Das selbst bestimmte Leben ist für Superstar Tiger Woods seit gut zehn Monaten vorbei. Gibt der Ausnahmespieler auf den Grüns und Fairways weiter unbeirrt den Ton an, zu Hause hat er längst seinen Chef gefunden: Töchterchen Sam.
Seit seine schwedische Ehefrau Elin im Juni vergangenen Jahres die Kleine zur Welt brachte, hat der Jungvater seinen Biorhythmus umgestellt und sich zum Frühaufsteher gewandelt. „Mit der Geburt hat sich mein Leben um 180 Grad gedreht. Ich stehe morgens ganz früh auf, mache im Gym mein Fitnesstraining und frühstücke dann mit Sam“, sagt Woods. Dann folgt ein Spaziergang, „und wenn Sam dann ihr Mittagsschläfchen hält, kann ich trainieren. Ich will nichts verpassen, sie verändert sich doch jeden Tag.“
Perfekte Balance gefunden
Geschadet hat der zum Teil fremdbestimmte Tagesablauf Tiger Woods nicht, auch wenn der ein oder andere Konkurrent nach Sams Geburt vielleicht darauf spekuliert hat. Im Gegenteil. Der 32-Jährige hat offenbar die perfekte Balance zwischen Privat- und Berufsleben geschafft. Zumindest belegen dies die Ergebnisse.
Acht seiner letzten zehn Turniere hat er gewonnen, und am Donnerstag ist er beim 72. US Masters (an allen Tagen live auf Premiere) turmhoher Favorit. In Augusta will der dort bereits viermal siegreiche Woods den Grundstein zum ersten Grand Slam eines Golfers legen. Bislang hat er „nur“ den so genannten „Tiger Slam“ geschafft, vier Major-Siege in Folge. Einziger Makel: Sie lagen nicht im gleichen Kalenderjahr.
Sollte es auch 2008 mit dem Coup nicht klappen, würde die Welt für Tiger Woods nicht untergehen. Frust kennt er eigentlich nur noch daheim. „Es macht micht fertig, wenn Sam schreit, sobald ich aus dem Haus will. Und das wird immer schlimmer, je älter sie wird“, erklärt der Tiger, „besonders, wenn sie anfängt zu sprechen und in die Schule kommt“.
Per Skype ständig in Kontakt
Nie habe er damit gerechnet, dass ihn die Vatergefühle derart übermannen könnten. „Wenn dir das deine Eltern erzählen, glaubst du es nicht, bis du es selbst erlebst. Ich hätte nie gedacht, dass ich so intensiv fühlen kann“, sagt Woods, der sich auf seinen Reisen in die ganze Welt technischer Hilfe bedient, um seiner Kleinen doch nah zu sein. „Wenn ich unterwegs bin, habe ich Skype. Dann kann ich mit ihr reden und sie dabei beobachten. Ich weiß nicht, wie die Jungs das früher gemacht haben, aber Technologie hilft schon sehr“, so der Kalifornier.
Neben Klein-Sam zieht Tiger Woods weitere Kraft aus der Meditation. Gelernt hat er dies jahrelang von seiner aus Thailand stammenden Mutter Kultida. „Der Buddhismus sagt dir, dass du alles hart für dich selbst erarbeiten musst“, so Woods, der „einmal im Jahr“ mit meiner Mutter in einen buddhistischen Tempel geht.
Von seinem im Mai 2006 verstorbenen Vater habe er die Kontrolle gelernt, von seiner Mutter die Aggressivität. „Wenn du mit meiner Mutter redest, wirst du sehen, von wem ich die Leidenschaft habe. Die Ruhe habe ich von meinem Dad“, erklärt Woods. Seine Mutter lebe und sterbe bei jedem seiner Schläge. „Ich sage ihr dann: Mum, bleib ruhig, ich weiß, was ich tue. Dann sagt sie mir: Du wirst wissen, was ich mache, wenn Sam älter ist.“ Der Tiger wird es wohl schon jetzt erahnen können.