Reise

Kambodscha: Tempel und Tees

Dass Kambodscha gemeinhin als unbekannte Golfdestination gilt, ist durchaus erstaunlich. Denn eine Reise von der Metropole Phnom Penh nach Siem Reap führt nicht nur zu spektakulären Sehenswürdigkeiten wie der Ruinenstadt Angkor, sondern auch zu großartigen Golfanlagen.

Vattanac Golf Resort
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Chhun On Golf Resort

Beim Stichwort Kambodscha fallen den meisten Menschen spontan sicherlich zwei Dinge ein: Im positiven Sinne hat es hier natürlich der faszinierende Tempelkomplex von Angkor zu weltweiter Berühmtheit gebracht – im negativen das bis Ende der 1970er Jahre herrschende Schreckensregime der Roten Khmer. Und gut informierten Insidern ist noch bekannt, dass sich das kleine südostasiatische Land inzwischen zu einem sehr attraktiven Urlaubsziel gemausert hat – mit langen, oftmals einsamen Stränden, einer faszinierenden Flora und Fauna sowie hochklassigen Hotels.

Aber zum Golfen nach Kambodscha fliegen? Auf diese extravagante Idee kamen hierzulande bislang nur ganz wenige Freizeitspieler. Zum einen, weil das Gros der Südostasien-Golfurlauber aus aller Welt vor allem die beiden großen Nachbarländer (und irgendwie auch Rivalen) Thailand und Vietnam ansteuert. Zum anderen, weil selbst die IAGTO, also der Weltverband der Golfreiseveranstalter, noch vor ein paar Jahren das Königreich am Mekong als »Undiscovered Golf Destination of the Year« ehrte.

Der Hauptturm des Angkor Wat Tempels

Und tatsächlich hat der Golfsport in Kambodscha auch keine Tradition. Was vermutlich daran liegt, dass auf die französische Kolonialherrschaft erst ein Guerilla-, dann der Vietnam- und schließlich ein Bürgerkrieg folgten, der strenggenommen bis 1998 andauerte. Jedenfalls eröffnete der erste Golfplatz des Landes – der Cambodia Golf & Country Club westlich von Phnom Penh – erst Ende 1996. Mittlerweile gibt es immerhin schon zehn Anlagen mit elf 18-Löcher-Plätzen.

Angkor Golf Resort Bahn 13

Abschlag in Phnom Penh

Der jüngste davon liegt im Nordwesten der Hauptstadt: Für das Chhun On Golf Resort, benannt nach dem gleichnamigen Multi-Unternehmer, hat Brian Curley zwei baumstarke 18-Löcher-Plätze entworfen. Der Lake Course, begrünt mit hochwertigen Zoysia-Gräsern, hat gerade erst im Mai eröffnet, der Palm Course soll 2025 folgen. Und als Zugabe gestaltete der renommierte US-Designer noch ein 37. Loch zum Zocken: ein Par 3 mit einem massiv bebunkerten Inselgrün, das nur per Boot erreichbar ist.

Komplettiert wird das gigantische Mega-Projekt durch erstklassige Übungseinrichtungen (u.a. mit einer doppel-stöckigen Driving-Range) – und ein wahrhaft bombastisches Clubhaus, das inklusive klimatisierter Tiefgarage an die 20.000 Quadratmeter messen wird. Vor Ort munkelt man, dass das gesamte Resort wohl zwischen 40 und 50 Millionen US-Dollar an Investitionen verschlingen soll.

Exakt auf der anderen Seite von Phnom Penh lockt mit dem Vattanac Golf Resort die einzige 45-Löcher-Anlage Kambodschas. Weltweite (Medien-)Berühmtheit sowie diverse Auszeichnungen erlangte die Anlage durch den 2019 eröffneten East Course, der mit historischen Bauwerken der Khmer-Königreiche – wie Angkor Wat, Bayon oder Preah Vihear – im Maßstab 1:200 besticht. Perfekt abgerundet wird das golferische Angebot durch den ebenfalls von Sir Nick Faldo gezeichneten West Course und den 9-Löcher-Platz The Dragon Turn, der dank Flutlicht auch nachts bespielbar ist.

Auch hier grüßt als Besitzer ein Industriekonglomerat: Die vielfältigen Aktivitäten der Vattanac Group reichen von Bankgeschäften übers Bierbrauen bis zum Luxusmarkenvertrieb. Und auch hier wächst zurzeit ein pompöses Clubhaus in die Höhe, das eher wie ein Präsidentenpalast aussieht. (Apropos: Der ehemalige Premierminister des Landes, Hun Sen, scheint auch gerne in Vattanac zu golfen, wie Fotos auf seiner Facebook-Seite zeigen.)

Sehenswerte Hauptstadt

Da die beiden Top-Resorts mehr als eine Autostunde voneinander entfernt sind, ist es ratsam, ein Hotel im Herzen der Stadt zu buchen. Etwa das Courtyard by Marriott Phnom Penh: Von hier aus sind alle sechs Golfanlagen der Hauptstadtregion gut erreichbar, zudem kann man einige Sehenswürdigkeiten bequem zu Fuß ansteuern. Darunter den von den Franzosen im Art-Déco-Stil erbauten Zentralmarkt, das Unabhängigkeitsdenkmal, den Tempel Wat Langka oder den Foreign Correspondent‘s Club.

Phnom Penh – „Phsar Thmei“ – Zentralmarkt

Natürlich ragen inzwischen auch in Phnom Penh einige schlanke Wolkenkratzer à la Bangkok, Kuala Lumpur oder Singapur in den Himmel, doch die rund 90-jährige Präsenz Frankreichs ist noch immer sicht- und spürbar. Und dank den Alleen, Boulevards sowie Villen aus der Kolonialzeit verströmt die Zwei-Millionen-Stadt deutlich mehr Charme als die Metropolen der Nachbarländer.

Weitere Highlights wie Wat Botum, Wat Phnom oder der Königspalast lassen sich am besten bei einer Stadtrundfahrt entdecken. Und ein Bestandteil fast jeder City-Tour ist der Stopp am Tuol-Sleng-Museum. Das einstige »Gefängnis No. 1« der Roten Khmer gewährt einen eben-so eindrucksvollen wie erschütternden Blick zurück in das dunkelste Kapitel der kambodschanischen Geschichte. Um den Kopf danach wieder frei zu bekommen, hilft ein Spaziergang am Zusammenfluss der drei großen Flüsse Bassac, Mekong und Tonlé Sap.

Letzterer erlaubt per Schiff übrigens die schönste, zugleich jedoch zeitintensivste Fahrt von Phnom Penh nach Siem Reap. Am schnellsten (aber auch langweiligsten) ist das Flugzeug. Und bei unserem GM-Trip, organisiert vom vielfach prämierten Reiseveranstalter Golfasian aus Bangkok, ging’s per Pkw nach Norden – eine schöne Variante, denn der gut fünfstündige Transfer über die National Road No. 6 liefert interessante Eindrücke von Land und Leuten.

Tuol Sleng Gefängnis

Abschlag in Siem Reap

Wer mit dem Boot anreist und sofort golfen will, der kann schon eine halbe Stunde nach dem Anlegen im Angkor Golf Resort am Tee stehen. Und dort gleich Südostasien-Feeling pur erleben: Unzählige Palmen, tropische Bäume, farbenprächtige Blumenrabatten und – je nach Jahreszeit auch blühende – Büsche säumen das wasserreiche Werk von Sir Nick Faldo, das seit 2008 mehrfach als bester Golfplatz des Landes prämiert wurde.

Das treibende Dorf Komprongpok auf dem Tonle-Sap-See
Angkor Golf Resort Bahn 8

Ebenfalls sehenswert ist das sehr moderne und stylische Clubhaus mit seiner tollen Terrasse sowie viel Marmor und Glas in den edlen Umkleiden. Bestimmt haben diesen Chic auch die Pros der Asian Tour genossen, die hier ebenso zu Gast waren wie die Ladies European Tour mit ihrer Q-School.

Landschaftlich sogar noch einen Tick schöner ist der Phokeethra Country Club im Nordwesten der Stadt, nicht weit vom westlichen Mebon, der bereits zur gigantischen Tempelstadt Angkor zählt. Klar, dass sich auf der Golfanlage ebenfalls Spuren des Khmer-Reichs aus dem 11. Jahrhundert finden: Auf dem Weg zum ersten Abschlag passiert man eine restaurierte Roluos-Brücke, die auch das Logo des Clubs ziert.

Sehenswertes in Siem Reap: Der wunderschöne Phokeethra Country Club liegt nicht weit vom luxuriösen Anantara Angkor Resort & Spa entfernt. Empfehlenswert ist auch ein Besuch des Phare Circus, der vielen Restaurants und Bars rund um die Pub Street sowie – allen voran – der Tempelstadt Angkor.
Südtor des Angkor Thom Komplex

Die 18 Löcher, die schon vier Mal Schauplatz der Cambodian Open auf der Asian Tour waren und 2018 umfassend renoviert wurden, hat ein thailändischer General gezeichnet. Das ist in dieser Ecke der Welt gar nicht so ungewöhnlich – kurioser ist eher, dass der Golfclub zwar zum Sofitel Angkor Phokeethra Golf & Spa Resort gehört, dieses allerdings mehr als 20 Kilometer entfernt liegt.

Im Osten der Stadt wartet dann sogar noch eine dritte Golfanlage: der Siem Reap Booyoung Country Club. Das ambitionierte Großprojekt koreanischer Investoren (27 Löcher, Hotel, Villen etc.) startete 2009 als Siem Reap Lake Golf Resort, wurde 2013 verkauft, machte während der Covid-Pandemie seine Pforten dicht – und war leider auch beim GM-Besuch noch geschlossen. Inzwischen ist der wasserreiche Platz allerdings wieder geöffnet.

Weltwunder Angkor Wat

So schön und anspruchsvoll diese drei Parcours aber auch sind, die Top-Attraktion der zweitgrößten Stadt des Landes ist selbstverständlich das UNESCO-Welterbe Angkor. Alljährlich besuchen Millionen Menschen aus aller Welt das rund 400 Quadratkilometer große Areal, dessen mehr als 1.000 Tempel und Heiligtümer teils mitten im Dschungel liegen. Ganz oben rangiert dabei selbstverständlich Angkor Wat: Der ebenso kolossale wie mystische Bau aus dem 12. Jahrhundert, der auch die kambodschanische Flagge ziert, wird oft als »achtes Weltwunder« bezeichnet.

Angkor Wat

Um die wichtigsten Tempel von Angkor zu besichtigen, plant man am besten zwei volle Tage ein – und genießt abends den Charme und den pulsierenden Lifestyle von Siem Reap. Hier locken vor allem rund um die Pub Street (auch bekannt als »Street 08«) zahllose Restaurants, Bars und (Musik-)Clubs. Oder man bucht eine »Vespa Foodie Tour« und steuert auf dem Beifahrersitz diverse Lokale an. Und dann wäre da noch der Phare Circus: Mit den Einnahmen dieser beeindruckend spektakulären Artisten-Show wird armen Kindern der Schulbesuch finanziert.

Tänzerin in Siem Reap
Nightlife in Siem Reap

Ein historischer Hingucker direkt im Stadtzentrum selbst ist das Raffles Grand Hotel d‘Angkor, in dem Art-Déco-Palast trifft sich schon seit 1932 die gehobene Gesellschaft. Zu einem Favoriten der Golfszene hat sich zuletzt jedoch das Anantara Angkor Resort & Spa entwickelt – 5-Sterne-Komfort, ruhig gelegen und nur zehn Minuten vom Angkor Golf Resort entfernt.

Raffles Grand Hotel d’Angkor

Alles in allem präsentiert sich Kambodscha damit – auch für Golfer – als ein großartiges Urlaubsziel. Und falls Sie nun selbst mit dem Gedanken einer Reise dorthin spielen, gleich noch ein Tipp: Fahren Sie jetzt! Warum? Weil im Jahr vor der Corona-Pandemie allein Siem Reap 6,6 Millionen Besucher zählte, also überlaufen war.

Doch seither kehren die damals mit Abstand größten Gruppen, Chinesen und Südkoreaner, eher nur tröpfchenweise zurück. Für die lokale Tourismusbranche und die Zigtausenden von ihr lebenden Menschen ist diese Entwicklung natürlich fatal, um nicht zu sagen: brutal. Für uns Golfer dagegen ergibt sich daraus ein sehr angenehmer Effekt: Denn in so ruhiger Atmosphäre wie derzeit werden sich die wunderschönen Tempel und Tees in Kambodscha vielleicht nie mehr genießen lassen…

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