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Zurück zur Leichtigkeit

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Von Johannes Oberlin

Hoffnungsvoll im froschgrünen Poloshirt ging Ernie Els gestern auf dem Plantation Course auf Kapalua (Hawaii) ans Tee. Grund dazu gab es allemal. Vor fünf Jahren gewann er hier mit einem sensationellen Ergebnis von 31 Schlägen unter Par die Mercedes-Benz Championship – mit acht Schlägen Abstand zu seinen Verfolgern wohlgemerkt. Seitdem ist viel passiert im Leben des heute 39-jährigen Familienvaters. Sportlich betrachtet hatte „The Big Easy“, wie Els wegen seines leicht erscheinenden Schwungs genannt wird, in 2004 die einmalige Chance, alle vier Majorturnier zu gewinnen – dies gelang mit Bobby Jones (1930) bisher nur einem einzigen Spieler weltweit. Am Ende des Jahres standen für den Südafrikaner ein neunter, ein vierter und zweimal Rang 2 zu Buche. Psychisch angeschlagen verletzte sich der dreifache Majorsieger im Sommer 2005 bei einem Segelausflug und kehrte zu früh auf die US PGA Tour zurück. Gesundheitlich beeinträchtigt durchlebte Els eine sieglose Dürreperiode von über drei Jahren auf der amerikanischen Tour. Sein Selbstvertrauen holte er sich mit Erfolgen auf der europäischen Tour zurück. 2008 dann endlich die Erlösung: Els gewinnt die Honda Classic – sein erster Sieg seit gut drei Jahren in den USA.
Nur wenige Monate später – im Vorfeld der BMW PGA Championship im Wentworth Club in London – machte er den lange verschwiegenen Autismus seines sechsjährigen Sohnes Ben öffentlich. Seit seiner Geburt lernte Ernie Els, dass es wichtigere Dinge im Leben gibt als den Golfsport. 2008 zog er mit seiner Familie von London nach Südflorida – nur seines Sohnes zuliebe. „Hier gibt es eine Regenbogen-Schule, eine Einrichtung, die auf den Umgang mit autistischen Kindern spezialisiert ist. „Überhaupt ist die Entwicklung in den USA viel weiter als im Rest der Welt“, begründet Els den Umzug.
In Florida ist der Südafrikaner zur Ruhe gekommen und hat sich vorgenommen, in Zukunft nicht mehr wegen einzelner Turniere um die ganze Welt zu reisen. Hawaii allerdings ist für Ernie Els eine Ausnahme. Seit gestern messen sich hier die PGA Tour-Sieger von 2008. Für Leichtschwinger Els ein Pflichtevent, zumal er hier schon dreimal gewinnen konnte und den direkten Vergleich mit der immer jünger werdenden Konkurrenz um Anthony Kim und Camilo Villegas nicht scheut. „Ich möchte mich von Runde zu Runde nach vorne bewegen. Ich habe eine Menge Talent, und wenn ich es schaffe, alle Komponenten meines Spiels abzurufen, steht einer erfolgreichen Rückkehr nichts mehr im Wege“, sagte Els gestern vor dem Start der Mercedes-Benz Championship auf Hawaii. Der ging – als hätte er es geahnt – dann auch äußerst erfolgreich über die Bühne. Mit einer 68er-Runde (-5 Schläge) liegt der Südafrikaner derzeit auf einem aussichtsreichen zweiten Rang. Die lang vermisste Leichtigkeit scheint zurück – zumindest für den Moment.