Leitung von Ex-Pro Tino Schuster und Felix Lubenau seit Neuestem Spitzenförderung erhalten, finden die „schwarzen Murmeln“ cool.
Dieses Center ist auch so eine Idee von Dr. Cleven, um das Hartl Resort für die Zukunft zu rüsten und einer potenziellen Betriebsblindheit beizeiten vorzubeugen. Genau wie die European Open im nächsten Jahr. Wenn dann auch noch die Bundeskanzlerin vorbeischaut, wer weiß, was hier in Niederbayern alles noch möglich ist.