Eigentlich wirkt alles so wie immer: Tiger drivt, chipt, pitcht, puttet und zieht dabei Scharen an Journalisten und Zuschauer mit sich! Er gibt Interviews hier, schreibt Autogramme dort. Man könnte meinen, der große Tiger sei niemals weg gewesen. Verschwunden war Tiger Woods tatsächlich nie – zumindest nicht aus unseren Köpfen. Von den Fairways und Grüns der Welt dafür umso mehr. Acht Monate musste die amerikanische Profitour ohne Woods auskommen. Während die Tourbosse damit einhergehende Verluste beklagten, nutzte Tiger die Zeit für sich, seine Gesundheit und seine Familie. Ehefrau Elin brachte ihr gemeinsames zweites Kind zur Welt, Tiger selbst machte ununterbrochen Krafttraining, Rehaübungen und trainierte wie besessen für diesen einen Moment die Rückkehr auf die PGA Tour. Keine andere Rückkehr wurde in den USA seit dem Comeback Michael Jordans in die amerikanische Basketballprofiliga 1995 mehr herbeigesehnt als die von Tiger Woods.
„Ich hoffe, dass er mir heute drei Löcher Vorsprung gibt.“
Über den Zeitpunkt seiner Rückkehr wurde in der Golfwelt mehr diskutiert als über die Siege von Mickelson, Kenny Perry und Co. Den Startschuss aber gab der Meister höchst persönlich. „Gegen die Jungs da draußen zu spielen, hat mir am meisten gefehlt. Jetzt bin ich endlich wieder bereit dafür.“ Erstes Opfer des Tigers dürfte heute der Australier Brendan Jones werden, der in der ersten Runde im Lochwettspiel-Modus gleich auf die Nummer 1 trifft. Eine Ehre für den Australier, der normalerweise auf der asiatischen Japan-Tour sein Geld verdient. „Es gibt nur einen einzigen Spieler, der gegen Tiger in der ersten Runde spielen wird, und ich bin sehr glücklich, dass ich dieser Spieler bin. Und falls ich tatsächlich gewinnen sollte, ist die Geschichte danach umso besser“, grinst Jones. Auf die Frage, was er sich wirklich für Chancen ausmalt, scherzt er: „Ich hoffe, dass er mir heute drei Löcher Vorsprung gibt. Oder ich gewinne das erste Loch und halte dann den Vorsprung bis zum Ende. Aber sind wir ehrlich: Auch das ist nicht wirklich realistisch.“ Der australische Kämpfer möchte sich aber auf keinen Fall kampflos geschlagen geben, auch wenn er sein Haus eher auf Tiger als auf sich verwetten würde. Und falls gar nichts mehr geht, raten ihm seine Freunde aus der australischen Heimat scherzhaft, soll er seinem Kontrahenten einfach gepflegt auf das Knie schlagen, am besten auf das linke. Klingt hoffnungslos, ist es auch. Woods gewann 31 seiner 37 gespielten Match Play-Partien und hat schon 15 WGC-Titel in seiner Vita. Da wird nicht viel zu holen sein für den australischen Longhitter, wenn er überhaupt ein paar Löcher gewinnen kann. Laut der jüngsten Eigenanalyse Tigers habe sich nämlich sein Kurzes Spiel nochmal verbessert. Stellt sich die Frage: War Tiger nicht immer schon der beste „Kurze Spieler“?
Kaymer vs Tiger?
Martin Kaymer dürfte das alles wie immer kalt lassen. Mit Tiger Woods ging er bereits bei der Dubai Desert Classic 2008 auf Tuchfühlung. Damals in der Finalrunde gelang Kaymer an Loch 18 ein Eagle, Tiger „nur“ das Birdie. Siegreich blieb am Ende dennoch Woods, Kaymer nahm es gelassen und feierte seinen zweiten Rang wie ein Sieger. Heute muss er gegen Stuart Appelby ebenfalls ein Australier ran. Ein höchst unangenehmer Gegner, den es für den Deutschen zu schlagen gilt. Kaymers Match-Play-Erfahrungen sind schnell erzählt. Im letzten Jahr spielte er hier sein bislang erstes Match-Play als European Tour-Profi. Damals scheiterte ein guter Kaymer an einem noch besseren Boo Weekley. Mit all seinen Erfahrungen und Verbesserungen speziell im Kurzen Spiel ist dieses Jahr mehr drin für Martin Kaymer als nur die Teilnahme. Und wer weiß, vielleicht kommt es am Ende sogar zum großen Duell mit Tiger Woods. Wir werden es erleben!