Wenn du das schreibst, fährt keiner mehr hin. Genau das flüstert mir meine innere Stimme, und das so spontan, wie sich Gedanken manchmal ihren Weg bahnen. Dabei ist es doch genau das, wofür wir alle nach Südafrika kommen: Golf & Game, wie es neudeutsch heißt. Wobei das Game nicht für gutes Golfspiel steht, sondern für Wildnis, Tiere, Ursprünglichkeit, Nervenkitzel. Good game ist doch genau jene Puffotter, die sich da direkt vor mir über das 8. Grün von Pinnacle Point schiebt. Sieht man diese hochgiftige Schlange bei einer Safari aus dem sicheren Landrover, ist die Begeisterung groß. Aber auf dem Golfplatz, dem Hort der Sicherheit, des sportlichen Lustwandelns? Ist dieser braun-graue Einsfünfzig-Schlauch, der sich langsam über die Puttlinie schiebt, ein Grund zum Nervenverlieren, Einpacken, Bloß-nicht-drüber-reden? Ganz sicher nicht! Natürlich schreiben und sprechen wir darüber, sehen das als Teil unserer Verantwortung. Außerdem ist es doch gerade diese Nähe zur Kreatur und Natur, die uns fasziniert und antreibt, unser Ringelnatter-Land zumindest vorübergehend zu verlassen. Denen, die sich immer noch schütteln, sei gesagt: Auf den Plätzen, auf denen wir gespielt haben, hat es noch keinen wirklich ernsten Zwischenfall gegeben. Dass die Clubmanager das verschweigen würden, lehren uns die Schulen der Journalisten und des Lebens. Die Caddies oder Greenkeeper aber, die seit Jahren auf den Plätzen und in den hohen Gräsern unterwegs sind, würden niemals so dicht halten, wie es nötig wäre. Im Gegenteil: Sie legen gern noch ein paar Schippen drauf, damit die Geschichten schön schaurig werden.
Grundsätzlich gehen die Clubs mit den potentiellen Gefahren sehr offen um. In Oubaai steht auf dem Blatt mit den aktuellen Pin-Positionen Folgendes: Auf dem Golfplatz lebt die gesamte Bandbreite der lokalen Fauna. Bitte stören Sie die Tiere in keiner Weise und zu keiner Zeit. Und denken Sie daran, dass Schlangen unterwegs sein können.“ In St. Francis stehen Warnschilder neben den Grüns und Abschlagboxen. Und in Pinnacle Point? Da kam nach wenigen Minuten ein Ranger, um die Puffotter einzufangen und ein paar Kilometer weiter wieder auszusetzen.
Was lernen wir daraus? Wir nehmen ein paar Bälle mehr mit, weil die Suche im hohen Gras schlichtweg ausfällt. Entsprechend sehen die lokalen Regeln aus: Ball in der Nähe der Stelle droppen, wo er im Rough verschwunden ist, Strafschlag notieren und mit einer neuen Kugel weiter. Das sorgt für gute Laune und ordentlich Tempo. Das wiederum tut nur gut, weil man ob all der landschaftlichen Pracht schon mal länger mit offenem Mund auf dem Abschlag steht. Nicht wegen eines Monsterdrives, sondern der sturmzerzausten Klippen von Pinnacle Point, dem im Sonnenlicht glitzernden Indischen Ozean vor Oubaai, der monumentalen Dünen von St. Francis oder der Bergsicht im Legend Golf Club.
Sie meinen, das liest sich zu gut? Warten Sie mal, bis Sie vor Ort sind. Oder wenigstens auf der letzten Seite dieser Geschichte, bei den Bewertungen. Zweimal haben wir sechs Bälle vergeben, die Höchst- und Sehr-Selten-Note. Augusta National, die Bühne des US-Masters, gehört genauso in dieses oberste Regal wie der Old Course in St. Andrews. Und jetzt Pinnacle Point, St. Fran-cis und sehr bald auch das Legend Resort!
Starten wir mit Pinnacle Point. Für das englische Wort Pinnacle gibt es verschiedene Übersetzungen. Die hier treffendsten sind Turmspitze oder Zinne, weil man sich auf dem Platz wie beim Balancieren auf einer Burgmauer vorkommt. Schmale Landezonen entlang von Abgründen, Abschläge scheinbar direkt über dem Ozean und Grüns, die wie Stecknadelköpfe auf den Klippen thronen. Abschläge, die nach dem Start unter sich nichts als tosendes Meer sehen, um dann (hoffentlich) weich auf einem stark ondulierten Grün zu landen. Dazu das unendliche Spiel der Wellen; manchmal krachen sie so laut an die Steilküste, das man sich dabei ertappt, zu diesem Donner den Blitz zu suchen. Golf in Pinnacle Point ist ein Genuss, ein Muss aber auch ein hartes Stück Arbeit, weil es keine Bahn zum Ausruhen gibt. Es sei denn, man wählt die vorderen Abschläge und macht sich Spiel und Leben deutlich leichter. Wir können das für die erste Runde auf diesem extrem anspruchsvollen Platz nur empfehlen damit Sie noch Lust auf eine zweite Runde haben. Und die hat kein Platz mehr verdient als Pinnacle Point!
Obwohl St. Francis spielt in derselben Liga. Die kleine Stadt am Indischen Ozean gilt als fast magisch-schöner Spot, liegt allerdings mitten in der Pampa. Eine Stunde mit dem Auto nach Port Elizabeth, rund 250 Kilometer von Plettenberg. Dafür fühlt man sich wie auf Sylt. Kein Wunder, dass sich bereits mehrere Deutsche Grundstücke gekauft haben. Die Eigentümerin der stilvollen St. Francis Golf Lodge (www.stfrancisgolflodge.co.za) fährt mit ihrem weißen VW-Polo sogar einen Aufkleber des Sylter In-Treffs Sansibar durch die Gegend.
Warum Sylt? Weil es hier wie dort zauberhafte Dünen gibt sowie die Vorgabe, die Häuser in weiß zu halten und mit Reet zu decken. Klappt in St. Francis gut; auch deshalb, weil auf den meisten Grundstücken bisher nur die Begrenzungspflöcke stehen. Natürlicher Freiraum ist natürlich Gift für die Investoren, aber ein Segen für Golfer, die nur ab und an mal an einem meist stattlichen Anwesen vorbeispielen. Noch wirken die wie geniale Farbkleckse auf einer überirdisch schönen Leinwand. Selbst Jack Nicklaus konnte sich bei der Eröffnung nicht zügeln: St. Francis Links ist wohl der beste Golfplatz, den ich je gesehen habe. Gut, der Mann ist befangen, weil er den Kurs gezeichnet hat; grundsätzlich aber ist das Urteil des erfolgreichsten Golfers und Golfplatz-Architekten aller Zeiten (St. Francis ist sein 252. Werk!) Gesetz. Das gesamte Gelände gehörte früher dem neunmaligen Surfweltmeister Kelly Slater. Der 38-jährige Amerikaner, der mit Pamela Anderson und Gisele Bündchen liiert war, kommt regelmäßig während des Surf World Cups im nahen Jeffreys Bay vorbei, um ein paar Runden zu spielen. Schläger muss er nicht mitbringen, weil er im Club ein komplettes Bag und einen eigenen Locker hat. Und eines seiner schönsten Surfboards, das prominent im Clubhaus hängt.