Es ist ja nicht so, als sei Marokko ein unbekanntes Reiseziel. Ganz im Gegenteil, das Land erfreut sich aktuell mehr denn je einer großen Beliebtheit. Golfer wissen schon seit vielen Jahren von den Vorzügen des Landes im Norden Afrikas und nutzen es gerne, um den Sommer zu verlängern, oder aber im Februar, März die neue Saison einzuläuten. Meist geht es für die golfenden Touristen nach Agadir, das über ein klasse Angebot an Plätzen und Hotels verfügt. Dazu Strand und Sonne, was will man mehr?
Na, vielleicht mal was anderes sehen vom Land. Zum Beispiel die Hauptstadt. Nein, es ist weder Casablanca noch Marrakesch, sondern: Rabat. Die eher im nördlichen Teil des Landes gelegene Kapitale ist eine der Königsstädte Marokkos und durchaus einen Besuch wert – aus touristischer und sowieso aus golferischer Sicht. Gut 600.000 Einwohner leben in Rabat, einer hübschen, quirligen Stadt, die in Kombination mit der nebenan liegenden Stadt Salé Tradition und Moderne verbindet. Nur ein paar Sehenswürdigkeiten im Stenogramm: Kasbah des Oudaya – eine Art Stadt in der Stadt, die auf einem Hügel liegt und viele Besucher an den Süden Spaniens erinnert.
Wenig überraschend, waren doch die Moslems aus dem Norden Afrikas jahrhundertelang in Spanien die Herrscher. Die kleinen Gassen sind malerisch, noch besser ist der Blick von einem Platz auf den Badestrand, an dem sich auch Surfer für ihren Wellenritt vorbereiten. Für Filmfans: Die langgezogene Treppe vor den Mauern erlangte im fünften Teil der Action-Reihe »Mission Impossible« mit Tom Cruise durch eine Verfolgungsjagd mit dem PKW große Bekanntheit. Sehenswert ist der Markt von Rabat, dessen Geschäfte nur wenige Meter unterhalb Kasbah des Oudayas liegen. Lohnend ist ferner ein Halt am Hassan Turm, der in sehr ähnlicher Form ebenfalls in Sevilla zu sehen ist.
Spektakel in Rabat
Ursprünglich stand dort auch eine gewaltige Moschee, die einst mit über 300 Säulen versehen war, dann aber einem Erdbeben zum Opfer fiel. Einige Säulenstümpfe blieben erhalten, gleich daneben befindet sich das imposante Mausoleum aus weißem Marmor von König Mohamed V. Dazu lockt eine hübsche Altstadt. Und wer es eher moderner liebt: Die Grand Théatre de Rabat ist eine spektakuläre Konstruktion der 2016 verstorbenen bekannten Architektin Zaha Hadid. Ein imposantes Gebäude, das nicht nur ein wenig an das weltberühmte Opernhaus in Sydney erinnert. Ein weiterer Eyecatcher ist, der nach dem aktuellen Monarchen König Mohamed VI. benannte, 250 Meter hohe Turm in der Nähe der Oper. Hotels und Lokale gibt es in Hülle und Fülle – kurzum in Rabat ist alles vorhanden, was einen Besuch lohnt.
Anziehungspunkt für jeden Golfer
Für Golfer bietet sich mit dem Dar Es Salam Golf Club ein weiterer Anziehungspunkt. Satte 45 Bahnen beherbergt die Anlage auf seinem gewaltigen Gelände mit rund 440 Hektar Fläche. Sowohl der Platz Rouge als auch der Kurs Bleu sind einen Besuch wert. Die Plätze stammen aus der Feder von Robert Trent Jones und Cabell Robinson; eröffnet wurde das herrliche Areal mit seinen zahllosen Korkeichen im Jahr 1971. Zu verdanken ist die Anlage, und viele andere Plätze des Landes, dem golfbegeisterten König Hassan II. Der reichte die Golfleidenschaft an die nächste Generation weiter.
So kann es durchaus sein, dass man seine Runde unterbrechen oder aber passieren lassen muss – weil ein Mitglied der königlichen Familie stets Vorfahrt hat. Das gilt übrigens nicht nur für die Hobby-Golfer, sondern auch für die Pros, wie GM bei der diesjährigen Hassan II Trophy beobachten konnte. Das Turnier selbst begann 1971 als Einladungsturnier, war dann jahrelang Teil der European Tour (Marcel Siem siegte 2013) und hat heute einen festen Platz auf der PGA Tour Champions.
Auch die Damen spielen seit vielen Jahren in Marokko den Lalla Meryem Cup (2000 bzw. 2010 gewonnen von Elisabeth Esterl bzw. Anja Monke) – und das zeitgleich mit den Herren. Auf dem gewaltigen Gelände des Dar Es Salam Golf Club wird diese logistische Großaufgabe in einer beeindruckenden Souveränität der Gastgeber über die Bühne gebracht. Und wer noch mehr Golf will: Auf dem halben Weg nach Casablanca liegt mit dem Bahia Golf Beach ein weiterer Platz von Cabell Robinson – der allein wegen seines beeindruckenden Preis-Leistungsverhältnisses und auch wegen der Strandnähe lockt.
Dar Es Salam Golf Club
Rouge. »Wunderschöner Platz, spannend – und verdammt schwere Grüns.« Das war die Einschätzung von keinem Geringeren als dem spanischen Major-Champion José María Olazábal. Und wer will dieser Ansicht widersprechen, vor allem, wenn sie in Gänze zutrifft.
Der Platz ist wirklich eine Wucht – und für einen Normalgolfer ist es eine echte Aufgabe auf den mächtig ondulierten und gewaltig großen Grüns mit einem Zwei-Putt abzuschließen. Die Greens »in Regulation« zu erreichen, ist ebenfalls alles andere als leicht – zahlreiche Bunker warten nur darauf, das Spielgerät »aufzunehmen«.
Ein Par, oder sogar ein Birdie, sind also echte Erfolgserlebnisse auf diesem von Eichen umgebenen Platz, dessen Signature-Hole die Nummer 9 ist – ein nur 123 Meter langes Par 3 mit einem prachtvollen Inselgrün, das die Form eines Manta-Rochens hat. Auf der zweiten Halbrunde kommt dann nochmals Wasser in Sicht, aber eigentlich nicht ins Spiel.
Na ja, fast. Denn das Anspiel der Puttfläche auf der 12 (Par 5) sollte schon sitzen, sonst ist Nachladen angesagt. Ein würdiger Abschluss der Runde dieses herrlichen Platzes von Robert Trent Jones sind die 17, ein kurzes Par 4, an dessen Ende das gigantische Grün am Wasser liegt – und die 18, die leicht ansteigend auf das von Bäumen umrahmte Fairway Richtung Clubhaus führt. Und das noch: Wenn Ihnen muskelbepackte, durchtrainierte, mit einer dunklen Sonnenbrille, eventuell auch mit einer Schusswaffe versehene Herren begegnen, dann ist es mehr als ratsam Abstand zu halten, weil ein Mitglied der Königsfamilie gerade eine Runde dreht. Und wer noch Zeit hat, sollte den blauen Platz ebenfalls spielen, wir hatte diese Zeit bedauerlicherweise nicht.
Dar Es Salam Golf Club: 83
Index: 1,67
Anspruch: 20
Zustand: 11
Design: 20
Kulisse: 17
Service: 12
Bonus: 3
Bahia Beach Golf Club
Der Name Cabell Robinson dürfte dem einen oder anderen ein Begriff sein, oder aber zumindest einige Plätze, die seiner Feder entsprungen sind. Der ehemalige Mitarbeiter von Robert Trent Jones kreierte unter anderem so bekannte Kurse wie Praia del Rey (Portugal) oder in Spanien Las Colinas und Finca Cortesin.
In Marokko war Robinson unter anderem im Bahia Golf Beach Club verantwortlich, auf einem Areal, das gut eine Dreiviertelstunde südlich von Rabat liegt. Der Platz ist meist topfeben. Er bietet beim Abschlag reichlich Landefläche auch für Bälle, die nicht sauber gerade nach vorn fliegen. Spannend wird’s dann Richtung Ziel. Die allermeisten Grüns werden von mächtigen Bunkern verteidigt, auch Wasser kommt immer wieder ins Spiel. Eine starke Kombi bilden auf der ersten Schleife die Löcher 2 und 3, weil neben den Bunkern auch noch reichlich Wasser das Anspiel der Grüns erschwert.
Die Grüns selbst sind groß und onduliert und beim GM-Besuch liefen die Bälle schön spurtreu. Die beiden mittellangen Par 4 zum Schluss der Back Nine bieten dann nochmals reichlich Bunker. Aber auch eine faire Chance auf ein Par oder wenigstens ein Bogey wird geboten. Ein Abstecher ins moderne und große Clubhaus nach der Runde lohnt sich. Und das nicht nur wegen des großen Balkons mit Blick aufs Meer und den Platz, sondern auch wegen des guten Essens.
Bahia Beach Golf Club: 61
Index: 1,50
Anspruch: 7
Zustand: 10
Design: 19
Kulisse: 10
Service: 15
Bonus: 0
Übernachten
Unterkünfte gibt es in der Hauptstadt en masse – alle großen Ketten sind mit Häusern vertreten, so zu Beispiel Sofitel mit einem modernen, großen Hotel, das über großzügige Zimmer, Geschäfte, Bars, Spa, Schwimmbäder und sogar eine kleine Driving Range verfügt (DZ ab: ca. 208 Euro). Wer in der Stadt und am Meer ähnliches sucht, nächtigt am besten bei The View. Die Kette bietet in Rabat Golfpakete für den Club Dar Es Salam an und liegt in Bouznika am Strand – nur einen langen Drive vom Platz entfernt. Zimmerpreis dort (B&B) für eine Übernachtung ab 235 Euro. Eine Nacht in Rabat im DZ kostet mit einer Runde auf dem Blue Course, Transfer zum Club und Flughafen und Halbpension 393 Euro.