Die erst 17-Jährige gilt als das deutsche Supertalent. Aber wer ist Chiara Noja eigentlich? GM traf die junge Proette, die in Deutschland geboren ist, mehrere Jahre in England verbrachte und nun in Dubai lebt, im G&LC Berlin-Wannsee. Chiara hat hohe Ziele – sie will ganz nach oben.
Brendan Taylor ist fast 25 Jahre im Golf-Business und ein alter Hase. Als Vice President Golf leitete er die Geschicke für die damals renommierteste Management-Agentur IMG (u.a. Tiger Woods) und seit 2008 verantwortet er bei der Wasserman Media Group, die Stars wie Cameron Smith, Rickie Fowler sowie die Korda-Schwestern betreut, den Bereich Europa, Arabien und Afrika. Taylor hat viel erlebt. Häufig melden sich Personen bei ihm, die ein Talent anpreisen, das unbedingt unter Vertrag genommen werden sollte. So ähnlich war es vor zwei Jahren, mehr oder weniger mitten in der Pandemie.
Ein Bekannter meldete sich und meinte, er müsse sofort nach Dubai kommen und sich diese junge Deutsche anschauen. »Wie bitte? Eine 16-Jährige? Keine Chance«, war seine erste Reaktion. Taylor, berufsbedingt hellwach und neugierig, setzte sich dennoch in den Flieger und musste seine Meinung nach wenigen Beobachtungen von Chiaras Schlägen auf der Range und den ersten Gesprächen revidieren. 1.83 Meter groß, Drives, die satte 270 Meter weit fliegen, mit einem enormen spielerischen Potential ausgestattet und willensstark, was die Ziele anbetrifft. Taylor tätigte er noch einige interne Anrufe. Von Wasserman gab’s grünes Licht, von Familie Noja nach mehreren Gesprächen ebenso. Ende September 2021 wurde der Vertrag geschlossen und damit ein weiterer Schritt vollzogen, um alles zu ebnen, dass Chiara Noja eine große Karriere erzielen kann.
Das Management unterstützt – auch bei Interviewwünschen. Medien werden nach Renommee und Reichweite ausgewählt und es erfolgt ein Briefing im Vorfeld. Das ergibt Sinn: Chiara Noja ist erst 17. Sobald das Thema Werdegang und Auslandsaufenthalte angesprochen wird, verweist Wasserman an die Eltern.
Werdegang
Im Prinzip ist die Sache schnell erzählt: Chiara ist in Berlin geboren, mit drei Jahren hatte sie erstmals den Schläger in der Hand, im Alter von sieben Jahren zogen die Eltern mit ihr nach England. Ihr golferisches Talent zeigte sie bereits mit neun Jahren und da sie so gut war und reihenweise Titel einheimste, führte sie die europäische Rangliste der U14 an. Natürlich bekam man das beim Verband in Deutschland mit, doch irgendwie kamen die Nojas und der DGV nicht auf einen Nenner. Durch ihren mehrjährigen England-Aufenthalt hatte sie die Möglichkeit, ins englische Nationalteam der Mädchen berufen zu werden und stimmte zu. Schon damals, mit 14 Jahren, war klar: Das Fernziel ist Berufsgolferin. »Davon habe ich schon als Kind geträumt«, sagt sie. Dafür müssen Wetter, Trainingsbedingungen und Förderung stimmen, sprich England war keine langfristige Option.
Ab nach Dubai
Man dachte über einen Umzug nach Florida oder nach Mid-East nach. Nachdem die Mutter eine Position als Geschäftsführerin eines Unternehmens in Dubai angeboten bekam, war das Thema im Herbst 2019 durch. Die Nojas packten ihre Sachen und siedelten über Umwege (siehe Kasten »in Deutschland gestrandet«) im Oktober 2020 in die Vereinigten Arabischen Emirate um. In diesem Jahr, als bestes Mädchen der europäischen U14-Rangliste, durfte sie mit 14 Jahren als Amateurin erstmals bei der Dubai Moonlight Classic mitspielen.
Ein war ein erstes Reinschnuppern in die Profi-Welt der Damen und machte Lust auf mehr. Da nur wenige hochkarätige Amateurwettbewerbe während der Pandemie ausgerichtet wurden, mussten Alternativen her. Chiara erhielt einige Einladungen für die Letas Access Series (eine Liga unterhalb der Ladies European Tour – LET). Sie spielte stark, hatte aber nicht genügend Starts, um die Qualifying School zu spielen. Wer sie ist und welch Potential in ihr steckt, hatte sich im arabischen Raum längst herumgesprochen. Sie wechselte ins Profi-Lager, mit drei weiteren Invites im Herbst/Winter 2021 für die Dubai Moonlight Classic, Saudi Ladies International und Aramco Series Jeddah.
Chiara Noja bestand den Härtetest mit Bravour, schaffte alle Cuts und konzentrierte sich in der Folgesaison neben der Schule auf die Letas Access Series. Reine Formsache. Sie marschierte 2022 durch, beendete die Saison (u.a. ein Sieg in Tschechien) als Zweite, stieg auf und sorgte im November für einen Paukenschlag: Triumph bei den Aramco Team Series Jeddah und damit jüngste Gewinnerin in der LET-Geschichte.
LPGA Tour im Visier
In ihrer ersten vollen Saison auf der LET ist die Proette zwar noch ohne Titel, aber dafür mit Platz zehn (zum Redaktionsschluss) in der Gesamtwertung vorne dabei. Die Premiere auf der amerikanischen LPGA Tour verlief mit einem zwölften Rang im Juni vielversprechend. Der Sprung über den Teich soll zeitnah folgen. »Ich will mich mit den besten Spielerinnen der Welt messen«, sagt Chiara Noja. Das konnte sie bei der Amundi Evian Championship Ende Juli und der AIG Women’s Open, ihre ersten Major-Teilnahmen. Ihre großes Ziel ist klar. Chiara Noja möchte ganz nach oben, am liebsten die Nummer eins der Damen-Welt werden. Dafür wird sie sich bald umorientieren müssen und als Heimat-Tour die LPGA anpeilen. Die Nojas sehen das gelassen, dann ziehen sie halt nochmal um.
GM traf das erst 17-jährige deutsche Nachwuchstalent Chiara Noja im Anschluss an das Amundi German Masters im G&LC Berlin-Wannsee zum exklusiven Interview. Den ganzen Artikel lesen Sie hier!