Wir drehen an der Zeit; nicht an der Sommerzeit, sondern am Zeitalter: Inmitten der »Goldenen Zwanziger« befindet sich Deutschland in einer Phase des kulturellen Aufschwungs. Kunst und Kultur florieren wieder und in der »Friesischen Karibik« kann fortan Golf gespielt werden. Der Golf Club Föhr eröffnet am 7. April 1925 die von Bernhard von Limburger entworfenen 9 Löcher. Fortan gibt es in Deutschland 21 Golfplätze, mit dem nördlichsten auf Föhr.
Transformation zur Moderne
Durch den Zweiten Weltkrieg gehen die Föhrer Bahnen verloren. Die Wiedereröffnung der neuen 9 Löcher erfolgt in den 1960er Jahren und die Erweiterung auf 18 Bahnen 1990, durch Donald Harradine. 2009 beginnt eine neue Ära auf der Nordseeinsel – das Zeitalter der Transformation. Und Golfplatzarchitekt Christian Althaus war vom ersten Spatenstich an dabei (hier geht’s zum Interview mit Christian Althaus). Er verantwortet vor Ort den Bau der dritten Neun-Löcher-Schleife und die Bauphasen 2014 und 2022/23. Binnen 15 Jahren optimiert sich der vermeintliche »Urlauberclub« Schritt für Schritt, dank eines engagierten Vorstands, die Christian Althaus’ Visionen Realität werden lassen. Pünktlich zum großen Club-Jubiläum ist das »Meisterstück« abgeschlossen – drei einander ebenbürtige 9-Löcher-Schleifen Rot, Blau und Gelb (entsprechend der Farben des Clublogos), die ein homogenes Ganzes ergeben.
Beim Umbau wurden naturnahe Gestaltungsformen verwendet, Sandbrachen geschaffen, lokale Ökosysteme unterstützt, Heideflächen renaturiert, die Grüns mit örtlichem Sand gebaut und das Bewässerungssystem optimiert. Eine erfolgreiche Kombination aus modernem Traditionsclub und Umweltbewusstsein.
Dünen, Wald und Heide
Als wir den Architekten auf Föhr treffen, wird deutlich, dass er beinahe überall Hand angelegt hat und auch fast jeden Strandhafer kennt. »Das ist Maßkonfektion, hands on. Wenn ich in der Natur bin und Landschaftsformen modelliere, dann ist das eine ungemein künstlerische Form«, sagt Christian Althaus, während er sich bückt, um etwas Heide zu entkusseln. Auf Föhr wird klassische Golfarchitektur mit modernen Anforderungen verbunden. Das zeigt sich unter anderem in den gebrochenen Linearitäten mittels quer verlaufender Landschaftsformationen (Gelb 8), den Risk-and-Reward-Löchern (u.a. Blau 9, Gelb 3), den optischen Täuschungen mit Bunkern, die visuell näher am Grün erscheinen als sie sind und auch den immer wieder erodierten Kanten, die den Bahnen eine außergewöhnliche Optik verleihen. Extrem gelungen sind die harmonischen Übergänge zwischen Wald-, Heide- und Dünenbereichen, die überhaupt nicht auffallen, da sie fließend ineinander übergehen. Auf Föhr müssen spielerisch Denkaufgaben gelöst – und das war auch das Ansinnen von Althaus.
Starkes Trio
Wer auf die Insel fährt, um nur 18 Löcher zu spielen, steht vor der Qual der Wahl, da alle drei Plätze in allen drei Kombinationen gleichwertig sind – das ergab auch unser GM-Score (siehe aktuelles Heft – GM #05/25), weswegen wir nur eine Kombination abbilden. Bemerkenswert sind die großen Grüns, die sich bereits auf dem Weg vom Parkplatz Richtung Clubhaus präsentieren. Dank der Umbaumaßnahmen enden alle Schleifen Rot, Blau und Gelb in direkter Clubhausnähe. Während durchschnittliche Grüns 450 bis 500 Quadratmeter messen, sind die Föhrer Grüns noch mal 100 Quadratmeter größer, und mitunter stark onduliert. Das Doppelgrün der gelben Bahnen 1 und 7 umfasst einen Höhenunterschied von bis zu einem Meter, von der höchsten bis zur tiefsten Stelle, und bringt sehr viel Variabilität ins Spiel.
Unsere Spiel-Empfehlung für Föhr: Bringen Sie Zeit mit und spielen alle 27 Bahnen. Für uns fühlte sich die Kombination Gelb, Rot, Blau wie eine Symphonie mit einem fulminanten Finish auf der blauen 9 an.
»Unser Verein hat in diesen 100 Jahren viele Entwicklungen und Veränderungen durchlaufen. Doch eines ist stets beständig geblieben: die Werte, die uns verbinden. Gemeinschaft, Tradition und Zusammengehörigkeit sowie sportlicher Ehrgeiz«, sagt Ingomar Spieß, Präsident des GC Föhr. Und das ist auch zu spüren, wenn man in dem heimeligen Clubhaus sitzt.
Friesischer Charme
Allgemein wird den Norddeutschen nachgesagt, zunächst etwas kühl zu erscheinen. Doch Nordlichter sind zu unterscheiden, das betont auch Dr. Frank Thomas, Vize-Präsident des GC Föhr: »Was Föhr so besonders macht, ist der friesische Charme, der einem hier stets auf ureigene Art um die Ohren weht – auch auf dem Platz. Die Gastfreundschaft, die man hier seit einem Jahrhundert pflegt, ist immer da und immer authentisch. An diesem Ort menschelt es noch und das spüren auch die Gäste«, sagt Thomas.
Das Golf Magazin machte ebenfalls wiederholt diese Erfahrung – selbst als wir »inkognito« in dem Insel-Club unsere Runden drehten.
Anreise mit Flair
Alleine die Anreise verbreitet sicherlich nicht nur bei Küstenfans schon Urlaubs-Feeling: Am besten man fährt schon am frühen Morgen von Hamburg auf der A7 weiter Richtung Norden. Schon nach Verlassen der Autobahn wird das Licht intensiver werden – alte Nordlicht-Weisheit: »Im Norden ist das Blau anders«. Grasende Schafe, Wattläufer und anderes Getier huschen vorbei. Klare Indikatoren: die Nordsee ist nicht mehr weit. Auf dem Inselparkplatz Dagebüll wird das Auto abgestellt und mit geschultertem Golfbag die Fähre bestiegen. Kurz vor Einlaufen im Hafen, als die Möwen besonders eifrig kreischen, zeigt der Norden noch mal sein gesamtes Farbspektrum: gelbe Sandstreifen der Insel gerahmt von sattem Blau, garniert mit ein paar rot schimmernden Backsteinhäusern, die in der Ferne zwischen die Bäumen hervorlucken. »Kann ein Urlaub schöner starten als mit ehrlicher Herzlichkeit, einer entschleunigenden Schifffahrt in den endlosen Weiten des Wattenmeeres und der Aussicht auf ein einzigartiges Golferlebnis am Meer?«, meint auch Dr. Frank Thomas.
Auf ein großartiges Jubiläumsjahr für dieses Nordsee-Juwel. Happy Birthday.
Insel-Reiseführer
Die Nordseeinsel Föhr hat viel zu bieten – dessen sind sich die »Insulaner« und auch der Vize-Präsident des GC Föhr sicher: »Auf Föhr kann man noch mit dem Fahrrad in fünf bis zehn Minuten zu einem der schönsten Golfplätze fahren, eine entspannte Runde auf der 27-Löcher-Anlage drehen und anschließend gemeinsam mit den Mitgliedern und Gästen auf der Clubterrasse in der Abendsonne sitzen«, schwärmt Dr. Frank Thomas (Vize-Präsident des Jahrhundert-Clubs GC Föhr).
Wie Sie am besten auf die wunderschöne Insel kommen und was man dort alles machen kann, erfahren Sie in unserem kleinen Insel-Reiseführer.
Anreise: Von Hamburg aus geht es über die A7 Richtung Norden. Mit Schiffen der Wyker Dampfschiffreederei kann man auch mit dem PKW auf die Insel übersetzen. Oder man lässt das Auto auf dem »Inselparkplatz Dagebüll« stehen und nimmt den Shuttle bis zur Mole. Info zu Fahrplänen und mehr: faehre.de
Übernachtung: Beinahe noch fußläufig vom GC Föhr befindet sich in direkter Strandnähe das exklusive Wellness-Resort Upstalsboom einschließlich 2.000qm Wellnessbereich. Preis ab 150 Euro/Nacht. Info: upstalsboom-wyk.de
Insel-Erlebnisse: Neben Radtouren oder Mühlenbesichtigungen in Wrixum und Borsum, empfehlen sich geführte Wattwanderung oder Watt-Ausritte. Ansonsten einfach ein Fischbrötchen mit Blick aufs Wattenmeer. Info: foehr.de
Golf Club Föhr
Grevelingstieg 6, 25938 Nieblum
Tel. 4681 580455, golfclubfoehr.de
27 Löcher (Rot/Blau/Gelb) Blau+Rot 6.047m/5.003m (H/D)
Par 72, CR 73,4/73,7, Slope 140/133
Greenfee: 110 Euro/18 Löcher, 60 Euro/9 Löcher (1.5.–30.9.), 90/50 Euro (1.10–30.4.)
GM-Score
82
Anspruch 16
Zustand 12
Design 24
Kulisse 20
Service 8
Bonus 2
Index: 1,69