Tiger, Elvis, Otto, Madonna – alles Menschen, bei denen der Vorname bekannter ist, als ihr Nachname. Auch auf die Inhaberin des Hofgut Georgenthal im Taunus, Brita Hankammer, trifft das zu. Vater Heinz Hankammer benannte vor gut 50 Jahren seine heute weltbekannten BRITA-Trinkwasserfilter nach seiner Tochter. Ein Bestseller, von dem jährlich über
40 Millionen vom Band laufen und der das Familienunternehmen BRITA GmbH mit knapp 1.500 Mitarbeitern heute zu einem der führenden der Branche macht.
Brita Hankammer beschäftigt im Georgenthal 44 Mitarbeiter. Bislang beschränkte sich deren Wirkungskreis auf das 4-Sterne-Superior-Hotel, das sie 2007 gemeinsam mit ihrem Bruder Markus (heute Geschäfts-führer der BRITA GmbH und Präsident beim Fußballclub SV Wehen Wiesbaden) vom Vater übernahm. „Mein Vater hat sich mit der aufwendigen Renovierung des ehemals maroden Gebäudes einen Kindheitstraum erfüllt“, sagt die 50-Jährige. „Er wollte einmal auf einem Rittergut Gäste bewirten.“ Und eigentlich dort, nur drei Kilometer vom Elternhaus entfernt, selbst einziehen. Doch die teuren Umbauten mussten sich amortisieren.
Seither hat sich das Hofgut als Tagungshotel im großen Rhein-Main-Einzugsgebiet einen Namen gemacht. Viele Teambuilding-Seminare finden hier statt. Der Ort schweißt zusammen. Nur zwanzig Autominuten von Wiesbaden entfernt, hat man mitten im Taunus das Gefühl, viel weiter weg zu sein.
Den Vorurteilen getrotzt
Rauskommen, runterkommen, Auszeit – so lautet das authentische Motto im Georgenthal. „Doch wir haben für unsere Hotelgäste nach einer weiteren Attraktion neben dem Spazierengehen gesucht“,
erinnert sich Hankammer. Die Region ist touristisch wenig erschlossen, die Hauptattraktion schon seit mehr als 1.500 Jahren im Ruhestand: das Weltkultur-erbe Limes, die quer durch Deutschland verlaufende befestigte Grenze zwischen Römischen Reich und germanischem „Barbaricum“.
Da kam der Tipp einer Gruppe von Leuten aus der Region mit knapp 20 Jahre alten Plänen für einen Golfplatz gerade recht. Deren einstige Gedankenspiele erstickte eine geplante Mülldeponie vor Ort im Keim. Aber der Kehricht kam nie. Daher sprach dieses Mal zunächst nichts gegen ein Ballprojekt rund um das Hofgut.
Bis auf die Bedenken der Eigentümerin. Sie hatte die üblichen Vorurteile gegen Golf: elitäre, geschlossene Gesellschaft. „Ich musste mich zunächst intensiv mit dem Sport beschäftigen, bevor ich meine Vorurteile verlor.“ In diesem Jahr machte sie ihre Platzreife. Zwei Jahre zuvor gab sie nach einer Bauchentscheidung den Startschuss zum Bau des Platzes – mit einer ganz klaren Maxime: „Wir wollen Barrieren gar nicht erst entstehen lassen.“
Am Tag der offiziellen Platzeröffnung vor wenigen Wochen zählte man bereits knapp 300 Mitglieder, ein Drittel davon Neugolfer. Die Eintrittsschwellen scheinen in der Tat niedrig zu sein – und der Bedarf an Golfplätzen sowie die Lust am Golfen im Taunus immens. „Die Mitglieder schenkten uns einen großen Vertrauensvorschuss“, räumt Betriebsmanager Hermann Bögle ein. „Am Tag der Eröffnung ging es dann mit vielen Aufmerksamkeiten darum, Seelen zu streicheln.“ Vom ersten Spatenstich bis zum goldenen Ball vergingen nämlich 26 Monate. Geplant waren zwölf.
Wiederekennungswert Wasserelemente
Was lief schief? Die Insolvenz des ersten Bauunternehmers kostete schon mal knapp ein Jahr. Und für die nachfolgende Baufirma Pötter hielt das Schiefergebirge noch ein paar Überraschungen bereit. So verläuft zum Beispiel eine der wichtigsten Fernerdgasleitungen unterhalb des Geländes. Die Sicherheitsauflagen bei Baggerarbeiten waren enorm. Dann wurden die Bahnen in den Hang gebaut. Nachdem die oberste Erdschicht abgetragen war, kamen Schiefer und Granit zum Vorschein und mit ihm das Wasser. „Wir mussten ein paar Kilometer mehr gelbe Drainagerohre als geplant einbauen“, erinnert sich Bögle. Der 51-Jährige mit langjähriger Erfahrung im Hotel- und Golfbusiness machte aus der Not zugleich eine Tugend. „Das viele Wasser nutzen wir heute zum Teil zur Bewässerung und es ist mit acht Wasserhindernissen ein bestimmendes Element im Design des Platzes.“
Das schließlich die gesamte Anlage, inklusive Fairways, mit Brauchwasser bewässert werden kann, verdanken die neuen Golfplatzbesitzer einer ebenfalls selbst finanzierten kilometerlangen Wasserleitung bis ins benachbarte Holzhausen. Wasser einer dortigen Schürfung war als Trinkwasser unbrauchbar. Und so konnte man den Nachbargemeinden auch die Angst nehmen, dass die Golfer ihnen künftig ihr Trinken rauben könnten. Ein überzeugendes Argument für den Bau.
Und dann gibt es da noch eine Grenze, die keiner sieht und die dennoch nicht angerührt werden darf: der antike Limes. Vor 200 Jahren endete vor dem Hofgut die Mittelmeerwelt. „Auf der Range schlägt man aus dem Barbaricum bis ins Römische Reich“, berichtet Brita Hankammer. Diese einstigen heute quer durch Europa verlaufenden Grenzanlagen der Römer zum Schutz ihres Reichs gegen die barbarischen Germanen verlaufen quer über das Golfplatzgelände.
Die Arena im Georgenthal
Dummerweise fand man mittels geoelektrischer Prospektion heraus, dass der Verlauf in diesem Bereich ein anderer ist, als immer angenommen. „Die Pläne zum Platz mussten erneut neu geschrieben werden.“ Heute kann Brita Hankammer lachen, wenn sie an diese Verkettung von Rückschlägen denkt. Noch im Herst lässt sie den Limes-Verlauf mit Speierling-
Apfelbäumen visualisieren. Die sollen schon die Römer hier kultiviert haben. Neben dem anfänglichen Mut verlangte ihr Platz zuletzt vor allem Geduld.
Jetzt sind neun der 18 Löcher bespielbar, der Rest folgt im Frühjahr 2016. Einen bleibenden Eindruck hinterlässt „die Arena auf Georgenthal“ aber schon jetzt. „Christian Althaus ist ein Künstler“, schwärmt Neugolferin Hankammer von ihrem Platzarchitekten. „Trotz Golfplatz ist das von Wald flankierte Tal noch Taunus geblieben.“ Am tiefsten Punkt liegt das Gut und an den Hängen rundherum – wie in einer Arena – bauen sich die Bahnen auf. Beinahe von jeder Stelle hat man Überblick über das gesamte Areal.
Headpro Richard Nömeier sagt: „Die Leute werden nicht hierher kommen, um ihr Handicap zu verbessern.“ Auch unsere erste Einschätzung: Leicht ist der Par 70 nicht – mit zwei verschiedenen Gesichtern. Die Löcher 10 bis 18 auf der überwiegend retro-germanischen Seite sind in Terrassen übereinander angelegt. Wem es gelingt, auf den oft schmalen Fairways zu bleiben, spielt in der Ebene, sieht sich aber vielen Wellen in Fairways und Grüns gegenüber. Im südlichen, dem Römischen Reich zugewandten Teil der Anlage der Löcher 1 bis 9, geht es stattdessen im
Spiel auf und ab. Gleich das 1. Loch (Par 4, 333 m von Gelb) festigt dem Golfer die Waden. Dafür sind diese limesnahen Fairways auch deutlich breiter.
„Der Star ist die Landschaft“, kontert Architekt Christian Althaus das Kompliment der Inhaberin. „Sieht schwer aus, spielt sich aber viel einfacher.“ Ob es eine ähnliche Brita-Erfolgsgeschichte wird wie die erste – die Chancen stehen gut.