– von Moritz Dickel*
Das nörgelnde ich hat viele Fassten. Es kritisiert, verteufelt, lästert, schmollt, motzt, beklagt, stänkert, verweigert, lehnt ab, mosert, bedauert, beweint, greift an, mault, murrt, nörgelt, quengelt, pöbelt, schimpft, feindet an, nölt, tadelt, missbilligt, jammert, keift, bemängelt und verurteilt meist ohne, dass wir uns dessen bewusst sind.
Versuchen Sie mal an Ihren letzten Besuch in einem Golfclub zu erinnern. Wie oft haben sich Ihre Flightpartner oder Golfer über etwas beschwert? Wie oft war deren “nörgelndes Ich” aktiv? Wie oft war Ihres aktiv? Ziemlich oft, oder? Ich schreibe diesen Artikel gerade in dem Clubhaus eines Golfclubs. Im Nachbarraum beschwert sich gerade jemand über die gesandeten Grüns. Heute morgen beschwerte ich mich innerlich über die Kälte und ein anderer Golfer über Pech in seiner gestrigen Runde
Es scheint für uns Golfer (Menschen) ganz normal zu sein, sich als Opfer der Umwelt, anderer Menschen oder Ereignisse zu sehen. Für das “nörgelnde Ich” läuft es nie nach seinen Wünschen. Irgendetwas läuft immer schief, besonders im eigenen Golfspiel. Viele Golfer sind frustriert mit ihrem Spiel. Sie spüren, dass sie besser sein könnten. Das “nörgelnde Ich” sagt ihnen: „Ich will sofort besser sein“. Das “nörgelnde Ich” geht davon aus, dass Sie erst dann Spaß haben können, wenn Sie ein gewisses Level erreicht hast. “Es macht erst dann Spaß, wenn ich es gut kann.” Aber genau diese Haltung macht es schwierig, besser zu werden. Hinzu kommt: Wer nörgelt gehört dazu. Sich zu beschweren scheint zu verbinden. Wir Golfer sind Nörgler!
Der Weg aus dem Nörgeln-Kreis
Aber wie geht man jetzt mit dem “nörgelnden Ich” um? Ich möchte Dir gerne folgende Vorgehensweise empfehlen:
1.) Trennen Sie das “nörgelndes Ich” gedanklich von sich! Sie sind nicht der Nörgler! Sie hören ihm lediglich zu!
2.) Machen Sie sich bewusst, dass Nörgeln keinen Effekt hat. Es bringt Sie nicht weiter. Es ist wie es ist!
3.) Versuchen Sie sich dabei zu “erwischen”, wenn Sie nörgeln oder nörgeln möchten. Hören Sie dem “nörgelnden Ich” zu und erkenne es als solches an. Manchmal werden Sie es in dem Moment erkennen in dem es nörgelt, manchmal erst etwas später nach der Runde. Beides ist ok. Manchmal auch erst einen Tag später. Auch das ist ok! Je öfter Sie das “nörgelnde Ich” sofort erkennen, desto fortgeschrittener sind Sie.
4.) Wenn Sie das “nörgelnde Ich” erwischt haben und als solches erkannt haben, ist der wichtigste Teil bereits geschafft. Jetzt geht es noch darum, eine andere Sichtweise zu wählen. Eine Sichtweise, die Sie bestärkt oder die Ihnen hilft, die Situation zu aktzeptieren wie sie ist. Für jedes Ereignis gibt es eine andere Sichtweise als die, die Ihnen zuerst in den Sinn kommt. Deswegen nehmen Personen, die andere Erfahrungen gemacht haben, auch dieselbe Situation ganz verschieden wahr. Sie haben die Wahl!
5.) Freuen Sie sich darüber, dass Sie in einem hohen Maße aufmerksam waren!
6.) Am besten erzählen Sie Ihrem Trainings- oder Spielpartner von Ihrem Vorhaben, mit dem “nörgelnden Ich” anders umzugehen als bisher. Vielleicht hilft er Ihnen, indem er Sie auf das “nörgelnde Ich” aufmerksam macht, wenn Sie es nicht als solches wahrnehmen. Am besten mit ganz viel Humor.
Was haben Sie jetzt von diesen Tipps? Ich glaube, dass das “nörgelnde Ich” ganz unbemerkt schon einige Scores in die Höhe getrieben und so manche Stimmung auf dem Platz verseucht hat. Probieren Sie es einfach mal aus, was bei Ihnen passiert. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass sich das “nörgelnde Ich” igendwann immer weniger meldet. Wenn es sich meldet, werden Sie es immer häufiger als solches identifizieren und dementsprechend handeln können. In stressigen Situationen auf dem Platz werden Sie ruhiger bleiben können. Sie werden dazu beitragen, dass sich unsere “Golfkultur” verändert und endlich toleranter wird. Sie werden alle mehr Spaß und Freude auf dem Platz haben und dabei vielleicht den einen oder anderen Schlag weniger benötigen.
Euer Moritz Dickel
Moritz Dickel ist Fully Qualified PGA Professional, Jugendtrainer im Hamburger GC Falkenstein seit 2014