T | Stefan Quirmbach
F | Stefan von Stengel
Golf könnte ein so schöner und vor allem einfacher Sport sein, wenn da nicht diese verflixten Herausforderungen zwischen Abschlag und Grün wären. Wie Sie die verschiedenen Situationen im Rough, kurz vorm Grün oder eben im Sandbunker möglichst elegant meistern, verrät Ihnen der Präsident der PGA of Germany Stefan Quirmbach – natürlich für beide Platzgattungen Links- und Parkland-Course. In diesem vierten Teil unserer Trainings-Serie geht es um die Rettung aus dem Sand.
Den Bunker gibt es in unzähligen Varianten – mit hellem, fluffigen oder schwerem dunklen Sand; ganz fein oder aus grob geschrotetem Granit; kreisrund, Nierenförmig oder wie ein Ornament in das Fairway gestochen. Aus der Ferne können Sandbunker mitunter bildschön changieren – vorausgesetzt sie verstecken sich nicht wie kleine, gemeine Gruben im Fairway. Liegt aber der eigene Spielball erst mal drin, ist der Spaß an der Runde für so manche Spieler verpufft.
Stefan Quirmbach zeigt Ihnen, wie Sie – ohne Zauberei – den Weg aus dem Sand finden. Dazu gibt es im gesamten Teil dieser Serie ein kleines Links-/Parkland-Vokabular samt einer kurzen Vorstellung von Quirmbachs Top 12 seiner Lieblingsplätze.
Links-Courses
Auf Links-Plätzen gibt es Topfbunker, die bis zu vier Meter tief sein können. Einige dieser Sandkisten gehen sogar so tief in den Untergrund und sind so steil, dass sie teilweise nur mittels einer Leiter betreten werden können. Charakteristisch für den Topfbunker ist die Bunkerwand, die meist nicht mit Sand bedeckt ist und fast senkrecht nach oben führt. Je näher man an der Bunkerwand liegt, um so schwieriger der Schlag. Gelegentlich ergeben sich auch Spielsituationen, die es erfordern , den Ball seitlich oder sogar rückwärts herauszuspielen. Wer den Ball in hohem Bogen aus dem Topfbunker schlagen möchte, sollte ein paar technische Anpassungen vornehmen, damit dieser anspruchsvolle Schlag auch planmäßig gelingen kann. Das Zauberwort im Topfbunker heißt Loft. Da aber das klassische Sand-Wedge »nur« über einen Loft von 56 Grad verfügt, muss mittels eines technischen Kniffs etwas Extra-Loft hinzugefügt werden. Der zweite notwendige Faktor aus dem Topfbunker lautet Tempo und der dritte: Rotation. Wer diese drei Faktoren berücksichtig, dem gelingt auch der Schlag aus tief gelegenen Lagen (Foto 1).
Um den Loft im Treffmoment zu erhöhen, empfehle ich beim Ausholen das linke Handgelenk so weit wie möglich in Richtung des Unterarmes zu beugen. Jeder einzelne Grad, den man das Handgelenk winkelt, öffnet die Schlagfläche. Hier auf Foto 2 sehen Sie, wie meine Schlagfläche um 80 bis 90 Grad geöffnet ist. Schwingt man von da aus mutig und schnell Richtung Ball und trifft mit der Sohle kurz vorm Ball auf den Sand, zeigt die Schlagfläche fast zum Himmel. Die Sohle des Schlägers drückt den Sand weg und der Ball fliegt steil ab.
Im weiteren Verlauf des Schwungs darf man aber nicht die Schlagfläche geöffnet lassen, sondern muss die Arme weiter beschleunigen und die Unterarme übereinander drehen. Zudem werden die Handgelenke abgewinkelt, so dass der Schlägerkopf über den Bunkerrand hinausragt. Das ist notwendig, damit der Schlägerkopf im Treffmoment genügend Druck entwickelt, um die Dämpfung des Sandes auszugleichen.
Zwei beispielhafte Links-Plätze
Royal Liverpool Golf Club at Hoylake
Auf dem Royal Liverpool wurde die Open Championship bisher zwölfmal ausgetragen. Davon aber nur zweimal nach 1967. 2006 und zuletzt 2014, als Rory McIlroy seine erste Open Championship dort gewann. Da der Platz nicht im Schutz von hohen Dünen liegt, spielt der Wind noch häufiger als bei anderen Links-Plätzen eine große Rolle. Wer auf Reisen auch abseits des Fairways etwas erleben möchte: Ein Besuch Liverpools lohnt sich besonders auch für Fußball- und Beatles-Fans.
Bandon Dunes Golf Resort
Fünf Links-Courses und einen Par-3-Platz beherbergt das Bandon Dunes Golf Resort in Oregon, USA. Am imposantesten ist der Pacific Course, der klar zu den besten Links zählt und aktuell auf Platz 17 der besten Golfplätze in den USA rangiert. Der Architekt Tom Doaks hat viel Erde bewegt und dadurch den Dünencharakter noch weiter ausgearbeitet. Eine Besonderheit ist, dass sich auf den Back Nine vier Par 3 Löcher befinden.
Historisch: Der Road-Hole-Bunker in St. Andrews, Road Hole Bunker Loch 17
Der Road-Hole-Bunker auf Bahn 17 des ehrwürdigen Old Course von St. Andrews ist der wohl bekannteste Bunker der Welt. Ursprünglich extrem tief und relativ schmal, war es äußerst schwierig, dort problemlos herauszuspielen. So geschah es auch US-Amerikaner David Duval bei der Open Championship 2000: Nachdem er den Ball zweimal nicht rausbekam, lag der Ball so nahe an der Kante, dass er ihn nur einhändig rückwärts in den Bunker zurück und von da aus auf das Grün schlagen konnte und mit zwei Putts zur 8 lochte. Statt einem sicher geglaubten zweiten Platz direkt hinter Tiger Woods fiel er zurück auf den elften Rang. Zum Leidwesen vieler Links-Golf-Fans wurde der Road-Hole-Bunker 2014 dank eines Umbaus etwas abgemildert.
Kleines »Links-Lexikon«
Was sind Topfbunker?
Diese Art der Sandunker gilt schlichtweg als das Markenzeichen von Links-Plätzen. Vor diesem Bunkerdesign haben fast alle Spieler gehörigen Respekt. Hierbei handelt es sich um sehr tief ausgekofferte, konstruierte Bunker mit steilen Wänden, die aus aufgeschichteten Soden bestehen. Bei Topfbunkern wird der Sand nur unten auf dem Boden des »Topfes« ausgebreitet, um so den Sand vor Verwehung zu schützen.
Wie sind die Bunker entstanden?
Durch die unmittelbare Nähe zum Meer peitschte in den Links sehr häufig ein starker, garstiger Wind. Auf der Suche nach einem sicheren Unterschlupf gruben sich die in den Links grasenden Tiere – vornehmlich Schafe und Ziegen – Kuhlen. In diese Einbuchtungen legten sie sich hinein, um sich vor der Witterung zu schützen. Im Laufe Zeit sammelte sich in diesen Kuhlen Sand und so waren die Bunker geboren.
Parkland-Courses
Die Bunker auf den meisten Parkland-Plätzen sind nicht sonderlich tief. Selten sind die Bunkerkanten auf Parkland-Courses höher als ein Meter. Für diese Kantenhöhe ist der Loft von 54 Grad eines typischen Sand-Wedge absolut ausreichend. Der entscheidende Faktor bei diesem Bunkerschlag ist, die Menge an Sand angemessen zu dosieren (Foto 4). Ich erlebe es oft, das große Sandmengen herausgeschlagen werden oder der Sand an der falschen Stelle getroffen wird. Das ist auf den Irrglauben zurückzuführen, man müsse fest vor dem Ball in den Sand schlagen. Das ist falsch, denn der Eintreffwinkel beim Bunkerschlag sollte flach sein und die Sandmenge möglichst gering.
Die Voraussetzungen für einen möglichst perfekten Bunkerschlag beginnen mit der Ansprechposition: Stellen Sie sich am besten etwas breitbeiniger hin. Der Ball sollte links der Mitte liegen. Der Schläger wird senkrecht über den Boden gehalten und auf keinen Fall nach vorne geneigt werden. Der Körper bleibt beim gesamten Schlag in dieser Position (Foto 5). Meiner Erfahrung nach muss man für einen 15 Meter weiten Bunkerschlag die Kraft für einen 45 Meter weiten Schlag aufbringen, da der Sand den Schlägerkopf stark abbremst.
Beim Ausholen drehen Sie Ihre Schultern um circa 45 Grad auf und schwingen die Arme parallel zum Boden. Dabei müssen Sie die Handgelenke komplett winkeln. Schwingen Sie Ihre Arme mit Entschlossenheit zurück und im Durchschwung mutig durch den Sand und den Ball. Versuchen Sie den Sand einschließlich Ball mit dem Schlägerkopf aus dem Bunker herauszuschleudern (Foto 6). Im weiteren Verlauf des Schwungs sollten Sie soweit schwingen, dass der Schlägerkopf zum Himmel zeigt. Behalten Sie Ihren Körper entweder zentral in der Mitte oder ein wenig auf der linken Seite. Vermeiden Sie jedoch zu schwanken, denn dann treffen Sie den Sand nicht immer an der gleichen Stelle.
Zwei beispielhafte Parkland-Plätze
Golf Club Bad Saarow – Arnold Palmer Platz
Nur wenige Jahre nach der Wende wurde im brandenburgischen Bad Saarow ein Golf- und Sport-Resort der Extraklasse gebaut. Das Besondere daran ist, dass jeder der drei Plätze sehr unterschiedlich ist. Der legendäre Profi-Golfer Arnold Palmer designte den ausgezeichneten Parkland-Course mitten in einen Nadelbaumwald hinein. Satte Fairways in breiten Waldschluchten, überdimensional große Grüns, umgeben von einem Semi-Rough-Streifen und große Bunker animierten die Golf-Magazin-Leser beim Deutschen Golf Award 2020 diesen Course auf Rang 7 zu wählen.
Sunningdale Golf Club – Old Course
In weltweiten Rankings zählt der Old Course des englischen Sunningdale Golf Club seit vielen Jahren zu den besten Parkland-Plätzen Europas – ein echter Klassiker eben. Willie Park designte den Platz 1901, von dem die 5. Bahn zu einem der 500 besten Löcher der Welt gewählt wurde. Als der Old Course vor über 120 Jahren angelegt wurde gab es noch keine Bäume. Die wurden erst nach und nach gepflanzt. Der New Course der 1923 als zweiter Platz erschaffen wurde zählt ebenfalls zu Europas Top-Golf-Destinationen. Dieses beeindruckende Duo macht die Anlage des Sunningdale Golf Club zu den besten Golfadresse Englands. Der englischen Profigolferin Karen Stupples gelang bei ihrem Sieg der Women’s British Open 2004 in der Finalrunde mit einem Eagle und einem Albatros der beste Start eines Golfturniers aller Zeiten.
Historisch: Augusta 2012 – Der »Wald-Champion« Bubba Watson
Bubba Watson hasst nahezu »gerade Schläge«. Er gilt als einer der kreativsten Spieler aller Zeiten. Beim Masters 2012 in Augusta verhalf ihm diese Fähigkeit, im Stechen gegen den Südafrikaner Luis Oosthuizen, zu seinem ersten grünen Jackett. Am zweiten Extra-Loch, der 10. Bahn des Augusta National, einem nach links verlaufenen Dog-Leg, wäre eine Links-Kurve erforderlich gewesen. Stattdessen verzog Bubba Watson den Abschlag nach rechts – tief in den Wald. Wie ein Wunder lag der Ball frei. Der Linkshänder schlug zielgerichtet den wohl besten Linkshänder-Hook der Golfgeschichte. Mit seinem 52 Grad Wedge schlug er den Ball mit einer zunächst gerade verlaufenen Flugkurve durch eine schmale Schneise aus dem Wald heraus und dann »bog« der Ball circa 35 Meter stark nach rechts ab und landete nahe der Fahne. Zwei Putts später hatte der US-Amerikaner sein erstes Masters gewonnen.
Kleines »Parkland«-Lexikon
Grünbunker
Die Grünbunker auf Parkland-Courses werden meistens sichtbar gestaltet. Das gelingt, indem der Sand nicht nur auf dem Boden des Bunkers, sondern auch die gesamte Bunkerwand hochgezogen wird. Die Fläche eines Bunkers ist sehr groß und die Kante wirkt dadurch nicht so hoch.
Fairwaybunker
Im Gegensatz zu Links-Courses sind Parkland-Plätze stärker designt. Die Golfplatzarchitekten setzen zur Gestaltung der Bahnen Spielelemente künstlich ein. So werden aus optischen Gründen sehr oft große Bunkerlandschaften angelegt, die für viele Spieler häufig gar nicht ins Spiel kommen. Meister dieser Disziplin sind Robert Trent und Jack Nicklaus, deren Bunkerlandschaften besonders attraktiv aber nicht »gefährlich« wirken.
Stefan Quirmbach
Der 60-Jährige ist verheiratet mit Katharina Quirmbach und hat zwei Töchter. Seit 1984 Professional der PGA of Germany, seit 2000 deren Präsident. Im Jahre 1996 zum 5-Star-Professional der PGAs of Europe gekürt, seit 2010 Masterprofessional und Health Pro der PGA of Germany. Informationen und Angebote unter www.stefanquirmbach.de oder telefonisch 0551-79 77 891