Es grenzt fast an ein Wunder, was im niedersächsischen Sehnde-Rethmar in den vergangenen zwei Jahren passiert ist. Nein, gemeint ist damit keine mysteriöse Ufo-Landung oder die Sichtung extraterrestrischer Figuren wie einst in der amerikanischen Area 51, dem sagen-umwobenden militärischen Sperrgebiet in der Wüste Nevadas. Die Geschehnisse der jüngeren Vergangenheit auf dem Golfplatz in Rethmar sind irdischer Natur; doch kaum weniger erstaunlich.
Friedrich Wilhelm Knust – seit 2014 neuer Eigentümer von Rethmar Golf – und sein Team haben es in Kürze geschafft, die einst gefeierte Premiumanlage, die später der Verwahrlosung anheimgefallen war, wieder in einen Vorzeigeclub mit perfekt gepflegtem Meisterschaftsplatz zu verwandeln. Dieser Inland-Links-Course von Rethmar ist – nun wieder – so gut, dass es in Deutschland nur eine Handvoll anderer Plätze gibt, die es qualitativ mit ihm aufnehmen können. Angesichts der weltberühmten Architekten, die hier ihr Werk schufen – die jüngst verstorbene Golflegende Arnold Palmer und sein Partner Ed Seay – ist die hohe Qualität des Designs nicht weiter erstaunlich. Immerhin wusste „The King“ Palmer nach einem Leben auf den besten Golfplätzen der Welt ganz genau, was einen guten Parcours ausmacht. Doch ohne Pflege und Hege verliert auch das beste Layout seinen Glanz. Und genau das geschah in Rethmar.
Rethmar Golf Vorbesitzer geriet in finanzielle Schieflage
„Rethmar Golf Links“ wurde in den boomenden 1990er-Jahren vom damaligen Ehepaar Dr. Ingolf und Gabriele Böx aus der Taufe gehoben. Zu dieser Zeit, als neue Golfanlagen in Deutschland noch wie Pfifferlinge aus dem Boden schossen,
ließen die Böxs in der Peripherie Hannovers und mitten im niedersächsischen Binnenland unter enormem finanziellen Aufwand einen für deutsche Verhältnisse spektakulären Golfplatz errichten, der 1999 Eröffnung feierte. Das auf ehemaligen Agrarflächen erbaute „Stückchen Schottland“ erregte große Aufmerksamkeit in der Golfszene und erntete Jubelstürme. Schon bald spielten fast sämt-liche Top-Amateure aus dem Großraum Hannover für Rethmar und nicht mehr für den Traditionsverein GC Hannover in Garbsen, sodass die Clubmannschaft Rethmars innerhalb weniger Jahre steil bis in die 1. Bundesliga empor eilte und so auch überregional Werbung für das neue Aushängeschild Niedersachsens machte.
Die Böxs wollten hoch hinaus. Neben Rethmar betrieben sie noch das riesige Woodlake Golfresort in North Carolina und die Anlage Capdepera Golf auf Mallorca. Ein Portfolio im Wert von angeblichen 50 Millionen Euro. Ihren Golfplatz in Deutschland sahen sie als sicheren Kandidaten für die Austragung eines großen Herrenturniers der European Tour. Sogar über den Ryder Cup fantasierte man in Rethmar.
Die tatsächliche Entwicklung sieht rückblickend weniger rosig aus. Nach Fehlspekulationen auf dem Immobilienmarkt, Streit um Erbschaftssteuern und der Scheidung von seiner Ehefrau muss Dr. Ingolf Böx 2012 Insolvenz anmelden. Rethmar Golf droht ein düsteres Aus.
Gleidingen und Rethmar Golf als perfekte Symbiose
Gäbe es da nicht einen golfverrückten Nachbarn. Seit 1998 betreibt Friedrich Wilhelm Knust erfolgreich die rund zehn Kilometer entfernte 33-Löcher umfassende Anlage Golf Gleidingen in Laatzen. 2014 übernimmt Knust zusätzlich die 18 Löcher in Rethmar. Er kauft den Erbpachtvertrag aus der Insolvenzmasse, erwirbt das 120 Hektar große Gesamtgrundstück, löscht den Erbpachtvertrag und gründet dann – Achtung Kopfrechnen – das Projekt Golf 51.
Der Zusammenschluss von Golf Gleidingen und Rethmar Golf ermöglicht allen Mitgliedern beider Clubs die Nutzung der jeweils anderen Anlage ohne Mehrkosten. „Wir können unseren Mitgliedern nun immer 27 freie Löcher zusichern; Turniere werden nur entweder in Gleidingen oder in Rethmar ausgetragen, nie gleichzeitig auf beiden Plätzen“, sagt Knust. Golf 51 ist damit der neue Golf-Riese im Raum Hannover.
„Etwas Vergleichbares in dieser Qualität gibt es in Norddeutschland nicht“, sagt Knust. Und spricht damit den herausstechenden Punkt an: Qualität. Denn Rethmar hat die Güte des Pflegezustands betreffend eine in Deutschland unvergleichliche Achterbahnfahrt hinter sich.
Was sich zunächst nach der Schnäppchenjagd eines cleveren Golf-Unternehmers anhört, ist in Wirklichkeit ein riskantes sowie mühsames Unterfangen. Bei der Übernahme von Rethmar befindet sich die Anlage „in einem desaströsen Zustand“, berichtet Knust. „Die Pflege der gesamten Anlage wurde lange Zeit vernachlässigt, bis sie irgendwann offenbar komplett eingestellt wurde.“ Bei der Bestandsaufnahme gibt der Golfplatz ein trauriges Bild ab: Starker Unkrautbefall, ausgewaschene und verwilderte Bunker, ausgetrockneter Boden und gelb-braunes Gras. Abflussrohre waren mit Lehm verstopft, die Bewässerungsanlage defekt. Die marode Anlage stellt Knust und seine Gleidinger Mannschaft vor eine gewaltigen Aufgabe.
Rund 90 LKW-Ladungen mit neuem Sand müssen angekarrt werden. Rund 1,2 Millionen Euro investiert Knust. Einen Teil davon in das neoklassizistische Säulen-Clubhaus, den Großteil aber in den Golfplatz.
Gute Gleidinger Greenkeeper
Dass diese Summe ausreichte, um den Platz wieder fit zu machen, sei dem Know-How und der Effizienz der erfahrenen Gleidinger Greenkeeper zu verdanken. „Hätten wir ein Fremdunternehmen beauftragen müssen, wären die Kosten astronomisch gewesen“, erzählt Knust. „Wir versuchen ohnehin, möglichst viel selbst zu machen. Reparaturen am Maschinenpark können unsere Mitarbeiter meist selbst durchführen. Ein solches Team ist gold wert.“
Schon in der Saison 2015 sah der Platz wieder sehr gut aus; im Sommer 2016 dann besser denn je. Sattgrüne Fairways, eingerahmt von goldenen Dünengräsern, die Abschläge plan und dicht wie ein Teppich, die Grüns kurzgemäht sowie makellos. Bei der Beibehaltung dieses Zustands hilft auch die neu installierte, per Funk gesteuerte Beregnungsanlage.
Arnold Palmers baumloses Faux-Links-Design im flachen Binnenland funktioniert! Und dafür gibt es auch einen geologischen Grund: das Gebiet ist erdgeschichtlich eine Restdünenlandschaft aus der letzten Eiszeit und weist noch immer eine sanfte dünenähnliche Struktur auf. Mit dem Aushub der angelegten Seen wurden schon damals charakterschärfende Bodenmodellierungen durchgeführt. Auch wenn künst-liche Wasserhindernisse auf „echten“ Linksplätzen eher selten anzutreffen sind und man in Rethmar auf die Errichtung von Pottbunkern zugunsten großer geschwungener Sandhindernisse verzichtet hat, fühlt sich eine Golfrunde schon sehr nach Linksgolf an. Der ungefiltert über die offenen Fairways blasende Wind unterstreicht diesen Eindruck genauso wie die groß ausgefallenen Grüns. Bald soll zudem noch Stechginster angepflanzt werden, ganz wie in Schottland.
Auch nebenan im Laatzener Ortsteil Gleidingen sind Links-Elemente unverkennbar. Drei Neun-Löcher-Schleifen und zusätzlich einen Übungsplatz mit sechs kürzeren Löchern ließ Knust auf dem 110 Hektar großen Gelände von Architekt David Krause und Bauleiter Brian Willet nach modernem internationalem Standard errichten.
Herausragender Pflegezustand in Gleidingen
Noch bis vor 20 Jahren hatte der Initiator mit Golf „nichts am Hut“. Der studierte Landwirt führte damals einen großen Ackerbaubetrieb. Auf die Idee, einen Golfplatz zu bauen, kam er durch seinen Cousin, der in den 90er-Jahren, als die Landwirtschaft schwächelte, seine Diplomarbeit über alternative Nutzungsformen von Ackerflächen schrieb und dabei auf gute Gründe für die Errichtung von Golfanlagen stieß. „Als wir hier anfingen, war die Zuckerrübe der höchste schattenspendende Baum“, erzählt Knust mit einem verschmitzten Lächeln. „Aber die Bodenqualität ist mit 98 von 100 möglichen Bodenpunkten hervorragend, daher konnten unsere Anpflanzungen bestens gedeihen.“
Da für die Weltausstellung EXPO 2000 in Hannover sehr viel gebaut wurde, sei es ein Leichtes gewesen, an zusätzliche Erde für Bodenmodellierungen auf dem Golfplatz zu kommen. Mit großen Waste-Bunkern sowie strategisch angelegten Wasserhindernissen hat David Krause seinem Design Leben eingehaucht. Keine leichte Aufgabe in einer sonst eher ereignisarmen, von Windkrafträdern gezierten Landschaft. Herausragend ist auch in Gleidingen der Pflegezustand. In Norddeutschland spielt die Anlage diesbezüglich eindeutig in der ersten Liga und nicht ohne Grund ließen der DGV sowie die PGA of Germany hier schon mehrfach Deutsche Meisterschaften austragen.
Trainingslager, Hochzeiten und eine richtig gute Küche
Eine Besonderheit ist die Lage der Driving Range. Von der großzügigen Clubhausterrasse kann man direkt auf das Übungsareal stolpern oder bei Speis und Trank fleißigen Golfern beim Training zuschauen. Diese geben in Gleidingen eine bunte Mischung ab. Neben dem gestylten Ferrari-Fahrer feilt der Taxifahrer in Blue Jeans an seinem Abschlag. „Bei uns ist jeder willkommen, der Freude am Golf hat“, sagt Knust. Auch Kinder und Jugendliche, eine Altersgruppe, die in den letzten Jahren bei den Neuzugängen hier ordentlich zulegte und munter die vom DGV mit dem Zertifikat Silber ausgezeichnete Jugendarbeit in Gleidingen in Anspruch nimmt. Außerdem sind überdachte Abschlaghütten mit Heizstrahlern und ein vollausgestattetes Fitting Center weitere Pluspunkte. „Mit unseren exzellenten Trainingsmöglichkeiten und 51 ganzjährig bespielbaren Löchern eignen sich Gleidingen und Rethmar auch perfekt für Traininglager von Clubmannschaften“, sagt Headpro Christian Arenz, einer von insgesamt sechs Teaching Pros bei Golf 51.
Während das Clubhaus in Rethmar relativ klein und die Speisekarte übersichtlich ist, wird in Gleidingen kulinarisch aus
dem Vollen geschöpft. Ein Besuch im Restaurant „Stableford“ lohnt sich auch für Nichtgolfer. „Was Feste und Events betrifft, sind wir mittlerweile extrem gut gebucht; auch bei Gästen, die mit Golf nichts zu tun haben“, sagt Knust. „Parties, Geburtstage, Hochzeiten, alles geht. Wir haben genug Platz und mit mehreren Köchen und der Service-Mannschaft auch das Team dafür.“ Das Gesamtpaket „Golf 51“ umfasst mithin deutlich mehr als eben diese Anzahl von Golflöchern. Bei diesem spannenden Angebot können die Ufos und Aliens getrost in Nevada bleiben.