Der Anteil an Frauen, die im DGV organisiert sind, ist mit 36 Prozent (ca. 240.000 Golferinnen) im Verhältnis zu vielen anderen Nationen schon sehr hoch. Das Ziel sollte 50:50 sein! Dafür ist es notwendig, das mehr »Frauengolf« in den Medien gezeigt wird. In dieser Trainingsserie widmet sich 5-Star-Professional Stefan Quirmbach dem vermeintlich »schwachen Geschlecht«, den Frauen, und zeigt Technik- und Fitness-Tipps für Damengolf. In diesem ersten Teil widmen wir uns dem vollen Schwung, dem Bunker in Teil 2, dem Chippen in Teil 3 und im vierten Teil dem Putten. Zwar zielt diese Trainingsstrecke primär auf Golferinnen ab, aber wenn Herren diese Tipps ebenfalls beherzigen würden, wären auch deren Drives definitiv ein paar Meter länger und sie wären fitter.
T | Stefan & Katharina Quirmbach
F | Stefan von Stengel
Der überwiegende Teil von Training-Tipps ist leider männlich dominiert, obwohl es sehr viele hervorragende Spielerinnen gibt, deren Technik auch für Männer vorbildlich ist. Stefan Quirmbach verrät ein paar Technik- und Fitness-Tipps, die insbesondere für Damengolf konzipiert sind. Aber stopp, werte Herren: Nicht gleich weiterscrollen oder wegklicken! Zwar sind Körperbau und die physischen Voraussetzungen von Frauen und Männern durchaus verschieden, aber die Power- und Fitness-Übungen sind durchaus auch sehr für männliche Golfer geeignet.
Aufgrund des unterschiedlichen Körperbaus gibt es ein paar wenige wichtige Unterschiede, weshalb Frauen den Set-up etwas anders aufbauen und den Schwung etwas anders ausführen sollten, um noch erfolgreicher zu spielen. Generell besitzen Frauen circa 40 Prozent weniger Muskelmasse als Männer. Sie sind dadurch aber auch wesentlich gelenkiger. Den Kraftnachteil können Frauen nie ganz eliminieren, aber sie können ihre Beweglichkeit gewinnbringend einsetzen.
Damengolf-Fotomodell: Katharina Quirmbach
Das Modell dieser Trainingsgeschichte ist meine Frau Katharina Quirmbach, Jahrgang 1962. Sie spielt seit über sieben Jahren ambitioniert Golf, hat ein WHI von 10,4 und spielt in der Damenmannschaft des GC Hardenberg. Sie trainiert regelmäßig ihre Golftechnik, um ihre Golffitness zu steigern fährt sie zu Hause gerne auf einem Spinningrad, und in einem Fitness-Studio besucht sie regelmäßig begeistert Gruppenkurse wie »Hot Iron«.
3 Tipps für Damengolf – Mehr Länge & Konstanz
1) Selbstbewusstes Set-up
Sprechen wir es an: Damen haben Brüste und die können im Weg sein. Die Haltung in Bild 1 sehe ich recht häufig. Die Arme liegen seitlich neben dem Brustkorb und sind bereits jetzt ungünstig gefaltet. Aus der Position lässt sich kein direktes Starten der Ausholbewegung aus dem Oberkörper beginnen. Meist lösen sich die Arme erst vom Brustkorb und sind damit vom Körper entkoppelt. Daraus kann kaum eine hohe Dynamik entstehen.
Ein richtiges Set-up sollte in einer bestimmten Reihenfolge erfolgen: Der Schläger wird zuerst mit der linken Hand seitlich am Körper gefasst. Der Arm wird dann in der Luft ausgestreckt und auf die linke Brust »gelegt« (Bild oben). In dieser Position wird die rechte Hand an den Griff gebracht und dann der Schläger mit einem »festen« Arm-Schulter-Dreieck an den Ball gestellt.
Jetzt besteht eine gute und aktive Verbindung zwischen Armen und Rumpf. Aus dieser Position (Bild oben) kann »Frau« direkt und kraftvoll die Ausholbewegung starten. Die Arme laufen so weniger Gefahr, sich beim Ausholen zu weit vom Körper zu lösen und werden im Treffmoment wieder in diese Powerposition zurückfinden. Dann wird der Ball deutlich kräftiger getroffen.
2) Vorsicht Kippgefahr
Aufgrund einer etwas anderen Beckenstellung und einer geringeren Rumpfmuskulatur sehe ich bei Damengolf häufiger, dass beim Ausholen die rechte Hüfte nach rechts ausbricht (Foto oben) und der Oberkörper dadurch in einer gekippte Position gelangt. Da die Hüfte nicht richtig aufdreht, dreht die Brustwirbelsäule nicht weiter und die Arme müssen höher geschwungen werden. Zumeist wird dann gesagt, Frauen würden überschwingen. Das ist aber nicht die Folge des zu weiten Armschwungs, sondern die der falschen Rumpfbewegung. Häufig kippt der Oberkörper beim Abschwung wieder nach rechts zurück. Als Folge wird der Boden zu früh getroffen, woraufhin die Bälle zu kurz fliegen.
Das Wegschieben der Hüfte nach rechts und das damit verbundene Kippen der Wirbelsäule nach links lässt sich mit einer anderen Schwungidee bekämpfen: Direkt aus der Power-Ansprechhaltung (siehe Übung Selbstbewusstes Set-up) heraus sollte die rechte Schulter nach hinten gezogen werden. Dadurch dreht auch die rechte Hüfte nach hinten und »lädt« die Gesäß- und Oberschenkelmuskulatur kraftvoll auf. Die Arme schwingen dann mehr hinter als über den Kopf. Insgesamt entsteht damit eine höhere Spiraldynamik, die das weite Schwingen der Arme unnötig macht.
Diese Position ist wesentlich dynamischer und kraftvoller als noch zuvor. Der Körper ist zentriert und von unten nach oben gut aufgedreht. Die Arme behalten ihre Spannung und die Handgelenke sind angewinkelt. Sehr gut: der rechte Ellenbogen ist unterhalb des linken Armes zu sehen. Das zeigt, dass die Arme mit dem Oberkörper verbunden sind. Von hier aus kann der Abschwung mit der Rumpfdrehung zum Ball starten.
3) Hohe Ferse = langer Drive
Auf den ersten Blick sind auf diesem Foto keine Schwungfehler zu sehen. Aber es fehlt ein wesentliches dynamisches Element, mit dessen Hilfe sich die Drivelänge um mindestens 10 bis 15 Meter verlängern ließe. Das häufig genannte Postulat: »Die Füße dürfen den Boden nicht verlassen!« hemmt lange Drives. Auf den Ladies Touren ist häufig zu sehen, wie die Fersen der Spielerinnen im Treffmoment nicht am Boden bleiben.
Übrigens: Mehr Tipps zum locker lassen der Ferse bietete Stefan Quirmbach auch in einem anderen Kontext: Best-Ager sollten beim Ausholen nicht zwingend die Ferse auf dem Bosen lassen. Mehr dazu gibt’s hier.
In dem Youtube-Video mit dem Schwung von Paula Creamer, ist deutlich zu sehen, wie sich ihre Füße und auch ihre linke Ferse im Treffmoment vom Boden abheben.
Mehr Power für den Damenschwung
Dieses »andere« Gefühl kann mit Hilfe von Terrabändern und ähnlichen Hilfsmitteln erlernt werden. Meine Frau Katharina steht auf dem straff gespannten Band und hält den Arm bereits gebeugt. Sie hat sich mehrfach kräftig und ausschließlich aus der Wadenmuskulatur nach oben abgestoßen.
Bei Probeschwüngen über ein Tee wird das Gefühl des Abstoßens und Streckens der Wade geübt. Anschließend soll das Strecken aus der Wade kurz vorm Treffmoment aktiv ausgeführt werden. Auf dem Bild oben ist die deutlich stärkere Aktivierung der Wadenmuskulatur gut zu erkennen. Die Tipps für Damengolf waren erfolgreich: Der Ball flog höher ab und war auch deutlich weiter!
Mehr zum Lesen von und mit Stefan Quirmbach gibt’s hier!