Wenn er abschlägt, ist die Hölle los. Der Amerikaner ist ein Publikumsmagnet. Warum? Sein Spiel ist spektakulär, und sein Auftreten, diese Kombination aus kalifornischer Lässigkeit mit ausgeprägter Freundlichkeit, ist unerreicht. Fred Couples ist ein Super-Star der Golfszene. Nach unserem Termin sagen wir – zu recht!
Ihre Art der Begrüßung ist durchaus jugendlich: Ghetto-Faust statt Händeschütteln. Sind Sie ein heimlicher Rapper?
Ich weiß, ich weiß, das ist eine Eigenheit von mir. Dafür gibt es eine einfache Erklärung. Seit Jahren habe ich mit Rückenschmerzen zu kämpfen und habe einst festgestellt, dass ich bei der klassischen Begrüßung sofort ein leichtes Stechen spüre und Schmerzen bekomme, dann habe ich umgestellt.
Wie gut oder schlecht geht es Ihnen eigentlich?
Optimal ist es nicht. Deswegen spiele ich auch nicht oft und nehme mir meine Pausen. Dass ich nicht der Typ bin, der stundenlang auf der Range übt, ist ja bekannt. Ich spiele regelmäßig meine Runden, wenn ich zu Hause bin. Dienstag und Donnerstag sind mit Kumpels gesetzt. Geht ein Tag nicht, holen wir das am Samstag immer nach. Das macht Laune. Zuletzt habe ich eine 58 gespielt, das war recht teuer für meine Jungs. An den anderen Tagen, wo ich nicht auf dem Platz bin, nehme ich verschiedene Schläger, geh durchs Haus und schwinge einfach nebenbei. Ich bin ja auch keine 35 mehr. Wenn ich sehe und höre, was die Jungen so alles veranstalten – mein Gott. Die stehen von 6 Uhr morgens bis abends auf der Range.
Bei Wikipedia führt man Sie mit 62 Siegen, erfüllt Sie das mit Stolz?
Ach was, da ist ja nun alles reingerechnet, diese Skins Games und Turniere von sekundärer Bedeutung. Ich habe 15 Mal auf der PGA Tour gewonnen, das zählt. Aber, wissen Sie was: Ich hätte liebend gerne mehr in Europa gespielt. Es gab ja eine Phase, wo sie uns durchaus finanziell gelockt haben…
Und was hat Sie daran gehindert?
Na ja, eine gewisse Eitelkeit. Wenn ich beispielsweise bei Bernhard (Langer) in Deutschland gespielt hätte und dann nicht gut, das bleibt im Gedächtnis von mir und den Zuschauern haften. In den USA ist das anders: Da spiele ich die eine Woche in Chicago, die andere in Minnesota. Also regelmäßig. Da macht es nichts aus, wenn es mal nicht läuft. Jeder weiß ja: Der kann’s. Europa wäre mir einfach zu hektisch gewesen, und auf die European Tour zu wechseln, diesen Gedanken habe ich immer schnell abgelegt. Häufiger mal zu spielen, das hatte ich schon auf dem Radar. Schließlich konnte ich einige Turniere in Europa gewinnen. Dass Amerikaner den Einstieg über Europa versuchen, sehen wir ja an den Beispielen Brooks Koepka und Peter Uihlein. Bei Peter verstehe ich den Schritt übrigens ganz und gar nicht. Vielleicht gefällt es ihm einfach so gut in Europa.
Steckbrief
*Geboren: 3. Oktober 1959 in Seattle
*Wohnort: Newport Beach (Kalifornien, USA)
*Sportliche Erfolge: weltweit insgesamt 62 Profi-Siege; 15 Titel auf der PGA Tour: Kemper Open 1982 (erster Sieg), Masters 1992, The Players Championship (1984, 1996); seit 2010 elf Siege auf der Champions Tour: Senior Players Championship 2011, Senior Open Championship 2012; Ryder Cup: 5 Teilnahmen (Siege 1991, 1993); Presidents Cup: 7 Teilnahmen (Siege als Spieler 1994, 1996, 2005, Siege als Kapitän 2009, 2011, 2013); 26 Top-10-Ergebninnse bei Majors
*Auszeichnungen: Mitglied der World Golf Hall of Fame seit 2013, PGA Tour Player of the Year: 1991, 1992, PGA Tour Geldranglistensieger: 1992
*Preisgeld PGA Tour: 34 Mio. Dollar
*Sponsoren: Berenberg, Ultimate Software, Mitsubishi Electric, Ecco, Bridgestone Golf, Ashworth
Mittlerweile hat Peter Uihlein ja die PGA-Tour-Spielberechtigung für 2018. Womöglich war es in seinem Fall eine Schutzmaßnahme, schließlich ist er der Sohn des Acushnet-Chefs (Titleist, FootJoy). Haben ihn Fans und Medien dadurch nicht ganz anders im Visier?
Klar, der Druck auf den jungen Burschen war oder ist ein ganz anderer als bei einem Brooks Koepka. Aber er war doch schon ein Ausnahmespieler auf dem College, der Oklahoma State University. Wie lange hat er in Europa gespielt? Fünf oder sechs Jahre! Er hätte es auch ohne den Umweg geschafft. Und Koepka, der haut die Kugel ja meilenweit.
Mit eine Ursache, dass er die US Open 2017 gewonnen hat?
Absolut. Die Verantwortlichen können die Plätze wahrscheinlich auf 8.000 Yards verlängern, und es hätte kaum Auswirkung auf den Score. Mit dem Belgier Nicholas Colsaerts habe ich mal gespielt, vollkommen verrückt, wie weit er den Ball rausjagte. Das ist ja alles schön und gut: Letztlich muss man aber ein außergewöhnlich gutes kurzes Spiel haben und ein hervorragender Putter sein, um Siege auf der Tour einzufahren. Bei Tommy Fleetwood sieht man in seinem gesamten Schwung, warum er so gut ist. Er kann ein Super-Star werden. Ähnlich ist es bei Thomas Pieters, er kann auf jedem Kurs der Welt jeden Tag eine 65 schießen. Er sieht aber immer so angespannt aus, und das ist kein gutes Zeichen. Es wirkt, als ob er sich unter Druck setzt. Man kann aber nicht jede Woche Spitzenergebnisse abliefern. Golf ist ein Marathon, kein Sprint, und erzwingen kann man schon gar nichts.
Woher kommt es, dass Sie die europäischen Profis so gut kennen?
Ich lebe an der amerikanischen Westküste, in Kalifornien. Bei der Zeitverschiebung läuft die europäische Tour im TV meist um sieben oder acht Uhr morgens. Das passt mir recht gut, und ich schau mir die Übertragungen gerne an. Die PGA Tour schau ich mir dagegen selten an, da kenne ich alles. Pieters ist mir beim letzten Ryder Cup auch aufgefallen, ich war sehr beeindruckt. Der ist rausgegangen und hat losgelegt. So sind auch ein paar von den jungen Amerikanern. Die sind heiß auf die großen Events, sie brennen und wollen loslegen und schlagen unter Druck einen mörderischen Ball.
Haben Sie eine Erklärung für die nun schon länger anhaltende Formkrise von Martin Kaymer? Ein zweifacher Major-Sieger kann’s ja nicht verlernt haben?
Nein, ich habe keine Erklärung, warum es bei ihm nicht läuft. Ich weiß, dass er wie ein Besessener in Arizona trainiert. Martin Kaymer ist aber einer, der schon kommende Woche wieder gewinnen kann.
Jason Day hat für mich bei der Open 2017 ausgeschaut wie ein Basketballer aus den 90er Jahren
Sind Sie ein harter Arbeiter?
Ich bin mehr der heimliche Arbeiter. Früher bin ich zu meinem Coach nach Houston geflogen, wir hatten eine Einheit am Vormittag, eine am Nachmittag, und dann ging es auf den Platz. Das habe ich aber körperlich nicht ausgehalten. Und ich bin halt mehr der Typ, der spielt und mit ein paar Bällen auf der Runde übt.
Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Karriere?
Sehr zufrieden. Die letzten Jahre auf der PGA Tour waren natürlich hart. Wenn man um die 45 ist, hat man dort kaum mehr Chancen, regelmäßig vorne mitzuspielen. Siege auf der regulären Tour gelingen in diesem Alter nur noch ganz außergewöhnlichen Pros. Der Beruf Profi-Golfer auf der Tour ist einfach in Worte zu fassen. Spielt man erfolgreich, ist alles gut. Man ist frustriert, sobald man nicht mehr gut spielt, das gilt auch für die Champions Tour. Da dominiert Bernhard Langer, er ist einfach der härteste Arbeiter und beste Spieler. Ich meine, was er in Wales 2014 bei der Senior Open Championship zeigte – ihn hätte in dieser Woche kein Spieler der Welt bezwingen können, keiner! Bernhard ist unmenschlich.
Das war auch Tiger Woods. Glauben Sie, dass es jemals noch einen Profi geben wird, der die Tour über Jahre hinweg so dominieren kann?
Schwierig, aber man darf in der Woods-Ära Phil Mickelson und Vijay Singh nicht vergessen. Die haben doch auch alles abgeräumt. Es kann der Fall eintreten, dass jemand mal eine große Anzahl an Turnieren in ein bis zwei Jahren gewinnt. Dass ein Spieler einen Zeitraum von fünf oder zehn Jahren dominiert, ich glaube, das wird nicht mehr passieren. Dafür sind die Jungs einfach alle zu gut. Die Frage ist etwas unfair, weil Tiger eine derartige Ausnahme war. Er ist mit 19 auf die Tour gekommen und hat von 1996 bis 2013 79 Turniere auf der PGA Tour gewonnen. Das macht einen Schnitt von etwa 4,3 im Jahr. Nimmt man die anderen Siege hinzu, liegt man bei über fünf. Unerreicht!