Rechts ein 200 Meter langer Teich, links eine Kuhwiese und dazwischen gerade einmal 30 Meter Fairway. Ziemlich eng ist’s. Schon auf Bahn 4 des Golfplatzes Oberallgäu kann man sich den Score komplett versauen. Aber aus irgendwelchen Gründen schießt der Puls nicht in die Höhe. Denn das, was dem Spieler bei Slices und Hooks in die
Walachei droht, ist dermaßen malerisch, dass einfach keine Panik aufkommen mag.
Golf im Allgäu, im Golfresort Sonnenalp, ist wie Golf in einer Postkarte. Die Zeit steht irgendwie still. Und Scores außerhalb der Pufferzone sind ob des Bergpanoramas technisch unmöglich. Na ja, fast.
Golfresort Sonnenalp heißt Vielfalt
Die Sonnenalp, das sind ziemlich viele Dinge in einem. Es ist ein Resort mit Sterne-Restaurant und Reiterhof, es ist ein Golfclub mit zwei Plätzen und ein Moor-Kurort ist es auch noch. Das ist ziemlich genau die Definition von „Allgäu-Urlaub“, wie man ihn sich vorstellt.
Seit 1919 steht die Sonnenalp schon im kleinen Dörfchen Ofterschwang. Immer war sie im Besitz von Familie Fäßler. Eleonore und Adolf Fäßler waren es, die damals auf ihrem Bauernhof eine Ausflugsgaststätte eröffneten – allerdings noch unter dem Namen „Sonnenalm“. Ein paar Jahre später begannen sie damit, das Anwesen Schritt für Schritt auszubauen: Erst ein Moorbad, dann ein eleganter Speisesaal – und 1932 die Umbenennung in den heutigen Namen Sonnenalp. Bis der Golfsport nach Ofterschwang kam, sollte es noch bis in die 70er-Jahre dauern. Karlheinz Fäßler, Enkelsohn der Gründer Eleonore und Adolf, war damals von einer Amerika-Reise zurückgekommen – und begeistert von Hotels mit einer angeschlossenen Golfanlage: „Ich habe wie ein Verrückter gespielt.“ Fäßler entschied: „Das brauchen wir auch.“ Doch Golf, damit konnte in Ofterschwang damals niemand etwas anfangen. Nur in Oberstdorf gab es schon einen Platz – aber das war gefühlte Lichtjahre entfernt. Fäßler schnappte sich das Telefon und rief Golfplatz-Architekt Donald Harradine an.
Es fehlte an Grundstücken
Der hatte Erfahrung mit alpinen Plätzen und schon in Österreich und der Schweiz gebaut. Doch bei der ersten Besichtigung des Baugrunds seufzte Harradine nur laut. „Hier, lieber Karlheinz, kann man keinen Golfplatz bauen“, sagte er dem Bauherren. Harradine trug Gummistiefel. Der Untergrund war schließlich das Tiefenberger Moor. Fäßler entgegnete: „Aber wir müssen hier einen Golfplatz bauen.“ Harradine ließ seinen Blick noch einmal über das Bergpanorama schweifen. „Na gut“, knickte er ein, „dann versuchen wir es.“ Durchs mannshohe Schilf wanderten die beiden zurück zum Hotel und machten sich an die Arbeit.
Sofort tauchte ein weiteres Problem auf: Fäßler hatte nur genügend Grundstücke für neun Löcher zusammengekauft. Andere ansässige Bauern stellten sich erstmal quer, Naturschützer ebenfalls. „Die dachten“, erinnert sich Fäßler, „dass wir die Fairways betonieren.“ Nur langsam kam die nötige Fläche zusammen. Und die Nachbarn blieben wenig begeistert.
Als sich Karlheinz Fäßler eines Tages mit Landrat Theo Rössert unterhielt, um noch die finalen Flächen zu bekommen, entgegnete der nur: „Reichen nicht auch 17 Löcher?“ Aber irgendwie bekamen es die Fäßlers auf die Reihe. Der Bau konnte beginnen. Schon 1976 waren die ersten neun Löcher fertig, ein Jahr später die zweiten. Ein Kraftakt war es. Aber ein erfolgreicher.
„Die Briefe, die wir bekamen, waren nicht gerade nett!“
Zur Eröffnung kam dann sogar Bernhard Langer. Doch Fäßler, immer noch damit beschäftigt, die umliegenden Bauern von der Idee eines Golfplatzes zu überzeugen, ging lieber bewaffnet auf seine erste Runde. „Die Briefe, die wir zu dieser Zeit im Kasten hatten“, erinnert sich Fäßlers Ehefrau Gretl, „waren nicht gerade nett.“
Sowieso: Gretl Fäßler. Seit 60 Jahren sind sie und Ehemann Karlheinz schon ein Paar. Schon immer haben sie für das Hotel gekämpft und gelebt. Als Karlheinz Fäßler wegen fehlender Grundstücke über eine 9-Löcher-Notlösung nachdachte, bekam er von Ehefrau Gretl einen auf den Deckel: „Nichts gibt’s. Ein Golfplatz besteht aus 18 Löchern.“
Die Fäßlers erschufen einen speziellen Platz. Durch die knifflige Grundstücksbeschaffung ist das Layout weitläufig, beinahe zerpflückt. Wege von Loch zu Loch führen sogar durch das kleine Dörfchen Dietrichs – inklusive einer Kapelle, in der man noch ein letztes Stoßgebet gen Himmel senden könnte.
Die Löcher gehen rauf und runter, schlängeln sich duch den uralten Wald des Tiefenberger Moors. Das macht viele Spielbahnen sehr eng, aber auch außer-ordentlich malerisch. Und auch sonst spielt sich der Golfplatz Sonnenalp recht anspruchsvoll. Denn durch den Moor-boden gibt es auf den Fairways sehr häufig so gut wie keinen Roll.
Noch mehr Golf auf der Sonnenalp
Das Konzept mit Resort und angrenzendem Golfplatz lief gut. So gut, dass sich die Fäßlers zur Jahrtausendwende dazu entschieden, ihre Golfleidenschaft noch ein wenig weiter auszuleben. In fünf Kilometern Entfernung entstanden nicht nur weitere 18 Löcher, sondern auch noch ein 9-Löcher-Kurzplatz. Der Golfplatz Oberallgäu. Hier gibt es eine eigene Golfschule, ein eigenes Restaurant und eine komplette Verwaltung. Zusammen mit dem Golfplatz Sonnenalp bilden beide Anlagen einen Verbund von 45 Löchern unter einem Verwaltungsdach.
Wer hier Mitglied wird, erwirbt die Spielberechtigung auf allen Plätzen. 466 Mitglieder gibt es im Moment, allerdings herrscht Aufnahmestopp. Sonst würden sich vermutlich Greenfeespieler, Hotelgäste und Mitglieder arg in die
Quere kommen.
Die 18 Löcher im Oberallgäu sind deutlich hügeliger als die des Bruderplatzes. Das Layout ist moderner und aufgeräumter, und mit einem Slope von 126 (gelb) ist er auch ganze sechs Punkte einfacher als der ältere Bruder Sonnenalp. Die Schwierigkeit kommt auf dem Oberallgäu-Platz durch knackige Abschläge über Schluchten, wie beispielsweise an der 7, die passenderweise den Namen „Grand Canyon“ trägt.
Golf wie Kaffee und Kuchen
Der Golfplatz Oberallgäu schafft allerdings den Spagat, den ein guter Resort-Platz ausmacht: Er fordert gute Spieler mit Länge und anspruchsvollen Hindernissen, schreckt aber Anfänger nicht ab. Und wer bei seinem Aufenthalt im Sonnenalp-Resort zum ersten Mal einen Schläger in die Hand nehmen möchte, landet schnell auf dem Kurzplatz „Gundelsberg“.
Seit 2004 gibt es hier also zwei Plätze. Und zur Eröffnung der neuen Anlage wurde auch gleichzeitig die alte renoviert. Die Fäßlers hätten den Job gerne an den Original-Architekten Donald Harradine vergeben, doch der verstarb 1996. Also übernahm Kurt Rossknecht dankend und baute nicht nur 27 neue Löcher ins Allgäu, sondern verpasste dem älteren Sonnenalp-Platz gleich ein kleines Redesign. „Nichts Wildes“, erklärt Karlheinz Fäßler, „aber so bleibt der Platz fit für die Zukunft.“
Ein Besuch im Golfresort Sonnenalp ist wie der Ausflug zu einem Kaffeekränzchen. Man hat das Gefühl, am Tisch einer großen Familie zu sitzen. Kein Wunder, dass 80 Prozent der Übernachtungen von Stammgästen gebucht werden und Headpro Bernard Kennedy hier schon rekordverdächtige 32 Jahre seine Trainer-Stunden anbietet.
Fast 100 Jahre Geschichte liegen hinter der Sonnenalp. 40 davon sind vollgepackt mit Golf. Auch das Logo, eine grüne Sonne auf weißem Grund, ist fast immer gleich geblieben. Über die Jahre hat sie allerdings ein etwas breiteres Grinsen bekommen.